Johansen / Hirschmann | Halligenbuch - Eine untergehende Inselwelt | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 161 Seiten

Johansen / Hirschmann Halligenbuch - Eine untergehende Inselwelt

Auf historischen Spuren mit Claudine Hirschmann
1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-7534-8047-3
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Auf historischen Spuren mit Claudine Hirschmann

E-Book, Deutsch, 161 Seiten

ISBN: 978-3-7534-8047-3
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Digitale Neuausgabe des Buches aus dem Jahre 1866, aufbereitet für die heutige Leserwelt. Aus dem Inhalt: »Das vorliegende Büchlein möchte seinen Lesern einen Einblick in die Verhältnisse einer immer kleiner werdenden Inselwelt an der Westküste des Herzogtums Schleswig gewähren. Es möchte ferner, da das Absterben des Volkstums auf jenen Eilanden mit dem Zerbröckeln der Inselschollen gleichen Schritt hält, seinerseits dazu beitragen, ein hinsiechendes Volkstum neu zu beleben. Hätte der Verfasser ausschließlich für seinen Volksstamm geschrieben, so würde er sich in seinen Erzählungen der treuherzigen Mundart der friesischen Insulaner bedient haben. Da er jedoch auch einem größeren Publikum sowohl das eigentümlich Friesische als das allgemein Germanische des Büchleins zugänglich machen wollte, wählte er seine und seines Volksstammes zweite Muttersprache als Darstellungsmittel. Einige Erzählungen wurden schon vor mehreren Jahren im nordfriesischen Dialekt aufgezeichnet. In der vorliegenden Bearbeitung hat der Verfasser manche friesischen Wörter und Wendungen beibehalten, damit das Büchlein den friesischen Leser anheimele und den nichtfriesischen fortwährend daran erinnere, dass der Schauplatz der Erzählungen eben an den Grenzmarken deutschen Landes und Lebens zu suchen ist. Übrigens ist das Verständnis überall durch kurze Andeutungen vermittelt. Und so gehe denn hinaus, mein Halligenbuch, mit deinen Skiltjis, Statjis und Telen Zeugnis zu bringen von der Sage und Sitte, von dem biedern Sinn und der rechten Einfachheit, von der Treuherzigkeit und Gottesfurcht der Bewohner einer untergehenden Inselwelt im deutschen Meere! Schleswig, in der Osterzeit 1866. Johansen«

Der Amrumer Lehrer Christian Johansen wurde im Jahre 1820 geboren. Zeit seines Lebens beschäftigte er sich intensiv mit der Geschichte, dem Brauchtum sowie der Sprache der Insel. Um auch andere daran Anteil haben zu lassen, verfasste er nicht nur mehrere Prosastücke, sondern auch eine Wörtersammlung des Friesischen. Christian Johansen starb im Jahre 1871.

