Johnston | Von Göttern und Menschen | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 563 Seiten

Johnston Von Göttern und Menschen

Die griechischen Mythen neu erzählt von Sarah Iles Johnston
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-406-82710-5
Verlag: Verlag C. H. Beck GmbH & Co. KG
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Die griechischen Mythen neu erzählt von Sarah Iles Johnston

E-Book, Deutsch, 563 Seiten

ISBN: 978-3-406-82710-5
Verlag: Verlag C. H. Beck GmbH & Co. KG
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Die griechischen Sagen gehören mit ihren zeitlosen Bildern und Geschichten zum Erbe der Menschheit. Sarah Iles Johnston hat auf der Grundlage einer souveränen Quellenkenntnis die griechischen Mythen in einer modernen, frischen Sprache neu erzählt und so angeordnet, dass sich ein fortlaufender Lektürefaden ergibt. Ein Meisterwerk, das dazu einlädt, die Welt von Herakles, Ödipus und Medea neu kennenzulernen.

Die Odyssee und die Fahrt der Argonauten, der Feuerbringer Prometheus und der Sänger Orpheus, die weise Athena und die Unterweltgöttin Persephone: Die griechischen Mythen bringen existentielle Fragen nach Liebe und Tod, Macht und Ohnmacht, Heldentum und Verschlagenheit in einprägsamen Geschichten zum Ausdruck. Doch wer sie kennenlernen will, muss bisher zwischen verstaubter Sprache und quellenferner Lockerheit wählen. Sarah Iles Johnston setzt mit ihrer Erzählung der griechischen Sagen neue Maßstäbe, weil sie ihren Stoff so profund beherrscht, dass sie sich von allen Pedanterien frei machen und höchst lesbar – und mit besonderem Interesse für die weiblichen Perspektiven – erzählen kann. Im Anhang nennt sie zu jeder Geschichte die Quellen. Ein Register erschließt das große Personal an Göttern, Heldinnen und Sterblichen. Jede Geschichte ist in sich geschlossen und zugleich nur ein kurzes Kapitel in dem großen Roman vom Ursprung des Kosmos bis zu den Folgen des Trojanischen Kriegs.

