Jones | In guten wie in schlechten Tagen | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 352 Seiten

Jones In guten wie in schlechten Tagen


1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-03790-112-0
Verlag: Arche Literatur Verlag AG
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 352 Seiten

ISBN: 978-3-03790-112-0
Verlag: Arche Literatur Verlag AG
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Die Geschichte von zwei jungen Menschen, die sich finden, heiraten - und erfahren, dass nichts im Leben so stark und zugleich so zerbrechlich ist wie wahre Liebe. Eine junge Frau und ein junger Mann verlieben sich. Celestial steht vor ihrem Durchbruch als Künstlerin; Roy ist ein erfolgreicher Handelsvertreter, auf dem besten Weg, Karriere zu machen. Celestial und Roy beschließen, das Leben gemeinsam zu meistern. Sie heiraten. Ihre Liebe ist wahr und die Zukunft eine große Verheißung. Doch dann trifft sie wie aus dem Nichts ein Urteilsspruch, der Roy für Jahre ins Gefängnis bringt. Die beiden beschließen, sich nicht auseinanderbringen zu lassen und die schwere Zeit zu meistern. Aber sie müssen erkennen, dass das Leben sie mit einem unlösbaren Rätsel auf die Probe stellt: Wie kann Liebe so groß, so wahr - und doch so zerbrechlich sein?

Tayari Jones wurde 1970 in Atlanta geboren und studierte Englisch in Iowa, Georgia und Arizona.Mit ihrem Roman ?In guten wie in schlechten Tagen? wurde sie über Nacht zu einer der erfolgreichsten Autorinnen der USA.2019 wurde sie mit dem Women's Prize for Fiction ausgezeichnet.Tayari Jones lebt heute wieder in Atlanta.
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Eins
Brückenmusik


Roy


Es gibt zwei Arten von Menschen auf der Welt, die, die von zu Hause weggehen, und die, die es nicht tun. Ich bin stolzes Mitglied der ersten Kategorie. Meine Frau, Celestial, hat immer behauptet, im Grunde meines Herzens wäre ich ein Junge vom Land, aber ich konnte mit der Bezeichnung nie etwas anfangen. Zum einen komme ich nicht direkt vom Land. Eloe, Louisiana, ist eine Kleinstadt. Wenn man »Land« hört, denkt man an Getreide anbauen, Strohballen pressen und Kühe melken. Ich habe im Leben keine Baumwollkapsel gepflückt; mein Daddy allerdings schon. Ich habe noch nie ein Pferd, eine Ziege oder ein Schwein angefasst und verspüre auch keinen Wunsch danach. Celestial hat immer gelacht und klargestellt, dass sie damit nicht sagen wolle, ich sei ein Bauer, nur eben vom Land. Sie stammt aus Atlanta, und man hätte durchaus argumentieren können, dass auch sie vom Land kommt. Aber soll sie ihren Willen haben, sie ist eine »Südstaatenfrau«, nicht zu verwechseln mit einer »Südstaatenschönheit«. Wobei es für sie aus irgendeinem Grund in Ordnung geht, als »Georgia Peach«, als heißes Früchtchen, bezeichnet zu werden. Für mich übrigens auch, also da haben wir’s.

Celestial hält sich selbst für einen kosmopolitischen Menschen und liegt damit auch nicht falsch. Trotzdem schläft sie jede Nacht in dem gleichen Haus, in dem sie aufgewachsen ist. Ich dagegen habe mich bei der ersten Gelegenheit vom Acker gemacht, genau 71 Stunden nach der Highschool-Abschlussfeier. Ich wäre auch früher gefahren, aber der Trailways-Bus hielt nicht täglich in Eloe. Als der Postbote meiner Mama die Pappröhre mit meinem Abschlusszeugnis brachte, hatte ich schon mein Wohnheimzimmer im Morehouse College bezogen, wo ich an einem Programm für Stipendiaten der ersten Generation teilnahm. Wir waren eingeladen worden, zweieinhalb Monate vor den Sprösslingen früherer Absolventen zu erscheinen, damit wir lernten, wie der Hase lief, und uns die Grundlagen draufschafften. Man stelle sich dreiundzwanzig junge schwarze Männer vor, die sich Spike Lees und Sidney Poitiers ansahen, dann weiß man Bescheid oder auch nicht. Indoktrination ist nicht immer schlecht.

Mein Leben lang war ich von staatlichen Förderprogrammen unterstützt worden: Head Start, als ich fünf war, und Upward Bound bis zum Ende der Schullaufbahn. Falls ich jemals Kinder bekomme, werden sie ohne Stützräder durchs Leben strampeln können, aber ich will gern meine Dankbarkeit zeigen, wo sie angebracht ist.

