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E-Book

E-Book, Deutsch, Band 1, 184 Seiten

Reihe: Hasgers Hunde

Imort Hasgers Hunde 1

Der Weg nach Treveris
1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-943531-52-7
Verlag: Burgenwelt Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

Der Weg nach Treveris

E-Book, Deutsch, Band 1, 184 Seiten

Reihe: Hasgers Hunde

ISBN: 978-3-943531-52-7
Verlag: Burgenwelt Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Nordhessen im Jahr 503 n. Chr. – Die jähzornige Fränkin Thurudhild ist den Einwohnern ihres Dorfes ein Dorn im Auge. Als ihr Mann bei einem Überfall getötet wird, steht sie vor der Entscheidung, als Außenseiterin im Dorf zu bleiben oder mit der verrufenen Söldnertruppe „Hasgers Hunde“ zu reisen.

Thurudhild wagt den Schritt in eine unsichere Zukunft und tritt mit den Söldnern den beschwerlichen Weg nach Trier an, um ein neues Leben als Magd zu beginnen. Sie ahnt nicht, worauf sie sich mit dieser Reise einlässt. Das Bild ihres getöteten Ehemannes lässt sie einfach nicht los; sie wird von Alpträumen und Schuldgefühlen heimgesucht – und auch das Zusammenleben mit Männern, deren Alltag aus Gewalt besteht und deren Beruf das Töten ist, ist alles andere als einfach …

