Holst | Gefährliche Mittsommernacht | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 1, 320 Seiten

Reihe: Cilla-Storm-Reihe

Holst Gefährliche Mittsommernacht

Ein Schären-Krimi

E-Book, Deutsch, Band 1, 320 Seiten

Reihe: Cilla-Storm-Reihe

ISBN: 978-3-641-26773-5
Verlag: Heyne
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Mord und ein Glas Wein gefällig? Der erste von vier Fällen für Cilla Storm - Ein Schären-Krimi für jede Jahreszeit
Endlich entspannen und ihren Liebeskummer vergessen, denkt Journalistin Cilla Storm, als sie auf Bullholmen ankommt. Und wo sollte das besser gehen als auf einer idyllischen Schäreninsel, die nach den leckeren Zimtschnecken benannt ist? Doch als ein junges Mädchen am Morgen nach dem Mittsommerfest tot im Meer treibt, ist es vorbei mit der Urlaubsstimmung. Denn Cilla war die Letzte, die das Mädchen lebend gesehen hat. Dass ausgerechnet der attraktive Sohn ihrer Nachbarin die Ermittlungen leitet, macht die Sache auch nicht leichter. Dann erschüttert ein zweiter Mord die beschauliche Insel.

Christoffer Holst ist Jahrgang 1990, er arbeitet als Lektor und ist Autor mehrerer Romane. Wenn er nicht gerade schreibt, genießt er gerne ein Glas Chardonnay oder guckt romantische Komödien. Als unverbesserlicher Romantiker findet er, dass das Leben mehr wie ein Film oder ein Buch sein sollte. Er lebt in Stockholm.
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3
Ein schöner Sommerabend ist wie ein Chardonnay aus dem Eichenfass. Mild, weich und mit einer süßen Fruchtnote. Daran muss ich denken, als ich mich in meinen Gartenstuhl in meinem neuen Schrebergarten sinken lasse. Es ist warm und wunderbar, und ein lieblicher Wind streicht mir über Gesicht und Haare. Ich bin da. Ich bin wirklich hier. Ich habe mein altes Leben hinter mir gelassen, habe noch mal ganz von vorn angefangen. Genauso wie es diese Frauen in den Büchern machen, die ich immer lese. Meistens haben ihre Ehemänner sie betrogen oder sind bei einem schrecklichen Autounfall ums Leben gekommen (nicht, dass Autounfälle nicht per se schrecklich sind). Danach sind sie am Boden zerstört, aber sie rappeln sich wieder auf, kaufen sich ein pflaumenblaues, renovierungsbedürftiges Haus in der Toskana, ziehen dorthin und verlieben sich in einen italienischen Handwerker. Ich liebe solche Geschichten einfach. Diese Frauen wirken immer so wahnsinnig mutig. Und auch wenn sie das am Anfang noch nicht sind, sind sie es dann am Ende. Im Laufe der Geschichte lernen sie, ihr Leben in die Hand zu nehmen. Ich sollte mich an Babben Larssons weise Worte halten. Dann schaffe ich das vielleicht auch. Wenn das Leben nur nicht so schrecklich … unheimlich wäre. Ich nehme einen Schluck von meinem Chardonnay (aus Kalifornien – richtig feines Zeug) und sehe mich um. Wie viele italienische Handwerker hier wohl in der Gegend wohnen? Wenn ich meine Situation mit den Szenarien in den Romanen vergleiche, fällt natürlich auf, dass Danne mich weder betrogen hat noch bei einem schrecklichen Autounfall umgekommen ist. Er ist einfach nur verschwunden. Einfach so aus meinem Leben verschwunden. Von einem Tag auf den anderen. Als hätte es ihn nie gegeben. Als hätte ich ihn mir ausgedacht, und als hätte er nur in meinem Kopf existiert. Ich beiße mir auf die Lippe. Atme tief durch die Nase ein. Ich werde nicht weinen. Das hier ist der erste Abend von meinem neuen Leben, und ich werde ihn NICHT damit verplempern, in meinem Garten zu sitzen und zu flennen. Neben mir steht meine tragbare rosa Boom-Box und spielt leise The Killers. Der Rest der Insel feiert Mittsommer. Ich habe die Leute schon seit heute Nachmittag singen hören. Es riecht nach gekochten Kartoffeln