In Atlanta habe ich die Regeln gelernt, und zwar schnell. Ich bin schließlich nicht auf den Kopf gefallen. Aber zu Hause ist nicht, wo man landet, zu Hause ist, wo man startet. Man kann sich sein Zuhause nicht aussuchen, genauso wenig wie seine Familie. Beim Pokern bekommt man fünf Karten. Drei kann man tauschen, aber zwei muss man behalten: Familie und Heimat.

Ich werde nichts Schlechtes über Eloe sagen. Es gibt sicher schlimmere Heimatorte; für jemanden mit Weitblick ist das offenkundig. Eloe mag zwar in Louisiana liegen, einem Staat, der nicht gerade vor Möglichkeiten strotzt, aber es liegt auch in Amerika, und wenn man schwarz ist und zu kämpfen hat, ist man in den Vereinigten Staaten vermutlich immer noch am besten dran. Wobei wir nicht arm waren. Das möchte ich hier ganz entschieden deutlich machen. Mein Daddy hat echt hart gearbeitet, tagsüber bei Buck’s Sporting Goods und abends als Handwerker, und meine Mutter hat im Meat-and-Three-Restaurant viel zu viele Stunden die Menüs für die Gäste zusammengestellt, als dass ich vorgeben könnte, wir hätten am Hungertuch genagt. Fürs Protokoll sei vermerkt, dass dem nicht so war.

Ich, Olive und Big Roy, aus uns dreien bestand die Familie, und wir wohnten in einem massiven Backsteinhaus in einer sicheren Gegend. Ich hatte mein eigenes Zimmer, und als Big Roy das Haus erweiterte, bekam ich sogar mein eigenes Badezimmer. Wenn ich aus meinen Schuhen herauswuchs, musste ich nie auf neue warten. Und auch wenn ich finanzielle Unterstützung bekam, leisteten meinen Eltern ihren Beitrag, um mich aufs College zu schicken.

Dennoch stimmt es, dass es nie etwas extra gab. Wenn meine Kindheit ein Sandwich wäre, dann würde kein Fleisch über den Brotrand hängen. Wir hatten, was wir brauchten, nicht mehr. »Und nicht weniger«, hätte meine Mama gesagt und mich mit einer ihrer Umarmungen fast erstickt.

Als ich in Atlanta ankam, glaubte ich, das ganze Leben noch vor mir zu haben – ein schier unendlicher Vorrat an unbeschriebenem Papier. Und wie heißt es so schön: Ein Morehouse-Student hat immer einen Stift dabei. Zehn Jahre später stimmte in meinem Leben einfach alles. Wenn jemand fragte: »Woher kommst du?«, sagte ich: »Aus A!« – so vertraut mit der Stadt, dass ich sie beim Spitznamen nannte. Wenn ich nach meiner Familie gefragt wurde, sprach ich von Celestial.

Wir waren anderthalb Jahre richtig verheiratet, und in dieser Zeit waren wir glücklich, zumindest war ich es. Vielleicht lebten wir unser Glück nicht so wie andere Leute, aber wir waren auch nicht die durchschnittlich bürgerlichen Atlanta-Negroes, bei denen der Mann mit dem Laptop unter dem Kissen einschläft und die Frau von Schmuck in blauen Schachteln träumt. Ich war jung, hungrig und auf dem Weg nach oben. Celestial war Künstlerin, intensiv und umwerfend schön. Es war wie in , nur dass wir erwachsen waren. Was soll ich sagen? Ich hatte schon immer eine Schwäche für Shootingstar-Frauen. Wenn du mit ihnen zusammen bist, weißt du, dass du tief in der Sache drinsteckst, nicht dieses Hallo-und-Tschüss-Zeug. Vor Celestial war ich mit einem anderen Mädchen zusammen, das auch in A geboren und aufgewachsen war. Dieses Mädchen, so anständig wie nur irgendwas, hat bei einer Gala der Urban League eine Waffe auf mich gerichtet! Ich werde die silberne Kaliber .22 mit dem rosa Perlmuttgriff nie vergessen. Sie ließ sie in ihrer Handtasche unter dem Tisch aufblitzen, an dem wir uns Steak und Kartoffelgratin schmecken ließen. Sie sagte, sie wisse, dass ich sie mit irgendeiner Braut aus der schwarzen Anwaltsvereinigung betrüge. Wie soll ich das erklären? Erst hatte ich Angst, und dann nicht mehr. Nur in Atlanta konnte ein Mädchen so viel Klasse haben und zugleich etwas so Ghettomäßiges tun. Es war Liebeslogik, schon klar, aber ich war mir nicht sicher, ob ich ihr einen Antrag machen oder die Polizei rufen sollte. Wir haben uns noch vor dem Morgengrauen getrennt, und das war nicht meine Entscheidung.

