Hindersmann / Nöcker | Tax Compliance | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 192 Seiten, E-Book

Hindersmann / Nöcker Tax Compliance

Anforderungen an ein innerbetriebliches Kontrollsystem

E-Book, Deutsch, 192 Seiten, E-Book

ISBN: 978-3-7910-5736-1
Verlag: Schäffer-Poeschel Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Wer über ein Tax Compliance-System verfügt, hat künftig bessere Karten im Hinblick auf die Vermeidung von Steuerstrafverfahren. Aber wie muss ein internes Kontrollsystem aussehen, damit es die Anforderungen der Finanzverwaltung erfüllt und auch von der Betriebsprüfung akzeptiert wird?

Der Band zeigt, welche Abläufe und Strukturen in Unternehmen implementiert werden müssen, damit steuerrelevante Sachverhalte einer angemessenen Kontrolle unterliegen. Dabei geht es beispielsweise um Instrumente zur Überprüfung der Einhaltung von Fristen oder der Verfahrensdokumentation, damit komplexe steuerliche Entscheidungen auch später nachvollziehbar sind.

In der 2. Auflage wurden folgende Themen aktualisiert bzw. neu aufgenommen:

- Einarbeitung der neugefassten GoBD (einschließlich Muster einer Verfahrensdokumentation)
- Tax Compliance und Betriebsprüfung
- Gerichtlich anerkannte Schätzungsmethoden und Tax Compliance
- eDaten und ihre richtige Verarbeitung, insbesondere auch aus steuerstrafrechtlicher Sicht
- Verknüpfung des Tax CMS mit weiteren Risikobrereichen, insbesondere des privaten Tax CMS eines Gesellschafter-Geschäftsführers (gewerblicher Grundstückshandel, Betriebsaufspaltung)
Hindersmann / Nöcker Tax Compliance jetzt bestellen!

