E-Book, Deutsch, 240 Seiten
Hoffmann Tödliche Triplette. Ein Fall für Commissaire Julian
1. Auflage 2017
ISBN: 978-3-946413-61-5
Verlag: MainBook
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Kriminalroman
E-Book, Deutsch, 240 Seiten
ISBN: 978-3-946413-61-5
Verlag: MainBook
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Markus Hoffmann wurde 1968 in Ellwangen an der Jagst geboren und war lange Zeit in Aalen/Baden-Württemberg wohnhaft. Hoffmann studierte Lehramt an der Pädagogischen Hochschule Schwäbisch Gmünd und an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main. Seit 2013 lebt und arbeitet er in Wiesbaden. Neben seiner Freude an der mediterranen Küche, ist er ein begeisterter Boule-Spieler. Tödliche Triplette ist sein Debütroman.
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zwei
Der Morgen war nicht mehr ganz jung, als sich Paul aus dem Bett wälzte. Er hatte schon einige Zeit wachgelegen und ließ sich nochmals den gestrigen Nachmittag durch den Kopf gehen. Etwas muffig wackelte er in die Küche, setzte sich eine Kanne Kaffee auf und verbrachte das spärliche Petit-déjeuner auf den kühlen Stufen vor der Eingangstür. Der Kaffee begann zu wirken.
Hatte Eric die Ermittlungen in seinem Sinne in Gang gebracht, hatte alles funktioniert? Es ratterte regelrecht los in ihm. Und er, immer noch im leichten Schlafgewand! Er klatschte sich auf die Schenkel, stand auf und beschloss zur Tagesordnung überzugehen.
Kurz darauf fuhr er den alten Daimler, einen Mercedes /8 aus der Garage und begab sich ins Büro. Paul versuchte das Maximum an Freundlichkeit an den Tag zu legen, als er das Präsidium betrat. Eric, Nathalie und Chouchou waren bereits an der Arbeit. Nathalie telefonierte und warf ihrem Chef ein Lächeln zu. Eric und Chouchou hatten sich über den Bildschirm des Rechners gebeugt und eine Karte der Gorgue de la Roya aufgemacht. Das Team hatte seine Anweisungen erledigt. Schon heute Morgen waren die Kollegen der Spurensicherung die Schlucht entlanggefahren und hatten die totale Sperrung veranlasst. Dann begann man damit, die Uferbereiche zu durchkämmen. Auch Spürhunde waren im Einsatz.
Wenig später machten sich Paul und sein Team ebenfalls auf den Weg nach Breil-sur-Roya. Im südwestlichsten Zipfel der Republik gelegen, gehörte der Ort noch vor 150 Jahren zu Italien. Um dorthin zu gelangen, galt es die Staatsgrenze zu passieren und über Ventimiglia, in Richtung Colle de Tende, wieder auf französischen Boden zu gelangen. An der Grenze zwischen Menton und Ventimiglia warf der Kollege vom italienischen Zoll einen kurzen Blick auf ihre Dienstausweise. Wortlos salutierend, die Hand an den Schirm der Mütze gelegt, winkte er den Dienstwagen hindurch.
Gegen Mittag rollte das Fahrzeug über die langgezogene Linkskurve in das Örtchen ein. Via Funk hatte man Kontakt mit dem Einsatzkommando aufgenommen, parkte am Seeufer und suchte das Bereitschaftszelt der Spurensicherung auf.
Pauls Handy klingelte. Die Truppe blieb stehen und sah amüsiert zu, wie er verärgert sein Jackett nach dem Telefon abtastete. Wortlos gab er ihnen zu verstehen, dass sie ihren Weg in Richtung Zelt wieder aufnehmen sollten.
Es war Jacques. Jacques Lecomte, der sicherlich nicht ohne triftigen Grund anrief.
