E-Book, Deutsch, Band 3, 406 Seiten
Reihe: Regency Love
Jordan Die Versuchung des Marquis: Regency Love - Band 3
1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-96148-922-0
Verlag: dotbooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Roman
E-Book, Deutsch, Band 3, 406 Seiten
Reihe: Regency Love
ISBN: 978-3-96148-922-0
Verlag: dotbooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Nicole Jordan wurde 1954 in Oklahoma geboren und verlor ihr Herz restlos an Liebesromane, als ihre Mutter ihr zum ersten Mal aus »Stolz und Vorurteil« vorlas. Nicole Jordan eroberte mit ihren historischen Liebesromanen wiederholt die »New York Times«-Bestsellerliste und wurde mehrmals für den begehrten RITA Award nominiert. Heute lebt Nicole Jordan in Utah. Nicole Jordan veröffentlichte bei dotbooks ihre historischen Liebesromane »Die Leidenschaft des Ritters«, »In den Fesseln des Piraten« und »Die Gefangene des Wüstenprinzen«. Außerdem erscheinen in der »Regency Love«-Reihe: »Die Küsse des Lords« »Die Sehnsucht der Lady« »Die Versuchung des Marquis« Und in der »Rocky Mountains«-Reihe: »Wild Rebels - Gefangen« »Wild Rebels - Entführt« »Wild Rebels - Ausgeliefert«
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Erstes Kapitel
London, März 1814
Das flackernde Kaminfeuer in Lady Dunleiths Schlafgemach tauchte Dares nackten Körper in einen warmen, goldenen Lichtschein, doch keine Flamme vermochte die Kälte in seinem Herzen zu erwärmen. Dares Gedanken kreisten um die schöne, boshafte Zauberin, deren Bild auf einem Theaterbillett abgebildet war, das für eine Aufführung im Drury Lane Theater warb.
Julienne Laurent.
Dare musste nicht erst die Abbildung auf dem Billett anschauen, um sich an dieses Gesicht zu erinnern. Alles, was mit Julienne zu tun hatte, war tief in sein Gedächtnis eingebrannt. Noch immer verfolgten ihn Bilder von ihr: ihr wunderbarer Körper, wie er sich vor Leidenschaft unter ihm aufbäumte. Ihre schlanken Glieder, die ihn umfingen. Ihr prächtiges Haar, das in einer Woge über ihre Schultern floss. Ihre makellose weiße Haut. Ihr Lachen, ihr Lächeln. Ihr scharfer Verstand. Ihre dunklen, leuchtenden Augen, in denen sich all ihre Sinnlichkeit widerspiegelte ... Jede Einzelheit stand ihm noch immer klar vor Augen.
»Was für ein verdammter Narr du gewesen bist«, murmelte Dare in die Stille des Schlafzimmers hinein. Juliennes plötzliches Auftauchen in London beschwor schmerzliche Erinnerungen in ihm herauf. Er hatte geglaubt, inzwischen von dem schrecklichen Gefühl der Enttäuschung befreit zu sein, und auch von der Einsamkeit, die ihn so lange gequält hatte. Doch der heiße Schmerz, der ihn jetzt durchfuhr, bezeugte das Gegenteil. Offenbar entsprach es der Wahrheit, was jene alte Volksweisheit besagte: dass nämlich ein Mann niemals seine erste Liebe vergisst.
Dare hatte nie vorgehabt, sein Herz an Julienne zu verlieren. Er war jung gewesen, liebestoll, und besaß schon damals vollstes Vertrauen in seine Verführungskünste. Aber das Mädchen, das er erobern wollte, hatte sich in die Frau verwandelt, die ihn die Liebe lehrte. Doch auch Verrat hatte sie ihn gelehrt.
Als er die schöne französische Emigrantin zum ersten Mal sah, wusste er sofort, dass er sie besitzen musste. Er war im Juni zur Hochzeit seiner Kusine nach Kent gekommen und hatte bei seinem Großvater in Wolverton Hall Quartier bezogen, ganz in der Nähe des kleinen Hafens von Whitstable, wo sich Juliennes Hutgeschäft befand. Um sie zu gewinnen, war Dare letztlich den ganzen Sommer über geblieben.