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Kapitel 2   Er hatte den halben Nachmittag oben am Waldrand gelegen, gut hinter einem Busch verborgen, und das kleine Dorf beobachtet. Gerade lief eine Horde Kinder zu den aus Holz und Lehm erbauten und mit Stroh gedeckten Hütten. Ein kleines Mädchen rannte zu dem großen Langhaus am Dorfende, wo wahrscheinlich der Drichten, der Herr des Dorfes, mit seiner Familie wohnte. War wohl Zeit für’s Abendessen. Sein Magen begann zu knurren. Sie brauchten dringend Proviant und möglichst auch frische Pferde. Ihre Verfolger hatten sich seit zwei Wochen nicht abschütteln lassen und saßen ihnen dicht im Nacken. Er rieb sich kurz die Augen. Einmal eine Nacht durchschlafen, ohne ständig zu fürchten, dass die anderen sich anschlichen, das wäre wunderbar. Hätten sie nur diesen verdammten Schmuckhändler nicht überfallen … Hinter ihm knackte ein Ast. Er fuhr mit der Hand am Messer herum, erkannte einen seiner Kumpane und entspannte sich wieder. »Mach nicht so einen Lärm, du Ochse«, zischte er. Der andere robbte heran. »Und, wie sieht es aus?« »Essenszeit. Etwas über zwanzig erwachsene Männer, und ungefähr ebenso viele Frauen und Kinder.« »Weniger, als ich dachte. Umso besser, dann geht die ganze Sache schnell und einfach. Ich sag den anderen Bescheid, und dann geht es los.«   Ulfwin hatte den Schmiedehammer erhoben, schlug aber nicht auf das rotglühende Eisenstück, das Thurudhild mit einer Zange auf dem Amboss hielt. »Was war das?« In der plötzlich eingetretenen Ruhe in der Schmiede hörte jetzt auch Thurudhild die Schreie. Sie eilten zur Tür. Beim Langhaus tobte ein wilder Kampf; über ein Dutzend fremde Krieger kämpften gegen die Männer des Dorfes. Thurudhild erkannte Bertrand, der einem Feind gerade seine Axt in den Schädel schlug. Ulfwin war blass geworden und griff nach dem Ger, der noch neben der Tür lehnte. »Bleib hier drin, ich gehe und helfe den anderen«, sagte er mit erstickter Stimme. Ohne nachzudenken, fasste Thurudhild die Zange mit dem rotglühenden Eisenstück darin fester. Ulfwin war noch keine zwei, drei Schritte weit gekommen, als unvermutet ein fremder Mann um die Hütte gerannt kam und ihm einen Ger zwischen die Rippen rammte. Der Schmied ließ seine Waffe fallen, umklammerte den in seiner Brust steckenden Schaft und fiel mit einem Keuchen zu Boden. Thurudhild sah ihn fallen, und ihr Blick verschwamm. Sie wusste nichts mehr, sie dachte nichts mehr, als sie auf den Fremden zuraste und ihm das Eisenstück gegen den Kopf schlug. Das Metall flog in hohem Bogen aus der Zange und der Mann ging zu Boden. Thurudhild griff nach Ulfwins Ger, ohne zu merken, dass sie die Waffe verkehrt herum hielt. Roter Nebel umfing sie, und nur einzelne Bilder und Bewegungen drangen in ihr Bewusstsein. »Oho, was haben wir denn hier für eine Walküre?«, erklang eine Stimme hinter ihr und sie fuhr herum. Ein zweiter Fremder stand dort, fletschte die Zähne zu einem Grinsen und ging einen Schritt zurück. Er redete weiter und blickte dabei an ihr vorbei. Thurudhild fühlte die Bewegung in ihrem Rücken mehr, als dass sie sie sah, stieß den Ger nach hinten, traf auf etwas Weiches, riss ihn wieder nach vorn und rammte dem Mann vor ihr das stumpfe Ende in den Magen. Als er sich zusammenkrümmte, drehte sie den Ger und stach ihm durch den Brustkorb. Sie wirbelte zu dem anderen Mann herum, der sich gerade wieder aufgerappelt hatte und trotz der blutenden Wunde in seiner Seite auf sie zu wankte. Über seine linke Kopfhälfte, wo sie ihn mit dem Eisenstück getroffen hatte, zog sich ein rotbrauner Striemen. Es stank nach verbrannten Haaren und verbranntem Fleisch. Etwas zischte neben ihrem Kopf vorbei. Sie sah, wie ein Pfeil durch den Hals des Mannes fuhr und er zusammenbrach. Wenige Schritte neben ihr galoppierte jemand in den Hof und brachte sein Pferd außer Reichweite ihres Gers abrupt zum Stehen. »Das war der letzte. Alle Achtung, Weib, du hast dich gut geschlagen!« Thurudhild hörte nicht zu, sondern kniete stattdessen neben Ulfwin nieder. Aus seinem Mund floss ein dünner Blutfaden, seine Pupillen waren unnatürlich groß und starrten blicklos in die Abendsonne. Eben hat er doch noch den Hammer geschwungen, eben hat er mich doch noch in den Arm genommen und geküsst! Sie streichelte Ulfwins Gesicht und flüsterte seinen Namen. Vorbei …   Thurudhild erhob sich mühsam. Alles in ihr war tot. Jede Bewegung wurde zur ungeheuren Anstrengung. Ich muss ihn begraben. Schaufel holen … Loch graben … nicht nachdenken … Loch graben … im Garten hinten bei den Apfelbäumen … Der fremde Krieger stand vor ihr und sagte irgendetwas. Sie stieß ihn beiseite, holte einen Spaten aus der Schmiede, ging zu den Bäumen hinter dem Haus und begann zu graben.   »Ein Toter, acht Verwundete, den Frauen und Kindern ist, den Göttern sei Dank, nichts passiert.« Rothgar, der Drichten des Dorfes, ging mit Hasger über den Hof vor dem Langhaus und schätzte die Schäden des Überfalls ab. »Wäret ihr nicht gekommen, würde es weit schlimmer aussehen.