Jones | Weißer Himmel, Schwarzes Eis | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 1, 256 Seiten

Reihe: Ein Fall für Nathan Active

Jones Weißer Himmel, Schwarzes Eis

Ein Fall für Nathan Active. Kriminalroman. Ein Fall für Nathan Active (1)
1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-293-30720-9
Verlag: Unionsverlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Ein Fall für Nathan Active. Kriminalroman. Ein Fall für Nathan Active (1)

E-Book, Deutsch, Band 1, 256 Seiten

Reihe: Ein Fall für Nathan Active

ISBN: 978-3-293-30720-9
Verlag: Unionsverlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Als sich in Chukchi, einem kleinen Städtchen im hohen Norden, mysteriöse Selbstmorde häufen, wird Alaska State Trooper Nathan Active neugierig. Nathan Active ist selbst Inupiat, glaubt aber nicht an den Klatsch über einen alten Schamanenfluch gegen den Clan. Von Amts wegen - Alaska State Troopers sollen sich nicht in die Angelegenheiten der Stadt-Polizei einmischen - gehen ihn diese Dinge auch nichts an. Er fängt an zu schnüffeln und steckt bald bis zum Hals in einem Umweltskandal, der ihn Kopf, Kragen und Karriere kosten kann. Als Actives Vorgesetzte nervös werden, weiß er, dass er auf der richtigen Spur ist.

Stan Jones, geboren 1947 in Anchorage, lebt nach wie vor in Alaska. Er hat als Journalist für fast alle großen Zeitungen in Alaska gearbeitet, war als Nachrichtenchef bei Radio Kotzebue und hat etliche Journalistenpreise erhalten. Als Spezialist für Umweltpolitik und als begeisterter Buschpilot weiß Stan Jones genau, wovon er in seinen Romanen erzählt. Aus erster Hand gibt er Einblicke in die Kultur der Inupiat in der Person des eigenwilligen Polizisten Nathan Active und dessen Abenteuern in der Arktis.
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1


Mittwochmorgen, Chukchi

Normalerweise hatte Alaska State Trooper Nathan Active nichts mit Todesfällen innerhalb der Stadtgrenzen von Chukchi zu tun. Aber die City Cops waren alle im Einsatz, und er flirtete gerade mit Lucy aus der Funkzentrale, als der Anruf hereinkam. Also nahm er ihn entgegen.

»Du kommst besser rüber, Nathan«, sagte Hector Martinez. »Irgend so ’n Jüngling hat sich gegenüber vom Dreamland erschossen, und ich will ihn hier weg haben.«

»Wer ist es?«

»Ist völlig egal, wer«, sagte Martinez. »Komm einfach und hol ihn. Er vergrault mir die Kundschaft.« Der Barbesitzer legte auf.

Active stieg die Treppen zu seinem Büro hinauf, nahm seine Fellmütze und seinen Daunenparka vom Haken an der Tür und ging hinaus zu dem acht Jahre alten Trooper Suburban. Der Westwind, der gestern eingesetzt hatte, kratzte auf seinem Gesicht, als er die Fahrertür aufschloss und die Aktentasche hineinwarf.

Ein dünner grauer Wolkenstreifen rollte über den Himmel und spuckte Schnee auf die enge Landzunge aus Strandkies und Tundra, die Chukchis quadratische, ungestrichene Holzhäuser und seine weit verteilten Dreckstraßen beherbergte. Er war erst vor einer halben Stunde zur Arbeit gekommen, aber die Windschutzscheibe war bereits wieder mit Schnee bedeckt. Die Temperatur betrug vielleicht vierzehn Grad minus, schätzte er, als er den Schnee wegbürstete. Die Warmwetterperiode der vergangenen Tage war definitiv vorbei.

Es gab vieles an Chukchi, das er hassen gelernt hatte, seit ihn die Troopers vor achtzehn Monaten hierher versetzt hatten. Aber es war wahrscheinlich der Westwind, den er am meisten verabscheute.

Es war die zahnschmerzähnliche Hartnäckigkeit des Westwinds. Gott hilf, wenn man ohne Handschuhe hantieren musste, beim Zündkerzenwechseln am Suburban oder beim Fotografieren von Beweisen. Er nagte an den Händen und fegte einem Schotter in die Augen. Nachts im Haus konnte man hören, wie er Büsche und Gräser gegen die Wände scharrte. Man konnte fühlen, wie er warme Luft aus den Rissen rund um die Fenster heraussaugte und kalte Luft unter der Tür und durch die Fassungen drückte.