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Die Warft mit dem Hallighaus
Ein guter Anfang, eine gute Grundlage ist bei jedem Unternehmen und besonders bei jedem Bau eine gar wichtige Sache. Auf den Halligen ist es ganz besonders wichtig, ein gutes Fundament zu legen, wenn man ein Haus bauen will, denn Flut und Sturm sind starke Mächte, die das Gebilde der Menschenhand hassen und es zu zerstören drohen. Auf dem Halliggrund kann das Hallighaus ebenso wenig erbaut werden wie auf dem Meeresgrunde, da der Halliggrund zur Zeit der Überschwemmung nichts weiter ist als Meeresgrund. Der Halligmann muss daher, wenn er ein Haus bauen will, einen hohen Hügel aufwerfen, der das Gebäude tragen und den Wogen standhalten kann. Da die Flut in stürmischen Herbst- und Wintertagen 20 bis 25 Fuß höher steigt als gewöhnlich, so muss der Erdhügel, die Warft oder Wurt, welche das Hallighaus tragen und das Leben der Halligleute bewahren helfen soll, mindestens noch einige Fuß höher über den Meeresspiegel hinausragen. Ein Warftbau ist keine Kleinigkeit. Da muss der grüne Rasen in schweren Stücken vom Land abgelöst, und die großen Rasenstücke müssen verbandmäßig übereinander aufgeschichtet werden, bis die Warft die gehörige Höhe erreicht hat. Auf die Ränder und Seitenflächen der Warft muss besondere Sorgfalt verwendet werden. Die Seitenflächen der Wurt dürfen der See keine steile Wand darbieten, da dieselbe leicht von den Wogen unterminiert und dann mit dem ganzen Bau hinabstürzen würde in die Flut. An der schrägen Seite der Warft, die sich allmählich in den Halligboden verliert, rollt die Flut hinauf und wieder herab, ohne etwas abzunagen. Sobald der untere Teil der Warft fertig geworden ist, werden die starken eichenen Ständer, welche das Haus stützen und tragen sollen, hineingesenkt. Die Ständer werden durch starke Querbalken miteinander verbunden, und der ganze Ständerbau wird schließlich bis auf die emporstrebenden oberen Enden der Ständer mit Erde und Rasenstücken bedeckt. Jetzt ist man mit dem unterirdischen Bau, mit der eigentlichen Grundlegung fertig. Nun werden die Mauern um die Ständer herum aufgeführt. Das Ständerviereck bekommt einen Rahmen aus starken Balken, auf welchem die Querbalken, die das Sparrwerk tragen, befestigt werden. Endlich wird das Haus gerichtet, und das Gerippe desselben steht fertig da. Ein Kranz von Meerstrandnelken schaukelt sich darüber in der blauen Luft. Die Warften sind mitunter recht ansehnlich, sowohl ihrem Umfang als ihrer Höhe nach. Nicht selten findet man eine ganze Häusergruppe, ein kleines Dorf auf einer Warft. Die Warft Ketelswarf auf Langeneß trug vor dreißig Jahren vierzehn Häuser. Mit dem weiteren Ausbau geht‘s schneller, denn die innere Einrichtung der Hallighäuser ist einfach. Über der Haustür hat jedes altfriesische Hallighaus einen steinernen Giebel (Frontispiz), dessen hohe Spitze weit hinausblickt auf die wogende See. Die Firsten der Strohdächer sind mit Rasen belegt, und aus jeder First ragt ein Schornstein hervor. Giebelkrönungen sind bei uns unbekannt. Die Ritzen und Fugen am äußeren Mauerwerk sind mit Kalk verstrichen, Fensterrahmen und Türen mit dunkelgrüner Farbe vermalt. Du siehst keine langen Fensterfluchten an den einstöckigen Häusern der Hallig. Nur an der einen Seite der Haustür sind einige größere Fenster, denn dies ist die Seite, wo sich die Wohnzimmer und die Küche befinden, während die andere Hälfte des Hauses als Stallgebäude, Feuerungs- und Heuraum benutzt werden und daher nur mit kleineren Fenstern versehen ist. Durch die Haustür treten wir in einen schmalen Gang, der gewöhnlich quer durch das Haus und nach dem Gärtchen führt. An der einen Seite dieses Ganges, der als Vorzimmer zu betrachten ist, hat man entweder vorn die Wohnstube und hinten die Küche oder umgekehrt. Neben dem Wohnzimmer findet sich gewöhnlich noch ein größeres Zimmer, der Pesel, und ein Kämmerlein. Die Wohnzimmer, Dönsen, in den Hallighäusern sind den Schiffskajüten ähnlich. Die hölzerne Wand – der Stubentür gegenüber – heißt die Bettwand. In dieser Wand befinden sich die Bettstellen, welche aus Nischen bestehen, die mit Betttüren versehen sind. Zwischen den beiden großen Wandbettstellen hängt die holländische Wanduhr, deren Gehäuse mit Meerweibergestalten verziert ist, ebenfalls in einer Nische. In einem Winkel des Zimmers, bisweilen auch über dem eisernen Beilegerofen, siehst du den Glasschrank, ebenfalls eine Nische, und hinter der Glastür glänzt das Silber- und Porzellangeschirr. In der Ofenwand, zwischen Wohnstube und Küche, ist der eiserne Ofen eingemauert. Auf den Fällungen der Stuben- und Peseltüren und an den Gesimsen der Bettwand, auch an den Betttüren, finden sich häufig allerlei Malereien, als Tiergestalten, Wasserlilien und andere Blumen, und dazwischen gute Sprüche und weise Lehren in großer Frakturschrift vom Maler aufgetragen. So ist‘s recht, denn die guten Sprüche und die weisen Lehren bringen gute Gedanken in die Seele und helfen das Herz rein bewahren. – Lass dir ein paar Reimsprüchlein der Art vortragen, lieber Leser. An der Stubentür eines Hauses auf den friesischen Eilanden steht der Vers:   »Wer ein- und ausgeht zu dieser Tür, Derselb‘ gedenke für und für, Daß unser Heiland Jesus Christ Die rechte Thür zum Himmel ist.