E-Book, Deutsch, 291 Seiten
Jennessen / Lelgemann / Greving Körper - Behinderung - Pädagogik
1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-17-024083-4
Verlag: Kohlhammer
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark
E-Book, Deutsch, 291 Seiten
ISBN: 978-3-17-024083-4
Verlag: Kohlhammer
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark
Die Körperbehindertenpädagogik lieferte bis vor 20 Jahren vor allem theoretische Grundlagen und praxisrelevante Impulse für die Gestaltung schulischer Bildungsangebote für Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen. Eher sekundär bedeutsam schien die Reflexion zum Selbstverständnis der Disziplin und ihrer sozial-ethischen Rahmenbedingungen. Der Band erörtert, hinterfragt und klärt deshalb im ersten Kapitel zunächst die theoretischen Grundlagen des Faches im Kontext aktueller Herausforderungen. Im zweiten Kapitel geht es um das Berufswissen und -können der KörperbehindertenpädagogInnen, ihr Selbstverständnis und ihre Haltungen gegenüber ihrer "Klientel". Das dritte Kapitel zeigt ausgewählte Aspekte des Fachwissens hinsichtlich der Institutionen und Lebensthemen im Kontext des Lebenslaufs auf.
Weitere Infos & Material
1;Deckblatt;1
2;Titelseite;4
3;Impressum;5
4;Inhaltsverzeichnis;8
5;Vorwort des Herausgebers;6
6;Einleitung;14
7;Körper – Behinderung – Pädagogik – eine Einführung;18
8;I DISZIPLIN;24
8.1;1 Lebenssituationen von Menschen mit körperlichen und mehrfachen Beeinträchtigungen in Gegenwart und Zukunft gestalten – in Kenntnis der historischen Entwicklungen;26
8.1.1;Vorbemerkung;26
8.1.2;1.1 Geschichte in Spannungsfeldern;27
8.1.3;1.2 Zur Sicherung des Bildungsangebotes;27
8.1.3.1;Heterogenität des Personenkreises und Spannungen zwischen den unterschiedlich beeinträchtigten Gruppen;32
8.1.3.2;Eingeschränkte Partizipationsmöglichkeiten in den Lebensbereichen Arbeiten und Wohnen;33
8.1.3.3;Öffentliche Wahrnehmung körperbehinderter Menschen;34
8.1.3.4;Fokussierung auf Hilfsmittel und Technik;36
8.1.3.5;Unterschiedliche Sozialleistungen für Menschen mit einer erworbenen Schädigung;37
8.1.3.6;Politische Partizipation körperbehinderter Menschen;38
8.1.3.7;Vermeidung menschlichen Lebens mit einer Beeinträchtigung;38
8.1.4;1.3 Perspektiven;39
8.2;2 Diversity- und Disability-Studies als Bezugspunkte der Körperbehindertenpädagogik;43
8.3;3 Der Körper in der Körperbehindertenpädagogik;50
8.3.1;3.1 Körper und Leib;50
8.3.2;3.2 Der differente Körper als Produkt der Gesellschaft;52
8.3.3;3.3 Der Körper als Produzent von Gesellschaft;56
8.3.4;3.4 Geschlechtlicher Körper;58
8.4;Einwurf: Gesundheit und Krankheit in der Körperbehindertenpädagogik;61
8.4.1;Herausforderungen im Verhältnis von Medizin und Pädagogik;63
8.4.2;Krankheitsmodelle und pädagogische Handlungsmöglichkeiten;65
8.4.3;Gesundheitsmodelle und pädagogische Handlungsmöglichkeiten;70
8.4.4;Zusammenfassung und Überblick über pädagogische Handlungsmöglichkeiten;71
8.5;Einwurf: „Weil nicht (mehr) sein kann, was nicht sein darf“ – Erfahrung von Behinderung trotz inklusiver Zeiten?!;77
8.5.1;Problemskizze;77
8.5.2;Inklusion und die Erfahrung des (Körper-)Behindert-Seins;79
8.5.3;Inklusion und intersubjektive Erfahrungen mit Behinderten;84