Nun, auch Active konnte hartnäckig sein. Noch ein oder zwei Jahre, rechnete er sich aus, und er würde aus Chukchi weg und ins Alaska-State-Trooper-Hauptquartier nach Anchorage befördert werden, wo seine Adoptiveltern lebten und er aufgezogen worden war. Wo, Gott sei Dank, der Westwind nie so blies wie hier in Chukchi, dem Dorf, in dem er geboren wurde.

Er fuhr vom Parkplatz hinter der Polizeizentrale von Chukchi, einem dreistöckigen Würfel mit verblassender, brauner Sperrholzverkleidung und einem blauen Aluminiumdach. Er fuhr die Third Road hoch, die einzige gepflasterte Straße im Ort, bog an der Lake Street rechts ab und fuhr dann einen Block in östlicher Richtung und hielt gegenüber vom Dreamland. Der Polizei-Bully von Chukchi war bereits da, und zwei Officers liefen zu irgendetwas in einer Weidengruppe hin, vielleicht fünfundsiebzig Meter draußen in der Tundra. Die Telefonistin musste die City Cops entweder über Funk oder einen von ihnen zu Hause übers Telefon erwischt haben.

Mehrere Honda Four-Wheeler waren entlang der Lake Street geparkt. Eine Horde von Frühstückstrinkern beobachtete die Vorgänge von der Treppe des Dreamland aus. Sie waren wahrscheinlich die Kunden, die von Martinez’ Bar »vergrault« wurden.

Active folgte den City Cops zu der Stelle, wo der tote Mann auf dem Rücken lag, gleich neben dem Friedhof von Chukchi. Er war jung, seine schwarzen Haare waren schulterlang, und er trug einen kleinen Schnurrbart. Seine Beine waren mit Schnee zugeweht, aber Kopf und Oberkörper im Schutz der Weiden nur leicht gefroren.

Ein von Schnee bedecktes Gewehr lag quer über seinen schneebedeckten Beinen, ein kugelgroßes Loch klaffte in seiner Kehle, und ein schattiger Fleck war auf dem Schnee unter dem Hals sichtbar. Active war sich sicher, dass sie dort, wo die Kugel wieder ausgetreten war, ein erheblich größeres Loch finden würden, wenn sie ihn umdrehten.

»Kann ich mir das mal anschauen?«, fragte er einen der City Cops, einen Weißen namens Mason.

Mason nickte. »Fass nur nichts an, bis der Chief hier ist.«

Active hockte sich hin und betrachtete das Gewehr durch den Schneestaub. Es sah aus wie ein alter 30-30-Winchester-Karabiner, gut für alles vom Seehund bis zum Karibu, sogar für Elche. Heutzutage hatten die meisten Leute neuere Gewehre, die weiter schossen und mehr Durchschlagskraft hatten, aber 30-30er waren in Chukchi, wo nichts weggeworfen wurde, solange es noch funktionierte oder eines Tages wieder funktionieren könnte, immer noch gebräuchlich.

Active stand auf. Ein paar Schnapsflaschen lagen herum, hauptsächlich kleine Plastikflaschen, die in einem Boot, einem Flugzeug oder einem Schneemobil transportiert werden konnten, ohne zu zerbrechen. Martinez betrieb gleich neben dem Dreamland eine Spirituosenhandlung, sodass die Tundra rundherum immer mit Flaschen zugemüllt war. Wie viele von ihnen hatte der Junge mit dem Loch in der Kehle in seinen letzten Stunden geleert?

Active drehte sich um, als Schritte im Schnee hinter ihm knirschten. Jim Silver, der Chef der City Police, blieb neben Active stehen und betrachtete die Leiche.

Silver war ein großer, dicker Mann mit einem von Akne-Kratern bedeckten Gesicht. Er war schon in Chukchi, bevor Active auf die Welt kam. Active glaubte, dass Silver auch noch hier sein würde, wenn er lange weg war, so wie der Westwind.

»Noch einer, hä?«

»Sieht so aus«, sagte Silver. »Der dritte Selbstmord seit dem Kälteeinbruch.«

»Kennst du ihn?«

»Ich denke schon, aber lass mal sehen.« Silver hockte sich hin und klopfte die Manteltaschen des Jungen ab, griff dann in eine hinein und zog einen Ausweis mit Foto an einer Ecke heraus.