«   In einem anderen Hause liest du am Gesims der Bettwand die Worte:   »In Sturm und Wellenbraus Behüte, Gott, mein Leben, Und um mein schwaches Haus Laß deine Engel schweben, Daß sich die wilden Wogen scheun, Wie Lämmer vor dem starken Leu‘n.«   An den Betttüren eines Hauses steht geschrieben:   »So wie der Abend auf den Tag, So folgt der Tod dem Leben nach. Ich zieh‘ das Kleid des Leibes aus, Und man verschließt den Sarg, mein Haus; Ich geh‘ ins Grab, wie jetzt zur Ruh, Man decket mich mit Erde zu. Dann schlaf ich eine lange Nacht, Bis ich am jüngsten Tag‘ erwacht Vor Jesu, meinem Richter, steh‘, Und mit ihm in die Freude geh‘. Herr, laß mich ja vergessen nicht Der Auferstehung und Gericht, Und alle Tage dieser Zeit Bereit sein zu der Ewigkeit. Amen.«   In einem anderen Haus war am Gesims zu lesen:   »Gar herrlich ist das Haus gebauet und geziert Wenn Gott des Herren Segen und Eintracht d‘rin regiert.«   Außerdem findet man an den sorgfältig vermalten Wänden, die häufig mit blauer Farbe angestrichen sind, Zeichnungen von Schiffen und Schiffbrüchen, an welche sich allerlei Familienerinnerungen knüpfen, die durch diese Bilder von der einen Generation auf die andere fortgepflanzt werden. An der Fensterwand steht eine lange hölzerne Bank, die an der Wand befestigt ist und deren Sitzbrett aufgeklappt werden kann, damit die Bank zugleich als Lade benutzt werden könne. Vor dieser Bank steht der große eichene Tisch mit seiner Platte aus dicken eichenen Bohlen auf gedrechselten Füßen. Der untere Teil des Tisches bildet einen Schrank zum Aufbewahren der übriggebliebenen Brocken der Mahlzeit, damit nichts umkomme. Um den Tisch herum stehen Stühle, ebenfalls aus Eichenholz, deren Rücklehnen und Armlehnen aus Schnitzwerk – bärtige starke Männer, Ungeheuer des Meeres, Walrosse und Walfische – zusammengefügt sind. An den Wänden stehen blau und grün vermalte Kisten und Koffer, auf deren vorderen Seiten sich Namen und Jahreszahlen finden. Diese Kisten und Koffer enthalten das Bettgewand und Leinenzeug der Hausmutter. Die Leinenkisten müssen voll sein, wenn die Mutter und Töchter des Hauses wünschen, ihren Ruf als tüchtige Frauenzimmer zu bewahren. Ein Sprichwort sagt: »Eine Tochter, die keine volle Leinenkiste mitkriegt in den neuen Hausstand, die weiß nicht, dass sie eine Mutter gehabt hat«, und eine andere sprichwörtliche Redensart bezeichnet den vollen Leinenkoffer als »einen heimlichen Reichtum«. Außer den genannten Dingen erblickst du noch mancherlei an den Wänden des Wohnzimmers, was du hier vielleicht gar nicht zu finden erwartet hast. Der Vater und die Söhne des Hauses, die als Seeleute weit umhergewesen sind, haben seltene Produkte fremder Länder mit zurückgebracht, die Wände des Zimmers damit zu zieren. Rechts und links von der Wanduhr hängen Kehrwische aus bunten Federn ostindischer Vögel. Auf der Kommode und auf den Wandgesimsen stehen allerlei künstliche Gebilde, geformt aus chinesischem Gestein, dazwischen finden sich bunte Muscheln aus Westindien und Korallen von den Südseeinseln, – lauter Dinge, die direkt aus dem Osten, Westen und Süden mit heimgebracht wurden. Der Pesel unterscheidet sich nur dadurch vom Wohnzimmer, dass er größer und eine Art von Staatszimmer ist. Bei Festlichkeiten als Kindtaufen, Hochzeiten und Begräbnissen, wo es bald an Raum gebricht, die Gäste aufzunehmen, wird der Pesel mitbenutzt. Die Hälfte und vielerwärts mehr als die Hälfte des Hauses ist für landwirtschaftliche Zwecke eingerichtet. Da die Viehzucht ein Haupterwerb der Halligbewohner ist, braucht man viel Stallraum für Schafe und Rinder, Pferde gibt es nicht auf den Halligen, und außerdem noch andere besondere Räume, in welchen die Futtervorräte aufbewahrt werden. Dreschtennen findet man nicht in den Hallighäusern, da der Boden kein Korn hervorbringt. Soll noch etwas über die halliglich häuslichen Einrichtungen gesagt werden, so werde den Halligfrauen ein wohlverdientes Lob gespendet für ihren häuslichen, stillen und ordnungsliebenden Sinn, für die Mühe und Sorgfalt, mit welcher sie das ganze Haus und alles, was zum Haus gehört, sauber und rein, ordentlich und ganz erhalten. Was man vielleicht...



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