E-Book, Deutsch, 130 Seiten
Reihe: Digital Edition
Justiss Die Kurtisane und der Gentleman
1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-7515-0680-9
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 130 Seiten
Reihe: Digital Edition
ISBN: 978-3-7515-0680-9
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Junggesellendasein ade! Christopher Lattimar will heiraten. Doch wie umwirbt man eine Dame der feinen Gesellschaft? Die schöne Kurtisane Ellie will ihm Nachhilfe geben. Aber statt sich auf die Suche nach einer standesgemäßen Gattin zu konzentrieren, entbrennt Christopher in wildem Verlangen für seine verruchte Lehrerin ...
Julia Justiss wuchs in der Nähe der in der Kolonialzeit gegründeten Stadt Annapolis im US-Bundesstaat Maryland auf. Das geschichtliche Flair und die Nähe des Meeres waren verantwortlich für zwei ihrer lebenslangen Leidenschaften: Seeleute und Geschichte! Bereits im Alter von zwölf Jahren zeigte sie interessierten Touristen das historische Annapolis, das für kurze Zeit sogar die Hauptstadt der sich von der Kolonialmacht England abspaltenden Vereinigten Staaten war. Verheiratet ist sie mit einem Offizier zur See, den sie auf einer der anderen Attraktionen von Annapolis kennengelernt hat: der Marineakademie. Mit ihm verbrachte sie viel Zeit in Tunesien und Europa. Bevor sie Tunesien, wo sie für die amerikanische Botschaft gearbeitete hatte, verließ erfüllte sie sich einen Traum: einen Regency-Roman zu vollenden. Seitdem hat sie 14 weitere Romane 3 Erzählungen und eine online-Serie veröffentlicht. Mit Preisen für ihre Werke wie dem Golden Quill, National Readers Choice, Romantic Times und All About Romance's Favorite Book of the Year, wird sie nur so überschüttet. Zur Entspannung sieht Julia sich gern Spielfilme an oder arbeitet im Garten ihres wunderschönen, im englischen Stil erbauten Hauses im östlichen Texas.
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1. KAPITEL
Zwei Wochen später
Die Nachmittagssonne warf ihr warmes, schmeichelndes Licht auf Gesicht und Figur einer üppigen Blondine. Christopher schritt durch den Salon zu dem Sofa, auf dem sie lag. Sie streckte ihm ihre Hand entgegen, in der sie ein Diamantenarmband hielt. „Christopher, Darling, könntest du mir das wohl festmachen, bitte? Der lästige Verschluss geht nicht zu.“
Christopher lächelte nachsichtig und legte ihr das Armband um. Dann strich er ihr eine blonde Haarsträhne aus der Stirn. „Ist er so lästig wie du?“, fragte er neckend.
Sie riss ärgerlich die leuchtend blauen Augen weit auf und presste die vollen Lippen schmollend zusammen. „So redet man nicht mit seiner Mama.“
„Mag sein. Doch die üblichen Benimmregeln für einen Sohn gelten nicht, wenn die Mama eine Schönheit ist, die immer noch jeden Mann um den Finger wickeln kann, und mehr wie seine Schwester aussieht als wie seine Mutter.“
Je nach Stimmungslage erfüllte ihn diese Tatsache abwechselnd mit Stolz, Erheiterung oder Verlegenheit.
„Wo hast du denn die neuen Klunker her? Von Henderson?“, erkundigte er sich nach dem hartnäckigsten ihrer derzeitigen Verehrer.
Sie wedelte mit der Hand. „Ja. Henderson hat mich wahrhaft angefleht, ein kleines Zeichen seiner Wertschätzung zu akzeptieren, darum habe ich am Ende nachgegeben. Das Armband ist sehr schön“, stellte sie fest und hob den Arm ein wenig, um den Glanz des Schmucks zu bewundern. „Aber ich fürchte, ich muss den Mann in seine Schranken weisen. In der letzten Zeit ist er für meinen Geschmack zu besitzergreifend geworden, und das kann ich nicht dulden, wie du weißt.“
Wenn sie jemanden abblitzen ließ, geschah es nicht aus Rücksicht auf Christophers Vater – beziehungsweise den Mann, der diese Stellung einnahm. Lord Vraux und seine Gattin gingen seit Jahren getrennte Wege, wie jeder wusste. Man munkelte auch über die Identität des leiblichen Vaters von Christopher und seinen Schwestern. Nur von seinem älteren Bruder Gregory nahm man an, dass er der legitime Erbe Seiner Lordschaft war.
