Über Chaos, Verzweiflung und Liebe
Buch, Deutsch, 160 Seiten, Format (B × H): 139 mm x 215 mm, Gewicht: 247 g
ISBN: 978-3-906212-49-4
Verlag: WELTBUCH Verlag GmbH
Über 50 Beiträge berichten in diesem Buch über ereignisreiche Jahre eines Kindes auf den „Bretten die die Welt“ bedeuten, vom Bayreuther Festspielhaus, der Komischen Oper Berlin, vom Musikstudenten über Studium, Dramaturgie und Regie zum Theater, Kulturpalast und dem Internationalen Dixieland Festival. Großveranstaltungen wie: „800-Jahr-Feier Dresden“ und die Feierlichkeiten anlässlich des 800-jährigem Jubiläums der Kreuzkirche und des Kreuzchores Dresden mit großen historischen Festumzügen.
In diesem temporeichen Leben hatte JOACHIM SCHLESE Höhen aber auch Tiefen zu meistern. Letzteres gab es zu Genüge und trieben ihn oft zur Verzweiflung; zum Glück überwogen dann doch die Höhepunkte. Da waren seine erste Fernseh-Inszenierung 1998 „Country und Company“ u.a. mit Gojko Mitic, „Rote Rosen“ eine Revue zum Frauentag u.a. mit Carmen Nebel, welche über 40mal lief, die Kinderrevue „Das Brückenmännchen“, eine Revue die acht Tage lang in den
Ferien gespielt wurde, die Palast-Varieté-Reihe, wo er sogar einen Elefanten auf die Bühne traben ließ und vieles mehr. Nicht zu vergessen das Magic-Festival sowie das Tanz-Festival Dresden und den damit verbundenen Begegnungen mit vielen Stars von Bühne, Parkett und Kino.
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Liebe Leser, liebe Freunde, liebe Fans,
Musik ist seit meiner Kindheit her mein Leben. Ein Dreiklang in all seiner Vielseitigkeit – auch ein musikalischen Dreiklang. Und der besteht aus Grundton, Terz und Quinte – und das in verschiedenen Variationen.
Ein erlösender Klang, jener Dreiklang! Ich erinnere mich noch sehr gut an die Gefühle, die dieser Klang in mir ausgelöst hat: Aufatmen, Schluss mit Langeweile, Raus an die frische Luft, Pause, vor allem aber Kindheit.
Der Dreiklang meiner Kindheit war Joachim, Jürgen und Johannes.
Drei Mal „J“ im Vornahmen – das war ganz bewusst, den unsere Sachen mussten damals gekennzeichnet sein. Und da der Mittlere die Sachen teilweise vom Großen übernahm und der sie dann wieder an den Kleineren abgeben musste, war dieses „J.S.“ in den Sachen einfach sehr praktisch.
Wir drei Jungs wuchsen in einem wohlbehüteten, christlichen Elternhaus auf.
Ich erinnere mich gern, wenn unsere Mutti uns vom spielen zum Abendessen rief: Joachim, Jürgen, Johannes, Essen ist fertig. Jener D-Dur-Dreiklang, war es, der immer in uns klang, vor allem als unsere Mutter zum zweiten Mal rief: Joachim, Jürgen, Johannes, Essen ist fertig. (Von uns ein leises, ja wir kommen)
Beim dritten Mal hörten wir ihn wieder diesen Dreiklang (ich glaube in C-moll) von meinem Vater, den Akkord aus den drei Tönen – Joachim, Jürgen, Johannes, Essen steht auf dem Tisch! Danach gab es keine Wiederholungen und wir saßen frisch gewaschen am Abendbrottisch.
Diese drei Töne: Kraft, Liebe und Besonnenheit, haben sich für uns drei Jungs zu einem wunderbaren Mut machenden Akkord vereint. Und dieser Dreiklang begleitete uns bis heute. Am Anfang waren es die Klänge von Bach in der Vorbereitungsklasse des Dresdner Kreuzchores; später bei Opern von C. Maria von Weber, Giuseppe Verdi und Giacomo Puccini mit dem Knabenchor der Dresdner Staatsoper.
Danach wurde ich mit den Dreiklängen von Mozart vertraut gemacht, als Walter Felsenstein von der Komischen Oper in Berlin seine einzigartige und wohl einmalige Inszenierung der Zauberflöte vorbereitete. Sarastro aus Hamburg, Tamino aus München, Papageno aus Wien, Pamina aus Westberlin um nur einige zu nennen. Nur mit den drei Genien, die bis dahin nur von Frauen gesungen wurden, war er sich nicht einig, denn eigentlich wollte Mozart drei Knaben haben, aber woher nehmen? Der Dresdner Kreuzchor – das war die Lösung. Unter den drei herausgesuchten war auch damals ich und so zogen wir Knaben von Dresden in das Hospiz an der Albrechtstraße, gingen in Berlin zur Schule und waren über ein viertel Jahr in den Probenprozess an der Komischen Oper eingebunden. Eine traumhafte Premiere, ein einmaliger Erfolg. Vor allem auch für uns Knaben (Bilder li.).
Dieser Erfolg wurde auch in Bayreuth registriert. Was Walter Felsenstein in Berlin kann, sollte doch auch in Bayreuth möglich sein.
