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Iperen | Ein Versteck unter Feinden | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 400 Seiten

Iperen Ein Versteck unter Feinden

Die wahre Geschichte von zwei jüdischen Schwestern im Widerstand
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-455-00646-9
Verlag: Hoffmann und Campe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Die wahre Geschichte von zwei jüdischen Schwestern im Widerstand

E-Book, Deutsch, 400 Seiten

ISBN: 978-3-455-00646-9
Verlag: Hoffmann und Campe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Die wahre Geschichte von Anne Franks Freundinnen und ihrem Kampf gegen die Nazis  Nach Kriegsende überbrachten die Schwestern Lien und Janny Brilleslijper der Familie Frank die Nachricht vom Tod ihrer Töchter Anne und Margot. Dass sie darüber hinaus während der Besatzungszeit Teil einer einmaligen Geschichte jüdischen Widerstandes waren, war bislang unbekannt. Als die Autorin Roxane van Iperen im Jahr 2012 in eine Villa einzieht, ahnt sie nichts von den doppelten Böden und Hohlräumen, die es hier gibt: Die jüdischen Schwestern hatten zahlreichen verfolgten Juden hier Unterschlupf gewährt. 't Hooge Nest, so der Name des Hauses, war umzingelt von den Villen hochrangiger Nazis, unter deren Augen hier der Widerstand für die gesamten Niederlande organisiert wurde. Bis das Versteck im Sommer 1944 verraten und gestürmt wurde. Janny und Lien überlebten mehrere Konzentrationslager - bis zum Tod von Margot und Anne Frank blieben sie an deren Seite. Eine außergewöhnliche Geschichte des niederländischen Widerstandes in der Zeit der Nazi-Besatzung, fesselnd erzählt wie ein Roman.

Roxane van Iperen, 1976 geboren, ist Juristin und Publizistin. Für ihren Debütroman Schuim der Aarde wurde sie 2016 mit dem Hebban-Debütpreis ausgezeichnet. Für t'Hooge Nest wurde sie 2019 mit dem niederländischen Opzij-Literaturpreis ausgezeichnet, der an Autorinnen vergeben wird, die sich in ihrem Werk für die Emanzipation von Frauen einsetzen.
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Die Schlacht um den Nieuwmarkt


Amsterdam, 1912. Wenn die Schlacht um den Nieuwmarkt anders ausgegangen wäre, hätte es die Familie Brilleslijper wahrscheinlich nicht gegeben. Dort, auf dem Platz im jüdischen Viertel, dem sogenannten Jodenhoek, zu Füßen des jahrhundertealten Stadttors De Waag, kämpft Joseph Brilleslijper um die Hand von Fijtje Gerritse.

Ihre Familien könnten gegensätzlicher nicht sein: Joseph stammt aus einem Zirkusgeschlecht von umherziehenden, jiddisch sprechenden Musikern, und obwohl sein Vater mittlerweile beruflich Obst importiert, sind für den Haushalt Brilleslijper noch immer die ausschweifenden Freitagabende zu Hause in der Jodenbreestraat typisch, wenn sich alle Familienmitglieder versammeln, um zu musizieren und Theater zu spielen. Fijtje Gerritse hingegen stammt aus einer Familie frommer friesischer Juden, alle groß und eher mürrisch, alle mit rotblondem Haar, die ihre sechs Kinder mit eiserner Disziplin inmitten der Gottlosigkeit des Amsterdamer Zeedijk erziehen, in dem sich Hafenarbeiter, Huren und Seemänner tummeln. Schon in jungen Jahren arbeitete Fijtje dort im Geschäft ihrer Eltern, das abends geöffnet war. Sie stand auf einer Kiste hinter der Kasse, neben sich die drei Brüder als Rausschmeißer. Sie ist bis über beide Ohren in den immer zum Lachen aufgelegten Joseph Brilleslijper verliebt, aber ihre Eltern wollen von dem jungen Kerl nichts wissen: ein Nichtsnutz ohne Beruf, der bei jeder Gelegenheit abhaut, um seinen umherziehenden Zirkusgroßvater zu besuchen.