8.5.4;Fazit und Ausblick;91
8.6;4 Ethik und Körperbehindertenpädagogik;96
8.6.1;4.1 Ethik und (Sonder-)Pädagogik;97
8.6.2;4.2 Selbstbestimmung – Inklusion – Ethik – Körperbehinderung;99
8.6.3;4.3 Anerkennung – Care – Körperbehinderung;101
8.6.4;4.4 Technik – Orthesen – Körperbehinderung;103
8.6.5;4.5 Körperbehinderung – Lebensanfang – Lebensende;107
8.7;Einwurf: Ethische Fragen am Lebensanfang;113
8.7.1;Vorbemerkung;113
8.7.2;Zusammenfassung der Erkenntnisse für den Themenbereich Pränataldiagnostik und Ethik;119
8.8;5 Aufträge und Perspektiven für die Wissenschaft;121
8.8.1;5.1 Leiblichkeit und Sozialität des Körpers;121
8.8.2;5.2 Interdisziplinarität;122
8.8.3;5.3 Heterogenität der Personengruppe;122
8.8.4;5.4 Spezifität im Inklusionsdiskurs;123
9;II PROFESSION;126
9.1;Einwurf: Professionalisierung in der Sonderpädagogik. Koordinaten-systeme (sonder-)pädagogischer Professionalisierung;128
9.2;1 Zur Bedeutung der Professionalität in der Körperbehindertenpädagogik;137
9.2.1;1.1 Zum Selbstverständnis der in der Körperbehindertenpädagogik Tätigen;138
9.2.2;1.2 Zum Gedanken der „Anwaltschaft für“ Menschen mit körperlichen und mehrfachen Beeinträchtigungen;139
9.2.3;1.3 Selbsthilfebewegung und professionelles Selbstverständnis;141
9.2.4;1.4 Sorge und Fürsorge – Elemente eines professionellen Selbstverständnisses?;142
9.2.5;1.5 Beteiligung am gesellschaftlichen Diskurs;144
9.3;2 Handlungsfelder und Tätigkeitsprofile;147
9.3.1;2.1 Pädagogische Einrichtungen;147
9.3.2;2.2 Wohnen;151
9.3.3;2.3 Arbeitsbereiche;153
9.4;3 Spezifische Kompetenzen und Fachwissen;157
9.5;Einwurf: Pädagogische Kompetenzen im Umgang mit schwer und mehrfach beeinträchtigten Kindern und Jugendlichen;163
9.6;Haltung, Kompetenz, Technik in der Pädagogik – eine unzertrennbare Einheit;163
9.7;Kompetenzen;165
9.8;Haltung, Kompetenz, Technik;168
9.9;Einwurf: Veränderte Perspektiven durch sich verändernde Krankheitsverläufe bei Muskeldystrophie Duchenne – Konsequenzen für die Körperbehindertenpädagogik;170
9.9.1;Veränderungen im Leben und in den Krankheitsverläufen von Menschen mit Muskeldystrophie Duchenne;170
9.9.2;Mögliche Belastungen;173
9.9.3;Konsequenzen und Forderungen;175
9.10;4 Perspektiven für Wissenschaft und Praxis;181
10;III LEBENSPHASEN UND LEBENSSITUATIONEN;184
10.1;1 Institutionen und De-Institutionalisierung;186
10.2;2 Lebensphase Kindheit;194
10.2.1;2.1 Personale und familiäre Situation;194
10.2.2;2.2 Frühförderung;200
10.2.3;2.3 Inklusion und frühe Förderung;204
10.3;Einwurf: Erfahrungen mit Institutionen und Hilfen;208
10.4;Einwurf: Die Zeit der Einschulung;213
10.5;3 Kinder und Jugendliche mit einer körperlichen oder mehrfachen Beeinträchtigung – zwischen exkludierenden, exklusiven und inklusiven Lebenssituationen;216
10.5.1;3.1 Zur schulischen Situation;218
10.5.2;3.2 Zur Bedeutung der Eltern;220
10.5.3;3.3 Freizeitangebote;220
10.5.4;3.4 Möglichkeiten der Mit- oder auch Selbstbestimmung;221
10.5.5;3.5 Leben in einer Gemeinde;221
10.5.6;3.6 Zur Bedeutung kommunikativer Aspekte;222
10.5.7;3.7 Weitere Aspekte;223
10.5.8;Fazit;224
10.6;Einwurf: Sexualität – eine lebenslange Lernaufgabe;227
10.6.1;Sexualität bei Menschen mit Behinderung als Tabu?;228
10.6.2;Behinderungsspezifische Themen;229