Die unglaubliche Anziehungskraft, die Julienne auf ihn ausübte, überraschte ihn. Dare hatte bereits Dutzende Affären mit aufregenden Frauen gehabt, doch keine konnte je sein Herz berühren. Erst durch Julienne erfuhr er, was Liebe wirklich war. Sein Verlangen nach ihr war weitaus stärker gewesen als alles, was er bei den vorangegangenen Tändeleien empfunden hatte_ Er wollte Julienne besitzen und ihr gleichzeitig alles geben: sein Herz, seinen Körper, seine Seele. Er hatte nicht ahnen können, dass sie eine solch hinterlistige Lügnerin war.
Böse Erinnerungen tauchten vor seinem inneren Auge auf und ließen ihn den schrecklichen Moment ihres letzten Zusammentreffens ein zweites Mal durchleben. Juliennes Blick, als er sie in den Armen eines anderen fand. Der grausame Schmerz, der ihn durchfuhr, als ihm das Ausmaß ihres Betrugs klar wurde. Er hatte nicht glauben wollen, dass sie ihn hinterging, musste es erst mit eigenen Augen sehen, um es zu begreifen.
Gedankenverloren fuhr Dare mit dem Finger die Linien ihres Porträts entlang. Sein Großvater behauptete damals, Julienne habe eine Affäre mit dem Earl of Ivers, aber Dare hatte dem alten Mann nicht glauben wollen. Nach einem heftigen Streit war Dare zu Juliennes Hutgeschäft geeilt. Dort hatte er seine Verlobte tatsächlich mit Ivers überrascht.
In Juliennes Gesicht war kaum ein Anzeichen der Reue zu erkennen gewesen, als. Ivers gestand, schon seit langer Zeit ihr Liebhaber zu sein. Ohne jedes Bedauern hatte sie Dare daraufhin mitgeteilt, dass er ihre Verlobung als gelöst betrachten solle. Dare fühlte sich, als würde ihm das Herz aus der Brust gerissen. Mit einem Mal erkannte er, dass Juliennes jungfräuliche Zurückhaltung von Anfang an eine heimtückische Schmierenkomödie gewesen war, genau wie ihre Liebe zu ihm. Erst Stunden später war er in der Lage, die einzelnen Stücke zusammenzusetzen und zu begreifen, wie sehr sie ihn hinters Licht geführt hatte: Julienne befürchtete wohl, der Marquis könne seinen Enkelsohn tatsächlich enterben, doch ein mittelloser Ehemann war nicht das, was sie wollte. Es war sogar möglich, dass sie anfangs geplant hatte, Dare zu heiraten, es sich aber anders überlegte, als der Zorn des Marquis es ungewiss machte, ob Dare seine Nachfolge antreten würde. Womöglich hatte sie gar vorgehabt, ihre Beute mit ihrem Liebhaber zu teilen ...
Die quälende Erinnerung schnürte Dare die Kehle zu. Er war nur froh, Juliennes wahren Charakter erkannt zu haben, bevor sie seine Zukunft zerstören konnte.
»Intrigante französische Metze«, hatte sein Großvater Julienne immer genannt, aber Dare wollte nicht hinhören. Zu spät erkannte er, wie dumm es gewesen war, auf ihr tugendhaftes Theater hereinzufallen, wie dumm es war, zu glauben, sie sei ihm treu! Er hätte es besser wissen müssen. Schon seine eigene Mutter hatte durch ihre zahllosen Liebhaber das Wort Treue verhöhnt, und doch war Dare der festen Überzeugung gewesen, Julienne sei anders. Wie hatte sie ihn nur derart niederträchtig hintergehen können?
Er fragte sich, ob sie ihre Entscheidung je bereut hatte. Nach dem Tod seines verhassten Großvaters im Jahr zuvor trug nun Dare den Titel des Marquis of Wolverton. Auch das enorme Vermögen der Wolvertons war mittlerweile sein eigen. Aber mehr als ein halbes Jahrzehnt hätte ein solch geldgieriges Biest wohl kaum auf seine Beute warten wollen. In der Zwischenzeit hatte Julienne offensichtlich eine erfolgreiche Theaterkarriere gemacht. Sicherlich litt sie keinen Mangel an neuen Liebhabern.