Als Wieland Wagner, Enkel von Richard Wagner sich auf seine Neuinszenierung des Tannhäusers vorbereitete, er vom Erfolg der drei Knaben bei Felsenstein hörte, kam ihn die Idee, den Hirtenknaben im Tannhäuser nicht von einer Frau singen zu lassen, sondern von einem Knaben.
Und so bereitete mich Frau Catarina Lange-Frohberg, die damalige Stimmbildnerin des Kreuzchores auf die Dreiklänge von Richard Wagner vor. Wir wohnten im Hotel zur Post und Wieland Wagner holte uns ab zum Festspielhaus auf den Bayreuther Hügel. Sei dem ich auf dieser Bühne stand, weiß ich warum viele Künstler über diese Bühne sprechen, von den Brettern die die Welt bedeuten.
Und seit dieser Zeit klingt dieser Dreiklänge in mir: Musik, Musik, Musik!
Es folgte das Studium an der Hochschule für Musik in Dresden – wo ich den Jazz lieben lernte. Was war damals für mich der Jazz?
Jazz war für mich auf einmal mehr als Musik. Man kann es fühlen aber nicht erklären. Es ist die unendliche Vielfältigkeit, die unauffindbare Kunst der Improvisation. Mit einem Wort, die unermesslich helle Welt der Freude und der Liebe zur Musik. Glücklich ist, der fähig ist es zu empfinden. Und diese Empfindung hat mich bis heute mit dem Internationalen Dixieland Festival verbunden.
Einer meiner schönsten Dreiklänge war das Thema Liebe.
Liebe steht heute für Freude, Spaß, Genuss, Vereinigung, Hingabe, Mitgefühl und vieles andere mehr. Immer jedoch ist das Wort Liebe ein Ausdruck für ein positives Gefühl. Wenn heute von „Lieben“ die Rede ist, ist all das damit gemeint. Und seit ich in der Kreuzkirche vor dem Altar stand, Pfarrer Joachim Zirkler den Segen gab, fühle ich, diese unendliche Liebe. Die wahre Liebe ist immer freiwillig. Sie lässt sich nicht erzwingen, nicht erbitten, sie wird uns einfach geschenkt.
Denn irgendwann küsst man eine Frau und weiß, dass es die Frau des Lebens sein könnte. Irgendwann umarmt man eine Frau und weiß, dass man sie nie mehr loslassen möchte.
Und wenn ich am Morgen meine Augen öffne und meine Traumfrau Carmen so neben mir sehe – dann ist es der schönste Tag meines Lebens. Und aus diesem Grund liebe ich Sie wie am ersten Tag. Vielleicht noch etwas weiser und bewusster als am ersten Tag.
Nun möchte ich einen neuen Dreiklang zum Schwingen bringen: den Dreiklang meiner Stadt. Hier sehe ich den Dreiklang meiner Heimatstadt Dresden – der Genius des Ortes, der Dreiklang von Geschichte, Musik und Natur.
Als ich ein kleiner Junge sah ich Dresden als eine Stadt der Trümmer und Ruinen.
Ich habe, zwei Jahre später, mitten in dieser endlosen Wüste gestanden. Zwischen zerbrochenen, verstaubten Ziegelsteinen und Sandsteinquadern. Ich stand in einer kilometerbreiten Leere. Im Garnichts. Oder doch auf einem riesigen Ruinenberg?
Wenn ich heute an gleichen Stelle stehe und auf die Stadt hinabschaue, dann Danke ich dem Glück, in Dresden aufgewachsen zu sein.
Dresden ist immer eng mit der Musik verbunden gewesen – Heinrich Schütz, Carl-Maria von Weber, Richard Wagner, Ernst von Schuch, der Kreuzchor oder die Semperoper sind nur einige Beispiele.
Und mitten drin in diese Klassik, entwickelte sich das Internationale Dixieland Festival.
Dieses Festival ist schon lange kein Genre-Ereignis für „reine“ Jazzliebhaber; die Atmosphäre wird bestimmt durch Lebensfreude, Geselligkeit, Optimismus und Hoffnung in Verbindung mit künstlerischen Leistungen, Internationalität und einer lebendigen Musikpflege für Menschen jeden Alters.
Die ganze Stadt scheint entfesselt zu sein. Menschen feiern, tanzen, lachen und genießen eine einmalige Atmosphäre. Das Internationale Dixieland Festival jährt sich 2020 zum 50. Mal und das in absoluter Kontinuität seit 1971! Das ist übrigens einmalig auf der Welt. Ein traditionelles Jazzfestival. Das mit seiner Qualität und Vielseitigkeit bereits mehrere Millionen Besucher und tausende Musiker begeisterte.
Für Jazzmusiker aus aller Welt ist Dresden als „Europäische Dixieland Hauptstadt“ zu einem festen Begriff geworden.
Doch das Wichtigste ist unser Publikum. Es ist für mich das großartigste, begeisterungsfähigste und mitreißenste Publikum, das man sich vorstellen kann.
Seit 50 Jahren spannt sich nun eine unsichtbare Kommunikationsbrücke zwischen Publikum und Mitwirkenden des Festivals. Vor so einer Zuhörerschaft auftreten zu dürfen, ist ein Privileg, was die Musiker zu schätzen wissen. Und ich bin stolz und glücklich, für dieses Publikum ein Festival dieser Art mit gestaltet zu haben.
An dieser Stelle meinen allerherzlichsten Dank an das Publikum, dass 50 Jahre ihrem, meinem Festival die Treue gehalten hat. Danke!
Joachim Schlese