und Dill. Alle feiern Mittsommer. Außer mir. Ich habe mir schon vorgenommen, eine Runde durch die Kolonie zu drehen und mich bei meinen neuen Nachbarn vorzustellen. Aber nicht heute. Das wäre ein bisschen distanzlos. Tachchen, ich heiße Cilla und bin gerade verlassen worden und eine einsame Seele in dieser grausamen Welt. Ich werde den Sommer hier auf der Insel verbringen. Toll, oder? Habt ihr noch was zu essen übrig? DARF ICH MICH DAZUGESELLEN? Oh Gott, wie schrecklich. Damit warte ich bis morgen. Oder übermorgen. Oder noch länger. Ich nehme einen Schluck von meinem Wein und greife nach meinem Handy. Zwei neue Nachrichten. Für einen Moment spüre ich ein Flattern in meiner Brust. Die eine ist (keine Überraschung) von Zacke, der wie immer in seiner Weinbar arbeitet, und die andere ist … von meinem Vater. Mein Puls beruhigt sich wieder. Hallo, Cilla. Mir fiel ein, dass wir ganz vergessen haben, über Impfungen zu sprechen. Die Schären sind ein ausgewiesenes Zeckengebiet. Erinnerst du dich an Amelie? Die Tochter von Barbro, Sussies Freundin, die hat Borreliose bekommen. Heute kann sie ihr Baby nicht hochheben, ohne danach einen Schwächeanfall zu bekommen. Sie sieht aus wie eine lebende Tote. Bist du geimpft? LASS DICH BLOSS NICHT VON EINER ZECKE BEISSEN, MEIN HERZCHEN! Wie ist dein Häuschen? Papa Ich seufze. Mein süßer, besorgter Papa. Wie immer geht er vom Schlimmsten aus. Eine Eule heult in der Nähe, und plötzlich fühlt sich meine Einsamkeit noch schlimmer an. Hier sitze ich also, eine frischgebackene Dreißigjährige, und trinke allein Wein und höre Musik, während alle anderen feiern. Ist das tragisch? Bin ich tragisch? Ich lege das Handy wieder weg, stelle die Musik etwas lauter und nehme den letzten Schluck Wein. Dann lehne ich mich gemütlich in meinem Liegestuhl zurück und schließe die Augen. * Ich wache auf, weil ich einen Schrei gehört habe. Zumindest glaube ich das. Das Echo des Schreis hängt in der Luft. Ich setze mich auf, neben mir zersplittert etwas. Mein Weinglas. Shit. Verwirrt sehe ich mich um. Ich befinde mich noch auf meinem Liegestuhl in meinem Garten. Wie spät ist es? Es muss schon mitten in der Nacht sein. Eine durchgedrehte Fliege hüpft auf meinem Bein herum. Um Gottes willen, die Alkitante ist schon wieder auf dem Sofa eingeschlafen. Ich stehe auf, vermeide es, auf die Scherben zu treten, die sich auf den Schieferplatten verteilt haben. Ich schwanke leicht und bleibe auf dem kühlen Rasen stehen. Es ist dunkel, aber nicht so, dass man gar nichts mehr sehen könnte. So dunkel wie Mittsommernächte in Schweden eben sind. Ich kann den Himmel sehen, und wenn ich über die Hecke und den Weg hinuntergucke, der zum Ausgang der Kolonie führt, kann ich sogar das Meer sehen. Es glitzert spiegelglatt in der Stille. Da höre ich es ein zweites Mal. Benji, nein! Das ist die Stimme eines Mädchens, das schreit. Sie klingt jung. Ich erstarre, kann nicht mal meinen kleinen Finger rühren. Verdammt. Was soll ich jetzt tun? Wenn ich ehrlich bin, hatte ich schon immer Angst davor, dass mir so etwas eines Tages passiert. Denn ich besitze keine Zivilcourage. Ich wünschte, ich hätte sie. Man muss Zivilcourage haben. Gute Menschen haben Zivilcourage. Aber ich bin viel zu konfliktscheu. Ich wäre der Traum eines jeden Mafiabosses. Wäre ich Zeugin eines Mordes, würde ich nur atemlos keuchen »Wir vergessen einfach, was da eben passiert ist, okay?