Johannson | Die Bernsteinhexe | E-Book | www.sack.de
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E-Book, Deutsch, 400 Seiten, E-Book Epub

Johannson Die Bernsteinhexe

Ein historischer Roman von Usedom
1. Auflage 2017
ISBN: 978-3-8412-1313-6
Verlag: Aufbau Digital
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Ein historischer Roman von Usedom

E-Book, Deutsch, 400 Seiten, E-Book Epub

ISBN: 978-3-8412-1313-6
Verlag: Aufbau Digital
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Die Heldin von Usedom. 

Usedom, 1629: Während des Dreißigjährigen Krieges, als auf Usedom Not und Elend herrschen, entdeckt die Pfarrerstochter Maria eine Bernsteinader. Mit dem Erlös hilft sie den Armen und Hungernden. Zum großen Missfallen des Amtshauptmannes, der seine Macht auf der Insel schwinden sieht. Also sinnt er auf Rache und streut das Gerücht, dass Maria eine Hexe sei. Ob es ihrer großen Liebe Rüdiger gelingen wird, sie vor dem sicheren Flammentod zu bewahren?



Lena Johannson, 1967 in Reinbek bei Hamburg geboren, war Buchhändlerin, bevor sie als Reisejournalistin ihre beiden Leidenschaften Schreiben und Reisen verbinden konnte. Sie lebt als freie Autorin an der Ostsee.

Im Aufbau Taschenbuch sind ihre Hamburg-Saga: 'Die Villa an der Elbchaussee', 'Jahre an der Elbchaussee' und 'Töchter der Elbchaussee', die Jungfernstieg-Saga: 'Die Frauen vom Jungfernstieg - Gerdas Entscheidung', 'Die Frauen vom Jungfernstieg - Antonias Hoffnung' und 'Die Frauen vom Jungfernstieg - Irmas Geheimnis', die Nord-Ostsee-Saga: 'Zwischen den Meeren', 'Nach den Gezeiten', 'Im Jahr der Flut' lieferbar, die Romane 'Die Malerin des Nordlichts', 'Dünenmond', 'Rügensommer', 'Himmel über der Hallig', 'Der Sommer auf Usedom', 'Die Inselbahn', 'Liebesquartett auf Usedom', 'Strandzauber', 'Die Bernsteinhexe', 'Sommernächte und Lavendelküsse' und ihre Kriminalromane 'Große Fische' und 'Mord auf dem Dornbusch'.

Mehr zur Autorin unter lena-johannson.de

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Kapitel I


Der Winter des Jahres 1629 war hart und ohne Gnade. Er hielt das Land fest in seinen eisigen Krallen, drosselte es, presste den letzten Funken Leben aus ihm heraus. Dieser Winter hieß Krieg. Er dauerte schon elf lange Jahre. Mit jedem Monat, jedem Tag, jeder einzelnen Stunde wurden die Qualen mehr, und die Menschen, die die Torturen überstanden, wurden immer weniger. Wie ein Ausschlag breiteten sich die Kämpfe von Süd nach Nord, loderten zuerst im Königreich Böhmen auf, in Kursachsen und fraßen sich schließlich hoch bis in das auf dem Papier neutrale Pommern. Kaiserliche Truppen, Schweden, Dänen trampelten nieder, was sich ihnen in den Weg stellte, plünderten, saugten das Land aus. Viele, ob Bürger oder Bauer, ob Fürst oder Fischer, waren von Flugschriften aufgehetzt, die den Katholikenhass schürten, andere versuchten alles, um Luthers Werk doch noch rückgängig zu machen, um den Ablasshandel zurückzubekommen, der ihre Kassen füllte. Wieder andere waren einfach nur gierig nach Macht. Doch die größte Zahl derer, die die Gräueltaten begingen, war selbst in höchster Not. Unzählige Fußmärsche vom Morgengrauen bis zur hereinbrechenden Nacht und zahllose Auseinandersetzungen Mann gegen Mann lagen hinter Soldaten und Söldnern, hatten ihnen das Fleisch von den Knochen und damit die letzte Kraft geraubt.

Dörfer, Kirchen und Klöster wurden zu Schlachtfeldern, Frauen wurden unter den Augen ihrer Ehemänner geschändet, Priester im Angesicht ihres Altars zerstückelt. Man schälte ihnen die Haut vom Leib. Ungeborene wurden dem Bauch der Mutter brutal entrissen.

In ihrer Not aßen die Menschen Schnecken, Frösche, ja sogar die Eingeweide der Toten sollen sie verspeist haben, erzählte man sich. Wer das nicht übers Herz brachte, trank lieber gleich Gift, um ein schnelles und gnädiges Ende zu finden. Manche Jungfrau ging ins Wasser und ertränkte sich, ehe einer der ausgemergelten verbitterten Soldaten ihrer habhaft werden konnte.

