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E-Book

E-Book, Deutsch, 265 Seiten

Kaiser Nachbarrecht Baden-Württemberg

E-Book, Deutsch, 265 Seiten

ISBN: 978-3-17-033986-6
Verlag: Kohlhammer
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Die Autoren erläutern im Hauptteil in Form eines Kommentars die für das Zusammenleben an den Grundstücksgrenzen bestehenden privatrechtlichen Vorschriften des Nachbarrechtsgesetzes und des Bürgerlichen Gesetzbuches.
Eine umfassende Einleitung sowie im Anhang abgedruckte relevante Vorschriften ermöglichen einen Überblick über die Materie. Die Neuauflage berücksichtigt die seit der letzten Auflage geänderten Vorschriften, veröffentlichten Entscheidungen und weiterführende Literatur. Sie beantwortet wieder praxisnah und aktuell die sich Nachbarn, Grundstückseigentümern, Schlichtungspersonen, Rechtsanwälten, Richtern, Mitarbeitern von Gemeinden, Vereinen und Verbänden für Landwirtschaft, Umwelt, Mieterschutz, Haus- und Grundbesitz stellenden nachbarrechtlichen Fragen.
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AEinleitung
I.Grundbegriffe
1.Eigentum
1a) Herrschaftsbefugnisse. Nach § 903 BGB kann der „Eigentümer einer Sache … mit der Sache nach Belieben verfahren und andere von jeder Einwirkung ausschließen“. Das bedeutet, dem Eigentümer steht – positiv – die rechtlich und tatsächliche Herrschaft über seine Sache zu, er kann mit ihr tun und machen, was er will. So kann der Grundstückseigentümer sein Grundstück veräußern, belasten oder Tomaten darauf anbauen; er kann Dritten das Betreten seines Grundstücks frei erlauben oder aber dafür Eintritt verlangen. Der Eigentümer kann aber auch – negativ – andere von jeder Benutzung seines Grundstücks ausschließen, jedem verbieten sein Grundstück zu betreten oder es irgendwie zu nutzen. Er kann sein Eigentum herausverlangen, § 985 BGB, wenn ein anderer ihm das Eigentum und den Besitz entzogen hat. Er kann vom Störer Beseitigung einer Beeinträchtigung und Unterlassung verlangen, § 1004 BGB, wenn sein Eigentum beeinträchtigt wird. 2b) Kollisionsprobleme. Diese weiten Freiheiten führen zwangsläufig zu Kollisionsproblemen mit den anderen Eigentümern oder sonst Berechtigten, da es unterschiedliche Vorstellungen gibt, wie man mit seiner Sache umgeht. Während ein Eigentümer sein Grundstück als Gartenland und Ruhezone nutzen will, will ein anderer darauf einen Schrottplatz errichten, der dritte Gen-Mais anbauen und der vierte eine Diskothek betreiben. Bereits hieran zeigt sich, dass das Eigentum nicht ohne Beschränkungen ausgeübt und verwirklicht werden kann. Ein gedeihliches menschliches Zusammenleben erfordert, dass Regeln bestehen, wie die verschiedenen Herrschaftsbereiche gegeneinander abgegrenzt, die Freiheitsbedürfnisse voneinander getrennt werden. Dies ist der Bereich des Nachbarrechts. 3c) Begrenzungen. Der Herrschaftsbereich des Eigentums ist nicht schrankenlos und unbegrenzt. Die weiten Befugnisse des Eigentümers bestehen nur, wie bereits § 903 Satz 1 BGB zeigt: „… soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen“. Dabei handelt es sich um die verschiedensten Vorschriften, die die unterschiedlichsten Gegenstände betreffen. 