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GÖTTER, STERBLICHE UND IHRE MYTHEN
Stellen Sie sich vor, Sie hätten eine Möglichkeit gefunden, in der Zeit zurückzureisen und eine Stadt im antiken Griechenland zu besuchen. Schauen Sie sich um: Sie sind umgeben von Mythen. Auf dem Marktplatz stehen prächtige Statuen, Athene mit einem Speer in der Hand oder Poseidon mit seinem Dreizack. An einem Tempel in der Nähe sehen Sie einen Fries, auf dem Theseus gegen die Amazonen kämpft. Wenn Sie ins Haus einer aristokratischen Familie eingeladen werden, wird Ihnen Wein aus einem Krug eingeschenkt, der mit einer mythischen Szene geschmückt ist, und auch der Becher, aus dem Sie trinken, zeigt eine solche Darstellung: Zeus in Gestalt eines Stieres, der mit der geraubten Europa auf dem Rücken durchs Meer prescht, oder der Held Peleus im Ringkampf mit der Meeresnymphe Thetis, die ihre Gestalt wandeln konnte. Wenn Sie lange genug in der Stadt bleiben, können Sie Theatervorstellungen besuchen, die Mythen zum Thema haben – vorausgesetzt natürlich, dass Sie ein Mann sind. Griechische Frauen gingen nicht ins Theater. Allerdings nahmen sie an anderen Festlichkeiten zu Ehren der Götter teil, bei denen Dichter Mythen rezitierten. Sie könnten dann hören, wie Deianeira ihren Ehemann Herakles ermordete oder wie Penelope ihre Verehrer mit dem frauentypischsten aller Geräte hinhielt, dem Webstuhl. Wenn Sie lange genug in der Stadt verweilen würden, um sich eine Frau zu suchen, würde das Lied, das bei Ihrer Hochzeit vorgetragen werden würde, sich vielleicht auf eine der großen mythischen Liebesgeschichten beziehen, etwa auf die zwischen dem trojanischen Helden Hektor und seiner Frau Andromache. Auch bei weniger formellen Anlässen würden Ihnen Mythen begegnen – etwa wenn Sie als Frau zusammen mit anderen Frauen Wolle verarbeiten und sich zur Unterhaltung Mythen erzählen würden oder als Mann bei einem Gastmahl, bei dem Ausschnitte aus den Werken berühmter Dichter rezitiert würden. Nichts in unserer Kultur lässt sich damit vergleichen – nichts erweckt bei uns allen eine ähnliche Begeisterung und hat ähnlich treue Anhänger wie die Mythen im antiken Griechenland. Sicher gibt es Geschichten, von denen wir alle (oder fast alle) schon einmal gehört haben, doch selbst die populärsten haben unsere Kultur nicht so tief durchdrungen wie die Mythen die antike griechische Kultur. Wir sind nicht überrascht, wenn uns Harry Potter in einem Buch oder einem Film begegnet oder sogar im Miniaturformat als Legofigur, wir wären jedoch ziemlich verwundert, wenn er als Statue ein öffentliches Gebäude schmücken würde oder wenn wir bei einer Hochzeit ein Lied über seine Liebe zu Ginny Weasley hören würden. Und abgesehen von den berühmten Ausnahmen, die die Regel bestätigen, wie die Bibel, Shakespeares Werke oder Jane Austens Romane, sind selbst die beliebtesten Geschichten nicht länger als zwei oder drei Generationen lang populär. Das liegt unter anderem daran, dass Ausdrucksweise und Benehmen im Laufe der Zeit Staub ansetzen. Samuel Richardsons Briefroman Pamela, or Virtue Rewarded war nach der Veröffentlichung 1740 mehrere Jahrzehnte lang ungemein populär, doch heute müssen die wenigen Leserinnen und Leser, die sich noch darauf einlassen, bestimmte Begriffe mühsam entschlüsseln (was, bitte, ist eine «sauce-box»?) und eine Erzählsituation akzeptieren, die uns heute skurril erscheint (machten sich Eltern und Kinder früher wirklich die Mühe und schrieben einander so ausführliche Briefe wie Pamela und ihre Eltern im Roman?). Damit sie weiterhin Anklang finden, müssen selbst die schönsten Geschichten aktualisiert werden. Doch es gibt noch einen anderen Grund, warum Geschichten nicht allzu lange populär bleiben: Wenn Autoren heute den Plot oder die Figuren aus den Werken anderer Autoren übernehmen, werden schnell Plagiatsvorwürfe laut, es sei denn, sie haben ihren eigenen Beitrag irgendwie deutlich gemacht – indem sie etwa wie Leonard Bernstein in seiner Westside Story die Zeit, das Setting und die Namen der Figuren ändern. Die griechischen Autoren der Antike hingegen zögerten nicht, Handlung, Zeit, Ort, Figuren und sogar Details sowohl von früheren Autoren als auch von ihren Zeitgenossen zu übernehmen. Solange sie das gut machten und eigene Ergänzungen hinzufügten, war das keine Schande – sie wurden sogar dafür gefeiert. So frischten sie die Mythen immer wieder auf und sorgten dafür, dass sie aufregend und für ihr Publikum relevant blieben. Tatsächlich musste man, wenn man im antiken Griechenland einen Mythos erzählen wollte, frühere Versionen berücksichtigen, weil man sicher sein konnte, dass ein Großteil des Publikums zumindest die Grundzüge der Geschichte kannte. Was wir heute als griechische Mythen bezeichnen, betrachteten die meisten Griechen als Teil ihrer Geschichte, die seit der Zeit Homers von Dichtern überliefert wurde. Wenn ein Autor einen Mythos verwendete, tat er etwas Ähnliches wie Cecil B. DeMille, als er 1956 die Geschichte von Moses in seinem Film Die Zehn Gebote erzählte. DeMille ergänzte faszinierende neue Figuren (zum Beispiel Königin Nefretiri) und aufregende neue Handlungsstränge (etwa Moses’ Romanze mit Nefretiri), doch es bestand kein Zweifel, dass er die biblische Geschichte erzählte. Tatsächlich wurde der Film von jüdischen wie christlichen Organisationen dafür ausgezeichnet, dass er eine biblische Geschichte im 20. Jahrhundert so gut vermittelte. DeMilles Film wurde auch nicht als Plagiat betrachtet: Der Film war ein Kassenschlager und wird auch heute noch als gelungene Umsetzung eines biblischen Stoffes gefeiert. Zweiundvierzig Jahre später inspirierte DeMilles Die Zehn Gebote das DreamWorks Animation Studio zu Der Prinz von Ägypten, einer Trickfilmversion der biblischen Geschichte mit eigenen Adaptionen, die ebenfalls kommerziell erfolgreich war und von der Kritik gelobt wurde. Auf ähnliche Weise versah der Tragödiendichter Aischylos 458 v. u. Z. den bekannten Mythos von Orestes in seiner Tragödientrilogie Orestie mit neuen Wendungen und frischte damit eine uralte Geschichte auf. Der letzte Teil von Aischylos’ Version, der sich auf Orestes’ Schicksal konzentriert, nachdem er den Mord an seinem Vater gerächt und seine eigene Mutter getötet hat, spielt auf den Areopag an, den Platz in Athen, wo der gleichnamige oberste Gerichtshof zu Morddelikten tagte. In Aischylos’ Darstellung begründete Athene das Gericht, damit Orestes’ Fall von Geschworenen verhandelt werden konnte, was im Stück als geniale Neuerung präsentiert wurde. In früheren Versionen von Orestes’ Geschichte war das Problem auf andere Weise gelöst worden, was Wissenschaftler zu der Schlussfolgerung veranlasste, dass Aischylos die uralte Geschichte änderte, um aktuelle Reformen in Athen zu würdigen – vor allem die Reformen, die die Macht des korrupten und zu mächtigen Areopags beschnitten. Doch bei Aischylos’ Version der Orestes-Geschichte geht es natürlich noch um mehr. Gut erzählt wird die Geschichte über einen jungen Mann, der gezwungen ist, seine Mutter zu töten, um die Ermordung seines Vaters zu rächen, das Publikum stets in ihren Bann schlagen, und Aischylos versah sie mit allen Zutaten, die eine gute Geschichte braucht. Es gibt Rachegöttinnen mit übelriechendem Atem, die Orestes bis nach Delphi und von dort weiter nach Athen verfolgen, den Gott Apollon, der eine kluge, protowissenschaftliche Rede zu Orestes’ Verteidigung hält, und Athene, die die Erinnyen, die über den Verlust ihrer Beute außer sich sind, geschickt in umgänglichere Göttinnen verwandelt, die versprechen, künftig zum Wohle Athens zu handeln. All diese Ergänzungen, noch dazu verfasst in grandioser Sprache, belebten einen altbekannten Mythos neu. Aischylos erhielt für seine Orestie den ersten Preis bei den Dionysien in Athen, den Festspielen zu Ehren von Dionysos, dem Gott des Schauspiels. Bis heute wird die Orestie aufgeführt. In diesem Geist der Tradition und ständigen Erneuerung erzählten die Griechen einander ihre Mythen über ein Jahrtausend lang, bis das aufkommende Christentum ihre Stimme nach und nach zum Verstummen brachte. Doch auch die Christen konnten die Mythen nicht vollständig unterdrücken. Im 14. Jahrhundert verfasste ein unbekannter Franziskanermönch den Ovidius moralizatus, eine Nacherzählung von Ovids Metamorphosen in einer für Christen geeigneten Fassung. Chaucer entwickelte den Mythos von Theseus ...


Sarah Iles Johnston ist Professorin für Klassische Philologie an der Ohio State University. Für ihre Forschungen über antike griechische Mythologie und Religion ist sie international bekannt.



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