„Hast du schon einen anderen im Sinn?“, fragte er und setzte sich neben sie. „Chernworth würde nur zu gern Hendersons Stelle einnehmen. Dann gibt es doch noch diesen neuen Schnösel – Lord Rogers? –, der dir ständig nachläuft und schlechte Gedichte über dich schreibt.“
„Er ist doch noch ein Kind“, sagte seine Mutter und schüttelte den Kopf. „Chernworth ist ganz amüsant, aber in letzter Zeit ist Kennington ziemlich hinter mir her. Im Moment überlege ich, ob ich nicht alle aufgeben soll, wirklich. Vielleicht ziehe ich mich aufs Land zurück.“
„Das ist doch wohl nicht dein Ernst! Ohne die Geschäfte, das Theater und alle anderen Unterhaltungsmöglichkeiten von London würdest du doch nach einer Woche vor Langeweile vergehen. Und die Gesellschaft würde dich vermissen, wenn du nicht mehr ihr leuchtender Stern wärst.“
„Wenn ich nicht mehr da wäre, um über mich zu klatschen, meinst du wohl“, erwiderte sie gutmütig. „Doch ich denke, es ist besser, die Bühne zu verlassen, solange ich noch gefragt bin. Bevor meine Schönheit vergeht und die Verehrer sich abwenden.“
Seine charmante, lebenssprühende Mutter sah beinahe … traurig aus. Überrascht fragte Christopher: „Warum bist du heute so melancholisch?“
Sie nahm einen Spiegel vom Tisch und inspizierte ihr Gesicht. „Siehst du diese Falte hier?“ Sie zeigte auf eine Stelle. „Kennington hat mich gestern damit aufgezogen.“
Christopher beugte sich näher heran. „Die sieht man doch kaum. Kennington ist ein Esel. Du hast noch viele gute Jahre vor dir, bevor du alt wirst. Außerdem müssen die Mädchen noch unter die Haube gebracht werden.“
„Du willst doch wohl nicht, dass ich zu diesen grauenvollen Partys gehe, wo nur fade Jungfern und ihre kupplerischen Mütter sind?“ Sie schauderte. „Ich wäre bestimmt keine große Hilfe dabei, deine Schwestern passend zu verheiraten. Du weißt doch, wie sehr diese alten Schachteln mich verabscheuen.“
Er konnte es nicht abstreiten. Lady Vraux wurde allgemein sehr bewundert – von den männlichen Mitgliedern des ton. Die Frauen hingegen waren neidisch auf ihre Schönheit, ihren Charme und den faszinierenden Eindruck, den sie auf die Männer machte. Wegen ihrer guten Abstammung und ihres hohen Ranges wurde seine Mutter zwar zu den meisten wichtigen gesellschaftlichen Ereignissen eingeladen – und auch zu den weniger respektablen –, aber ihre Art der Selbstdarstellung hatte ihr nur wenige Freundinnen eingebracht.
Sie zog eine ihrer eleganten Schultern hoch. „Wenn diese Frauen nur einen Bruchteil der Zeit, die sie damit verbringen, mich zu kritisieren, darauf verwenden würden, ihren Männern zu gefallen, müssten sie sich meinetwegen keine Sorgen machen. Jedenfalls werde ich, wenn es so weit ist, wahrscheinlich deine Tante Augusta bitten, die Mädchen einzuführen.“
„Gussie wird es sicher sehr gut machen“, pflichtete Christopher ihr bei. „Sie weiß doch immer, wer gerade hinter wem her ist, und wer eine besonders gute Partie abgibt.“ Er machte eine kurze Pause. „Vielleicht sollte ich mir auch von ihr helfen lassen. Ich denke darüber nach … Vielleicht ist es an der Zeit, dass ich mir eine Gemahlin suche.“
Einen Augenblick lang herrschte verblüfftes Schweigen, dann begann seine Mutter laut zu lachen. „Du … willst heiraten?“, rief sie, als sie sich halbwegs beruhigt hatte. „Was für ein Unsinn!“
„Nein, Mama, ich meine es ernst“, protestierte er.