10.6.3;Behinderung;229
10.6.4;Einfinden in Geschlechterrolle/Liebeserfahrungen;230
10.6.5;Pflege;232
10.6.6;Abschluss;233
10.7;4 Das eigene Leben gestalten – Erwachsensein;235
10.7.1;4.1 Wohnen;236
10.7.2;4.2 Universelles Design;241
10.7.3;4.3 Soziales Leben;242
10.7.4;4.4 Erfahrungen im medizinischen Bereich;244
10.7.5;4.5 Arbeit und Beschäftigung, Ausbildung und Studium;245
10.7.6;4.6 Perspektiven;249
10.8;Einwurf: Persönliches Budget;252
10.9;Einwurf: Menschen mit körperlichen und mehrfachen Beeinträchtigungen im Alltag begleiten – selbstbestimmt leben mit Behinderung in Hamburg;260
10.10;Einwurf: Das Alter(n) als Lebensphase erleben und gestalten;266
10.10.1;Altern mit einer körperlichen Beeinträchtigung: Chancen und Herausforderungen einer neuen Lebensphase;266
10.10.2;Gesundheitsrisiken und medizinische Versorgung;268
10.10.3;Biographische und psychosoziale Aspekte;270
10.10.4;Sozialrechtliche Rahmungen für die Sicherstellung von Teilhabechancen bis zum Lebensende;271
10.10.5;Von der Förderplanung zur Teilhabeplanung: Anforderungen an die professionelle Begleitung von Menschen mit Behinderungen im Alter;273
10.11;5 Palliative Care für Menschen mit Körperbehinderung;277
10.11.1;5.1 Palliative Care;278
10.11.2;5.2 Palliative Care für Kinder und Jugendliche;279
10.11.3;5.3 Pädiatrische Palliativversorgung;281
10.11.4;5.4 Kinder- und Jugendhospizarbeit;282
10.11.5;5.5 Palliative Care für Erwachsene;284
10.12;6 Perspektiven für Wissenschaft und Praxis;289
11;AutorInnenverzeichnis;291
1 LEBENSSITUATIONEN VON MENSCHEN MIT KÖRPERLICHEN UND MEHRFACHEN BEEINTRÄCHTIGUNGEN IN GEGENWART UND ZUKUNFT GESTALTEN – IN KENNTNIS DER HISTORISCHEN ENTWICKLUNGEN
Reinhard Lelgemann
Vorbemerkung
In einer Zeit, in der ohne Unterbrechung hunderte von Informationen auf uns einwirken und ebenso rasch vergessen werden, stellt sich durchaus die Frage, welche Bedeutung die Kenntnis historischer Entwicklungen für die Gegenwart der eigenen professionellen Tätigkeit haben kann; weitergehend für die Gestaltung von Handlungsmöglichkeiten von Menschen mit körperlichen und mehrfachen Beeinträchtigungen. Derartige Reflexionen können sich dabei sowohl aus einem spezifischen, ebenso aber häufig wohl aus einem eher allgemeinen Interesse ergeben. Ein spezifisches Interesse liegt dann vor, wenn historischen Reflexionen Bedeutung für Fragestellungen im professionellen Kontext gegeben wird, die für die Gegenwart bzw. die nahe Zukunft relevant sind. Beispiele hierfür sind z. B. konzeptionelle Überlegungen zur Gestaltung der pädagogischen Zusammenarbeit mit Schülern mit sehr schweren Beeinträchtigungen oder Planungen zur Weiterentwicklung eines Einrichtungsträgers von Angeboten für Menschen mit Beeinträchtigungen (vgl. Schmuhl & Winkler 2010). Wesentlich häufiger aber wird es ein eher unspezifisches Interesse im Rahmen der eigenen Ausbildung sein, welches z. B. der beruflichen Selbstvergewisserung dient. Sicherlich wäre es vermessen, durch die Beschäftigung mit historischen Entwicklungen konkrete Entscheidungshilfen für aktuelle Anliegen zu erwarten. Doch hofft der Autor, dass historische Reflexionen für die historischen Hintergründe weitergehender Entwicklungen und möglicher Strategien, in die Professionelle