Nach dem Pistolenmädchen hatte ich bei den Ladys eine Weile kein Glück mehr. Wie alle anderen las ich die neuesten Meldungen und hörte vom angeblichen Mangel an schwarzen Männern, aber diese frohe Botschaft hatte sich noch nicht auf mein Sozialleben ausgewirkt. Jede Frau, die mir gefiel, hatte schon einen, der in irgendeinem Hinterhof auf sie wartete.

Ein bisschen Wettbewerb ist sicher für alle Beteiligten gesund, aber der Abgang des Pistolenmädchens ging mir unter die Haut wie Sandflohbisse, und so fuhr ich nach Eloe, um die Lage mit Big Roy durchzusprechen. Mein Vater kommt manchmal daher wie das A und das O, der Erste und der Letzte, der schon lange hier war, bevor man aufgetaucht ist, und bis in alle Ewigkeit dableibt, wenn man selbst schon längst wieder fort ist.

»Du willst doch keine Frau, die mit einer Waffe rumfuchtelt, mein Sohn.«

Ich versuchte zu erklären, dass das Bemerkenswerte daran der Kontrast war: das Gangmäßige der Pistole und der Glanz des Gala-Abends. Außerdem: »Das war nur ein Spiel, Daddy.«

Big Roy nickte und schlürfte den Schaum von seinem Bier. »Wenn das ihre Art zu spielen ist, was passiert dann, wenn sie wütend wird?«

Aus der Küche rief meine Mutter, als würde sie zu einem Dolmetscher sprechen: »Frag ihn, mit wem sie jetzt zusammen ist. Sie ist vielleicht verrückt, aber nicht so verrückt. Niemand würde Little Roy abservieren, ohne jemanden auf der Ersatzbank zu haben.«

Big Roy sagte: »Deine Mutter will wissen, mit wem sie jetzt zusammen ist.« Als würde ich kein Englisch verstehen.

»Irgendein Anwaltstyp. Kein Perry Mason. Verträge. Jemand für den Papierkram.«

»Bist du nicht jemand für den Papierkram?«, fragte Big Roy.

»Das ist was völlig anderes. Der Vertreterjob ist nur vorläufig. Außerdem ist Papierkram nicht meine Bestimmung. Es ist nur das, was ich zufällig gerade mache.«

»Verstehe«, sagte Big Roy.

Meine Mutter verfolgte das Ganze immer noch von den billigen Plätzen in der Küche aus. »Sag ihm, dass er sich von diesen hellhäutigen Mädchen immer verletzen lässt. Sag ihm, dass er sich lieber an ein paar der Mädchen hier aus Allen Parish erinnern soll. Sag ihm, dass er bei seinem Aufstieg jemanden mitnehmen soll.«

»Deine Mutter sagt –«, setzte Big Roy an, bevor ich ihm das Wort abschnitt.

»Ich habe sie gehört; hat hier irgendwer gesagt, dass das Mädchen hellhäutig war?«

Aber natürlich war sie das, und darauf reagiert meine Mutter allergisch.

Jetzt kam Olive aus der Küche und wischte sich dabei die Hände an einem gestreiften Geschirrtuch ab. »Nicht wütend werden. Ich will mich nicht in deine Angelegenheiten einmischen.«

Wenn es um Ladys geht, kann niemand seine Mama wirklich zufriedenstellen. Von allen meinen Kumpels höre ich, dass ihre Mütter sie ständig warnen. »Wenn sie deinen Kamm nicht benutzen kann, bring sie nicht mit nach Hause.« Die Magazine und schwören Stein und Bein, dass alle schwarzen Männer mit ein bisschen Kleingeld darauf aus sind, Schokolade mit...


Jones, Tayari
Tayari Jones wurde 1970 in Atlanta geboren und studierte Englisch in Iowa, Georgia und Arizona.Mit ihrem Roman ›In guten wie in schlechten Tagen‹ wurde sie über Nacht zu einer der erfolgreichsten Autorinnen der USA.2019 wurde sie mit dem Women’s Prize for Fiction ausgezeichnet.Tayari Jones lebt heute wieder in Atlanta.

Tayari Jones wurde 1970 in Atlanta geboren und studierte Englisch in Iowa, Georgia und Arizona.Mit ihrem Roman ›In guten wie in schlechten Tagen‹ wurde sie über Nacht zu einer der erfolgreichsten Autorinnen der USA.2019 wurde sie mit dem Women's Prize for Fiction ausgezeichnet.Tayari Jones lebt heute wieder in Atlanta.



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