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E-Book

E-Book, Deutsch, Band 2, 370 Seiten

Reihe: Die Betriebsrätin

Jansen Lehrlingsbande

Die Betriebsrätin
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-8192-8726-8
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Die Betriebsrätin

E-Book, Deutsch, Band 2, 370 Seiten

Reihe: Die Betriebsrätin

ISBN: 978-3-8192-8726-8
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Der Mord am Jugend- und Auszubildendenvertreter Jannik Absberg am Rande eines Seminars erschüttert die gesamte Bildungsstätte, insbesondere aber die Betriebsratsvorsitzende Kassandra (Kassi) Hübner. Sie kann sich kaum vorstellen, dass Linus Weppe, Janniks Nebenbuhler um die schöne Lupita, sich so grausam gerächt hat. Doch Linus' plötzliches Verschwinden wirft Fragen auf. Das gilt auch für ein, in der Mordnacht aufgenommenes Blitzerfoto von Thorben (Bombe) Lamberti, der im Magazin der Lahn Technology Solution arbeitet und Mitgliedsanwärter des Motorradclubs MC Snakebite ist. Als Kassi vorsichtig in Janniks Leben und Familie nachforscht, gerät sie nicht nur in ein fragwürdiges Beziehungsgeflecht, sondern auch gefährlich tief in die Fänge der Gommerstädter Bandenkriminalität.

In Hamburg geboren, hat Christiane Jansen Klavierbauerin gelernt und als Betriebsrätin früh den Weg in die Interessenvertretung eingeschlagen. Nach dem Studium zur Juristin für Arbeits- und Wirtschaftsrecht sowie späterer Promotion zog sie nach Bayern und arbeitete hauptberuflich für die IG Metall. Seit gut zehn Jahren ist sie freiberuflich als Trainerin und Beraterin für Betriebsratsgremien tätig. Darüber hinaus veröffentlicht sie Beiträge zu arbeitsrechtlichen Fachthemen. Die vielen unglaublichen Geschichten aus den Betrieben und der Betriebsratsarbeit sind die Inspiration für ihren Ausflug ins Krimigenre.
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BEETHOVEN


Ludwig musste immer wieder an sie denken. Seine Anni. Sie war so schön und hatte ein Lachen, bei dem die Welt mit allen Problemen versank und nur das reine Glück blieb. Und das hatte er wirklich nötig. Als guter Schüler konnte Ludwig mit neunzehn Jahren sein Abitur erfolgreich abschließen und die Schulzeit hinter sich lassen. Das Lehrpersonal in Gommerstadt und alle Schüler atmeten auf, ihn als Unruhestifter endlich los zu sein.

Sportlich durchtrainiert und mit guten Noten ausgestattet, begann Ludwig noch im selben Jahr ein Studium an der Uni Wien mit Fachrichtung Sport und Gesundheit. Neben der sportlichen Komponente interessierte er sich aber auch für Psychologie und wie man sie zu eigenen Zwecken sinnvoll einsetzen konnte. Schnell erlernte er Manipulationstechniken und Möglichkeiten psychologischer Kampfführung.

Zu Beginn seines dritten Semesters saß er in einer Vorlesung zur Wirkung von Medikamenten bei psychischen Erkrankungen neben einer Studentin, die er vorher noch nie gesehen hatte. Sie hatte lange, blonde Haare und rehbraune Augen. Und ein Lachen … was für ein Lachen. Er musste schon mitgrinsen, als sie nur fragte, ob der Platz neben ihm frei sei. Ohne seine Antwort abzuwarten, hatte sie ihren Rucksack auf den Klappstuhl geworfen, dabei ihre Jacke halb auf ihm abgeladen und den vollen Kaffeebecher so schwungvoll auf dem kleinen Tischchen abgestellt, dass die braune Flüssigkeit aus der kleinen Trinköffnung des Plastikdeckels auf den Tisch schwappte.

Nachdem sie sich geräuschvoll und umständlich auf dem Platz eingerichtet, Rucksack und Jacke unter dem Klappstuhl verstaut und ihre Kladde zum Mitschreiben herausgekramt hatte, lachte sie Ludwig erneut an und wisperte ihm zu: »Entschuldige das Chaos. Ich bin Anni. Hast du mal ein Taschentuch?« Sie wies auf den Kaffeefleck auf ihrem Tisch.