„Paul, wenn du Zeit hast, komm doch bitte heute nochmal bei mir vorbei. Wir sind, ich sage mal, in gewisser Weise fündig geworden. Ich denke, das wird dich sehr interessieren.“
„Im Moment sind wir in Breil angekommen. Die Untersuchungen der Spurensicherung laufen auf Hochtouren und ich wollte gerade mit meinen Leuten … also gut natürlich! Ich mach mich sofort auf den Weg. Aber bitte, vielleicht kannst du mir vorher ein paar Informationen geben, um was es sich handelt.“
Was er zu hören bekam, ließ ihn die Stirn in Falten legen und auch auf die Ferne war zu erkennen, dass das gerade stattfindende Telefonat einiges an Überraschungen zu bieten hatte. Jaques Lecomte begann zu berichten: „Also gut, dann eben erst einmal am Telefon. Bei der Obduktion haben wir in der Speiseröhre des Toten einen 5 cm langen und 3,5 cm breiten Gegenstand aus emailliertem Blech gefunden. Aller Wahrscheinlichkeit nach ein Wappen, Fläche schwarz, weiße Umrandung. An der linken Seite oben eine konkave Aussparung und in der Mitte eine Darstellung, die an die Tatze eines Bären, Tigers oder Ähnlichem erinnert. Das Ding dürfte dem Toten in den letzten Minuten seines Daseins noch erhebliche Schwierigkeiten beim Schlucken bereitet haben. Interessant, nicht?“
„Ich nehme den Dienstwagen. Es wird eine gute Stunde dauern. Au revoir, bis gleich!“ Paul legte auf, steckte das Handy wahllos in irgendeine seiner Taschen, zog das Jackett aus und wischte sich wieder mal den Schweiß von der Stirn. Es war heiß und jetzt noch viel heißer geworden.
Nachdem er Eric über die neuesten Informationen in Kenntnis gesetzt hatte, überließ er ihm die weiteren Ermittlungen vor Ort. Erics Gesichtsausdruck sprach Bände. Wie gerne wäre er mitgekommen. Bis jetzt hatte man hier nichts Interessanteres zu Tage getragen, als eine Sammlung Schuhe, Sandalen und einen einzelnen Watstiefel. Die drei verrosteten Fahrräder und das Motobicyclette, dem der Schlamm aus dem Auspuff tropfte, waren wohl auch nicht das, was man einen erfolgversprechenden Fang nennen konnte.
Paul fuhr viel zu schnell die kurvenreiche Straße hinab. Die hervorstehenden Felswände kamen dem Fahrzeug mehr als nur einmal gefährlich nahe. In Ventimiglia wechselte er auf die Autobahn und war nach vierzig Minuten Fahrt in Nizza.
Jacques saß hinter seinem Schreibtisch, als Paul eintrat. Freudestrahlend stand er auf und begrüßte ihn mit einem kräftigen Händedruck. Ein vollkommen anderer Jacques als gestern. Sofort begann er zu berichten.
„Da haben wir einen besonders außergewöhnlichen Toten auf dem Obduktionstisch liegen.“ Er schürzte die Lippen und pfiff leise vor sich hin, während er eine Schublade seines Schreibtisches öffnete und ein kleines Plastiktütchen auf den Tisch legte.
„Bitte, bedien dich! Mal sehen, ob du mit dem Blechding etwas anfangen kannst.“
Jacques lehnte sich zurück und beobachtete den Kommissar beim Auspacken des kleinen blechernen Gegenstandes. Lecomte hatte das am Telefon perfekt beschrieben. An einigen Stellen, auf der Rückseite des Emblems, dort, wo sich ehemals ein Sicherheitsverschluss befunden hatte, war das Emaille abgesplittert. Die Vorderseite, mit der stilisierten Tierpranke, war an der oberen konkaven Ausbuchtung ein wenig zerkratzt.
Paul legte es wieder vor sich auf den Tisch. Ohne den Blick davon abzuwenden, hob er fragend die Schultern an.