« Hasger zuckte die Schultern. »Wir haben diese Bande von Treveris2 aus schon seit zwei Wochen verfolgt.« Er drehte sich nicht um, als hinter ihm Hufschlag erklang, sondern fragte nur: »Hraban, was ist los?« Sein jüngster Krieger, ein schlaksiger Siebzehnjähriger mit leicht schrägstehenden dunklen Augen und schwarzen Haaren, die er zu einem unordentlichen Pferdeschwanz zusammengebunden hatte, kam gerade in den Hof getrabt und sprang von seinem Pferd, den Bogen noch in der Hand. »Noch ein Toter. Ich hab’s nicht rechtzeitig zur Schmiede geschafft, um die beiden vorher zu erwischen. Die Frau vom Schmied ist aber auch nicht ohne! Hast du gesehen, wie sie die beiden angegriffen hat, Hasger? Und dabei hat sie sich nie weiter als einen halben Schritt von ihrem toten Mann entfernt.« Die Augen des Halbwüchsigen glitzerten, er war offensichtlich begeistert. »Ja, ich hab’s gesehen«, erwiderte Hasger geistesabwesend, »war nicht schlecht.« Irgendetwas an der Sache beunruhigte ihn, und er war sich noch nicht sicher, was es war. Diese Frau hatte ihn an ein Raubtier erinnert, das seine Beute oder seinen Wurf um jeden Preis verteidigt. »Sie ist wahrscheinlich nicht ganz bei sich. Rothgar, du solltest ihre Verwandten oder eine der Frauen zu ihr schicken.« Rothgar schüttelte resigniert den Kopf. »Sie hat keine Verwandten, und es wird keine andere Frau zu ihr gehen wollen. Sie kann so jähzornig und unberechenbar sein wie ein Bär, den man aus dem Winterschlaf weckt.« »Kann ich mir vorstellen«, fügte Hraban hinzu. »Du hättest ihre Augen sehen sollen! Und wie sie mich weggestoßen hat – da steckte mehr Kraft dahinter, als man bei einer Frau denken würde.« Das ungute Gefühl verstärkte sich. »Was macht sie jetzt?«, fragte Hasger. »Begräbt wohl ihren Mann«, antwortete Hraban. »Sie hat einen Spaten geholt. Ich hab ihr angeboten zu helfen, aber das hat sie gar nicht mitgekriegt, glaube ich. Die war ganz woanders.« Hasger seufzte. Er konnte Hraban keinen Vorwurf machen, der Junge hatte mit seinen siebzehn Jahren einfach noch nicht genug Lebenserfahrung, um die Anzeichen zu erkennen. Und bei einer Frau würde man so etwas auch nicht vermuten … »Hol Regin. Er soll sie im Auge behalten. Sag ihm, er soll vorsichtig sein, möglicherweise geht sie auf andere Menschen los.« Hraban sah ihn ungläubig an und prustete dann. »Die doch nicht!« »Was weißt du schon, Junge?«, sagte Hasger leise. »Wenn sie nicht bald aus diesem Zustand rauskommt, wird es vielleicht noch mehr Tote geben. Im Augenblick kann sie für sich selbst und andere eine Gefahr sein. Jetzt geh endlich zu Reg. Er kann mit so etwas umgehen.«   Die Sonne ging unter und überzog den Hof der Schmiede, die Obstbäume und die Gemüsebeete mit rotgoldenem Licht. Regin lehnte schweigend an einem der Apfelbäume, kaute auf einem Streifen Trockenfleisch herum und nahm gelegentlich einen Schluck Wasser aus seiner Lederflasche. Die Frau hatte bereits eine knietiefe und mannslange Grube ausgehoben und taumelte inzwischen vor Erschöpfung. Er hatte nicht vor, ihr bei der schweren Arbeit zu helfen. Je mehr sie sich verausgabte, umso geringer wurde die Gefahr, dass sie jemanden angriff. Er hatte schon öfter Menschen in solch einer Situation erlebt: Von der Todesangst und dem Kampferlebnis regelrecht berauscht, wussten sie nicht, was sie taten, entwickelten enorme Kräfte, spürten keinen Schmerz und wurden zu einer Gefahr für sich und andere, bis die Kampfeswut verebbte und es zum körperlichen und seelischen Zusammenbruch kam. Manche nannten das »Furor« oder »Berserkergang« und verbanden es mit allerlei mythischen Geschichten. Regin hielt das für Quatsch. Leute in Ausnahmesituationen drehten durch, fertig. Wenn die Frau das Grundstück verließ und andere angriff, würde er sie töten. Darum stand er hier. Manche von Hasgers Männern konnten das nicht: eine Frau töten. Regin war es egal, ob ein Angreifer Kleid oder Hosen trug. Manche Dinge mussten getan werden und es hatte keinen Sinn, darüber zu brüten, ob es ehrenhaft war oder nicht. Er fuhr sich durch die schulterlangen dunklen Haare, die schon einige graue Strähnen zeigten. Hraban hatte ihm, von Hasgers Bemerkung ganz zappelig, den Auftrag überbracht und versucht, ihn mit Fragen zu...


Imort, Annette
Annette Imort, Jahrgang 1967, ist Sozialarbeiterin und in ihrer Freizeit seit 2002 im reenactment combat fighting (Kampfsport mit Nachbildungen frühmittelalterlicher Waffen) aktiv. Seitdem befasst sie sich auch mit Forschungen, ob – und wenn ja,  unter welchen Voraussetzungen – es  im Frühmittelalter weibliche Krieger gegeben haben könnte sowie mit der Frage, welche Hemmschwellen Menschen überwinden müssen, um das Töten zum Beruf zu machen.
Parallel zu ihren Recherchen entstand die historische Trilogie "Hasgers Hunde": Eine Geschichte über den Alltag des Söldnerdaseins im frühen Mittelalter, darüber, wie man „Töten lernt“, und wie eine Frau in einer solchen Welt bestanden haben könnte.



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