Nachdem Joseph sich von den drei Gerritse-Brüdern wiederholt eine heftige Abreibung eingefangen hat, als er bei Fijtjes Eltern um ihre Hand anhalten wollte, ja von ihnen sogar aus dem Haus gejagt wurde, wobei sein Gesicht unsanft auf dem Pflaster landete, weiß er, dass er nur noch eine Chance hat. Er fordert die ungeschlagenen Riesen des Zeedijk-Viertels auf, von ihrem Thron herabzusteigen, sodass er der Familie Gerritse ein für alle Mal zeigen kann, zu was er imstande ist. Gemeinsam mit seinem älteren Bruder Ruben trommelt er einige Freunde aus der Jodenbreestraat und den Joden Houttuinen zusammen. Darunter ist ein Junge namens Stummer Öpie, der noch nie ein Wort gesagt hat, der aber so bärenstark ist, dass niemand es auch nur wagt, laut ein Wort darüber zu verlieren. Mit geballten Fäusten und zusammengebissenen Kiefern halten sie auf De Waag zu. Vor der Fischhalle auf dem Nieuwmarkt kommt es zu einem spektakulären Faustkampf, und zum ersten Mal in ihrem Leben werden die Brüder Gerritse in die Knie gezwungen. Joseph wischt sich das Blut von den Fingerknöcheln, holt seine »Fietje« im Laden ihrer Eltern ab und zieht mit ihr bei Ruben und dessen Frau ein. Ob es nun ein taktisches Kunststück, brutale Gewalt oder Glück war: Der Sieg ist das Startzeichen eines liebevollen Zusammenlebens. Sie heiraten am 1. Mai 1912 und Josephs Vater organisiert ein Häuschen für das junge Paar im ärmlichsten Teil des Jodenhoek. Dort bei den Joden Houttuinen, auf der Ecke zum Uilenburgersteeg, erblickt am 13. Dezember 1912 ihr erstes Kind, Rebekka – »Lientje« – Brilleslijper das Licht der Welt.

Die Familie ist arm, aber glücklich. Nach ein paar mageren Jahren können sie mit Hilfe von Josephs Vater, Opa Jaap, einen Laden in der Nieuwe Kerkstraat übernehmen. Mit der kleinen Lien ziehen sie über dem Geschäft ein. Fietje arbeitet Tag und Nacht im Laden, während Joseph als Arbeiter im Großhandel von Opa Jaap hilft. Es dauert noch vier Jahre, bevor das Ehepaar Gerritse von Zeedijk aus – von ihnen nur getrennt durch den Waterlooplein und den Nieuwmarkt, aber doch eine ganze Welt entfernt – wieder Kontakt zu ihrer Tochter sucht. Der Anlass ist die Geburt von Fietjes zweiter Tochter, die sie nach ihrer Mutter nennen: Marianne – »Janny«. Fünf Jahre später, im Sommer 1921, wird dann endlich der lang erwartete Sohn, Jacob – »Japie« – geboren, damit ist die Familie komplett.

Während Joseph und Fietje rund um die Uhr arbeiten, damit es auch am Ende des Monats noch reicht, erzieht der Jodenhoek die Kinder. Große Familien leben in Häusern, die eigentlich nur bessere Schuhkartons sind – mit Schlafplätzen unter Spülbecken und neben der Fußbodenleiste in der Diele; das Leben der Kinder spielt sich daher vor allem auf der Straße ab. Um die Ecke des elterlichen Hauses befindet sich das Theater Carré, dort beobachten sie stundenlang die hübsch herausgeputzten Menschen, die in die Revue strömen. Etwas weiter in der Jodenbreestraat gibt es das Tip-Top-Theater, ein beliebter Treffpunkt, wo Stummfilme gezeigt werden und bekannte Künstler wie Louis und Heintje Davids auftreten. In diesem Viertel kennt jeder jeden; Brüder helfen, das tägliche Brot zu verdienen, Schwestern, die Kinder groß zu bekommen. In den Straßen hängt Essensgeruch; vom Waterlooplein bis zur Jodenbreestraat sind Stände aufgebaut, an denen geröstete Maronen, frischer Fisch, scharfe Gewürze und saure Gurken angeboten werden. Freitags kocht Fietje, genau wie einige andere Frauen aus der Nachbarschaft, für die Armen immer einen großen Topf Suppe über dem Feuer. In den Kriegsjahren, als plötzlich viele belgische Flüchtlinge im Laden auftauchen, gibt sie besorgten Müttern auch ohne Geld deren Einkäufe mit – »Ich schreib das an«, sagt sie dann und lächelt ihnen zum Abschied zu. Freitags trifft man sich abends mit dem Rest der Familie Brilleslijper im Haus von Opa Jaap an der Jodenbreestraat. Dann wird Hühnersuppe gegessen und den ganzen Abend mit allen Onkeln, Tanten, Neffen und Nichten Musik und Theater gemacht. Eine Tradition, die Joseph, als Opa Jaap stirbt, mit seiner eigenen Familie fortsetzen wird.

So spielt die frühe Jugend der drei Brilleslijper-Kinder sich in der bedürftigen, aber geschützten Umgebung des Amsterdamer Jodenhoek ab, in einer Familie voller Liebe und Musik. Aber im Laufe der zwanziger Jahre wird das Leben schwieriger. Die Arbeitslosigkeit nimmt zu, Familien haben nichts zu essen, und als Fietje einmal freitags bei einer Nachbarin vorbeischaut, besteht deren traditioneller Eintopf für die Armen bloß noch aus kochendem Wasser. Das Gebäude, in dem sich ihr Laden und darüber ihre Wohnung befinden, wird an eine große Firma verkauft, und notgedrungen müssen sie in die Rapenburgerstraat umziehen. Das ist nur ein Block entfernt von ihrem alten Haus, aber die Mutter verliert ihr Geschäft, und dieser Verlust trifft sie schwer. Joseph allein verdient zu wenig, um das Haus zu halten, und die Familie zieht nochmals um, in zwei kleine Zimmer in der Nähe der Marnixstraat. Vor Tagesanbruch verlassen Fietje und Joseph die Wohnung, um Geld als Obst- und Gemüsegroßhändler zu verdienen.