4So regeln die §§ 903?ff. BGB vor allem, was der Eigentümer für Einwirkungen hinnehmen muss, was er zu dulden hat, etwa unwesentliche Einwirkungen § 906 Abs. 1 BGB, aber auch was er nicht hinzunehmen hat, etwa wesentliche Beeinträchtigungen, § 906 Abs. 1 BGB oder gefahrdrohende Anlagen, § 907 BGB. Das Gesetz gibt ihm auch Abwehrmaßnahmen an die Hand, mit denen er Einwirkungen, die er nicht zu dulden hat, abwehren kann, etwa § 1004 BGB. Auch Rechte Dritter, wie die Grunddienstbarkeiten, §§ 1018?ff. BGB, beschränken seine Rechte. 5Weiter beschränken öffentlich-rechtliche Regelungen sein Eigentum ganz wesentlich. So kann der Eigentümer nicht wahllos bauen, muss sich im Rahmen des Bauplanungs- und Bauordnungsrechts und des Verfahrens halten, muss Naturschutz und Immissionsschutz beachten, öffentlich-rechtliche Widmungen. Er erhält allerdings auch hier die Möglichkeit, sich mit einer Klage zu wehren, wenn seine Rechte verletzt werden. So kann er gegen eine – unberechtigte – Baugenehmigung oder Betriebserlaubnis für den Nachbarn vorgehen. 6Beschränkungen bieten auch die nachbarrechtlichen Vorschriften des NRG. Diese Regelungen sind landesrechtliche Vorschriften, sie dienen dazu, die regionalen Besonderheiten zu berücksichtigen, etwa §§ 7c und 7d NRG, Duldung von Überbau bei Wärmedämmung und das Hammerschlags- und Leiterrecht. 7Eine weitere Besonderheit stellt das nachbarrechtliche Gemeinschaftsverhältnis dar. Dieses ist nicht spezialgesetzlich geregelt, aber seit RGZ 154, 161 ff. anerkannt, während es noch in RGZ 132, 51, 56 abgelehnt wurde. Dieses Rechtsinstitut soll dazu dienen, den „gerechten Ausgleich der widerstreitenden Belange, das für dieses Lebensverhältnis richtige Recht zu finden“. Der Eigentümer hat auf die Belange des Nachbarn Rücksicht zu nehmen. Es handelt sich um eine Ausprägung von Treu und Glauben. Aus der nachbarlichen Nähe ergibt sich die Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme. Da die gesetzlichen Regelungen nicht alle Situationen erfassen können, gibt es Ausnahmefälle, die einen über die gesetzlichen Regelungen hinausgehenden billigen Ausgleich geboten erscheinen lassen (BGH NJW 1984, 729, 730). 8Auch vertragliche Beziehungen können zwischen den Nachbarn bestehen und so die allumfassenden Freiheitsbefugnisse einschränken. So können Nachbarn ihre Verhältnisse vertraglich regeln, ein bestimmtes Verhalten als Norm bestimmen: Etwa, dass der Nachbar nur wochentags zwischen 14 und 18 Uhr seinen Rasen mähen darf, dass nur nach 20 Uhr gegrillt wird. Häufig einigen sich die Nachbarn auf solche Regelungen durch Vergleich bei Gericht, um zusammenleben zu können. Daran haben sich die Parteien zu halten, auch wenn das Rasenmähen nach örtlichen Satzungen vormittags erlaubt wäre. Diese Vereinbarungen sind Grundlage der Verhaltensregeln zwischen den Nachbarn. Gewisse Vereinbarungen können auch dinglich gesichert, also ins Grundbuch eingetragen werden, etwa durch eine Grunddienstbarkeit, §§ 1018?ff. BGB. Damit werden auch die Rechtsnachfolger, also die Erben oder Erwerber, an die Regelung gebunden. 2.Das Grundstück
9Bezugsobjekt zum Nachbarn ist stets das Grundstück. Das ist in diesem Sinne ein räumlich genau abgegrenzter Teil der Erdoberfläche, der auf einem bestimmten Grundstücksblatt unter einer bestimmten Grundstücksnummer eingetragen ist (Palandt-Herrler § 873 Rn. 1). Die Rechte am Grundstück erstrecken sich dabei nach § 905 BGB auch auf den Raum über der Erdoberfläche und den Erdkörper unterhalb der Oberfläche. Zum Grundstück gehört weiter alles, was mit diesem über oder unterhalb der Erdoberfläche verbunden ist. Auch die wesentlichen Bestandteile, §§ 93?ff. BGB. 3.Der Nachbar