Warum nur war all das Leiden, all das Elend über die Welt gekommen? Pfarrerstochter Maria Schweidler konnte es nicht verstehen, sooft sie auch darüber nachgrübelte. Sie versuchte dankbar zu sein, dass sie hier oben auf ihrer Insel zwischen Achterwasser und Ostsee weitgehend verschont geblieben waren. Bisher. Noch reichte, was an Angeln und in Netzen landete, um sie zu ernähren. Zwar waren die kaiserlichen Truppen unter Wallenstein durchgezogen und hatten sich eine geraume Zeit eingenistet. Wie man hörte, hatten sie nicht unerheblichen Schaden angerichtet. Die Pfarrkirche von Benz, weiter südlich und westwärts zum Großen Haff hin gelegen, sollte es schlimm erwischt haben. Dann waren die Dänen gekommen, griffen überraschend an und besetzten weite Teile des Eilands. Doch ihr Triumph dauerte nicht lange, ehe die Kaiserlichen sie vertrieben und wieder selbst auf Usedom hausten. In den Mündungen von Swine und Pene waren Wehranlagen entstanden, auf dem Streckelsberg hielten Wächter an manchem Tag Ausschau nach kleinsten Anzeichen eines Überfalls. Maria hätte nicht zu sagen vermocht, ob vom Meer Angreifer hätten kommen können, die noch grausamer waren als jene, die vom Land her überall unterwegs waren. Im Großen und Ganzen jedoch fühlte sie sich so sicher, wie man sich eben fühlen konnte, wenn alle Welt den Verstand zu verlieren schien, wenn Fürsten, Könige, Heerführer und gar der Papst, der sich doch Vertreter Gottes auf Erden schimpfte, an ihren eigenen Interessen festhielten und bereit waren, ihnen das Leben Unschuldiger zu opfern. Maria war dankbar, dass ihre Mutter die Düsternis dieser Zeit nicht mehr erleben musste. Ihre zarte Seele wäre bald daran zerbrochen. Glücklicherweise war die Ruhr dem Krieg zuvorgekommen und hatte sie hingerafft, als Maria gerade einmal acht Jahre alt gewesen war.

Die nackten Füße in einfachen zerschlissenen Schuhen, ein altes Unterkleid ihrer Mutter, das bereits elf Winter mehr oder weniger gute Dienste geleistet hatte und sicher noch einige Winter würde halten müssen, ein viel zu dünnes Baumwollkleid und darüber der alte Mantel ihres Vaters, um den Kopf einen löchrigen Schal geschlungen, so hatte Maria sich auf den Weg gemacht, um zu sehen, ob der Wald noch etwas Essbares hergab. Vielleicht konnte sie an dem einen oder anderen Strauch noch einige rot leuchtende Hagebutten finden, aus denen sich ein Mus herstellen ließe, das den Körper stärkte.

Vor nicht allzu langer Zeit war sie jeden Morgen mit ihrem Vater im dichten Wald gleich vor den Grenzen ihres kleinen Dorfes Coserow gewesen. Viele Bewohner der Siedlung, alte und junge, hatten damals ihre Häuser verloren. Sie hatten sich notdürftig Verschläge gezimmert. Bei der geringsten Gefahr oder auch nur der Ahnung davon verließen sie diese und retteten sich in den Schutz der dichtstehenden Bäume, die dem, der sich nicht darin auskannte, ein nahezu undurchdringliches Revier boten. Pfarrer Schweidler hatte jeden Tag aufs Neue seine Schäfchen zusammensuchen müssen, als wären sie tatsächlich eine Herde wolliger Vierbeiner, hatte mit ihnen gebetet, ihnen Trost gespendet und war ihnen beigestanden. Es war ein Wunder, dass damals Pfarrhaus und Kirche bei dem bis zum heutigen Tage schwersten Überfall kaum beschädigt worden waren. Nur einige Fenster waren zu Bruch gegangen. Aus Angst um ihr nacktes Leben hatten Maria und ihr Vater sich in einer Erdhöhle oben auf dem Streckelsberg verkriechen müssen. Ein Lächeln huschte über Marias Gesicht. Wahrhaftig, dass sie trotz Kälte und Hunger, trotz durchziehender  Kaisertreuer überlebt hatten, war auch so ein Wunder.

Ihr Vater hatte sie gelehrt, die Hoffnung nie aufzugeben. Wie stand es schon in Lukas 12, Vers 24? Seht auf die Raben: Sie säen nicht und ernten nicht, sie haben keinen Speicher und keine Scheune; denn Gott ernährt sie. Wie viel mehr seid ihr wert als die Vögel! Maria war gewiss, dass der Herr auch ihren Vater und sie nähren würde. Und so lehrte es sie auch ihre Erfahrung. Die Ostsee und das Achterwasser waren reich an Fisch, der für den Winter getrocknet oder eingesalzen werden konnte. Sie besaßen einen kleinen Gemüsegarten mit spärlichem Ertrag, denn der sandige Boden gab nicht viel her. Und sie besaßen eine letzte Kuh, von der sie immerhin einige Schluck Milch bekamen. Solange es dem Herrn im Himmel gefiel, brauchte sie sich nicht zu sorgen, dass sie verhungerten. Das war einer der Gründe, warum sie einzig dem Herrn im Himmel gehorchte und sonst keinem. So hatte ihr Vater es sie gelehrt. Ebenso wie er ihr beigebracht hatte, beim Beten nicht die Augen zu schließen.