Nach dem Tod von Opa Jaap 1925 ändern sich die Zeiten ein wenig: Joseph übernimmt mit der Unterstützung seines Bruders Ruben den Großhandel, und sie ziehen zur Familie in ein Gebäude in der Marnixstraat, wo sie das erste Geschoss bewohnen. Janny und Lien haben ein wunderbares gemeinsames Zimmer. Aber den Mädchen scheint der vertraute Jodenhoek Meilen entfernt; sie vermissen ihre Umgebung, die Menschen und das vertraute Jiddisch Amsterdams, mit dem gelispelten »S«. Abgeschnitten vom Jodenhoek verstehen die Mädchen zum ersten Mal, warum der stetig wachsende Strom jüdischer Flüchtlinge aus Russland und Polen in derart winzigen Gebäuden aufeinanderhockt. Im Straßenbild um die Nieuwe Prinsengracht, in der Gegend ihres alten Ladens, wo viele Ostjuden frischen Fisch bei Fietje kauften, bilden sie ein zusammengehörendes Ganzes aus Männern in schwarzen Kaftanen mit langen Schläfenlocken und Frauen mit Kopftüchern.

Die Schwestern sind nicht nur äußerlich kaum auseinanderzuhalten, sie sind auch unzertrennlich und genießen die Freiheiten, die sich aus dem liebevollen Schlendrian der Eltern ergeben. Wenn Joseph und Fietje in der Morgendämmerung zum Markt aufgebrochen sind und Japie noch schläft, holen sie ihre Fahrräder aus dem Schuppen, treten kräftig in die Pedale und fahren mit vornübergebeugten Oberkörpern am Olympia-Stadion vorbei, über den Amstelveenseweg und dann rechts ab zum Ijsbaanpad. Bei der hölzernen Fußgängerbrücke über die Zugtrasse nach Aalsmeer müssen sie absteigen; die Brücke ist so steil und hoch, dass sie sich ins Zeug legen müssen und mit ausgestreckten Armen ihre Fahrräder emporschieben, die Augen zu Schlitzen verengt, damit sie die Schienen tief unter sich nicht sehen müssen. Und dort, wo die Schinkel ins Nieuwe Meer fließt, liegt auf hohen Pfählen das Schinkelbad, ein aus Holz errichtetes Freischwimmbad, gespeist aus dem örtlichen Wassernetz. Mit verschwitzten Körpern vom Fahrradfahren und dem Schlussanstieg springen sie rasch ins kalte Wasser und schwimmen jedes Mal etwas zu lange, sodass sie sich sputen müssen, um Jaap noch rechtzeitig zur Schule zu bringen.

Janny und Lien entwickeln sich zu zwei bildhübschen Mädchen. Sie sind klein und dunkel, mit geraden Nasen, hohen Jochbeinen und Augenbrauen, die aussehen wie Fuchsschwänze. Die schwarzen Haare tragen sie im Nacken zusammengebunden. Mit dem Ende der Volksschule ist ihre Ausbildung abgeschlossen; die Eltern haben kein Geld, um sie noch länger die Schule besuchen zu lassen und können ihre Hilfe außerdem gut gebrauchen. Das ist nicht weiter schlimm: Die Schwestern sind wissbegierig und haben einen guten Blick für die Welt um sie herum – Amsterdam bietet ihnen alles, was sie brauchen. Sie helfen Fietje im Haushalt, arbeiten Vollzeit als Näherinnen und kümmern sich um ihren kleinen Bruder. Je älter sie werden, desto mehr scheint der Altersunterschied zu verschwinden, jedoch...


Wieczorek, Stefan
Stefan Wieczorek, geboren 1971 in Koblenz, ist Übersetzer, Literaturwissenschaftler und Essayist. Sein Engagement gilt insbesondere der Gegenwartsliteratur aus Flandern und den Niederlanden. Stefan Wieczorek lebt in Aachen.

Iperen, Roxane van
Roxane van Iperen, 1976 geboren, ist Juristin und Publizistin. Für ihren Debütroman Schuim der Aarde wurde sie 2016 mit dem Hebban-Debütpreis ausgezeichnet. Für t'Hooge Nest wurde sie 2019 mit dem niederländischen Opzij-Literaturpreis ausgezeichnet, der an Autorinnen vergeben wird, die sich in ihrem Werk für die Emanzipation von Frauen einsetzen.

Roxane van Iperen, 1976 geboren, ist Juristin und Publizistin. Für ihren Debütroman Schuim der Aarde wurde sie 2016 mit dem Hebban-Debütpreis ausgezeichnet. Für t'Hooge Nest wurde sie 2019 mit dem niederländischen Opzij-Literaturpreis ausgezeichnet, der an Autorinnen vergeben wird, die sich in ihrem Werk für die Emanzipation von Frauen einsetzen.



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