Ludwig hatte ein Taschentuch und reichte es ihr. »Ich habe dich hier noch nie gesehen. Ich bin Ludwig«, sagte er.

»Wie Beethoven?«, fragte sie und blickte auf seine ungebändigte dunkle Mähne.

Ludwig prustete los, was ihm einen strafenden Blick der Professorin und einiger Kommilitonen einbrachte. Er und Anni zogen den Kopf ein und lächelten verlegen, als sie so unbeabsichtigt in den Fokus geraten waren.

In dieser Vorlesung erfuhr Ludwig statt der Wirkung von Psychopharmaka auf kranke Menschen, dass Anni von Gösel Pharmazie in Wien studierte und mit einigen anderen Studentinnen in einer WG wohnte. Sie war, wie er, Einzelkind, aber anders als er mit dem goldenen Löffel im Mund geboren. Ihre Eltern hatten einen Landsitz am Wörthersee erworben, nachdem ihr Vater ein Vermögen mit dem Verscherbeln von Insolvenzware gemacht hatte. Das verwöhnte Töchterchen bekam den Hintern gepudert, wo es nur ging. Doch sie verhielt sich ganz normal. Sie war natürlich, hatte großes Interesse an Kunst und Kultur und ein großes Herz für Menschen in Not. Ludwig mochte sie vom ersten Augenblick. Sie verabredeten sich, und sie wurde seine große Liebe. Auf endlosen Spaziergängen, bei dampfender Schokolade im Kaffeehaus oder in durchwachten Nächten erzählten sie einander stundenlang und gierig über ihr Leben, ihre Gedanken und Gefühle. Ludwig berichtete, dass er seinen Namen dem bayerischen König verdanke, weil seine alleinerziehende Mutter immer vom Glamour des Königshofes geschwärmt habe. Sie hatte ihn auch in Konzerte oder das Ballett mitgenommen, was seine Liebe zur klassischen Musik erklärte. Über seine Schulzeit in Gommerstadt erzählte Ludwig nur wenig. Er hatte sich in den ersten Schuljahren als Opfer von Mobbing und Schikane in Erinnerung. Erst als Teenager trainierte er Kampfsport und lernte, sich auf dem Schulhof zu wehren. Er war und blieb ein Einzelgänger. An der Spitze ist es einsam, war damals sein Leitspruch gewesen. Ganz im Gegensatz zu der Zweisamkeit mit Anni, von der er, wie ein Süchtiger, immer mehr wollte. Er fühlte sich eins mit ihr, unzertrennlich, seelenverwandt. Die Erinnerung daran ließ sein Herz schneller schlagen.

Anni hatte immer viele Verehrer. Da machte es ihn umso stolzer, dass sie an seiner Seite ging. Oft hatten andere Männer versucht, sie ihm auszuspannen. Insbesondere ein junger Jurastudent hatte sich immer wieder mit teuren Geschenken und exklusiven Einladungen hervorgetan. Es wurde fast zu einem Wettbewerb zwischen Ludwig und dem Nebenbuhler. Diesem gelang es, bei Annis Vater eine Anstellung zu ergattern, um die Liegenschaften der Familie zu verwalten. Ludwig wurde verrückt, wenn er nur daran dachte, dass dieser Wichtigtuer in Annis Zuhause um sie herumscharwenzelte.

»Mein Vater hat sein Erbe für mich von einem Ehevertrag abhängig gemacht, falls ich mal heirate«, hatte sie Ludwig erzählt. Der alte von Gösel musste steinreich sein, und dass er sein Vermögen nicht an einen raffgierigen Schwiegersohn verplempern wollte, fand Ludwig einleuchtend.

»Ich würde den Vertrag sofort unterschreiben, wenn ich dafür dich haben könnte«, hatte er damals mehr im Ernst als im Spaß geantwortet.