Weitere Infos & Material


3 Tax Compliance – Allheilmittel bei Steuerverfehlungen?
3.1 CMS schützt vor Strafe (nicht)?
Obwohl es keine Pflicht zur Einrichtung eines Tax CMS gibt, gewinnt man in den letzten Jahren den Eindruck, dass eine solche Verpflichtung existiert. Schließlich will der Unternehmer bzw. wollen die im Unternehmen Verantwortlichen sichergehen, dass steuerliche Fehler nicht gleich strafrechtliche oder bußgeldrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Deshalb nehmen viele Steuerpflichtige dankbar zur Kenntnis, wenn in der steuer(straf-)rechtlichen Literatur die Ansicht vertreten wird, dass ein Tax CMS »im Rahmen der Würdigung der Gesamtumstände zwingend eine indizielle Wirkung hat«, so etwa Heuel/Konken, AO-StB 2017, 345 (346) unter Hinweis auf Schwedhelm, GmbH-StB 2017, 83 (86)). In diese Richtung scheint auch der BGH zu denken, wenn er in seinem Urteil vom 09.05.2017 (1 StR 265/16, wistra 2017, 390) ausführt, dass ein gut organisiertes Compliance-System im Einzelfall zugunsten des Unternehmens bei der Bemessung einer Unternehmensgeldbuße nach § 30 OWiG zu berücksichtigen sei. Doch gerade dieses BGH-Urteil macht deutlich, dass in Bezug auf ein Tax CMS kein Automatismus gegeben ist. Ein Tax CMS kann lediglich helfen, steuerliche Fehler aufzudecken und zu vermeiden, sodass es gar nicht zu einem steuerstrafrechtlichen oder bußgeldrechtlichen Verfahren kommen kann. Ein Allheilmittel, um dem Unternehmer bzw. der Unternehmensleitung »Straffreiheit« zu garantieren, ist auch ein noch so gut organisiertes Tax CMS nicht. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Regelung im AEAO zu § 153 in Nr. 2.6. Zum einen spricht der BMF dort nicht vom Tax CMS, sondern von dem »innerbetrieblichen Kontrollsystem […], das der Erfüllung der steuerlichen Pflichten dient«. Zum anderen handelt es sich bei der AEAO zu § 153 um eine bloße Verwaltungsvorschrift, die intern der Finanzverwaltung helfen soll, zwischen der einfachen Berichtigungsanzeige nach § 153 AO und der Selbstanzeige nach § 371 AO zu unterscheiden. Weder die Staatsanwaltschaft noch die zuständigen Gerichte (Straf- wie Finanzgerichte) sind an die dort gemachte Beurteilung gebunden. Aber auch die Finanzverwaltung, insbesondere die jeweils zuständigen Finanzämter (Festsetzungs- und Feststellungs- wie Prüfungsfinanzämter) sind insoweit nicht zwingend gebunden. Vielmehr ist auch nach der AEAO zu § 153 in Nr. 2.6 der jeweilige Einzelfall zu betrachten. Eine automatische Rechtssicherheit bei Einführung eines Tax CMS existiert nicht (so schon Erdbrügger/Jehke, BB 2016, 2455 (2458)). In der praktischen Handhabung der Beurteilung von Vorsatz erscheint die Einrichtung eines ernsthaft gelebten Tax CMS jedoch geeignet, nicht nur Fehler intern aufzudecken und zu verhindern, sondern auch deutlich zu machen, dass das Unternehmen steuerlich korrekt handeln wollte. Fehler, die dennoch geschehen sind, könnten dann eher als nicht vorsätzlich begangen anzusehen sein. Ein solches Tax CMS lebt somit von der anzunehmenden Ehrlichkeit des Unternehmers und seines Unternehmens auch in steuerlichen Angelegenheiten. Klare Richtlinien bei ausreichend zur Verfügung gestellten Ressourcen wie auch die Art und Weise der Kommunikation mit der Finanzverwaltung können dies deutlich machen (so Krumm in Tipke/Kruse, AO/ FGO, § 370 AO Rz 135, auch m. w. N. zur Frage des Wegfalls eines bedingten Vorsatzes). Im Zuge der Überlegungen, ein Verbandsstrafrecht zu einzuführen, war vorgesehen, einen Rechtsrahmen für die Strafbarkeit von Unternehmen zu schaffen, was dem deutschen Recht bislang fremd ist. Letzteres ist zwar im Juni 2021 als Vorhaben gescheitert, aber auch im Koalitionsvertrag der aktuellen Regierung von SPD/Bündnis 90/DIE GRÜNEN und FDP findet sich auf Seite 111 der Satz: »Wir überarbeiten die Vorschriften der Unternehmenssanktionen einschließlich der Sanktionshöhe, um die Rechtssicherheit von Unternehmen im Hinblick auf Compliance-Pflichten zu verbessern und für interne Untersuchungen einen präzisen Rechtsrahmen zu schaffen.« Wie dieser aussieht, bleibt unklar. Beachtet man jedoch die Antwort der Vorgänger-Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (BT-Drs 19/26830), so fällt nicht nur auf, dass im § 3 des damaligen Gesetzesentwurfes1 auf ein Tax CMS zur Vermeidung der Verbandsverantwortlichkeit verwiesen wird. Auch in anderer Hinsicht scheint die damalige Bundesregierung einem Tax CMS zukünftig eine immer wichtigere Rolle zugedacht zu haben – wenn auch zunächst für größere Unternehmen und Konzerne. Sind Tax CMS in diesem Bereich aber einmal implementiert, dauert es erfahrungsgemäß nicht lange, bis auch der Amtsbetriebsprüfer den ein oder anderen Teil solcher Tax CMS als betriebswirtschaftlich üblich ansieht. 3.2 Selbstanzeige versus steuerliche Berichtigungsanzeige