Sie schaute ihn durchdringend an. „Du fühlst dich wohl ein bisschen einsam, weil deine engsten Freunde jetzt alle verheiratet sind. Das ist aber kein Grund, dir selbst die Fesseln anlegen zu lassen. Du kennst ja meine Meinung über die Ehe.“
„Ich vermisse meine Freunde, das stimmt“, gab Christopher zu. Besonders Ben Tawny, der so oft sein Zechkumpan gewesen war – bis er seine Herzensdame kennengelernt und geheiratet hatte. „Alle Mitglieder der Teufelsbrut außer mir haben passende Ehefrauen gefunden und sind glücklich mit ihnen.“
Seine Mutter machte eine wegwerfende Geste mit der Hand. „Aber sie sind alle noch ziemlich frisch verheiratet, nicht wahr? Wenn sie so glücklich bleiben, ergeht es ihnen besser als den meisten.“
Jedenfalls besser als ihr. Seine schöne Mutter war von ihrem Vater aus finanziellen Gründen an den Höchstbietenden verheiratet worden, Lord Vraux. Der Baron war sehr viel älter als sie und galt als Connaisseur schöner Dinge. Zur Vervollständigung seiner Sammlung hatte er unbedingt noch das schönste Mädchen der Saison haben wollen. Doch er war kalt und verschlossen und hatte seiner leidenschaftlichen, außergewöhnlichen und aufgeschlossenen Frau nie die Zuneigung oder Freundschaft zuteilwerden lassen, die sie gebraucht hätte.
Doch gleichgültig, was die Damen der Gesellschaft von ihrer Moral hielten, konnte niemand bestreiten, dass sie eine hingebungsvolle Mutter war. Besonders für Christopher, den Sohn des Mannes, der nach der allgemeinen Meinung die Liebe ihres Lebens gewesen war.
„Du meinst es also ernst?“, hakte seine Mutter nach, als er schweigend und gedankenverloren vor ihr saß. „Hast du schon eine Kandidatin ins Auge gefasst?“
„Nein. Dafür brauche ich ja Tante Augusta. Ich bin nicht romantisch veranlagt, und ich suche keine Frau, die mich zum Schreiben schlechter Verse inspiriert.“
Selbst meine Freunde scheinen in der Ehe wahrhaft glücklich zu sein, dachte er. Das Gefühl der Einsamkeit, das ihn seit einiger Zeit bedrückte, wurde durch Sehnsucht und Neid verstärkt.
„Ich erwarte nicht mehr als eine ehrbare junge Lady aus gutem Hause, die meinen Haushalt führen kann und mir Erben schenkt. Natürlich kein naives Dummchen, das gerade das Schulzimmer verlassen hat – eher vielleicht eine junge Witwe. Und es wäre von Vorteil, wenn sie sich für Politik interessieren würde. Ich habe immer die Partys gemieden, zu denen achtbare Jungfern eingeladen waren, daher kenne ich keine. Dafür brauche ich ja Tante Gussie.“
„Das ist aber eine verteufelt kalte Einstellung.“
„Komm schon, Mama, willst du behaupten, bei jedem deiner … Verehrer bis über die Ohren verliebt gewesen zu sein?“
„Zu Beginn einer Liaison war ich es jedes Mal“, erklärte sie.
„Eine Vernunftehe muss nicht kalt sein“, hielt er dagegen. Es erstaunte ihn nicht, dass sie Einwände erhob, nachdem sie selbst in eine gefühlskalte Ehe gedrängt worden war. „Ich werde mich hüten, eine Frau zu heiraten, die mir völlig gleichgültig ist oder die gar nichts für mich empfindet. Aber es gibt keinen Grund, warum ich nicht gegenseitigen Respekt und Zuneigung bei einer eher … traditionell eingestellten Frau finden sollte.“
Sie schüttelte den Kopf. „Christopher, Darling, du bist mir viel zu ähnlich. So eine Verbindung würde nicht funktionieren! Nachdem du zehn Jahre lang Beziehungen mit den schönsten, geistreichsten und verführerischsten Frauen hattest, würde eine tugendsame Jungfrau dich zu Tode langweilen. Und was ist mit der Leidenschaft?“
„Nur, weil eine Frau achtbar ist, muss sie nicht leidenschaftslos sein.“
„Wenn es so wäre, hätte ich nicht so viele verheiratete Verehrer.“
Christopher änderte seine Argumentation. „Ich bin jetzt in einem Alter, da es mir verlockender erscheint, in ein ruhiges friedliches Heim zurückzukehren, als eine weitere Nacht mit Trinken...