als Handelnde eingebunden sind, sensibilisieren. Dies ist vermeintlich wenig, doch aus Sicht des Autors genug, um einen erneuten Versuch zu wagen, einige Stränge der Geschichte der Körperbehindertenpädagogik zu verfolgen. Die Darstellung stellt angesichts der Kürze des Beitrages eine durchaus subjektive Auswahl der Fragestellungen dar, die dennoch anstrebt, wesentliche und aktuell relevante Kernthemen zu reflektieren. Der Artikel orientiert sich im ersten Teil am 1999 erschienenen Beitrag von Hans Weiß zu zentralen Aspekten einer Geschichte der Körperbehindertenpädagogik. Bergeest in der ersten Auflage seines Kompendiums zur Körperbehindertenpädagogik (2000), vor allem aber Stadler und Wilken (2003) gebührt das Verdienst, die großen Leitlinien einer Geschichte der Körperbehindertenpädagogik in den letzten Jahren differenziert und kenntnisreich dargestellt zu haben. Zudem liegen inzwischen einzelne Studien zu Teilaspekten des Fachgebietes und naheliegender Gebiete vor, auf die hier nur verwiesen werden kann (z. B. Bösl 2009; Fuchs 2001; Musenberg 2003). 1.1 Geschichte in Spannungsfeldern Geschichte in Spannungsfeldern
Weiß hat in seinem 1999 erschienenen Artikel Spannungsfelder einer historischen Betrachtung innerhalb des Fachgebietes benannt, die auch noch heute, fast 20 Jahre später, von Bedeutung sind. Als solche benennt er: • die Herausforderung der Entwicklung und Ausgestaltung institutionell-professioneller Angebote • die Diskussion und konkrete Entwicklung von Heim- und Tagesschulen • das Verhältnis „separater“ und „integrativer“ Formen der Erziehung und Bildung von Schülerinnen und Schülern mit Körperbehinderungen • die Frage der Kooperation mit den Eltern der Schülerinnen und Schüler • die Herausforderung der uneingeschränkten Einbeziehung von Schülerinnen und Schülern mit sehr schweren, mehrfachen und sog. schwersten Behinderungen in schulische Bildungsprozesse als permanent zu sichernde Aufgabe • die didaktische Herausforderung der Verbindung von Unterricht, Pflege und Therapie • die kritische Auseinandersetzung mit utilitaristischem Denken • die Frage der Einbeziehung von Schülerinnen und Schülern mit weiteren Beeinträchtigungen (Schülerinnen und Schülern mit Förderbedarf im Bereich Lernen oder kognitive Entwicklung, Sehen und Hören) • das Verhältnis von Medizin (Therapie) und Pädagogik, Didaktik und Erziehung Auch wenn seine Systematik stark am schulischen Bereich orientiert ist, so erscheint dies berechtigt, denn Körperbehindertenpädagogik hat sich im historischen Kontext immer deutlich über dieses Aufgabenfeld definiert. Viele der hier zu Grunde liegenden Herausforderungen sind auch für die Gegenwart relevant und zudem eng miteinander verknüpft. Die Ausgestaltung der konkreten pädagogisch-strukturellen Angebote steht z. B. gegenwärtig in direkter Beziehung zur Frage der weiteren Entwicklung integrativer bzw. inklusiver oder spezialisierter Bildungsangebote. Gerade in diesem Kontext stellt sich erneut die Frage der Bedeutung bzw. Sicherung therapeutischer und pflegerischer Elemente für ein unterstützendes Bildungsangebot oder die Frage der Einbeziehung von Schülerinnen und Schülern mit sehr schweren Beeinträchtigungen in die weiteren bildungspolitischen Entwicklungen. 1.2 Zur Sicherung des Bildungsangebotes