Durch das Schwarzgeldbekämpfungsgesetz vom 28.04.2011 (BGBl I 2011, 676) hat der Gesetzgeber die Teilselbstanzeige abgeschafft. Bis dahin war aufgrund der Teilselbstanzeige die Abgrenzung von der bloßen Berichtigungserklärung nach § 153 AO nur für die Frage des Vorliegens von Ausschlussgründen nach § 371 Abs. 2 AO und der Festsetzung von Hinterziehungszinsen nach 235 AO relevant. Seitdem können jedoch schon geringfügige Fehler in der Nacherklärung des Berichtigungszeitraums zu einer Unwirksamkeit der gesamten Selbstanzeige führen (vgl. nur Weber, DWS-Merkblatt Nr. 1721, 1). Folglich kommt es nun entscheidend auf die Qualifikation der Nacherklärung an: eine vorsätzlich unrichtige ursprüngliche Erklärung führt zur Steuerhinterziehung i. S. d. § 370 AO; die Korrekturerklärung ist als strafbefreiende Selbstanzeige (§ 371 AO) zu werten; eine »nur« leichtfertig unrichtige ursprüngliche Erklärung führt zur leichtfertigen Steuerverkürzung i. S. d. § 378 AO; die Korrekturerklärung ist als bußgeldbefreiende Selbstanzeige (§ 378 Abs. 3 AO) zu werten; eine »lediglich« fahrlässig oder sogar schuldlos unrichtige ursprüngliche Erklärung führt weder zur Steuerhinterziehung noch zur leichtfertigen Steuerverkürzung; die Korrekturerklärung ist als schlichte steuerliche Berichtigungserklärung gemäß § 153 AO zu werten. (vgl. insoweit Heuel/Konken, AO-StB 2017, 342 (346 f.). Im Fall einer schlichten steuerlichen Berichtigungserklärung gemäß § 153 AO ist weder eine Nacherklärung über einen Zeitraum von zehn Jahren abzugeben noch kommt es darauf an, ob die Steuern und Zinsen bezahlt werden. Auch sind die Ausschlussgründe nach § 371 Abs. 2 AO unbeachtlich. Hinterziehungszinsen (§ 235 AO) wie auch die Zuschläge nach § 398a AO fallen nicht an. Die Verzinsung richtete sich allein nach § 233a AO (vgl. dazu insgesamt Weber, DWS-Merkblatt Nr. 1721, 2). Steuerhinterziehung setzt Vorsatz voraus, dabei reicht bedingter Vorsatz. Dieser wird in AEAO zu § 153, Tz. 2.6 wie folgt unter Hinweis auf die BGH-Rechtsprechung definiert: »Dieser kommt in Betracht, wenn der Täter die Tatbestandsverwirklichung für möglich hält. Es ist nicht erforderlich, dass der Täter die Tatbestandsverwirklichung anstrebt oder für sicher hält. Nach der BGH-Rechtsprechung ist für die Annahme des bedingten Vorsatzes neben dem Für-Möglich-Halten der Tatbestandsverwirklichung zusätzlich erforderlich, dass der Eintritt des Taterfolges billigend in Kauf genommen wird. Für die billigende Inkaufnahme reicht es, dass dem Täter der als möglich erscheinende Handlungserfolg gleichgültig ist.« Leichtfertigkeit i. S. d. § 378 Abs. 1 Satz 1 AO meint nach AEAO zu § 153, Tz. 2.7: »Leichtfertigkeit ist eine besondere Form der Fahrlässigkeit und liegt vor, wenn jemand in besonders großem Maße gegen Sorgfaltspflichten verstößt und ihm dieser Verstoß besonders vorzuwerfen ist, weil er den Erfolg leicht hätte vorhersehen oder vermeiden können.« 3.3 Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit: Schwierige Abgrenzung in der Praxis
Wie schwierig die Unterscheidung zwischen bedingtem Vorsatz und Leichtfertigkeit ist, macht das Urteil des FG Münster vom 05.09.2007 (1 K 1544/07 E, EFG 2008, 274) deutlich, wo es heißt: »Dabei reicht das Vorliegen eines bedingten Vorsatzes. Dies bedeutet, dass der Steuerpflichtige es für möglich hält, die Tatbestandsmerkmale der Steuerhinterziehung zu verwirklichen, dies aber billigend in Kauf nimmt (BFH vom 19.03.1998, V R 54/97, BStBl II 1998, 466; vom 31.07.1996, XI R 74/95, BStBl II 1997, 157). Dabei genügt es, wenn der...


Nöcker, Gregor
Prof. Dr. Gregor Nöcker, Richter am BFH, Professor an der Fachhochschule Osnabrück.

Hindersmann, Magnus
Dr. Magnus Hindersmann, Notar in Osnabrück, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Lehrbeauftragter an der Fachhochschule Osnabrück.

Magnus Hindersmann

Dr. Magnus Hindersmann, Notar in Osnabrück, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Lehrbeauftragter an der Fachhochschule Osnabrück.





Gregor Nöcker

Prof. Dr. Gregor Nöcker, Richter am BFH, Professor an der Fachhochschule Osnabrück.


Ihre Fragen, Wünsche oder Anmerkungen
Vorname*
Nachname*
Ihre E-Mail-Adresse*
Kundennr.
Ihre Nachricht*
Lediglich mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Wenn Sie die im Kontaktformular eingegebenen Daten durch Klick auf den nachfolgenden Button übersenden, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihr Angaben für die Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Selbstverständlich werden Ihre Daten vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Das Datenhandling bei Sack Fachmedien erklären wir Ihnen in unserer Datenschutzerklärung.