Dare war Julienne an diesem Tag zum ersten Mal seit Jahren begegnet. Er hatte sie im Park gesehen, wo sie, umringt von ihren liebeskranken Verehrern, einen Spaziergang machte. Ihr Anblick erschütterte Dare bis ins Mark. Bis vor zwei Tagen hatte er nicht einmal gewusst, dass sie sich in London aufhielt. Er war aufgrund wichtiger Termine wochenlang fort gewesen, zuerst in Yorkshire, dann kurz in Irland. Als er zurückkam, stellte er fest, dass Julienne Laurent zum Stadtgespräch avanciert war und von einer ganzen Meute lüsterner Dandys verfolgt wurde. Londons strahlendstes neues Juwel nannte man sie, und wie man hörte, hätte jeder Mann in London diese faszinierende neue Schauspielerin gern zu seiner Geliebten gemacht.
Bei ihrer Begegnung im Park hatte Dare den jähen Schmerz in seiner Brust gekonnt überspielt und sich schnell wieder seiner Begleiterin, Lady Dunleith, gewidmet. Die reizende Witwe hatte ihm kurz zuvor von ihrer Kutsche aus zugewunken, als Dare gerade durch den Menschenauflauf ritt, der sich auf der Promenade des Hyde Park am späten Nachmittag regelmäßig ansammelte. So machte er die Bekanntschaft Louisa Dunleiths. Nachdem Dare Julienne im Park entdeckt hatte, fragte er Lady Dunleith nach der neuesten Entdeckung der Londoner Theaterwelt, und sie gab bereitwillig Auskunft. »Miss Laurent? Wie ich gehört habe, kam sie aus York hierher. Sie ist in aller Munde – und das zu Recht, wie ich finde. Sie singt wie ein Engel, und sie ist eine ausgezeichnete Schauspielerin. Noch kann sie es zwar nicht mit Mrs Siddons aufnehmen, aber selbst Edmund Kean hat ihre Darstellung der Desdemona schon in den höchsten Tönen gelobt.«
Dare nickte. Er war sicher, dass Miss Laurent eine sehr überzeugende Schauspielerin war, obwohl er sie noch nie auf der Bühne gesehen hatte.
Lady Dunleith musterte Dare neugierig. »Denkt Ihr etwa daran, sie für Euch selbst zu gewinnen? Überlegt Euch das besser noch einmal, Lord Wolverton. Wie mir zu Ohren kam, ist sie eine eher unterkühlte Bettgefährtin.«
Dare fragte sich, ob die schöne Witwe aus Eifersucht so etwas sagte, oder ob sie ihm nur einen sinnlosen Annäherungsversuch ersparen wollte. Eines war jedoch gewiss: Julienne Laurent war so unterkühlt wie glühende Kohlen.
»Wie dem auch sei«, fügte Lady Dunleith amüsiert hinzu, »Miss Laurent hat bekannt gegeben, sich nicht vor dem Ende der Saison für einen Gönner zu entscheiden. Es werden bereits hohe Wetten darüber abgeschlossen, wem es letztendlich gelingt, sie für sich zu gewinnen.«
Ihre Wahl wird gewiss auf denjenigen mit den tiefsten Taschen fallen, dachte Dare voller Groll. Schauspielerinnen verbesserten ihr mageres Einkommen oft durch die Zuschüsse eines persönlichen Förderers. Dare wusste aus schmerzlicher Erfahrung, dass sich die gewinnsüchtige Mademoiselle Laurent nur mit dem reichsten aller Bewerber zufrieden geben würde.
Was Dares Interesse im Park als Nächstes erregt hatte, war der Gentleman, der in eben diesem Moment die Aufmerksamkeit des Juwels gewann. Vicomte Riddingham war das Privileg zuteil geworden, Miss Laurent in seinem Zweispänner fahren zu dürfen. Er hatte jedoch gleich wieder anhalten müssen, da das Gefährt von einem halben Dutzend Bewunderern zu Pferde umringt wurde.
»Darling?« Lady Dunleiths schläfrige Stimme holte Dare in die Gegenwart zurück. »Komm doch wieder ins Bett.«
Erst jetzt bemerkte Dare, wie kalt es im Schlafgemach der Witwe geworden war. Er hatte splitternackt ein warmes Bett verlassen, um dieses Theaterbillett anzustarren, auf dem nichts weiter zu sehen war als das Porträt seiner früheren Geliebten. Doch so wie eine Zunge immer wieder an einem schmerzenden Zahn entlangfuhr, konnte auch Dare nicht von Julienne lassen.
Der Wunsch, Julienne aus seinen Gedanken zu vertreiben, hatte ihn veranlasst, Lady Dunleith nach ihrer Begegnung im Park nach Hause zu begleiten...