Anni hatte Ludwig kurz vor Ende des Studiums am Wochenende einmal zu ihren Eltern nach Hause mitgenommen. Er war sich wie bei einem Verhör vorgekommen. Immer wieder hatte Annis Vater auf die erfolgreiche Laufbahn und glänzende Zukunft des jungen Jurastudenten verwiesen, der Ludwig als Tillmann Absberg vorgestellt worden war. Alle staunten über den Zufall, dass er aus einem Vorort von Gommerstadt kam. Ludwig war ihm vorher nie über den Weg gelaufen. Annis Eltern hatten ihn ebenfalls zum Abendessen eingeladen und ausgerechnet zwischen Anni und Ludwig platziert. Anni war alles unbeschreiblich peinlich gewesen, und sie hatte sich hinterher wieder und wieder entschuldigt. Dennoch ließ sie es geschehen und zog sich sogar allmählich von ihm zurück. Ludwig vermutete, dass die Eltern ihr das zur Auflage gemacht hatten, wenn sie ihren gewohnten Lebensstandard behalten wollte. Anni blieb keine Wahl. Sie wollte studieren und forschen, damit sie Medizin gegen die vielen unbehandelbaren Krankheiten entwickeln konnte.

Dennoch hatte sie dafür einen hohen Preis gezahlt, wie Ludwig schon damals fand: Ihr Lachen, bei dem in ihrem gesamten Umfeld die Sonne aufging, war verschwunden und einem beherrschten Lächeln gewichen, das die Augen nicht mehr erreichte. Es zog heute, dreißig Jahre später, immer noch in seiner Brust, wenn er daran dachte. Sie hatten damals noch eine Zeit lang telefoniert und Nachrichten geschrieben. Er selbst hatte immer neue Versuche unternommen, den Kontakt zu ihr wiederaufzubauen. Erfolglos. Je mehr er sich um sie bemühte, umso mehr ging sie auf Abstand. Dann zog sie nur zwei Jahre nach ihrer gemeinsamen Studienzeit in eine andere Stadt und verschwand vollständig von seinem Radar. Sein Stolz war so verletzt, dass er sie gehen ließ.

Jetzt, so viele Jahre nachdem er Anni aus den Augen verloren hatte, saß Beethoven auf seinem Platz am großen Tisch im privaten Clubraum, der Chapel des Motorradclubs MC Snakebite. Alle nannten Ludwig Evering nur Beethoven, wegen seiner Vorliebe für klassische Musik und seiner dunkelbraunen wilden Haare, die meist durch ein schwarzes Bandana gebändigt wurden. Er hatte seine schwarzen Schlangenlederstiefel auf die schwere Tischplatte gelegt. Aus dem Bang-&-Olufsen-Soundsystem hörte sich das fünfte Klavierkonzert von Ludwig van Beethoven fast so gut an, als säße er im Konzertsaal. Nur dass hier niemand hustete, mit Bonbonpapier knisterte oder seine Musikkenntnisse durch ausschweifendes Mitdirigieren am Platz unter Beweis stellen musste. Er hasste das. Überhaupt blieb er zu Menschen im Allgemeinen am liebsten auf Abstand.

Beethoven fand aus seinen Grübeleien ins Hier und Jetzt zurück, als der letzte Akkord des Klavierkonzertes mit tosendem Applaus des Publikums belohnt wurde. Er schlug die Augen auf und hing noch für einen kurzen Moment seinen melancholischen Gedanken nach, die er sich nur äußerst selten und unter Ausschluss der Öffentlichkeit leistete. Er stand auf, streckte sich und rieb sich das schmerzende Knie.

Da knirschten die Gelenke wie bei einem alten Mann, dachte er. Dabei war er gerade mal fünfzig Jahre alt. Aber das wilde Leben als Präsi des Gommerstädter Motorradclubs MC Snakebite, das harte Training, die zahllosen Fights mit anderen Gangs und Clubs, der Alkohol und gelegentliche härtere Drogen hatten auch in seinem Gesicht und Körper Spuren hinterlassen. Einige tiefe Falten furchten seine Stirn, und erste silberne Fäden zogen sich durch seine immer noch prächtige, braune Haarfülle. Er schüttelte das schmerzende Bein und ging zur dunkel vertäfelten Wand. Er drückte gegen ein Paneel. Eine verborgene Tür sprang geräuschlos auf. Dahinter verbarg sich ein Schacht mit einer Treppe, die in einen unterirdischen Raum führte. Schon als Kind war Beethoven von Geheimfächern, unterirdischen Gängen oder versteckten Räumen fasziniert gewesen. Er trat in den Gang, zog die Tür zur Chapel hinter sich zu und stieg die Treppenstufen hinab, die durch dezente LED-Leisten beleuchtet wurden. Unten angekommen, schaltete er über ein Touchpad das Licht in dem unterirdischen Raum ein. Bevor er eintrat, überprüfte er auf dem Touchpad die Temperaturangaben sowie die...



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