»Yep«, sagte er nach kurzer Überprüfung. »George Clinton, einer von Daniels Jungs. Sieht so aus, als ob er sich einen Job in der Gray Wolf Mine besorgt hätte.«

Er winkte Active mit dem Ausweis zu, dann steckte er ihn in die gleiche Tasche zurück, aus der er ihn genommen hatte. »Wir werden ihn gleich wegschaffen, wir müssen nur noch ein paar Bilder für den Gerichtsmediziner machen. Nicht, dass es Zweifel daran gibt, was hier passiert ist.«

»Gut, dann brauchst du mich ja nicht. Ich bin nur hier, weil Lucy euch nicht gleich finden konnte.« Active ging auf den Suburban zu.

»Eine Sache wäre da allerdings.«

Er drehte sich um und wusste bereits, was kommen würde. Silver war ein Weißer, genau wie die anderen Cops am Schauplatz. Er, Nathan Active, war ein Inupiat. Genau wie George Clinton.

»Hast du vielleicht ’ne Minute Zeit, um dem alten Daniel die Nachricht zu überbringen?«

»Jim, ich spreche weniger Inupiaq als du. Das weißt du.«

»Na ja, Daniels Englisch ist ziemlich gut.«

»Wie wärs mit einem der anderen Jungs?« Active zeigte mit einem Daumen in Richtung der zwei City Cops, die ihre Arbeit an George Clintons Leiche begannen.

»Ich brauche sie hier noch ein bisschen.«

Active schüttelte den Kopf und zuckte mit den Schultern. »Wo ist das Haus?« Silver deutete über die Tundra nach Südosten. »Das weiße dort bei der Lagune.«

»Du schuldest mir was, Jim.«

»Ich schulde dir was«, sagte Silver.

Active ging zurück zum Suburban und holte seine Schlüssel heraus.

»Fährst du nach Norden?«

Er drehte sich um. Ein dürrer Zivilist mit einem Mariners-Baseballcap und einem langen, schmuddeligen Parka hatte sich aus der Menge rund ums Dreamland gelöst und kam auf den Suburban zu, eine Büchse Olympia-Bier in der Hand.

»Nicht nach Norden, Kinnuk. Ich fahre nach Süden, Richtung Flugplatz«, sagte Active.

»Großartig, ich auch«, antwortete Kinnuk Wilson mit seiner hohen Stimme. Er kletterte auf den Beifahrersitz des Suburban, das Bier zwischen die Knie geklemmt. Die Troopers und die City Cops tolerierten ihn aus zwei Gründen. Zum einen tat in den Augen der Gesetzeshüter Chukchis jeder, der die Leute dazu brachte, Hasch zu rauchen, statt zu saufen, allen einen Gefallen. Und zum anderen redete Kinnuk Wilson gerne mit den Cops.

Das Verrückte war, dass jeder im Ort wusste, dass er quatschte. Aber anstatt ihn eines Nachts in ein Eisloch zu werfen, erzählten die Schwarzhändler Kinnuk weiterhin alles, und Kinnuk gab weiterhin alles weiter.

Active hatte das noch nie begreifen können. Aber warum einem geschenkten Gaul ins Maul schauen? Er stieg auf den Fahrersitz.

»Gehst wohl wegen George zum alten Daniel, hä?«, sagte Wilson, als Active den Zündschlüssel umdrehte.

»Ja, aber du nicht.«

»Nein, ich warte im Wagen.«

Active fuhr östlich in die Lake Street Richtung Lagune. Sie holperten gute zehn Sekunden schweigsam des Wegs.

»Schlimm, das mit George, hä?«, sagte Wilson.

Active sagte nichts. Wenn Kinnuk Wilson was zu sagen hatte, war Schweigen die beste Methode, ihn zum Reden zu bringen.

»Obwohl, er war an der Reihe.«

»An der Reihe?«...


Löwenberg, Dirk
Dirk Löwenberg, geboren 1971, studierte u. a. Anglistik, Publizistik und Skandinavistik mit Sprachschwerpunkt Schwedisch und Isländisch. Er beschäftigt sich mit schottischer und schwedischer Literatur und arbeitet hauptberuflich in einer Softwarefirma in Berlin.

Jones, Stan
Stan Jones, geboren 1947 in Anchorage, lebt nach wie vor in Alaska. Er hat als Journalist für fast alle großen Zeitungen in Alaska gearbeitet, war als Nachrichtenchef bei Radio Kotzebue und hat etliche Journalistenpreise erhalten. Als Spezialist für Umweltpolitik und als begeisterter Buschpilot weiß Stan Jones genau, wovon er in seinen Romanen erzählt. Aus erster Hand gibt er Einblicke in die Kultur der Inupiat in der Person des eigenwilligen Polizisten Nathan Active und dessen Abenteuern in der Arktis.



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