Die hier durch die Impulse von Weiß angesprochenen Aspekte der historischen Entwicklung können an dieser Stelle nicht vertieft behandelt werden. Hier muss auf die bereits genannten Publikationen sowie aktuelle Veröffentlichungen im didaktisch-methodischen Kontext verwiesen werden (z. B. Bergeest, Boenisch & Daut 2015; Lelgemann 2010). Grundlegend lassen sich die hier nur grob skizzierten historischen Entwicklungen überdies aus gerechtigkeitsphilosophischer Perspektive reflektieren. Insbesondere Philosophinnen wie Martha Nussbaum (2010), noch deutlicher aber Eva Kittay (2006), stellen die Frage, ob die starke Orientierung der Gerechtigkeitsphilosophie und vieler staatlicher Verfassungen am unausgesprochenen Grundgedanken fähiger, nicht gesundheitlich eingeschränkter Menschen, wie sie sich im ersten Entwurf von Rawls (1979) findet, nicht dazu führt, dass weniger begabte, gesundheitlich eingeschränkte Menschen und ihre Angehörigen, vor allem also die Mütter, in solch einer Gesellschaft strukturell benachteiligt werden. Auf der Basis ihrer kritischen Anfragen entwickeln sie ein Gerechtigkeitsmodell, welches staatlichen Strukturen die Verantwortung dafür gibt, Voraussetzungen zu schaffen, auf deren Basis ein möglichst gutes Leben aller Menschen möglich wird. Hierbei soll insbesondere berücksichtigt werden, dass alle Menschen als hilflose, zu pflegende Wesen geboren werden, alle Menschen Abhängigkeitssituationen auch in ihrem weiteren Leben zeitlich begrenzt erfahren, manche auch ein Leben lang, und zudem alle Menschen im hohen Alter erneut fürsorge- und pflegebedürftig sein werden und pflegender Angehöriger bedürfen. Auf der Grundlage der von Weiß vorgeschlagenen Themenfelder und mit Hilfe der Überlegungen von Nussbaum und Kittay lassen sich so Kriterien ableiten, mit denen historische und aktuelle Entwicklungen der Körperbehindertenpädagogik systematisch analysiert und kritisch betrachtet werden können. Mit Bezug auf die Entstehung und Gestaltung von Bildungsangeboten für Schülerinnen und Schüler mit körperlichen oder mehrfachen bzw. schwersten Beeinträchtigungen können z. B. folgende Leitfragen untersucht werden: • Hatte und hat der Staat eine Verpflichtung, Menschen mit einer Beeinträchtigung ein Bildungsangebot zu ermöglichen oder sollte er dies privaten Initiativen oder den Familienangehörigen überlassen? • Reicht es, wenn diese Schülergruppe formal dem allgemeinen Bildungssystem angehört, oder sind spezifische Unterstützungsleistungen notwendig? • Sollen in dieses Angebot auch Personengruppen einbezogen werden, die absehbar keinen produktiven Beitrag leisten können? Diese ethischen Fragestellungen sind gleichermaßen für die Gegenwart als auch historisch bedeutsam. Im 19. und 20. Jahrhundert sahen staatliche Strukturen und deren Institutionenvertreter ihre zentrale Aufgabe in der Sicherung der Funktionsfähigkeit des nationalen Staatengebildes. Hierzu gehörte die Sicherung der Produktivität und der Leistungsfähigkeit des eigenen Staates, seiner Verteidigungsfähigkeit und damit der nationalen Souveränität. Entscheidungen in vielen anderen Handlungsbereichen, seien dies die Gesundheitsfürsorge, die...