„Schach matt! Da müssen wohl andere Leute ran. Ich denke, unsere Spezialisten werden uns in Kürze Aufschluss darüber verschaffen. Aber sag mal, das Ding herunterzubekommen bedurfte sicherlich einiges an Kraft und Überwindung.“
„Hingegen der Luftröhre, ist unsere Speiseröhre mit einer Peristaltik ausgestattet, die es uns ermöglicht, dass die Nahrung in Kontraktionswellen in den Magen befördert wird. Soweit hatte es unser Findling jedoch nicht geschafft und es wäre dem Asiaten sicherlich nicht ohne Flüssigkeit gelungen, das Blechding in den Magen zu bekommen. Ich glaube, die äußere Gewalteinwirkung hat dieses Problem gar nicht erst aufkommen lassen. Der Mann war durch den Schmerz bestimmt nicht in der Lage dazu gewesen, sich gegen äußeren Einflüsse zur Wehr zur setzen. Von meiner Warte aus betrachtet, natürlich nur rein spekulativ, denke ich, dass der Mörder diese wenigen Sekunden ausgenützt haben wird, um seine Tat zu vollenden. Die folgende, grauenvolle Verstümmelung hingegen diente aller Wahrscheinlichkeit nach nur einem Ziel, eine Identifizierung unmöglich zu machen. Die Tötung selber hat damit nichts zu tun.“
„Hm, … das Schildchen blieb dem Opfer also wortwörtlich im Halse stecken und erleichterte es dem Täter sein Vorhaben zu vollenden.“
Jacques nickte bejahend und fügte hinzu: „So hätte es sich zutragen können. Bitte gib mir Bescheid, wenn ihr rausbekommen habt, um was genau es sich bei dem Schildchen handelt.“ Der Pathologe stand auf.
„Natürlich, ich melde mich bei dir. Apropos! Wie sieht es denn mit einem Gläschen Wein aus? Vielleicht am Dienstag? Einen dezenten Happen dazu? Ich kenne da ein Rezept – Rotbarben auf Fenchel mit Orangen und Zitronenscheiben belegt. Ich sage nur . So schmeckt das Meer!“
Paul strahlte über beide Wangen und Jacques nahm, nicht ohne für den Wein sorgen zu wollen, die Einladung begeistert an. Kommenden Dienstag, 19.30 Uhr zum Aperitif und dem darauf folgenden Gaumenschmaus im Hause Julian. Den Sonnenuntergang inklusive und gratis. Die Männer verabschiedeten sich herzlich voneinander. Paul verließ, das Emaille-Wappen in der Tasche, die Büroräume der Pathologie.
Vor der Klinik angekommen, fiel sein Blick auf eine junge Dame in dunkelblauer Uniform, die ihm ein Stück Papier unter den Scheibenwischer seines Dienstwagens schob.
„Äh, pardon Mademoiselle! Sie irren sich, ich …“
Dem Verteidigungsversuch folgte ein deutlicher und unmissverständlicher Blick der attraktiven Livrierten. Zielstrebig setzte sie ihren Weg über den überfüllten Parkplatz des Krankenhauses fort.
Paul steckte das Knöllchen in die Innentasche seines Jacketts und fingerte das Handy heraus. Ein Blick auf die Uhr verriet ihm, dass die Kollegen in Breil die Ergebnisse der Spurensicherung bereits entgegengenommen haben mussten. Das folgende Telefonat mit Eric bestätigte seine Annahmen. Keine befriedigenden Resultate, keine sachdienlichen Hinweise. Das Einsatzkommando vor Ort sollte am morgigen Samstag auf ein Viertel der Truppe reduziert werden, womit sich auch die Erfolgsaussichten auf mögliche Funde entsprechend verringern würden. Um eine effektive Befragung der Einwohner durchführen zu können, hatte Eric im Bürgermeisteramt des Ortes einen Raum zur Verfügung gestellt bekommen. Die Bevölkerung der Tausendfünfhundert-Seelen-Gemeinde zeigte den gesamten Freitag über sehr reges Interesse am Geschehen und so mancher Einsiedler wurde hinter seinem Ofen hervor gelockt, um die Arbeit der Polizei zu verfolgen. Nathalie hatte in der Gendarmerie von Tende einen Handzettel verfasst, in entsprechend großer Anzahl kopiert, den Neugierigen am Seeufer in die Hände gedrückt und einen ganzen Schwarm Jugendlicher aktiviert, die mit großem Eifer an den Haustüren klingelten, klopften und den Bewohnern den Aufruf der Polizei übergaben. Sachdienliche Hinweise wurden...