»Du musst stets hinsehen«, hatte er ihr eingebläut, »ob du irgendwo etwas Falsches erkennst, das du in Ordnung bringen kannst. Dir darf nicht entgehen, wenn Hilfe gebraucht wird. Darum halte immer und auch beim Beten die Augen offen!«

Ein Knacken ließ sie herumfahren. Kein Zweifel, der Laut eines Zweiges, der unter einer Schuhsohle gebrochen war. Maria entdeckte den Mann nicht gleich. Es war ein grauer Tag, nur wenig Licht fiel durch die Wipfel der Rotbuchen. Hinter ihren von letzten trockenen, orange leuchtenden Blättern geschmückten Ästen konnte sich der Fremde leicht verbergen. Doch eine Bewegung verriet ihn.

»Wer bist du? Zeig dich, bitte, mein Freund.« Hoffentlich hatte Marias Stimme in seinen Ohren so fest und unerschrocken geklungen, wie sie es beabsichtigt hatte. Nichts.

»Bist du von hier, von Usedom? Gehörst du gar zu unseren Leuten aus Coserow?« Hoffentlich kein Soldat des Kaisers, ein eingefleischter Katholik womöglich. Eine schlimmere Vorstellung konnte es nicht geben. »So zeig dich doch!«, forderte sie ihn erneut auf. Zwei Wimpernschläge vergingen, ehe der Mann sich rührte. Ein Rascheln, dann schob ein Arm in einem höchst sonderbaren Ärmel energisch einige Äste beiseite. Der Fremde trat aus dem Schutz des Gestrüpps auf sie zu.

»Nein, Ihr seid nicht aus unserem Dorf«, stellte sie leise fest. Nicht nur der Ärmel war sonderbar, der gesamte Mantel war es. Dem Anschein nach bestand er aus mehreren Kleidungsstücken, die jemand zusammengefügt hatte. So war ein buntes Gewand entstanden, das an keiner Seite so lang war wie an der anderen. Ein schneller Blick in sein Gesicht. Viel war davon nicht zu erkennen, denn ein Bart, so dicht wie der Urwald, der große Teile der Insel bedeckte, verbarg seine Züge. Ihm länger in die Augen zu sehen, um einzuschätzen, ob er ein gutes Herz hatte, wagte sie nicht.

»Du kannst ruhig weiter mit mir sprechen, wie dir der Schnabel gewachsen ist. Ich bin nur ein einfacher Mann.« Die Stimme war rau und hatte einen harten Klang.

»Vor Gott sind wir alle einfach und doch alle kostbar.« Sie spürte ihr Herz schlagen. Was sollte sie sagen? Sollte sie sich nicht am besten rasch verabschieden und zurückziehen? Es waren gefährliche Zeiten. Selbst als noch Frieden herrschte, wäre es für eine junge Frau nicht gerade ratsam gewesen, mit einem Fremden allein im Wald einen Plausch zu halten. Nicht einmal wenn Frieden wäre, hätte sie eine Vorstellung davon, wie sie sich ihm gegenüber verhalten sollte.

»Auch dann noch, wenn wir gesündigt haben?« Die Bitterkeit in seiner Stimme ging ihr durch Mark und Bein. »Möge der Heilige Johannes Nepomuk mein Geheimnis bewahren«, fügte er kaum hörbar hinzu. Der Schreck fuhr Maria durch die Glieder, ein Katholik, ein Feind!

»Wenn du mit ganzer und reiner Seele büßt, wird Jesus Christus dir vergeben.«

Ängstlich sah sie ihn an, ihre Blicke trafen sich. Welch ein Schmerz lag in seinen Augen! Was mochten sie gesehen haben? Es versetzte ihr einen Stich. Gleichzeitig glaubte sie, direkt in sein Herz sehen zu können....


Johannson, Lena
Lena Johannson, 1967 in Reinbek bei Hamburg geboren, war Buchhändlerin, bevor sie als Reisejournalistin ihre beiden Leidenschaften Schreiben und Reisen verbinden konnte. Seit ihrem ersten Roman „Das Marzipanmädchen“, der 2007 erschien, arbeitet sie als freie Autorin. Sie lebt an der Ostsee.

Bei Aufbau sind neben „Große Fische. Ein Krimi auf Rügen“ außerdem ihre Romane „Himmel über der Hallig“, „Rügensommer“, „Dünenmond. Ein Sommer an der Ostsee“, „Der Sommer auf Usedom“, „Die Inselbahn. Ein Sommer auf Sylt“ und „Standzauber. Ein Rügenroman“ lieferbar.

Mehr zur Autorin unter www.lena-johannson.de.



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