«, ihm ein Lächeln schenken und dann seine schwarzen Lackschuhe ablecken. Leise schleiche ich zur Tür meines Häuschens, öffne sie, schiebe mich lautlos hinein, schließe sie so leise wie möglich hinter mir und verriegele sie. Dann lehne ich mich von innen dagegen und bleibe eine ganze Weile reglos so stehen. Ich lausche, hoffe aber tief in meinem Inneren, dass ich nichts mehr hören werde. Eine Reihe von angsteinflößenden Worten schießt mir durch den Kopf. Räuber. Vergewaltiger. Serienmörder. Verschwinde. Bitte verschwinde einfach. Mein Handy liegt noch draußen. Auch die Boom-Box ist noch an und spielt leise Musik. Das kann ich ausgezeichnet hören. Marianne Faithful. The morning sun touched lightly on the eyes of Lucy Jordan. Ich schlucke. Ich will einfach nur, dass das alles schnell vorbeigeht. Es sind doch bestimmt noch andere Nachbarn wach? Kann nicht jemand anderes hinlaufen und nachsehen, ob alles in Ordnung ist? Plötzlich meldet sich eine Erinnerung. Es war vor etwa einem Monat, Ende Mai. Zacke hatte mich überredet, mich vom Sofa aufzuraffen, zu duschen und mit ihm einen trinken zu gehen. Wir waren in der Folkbaren in der Hornsgatan, wo ein Glas Cava nur neunundfünfzig Kronen kostet. Deswegen wurde es dann auch mehr als ein Glas an diesem Abend, und als ich mich gegen ein Uhr von Zacke verabschiedete, war ich ziemlich angeschickert. Die Hornsgatan war ungewöhnlich leer. Und als ich an dem Einrichtungshaus am Bysistorget vorbeikam, hörte ich jemanden hinter mir husten. Ein Mann. Als ich mich umdrehte, sah ich ihn, nur wenige Meter von mir entfernt. Er trug einen Kapuzenpulli. Ich konnte sein Gesicht nicht sehen. Aber ich wusste sofort, was er vorhatte. Ich bog in eine Seitenstraße, er folgte mir. Ich bog erneut ab, er tat es mir nach. Ich lief schneller und hörte, dass auch er seine Schritte beschleunigte. Ich hatte mich auf Stockholms Straßen noch nie zuvor unsicher gefühlt. Vielleicht hat das auch an Danne gelegen, der mich immer begleitet hat. Jetzt war ich plötzlich auf mich allein gestellt. Ganz allein. Die letzten Meter bis zu meiner Haustür in der Bastugatan rannte ich, so schnell ich konnte. Ich schloss mit zitternden Händen auf, sprang rein und knallte die Tür hinter mir zu. Als ich mich umdrehte, sah ich sein Gesicht vor mir. Wir sahen uns durch die Glasscheibe an. Ich werde seinen Blick niemals vergessen. Seine Augen waren so unerbittlich dunkel. Ich konnte in ihnen sehen, was er alles mit mir vorgehabt hatte. Und bei dieser Erkenntnis blieb mir fast das Herz stehen. Ich stürzte hoch in meine Wohnung, schloss die Tür hinter mir ab und zitterte am ganzen Körper. Ich wusste, dass ich diese Nacht kein Auge zutun würde. Aber viel schlimmer war, dass ich wusste, dass Zacke wie immer schon längst tief und fest schlief. Also verbrachte ich die Nacht vor dem Fernseher. Mit dem Telefon in der Hand, unter Hochspannung und mit gespitzten Ohren. Ich wartete darauf, dass jemand am Türgriff rüttelte. Oder mit der Faust gegen die Tür hämmerte. Oder im Treppenhaus flüsterte. Aber nichts dergleichen geschah. Gott sei Dank. Eine Stimme aus der Gegenwart holt mich zurück in die milde Sommernacht. Es ist wieder die Stimme des Mädchens. Benji, lass es einfach! Hör auf damit! Ich würde am liebsten heulen. Gleichzeitig aber passiert etwas mit mir. Vielleicht liegt es an der Erinnerung an jene Mainacht und an meiner Enttäuschung, dass offenbar keiner bemerkt hat, dass ich verfolgt wurde und mir niemand zu Hilfe gekommen war. Als würde mein Körper die Führung übernehmen und sich nicht dafür interessieren,...


Holst, Christoffer
Christoffer Holst ist Jahrgang 1990, er arbeitet als Lektor und ist Autor mehrerer Romane. Wenn er nicht gerade schreibt, genießt er gerne ein Glas Chardonnay oder guckt romantische Komödien. Als unverbesserlicher Romantiker findet er, dass das Leben mehr wie ein Film oder ein Buch sein sollte. Er lebt in Stockholm.


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