10Dass ein Nachbar geschützt werden kann, setzt voraus, dass Nachbarschaft in diesem Sinne überhaupt vorliegt. Nachbarn sind dabei nicht nur die Eigentümer der unmittelbar angrenzenden Grundstücke; Konflikte entstehen auch, wenn Dämpfe, Gase, Lärm von einem Grundstück einwirken, das nicht unmittelbar angrenzt. Ein Schrottplatz stört, wie auch eine Müllverbrennungsanlage, auch wenn diese Objekte nicht unmittelbar an das Grundstück angrenzen, sondern nur in der Nähe liegen; der Lärm einer Diskothek morgens um 4:30 Uhr stört, auch wenn zwischen den Grundstücken ein Weg durchführt. Streit kann es zwischen den Nachbarn auch geben, wenn die Nutzer nicht selbst Eigentümer sind. So können Eigentümer und Mieter des Nachbargrundstücks, oder zwei Pächter über Dämpfe, Gase oder Lärmbelästigung streiten. II.Kurzer geschichtlicher Abriss
1.Regelungen im Privatrecht
11a) Bürgerliches Gesetzbuch. Unter dem Einfluss des Naturrechts, der Aufklärung und des wirtschaftlichen Liberalismus des 19. Jahrhunderts hat das BGB das Eigentum am Grundstück im Wesentlichen als unbeschränktes individuelles Herrschaftsrecht ausgestaltet, § 903 BGB. Aber bereits die Weimarer Reichsverfassung vom 11. August 1919 hat dieser individuellen Auffassung vom Eigentum in Art. 153 Abs. 3 die soziale Verpflichtung des Eigentums gegenübergestellt. Und das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949 hat diese Sozialpflichtigkeit oder Sozialgebundenheit des Eigentums in Art. 14 Abs. 2 – „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.“ – bestätigt. Auf Grund der Sozialbindung ist der Grundstückseigentümer nicht gegenüber jedermann und zu jeder Zeit verpflichtet, die Mitbenutzung oder gar die Schädigung seines Eigentums hinzunehmen. Vielmehr bedeutet Sozialbindung, dass sich der Eigentümer ohne Entschädigung die Beschränkungen gefallen lassen muss, die in einem demokratischen und sozialen Rechtsstaat, wie es die Bundesrepublik Deutschland ist, hinsichtlich des Eigentums üblich, adäquat und zumutbar sind. Der Eigentümer darf sich bei der Ausübung seines Eigentumsrechts nicht nur von seinen Interessen leiten lassen, sondern er muss zugleich auch das Wohl der Allgemeinheit berücksichtigen. Damit enthält das Nachbarrecht eine wesentliche Konkretisierung dieser Sozialgebundenheit: Auch der Nachbar, dessen Rechtssphäre durch die Ausübung (Nutzung) des Grundstückseigentums berührt wird, ist Teil (Repräsentant) dieser Allgemeinheit. Weil das freie Herrschaftsbelieben des einen Grundstückseigentümers angesichts des engen Zusammenlebens in unserem Lande sehr rasch auf das freie Herrschaftsbelieben eines anderen Grundstückseigentümers stößt, müssen die oft zwangsläufig widerstreitenden Interessen der Eigentümer benachbarter Grundstücke zu einem Ausgleich gebracht werden. Wer in einem Wohngebiet auf der Terrasse seines Einfamilienhauses um Mitternacht sein Waldhorn bläst, erfreut sich zwar der Idylle seines Anwesens, stört aber damit auch seine Nachbarn in ihrer wohlverdienten Nachtruhe. Die notwendige Rücksichtnahme auf den Nachbarn, die Erfordernisse der Wohn- und Baugemeinschaft sowie der Lebensgemeinschaften in Dorf und...


Dr. Christian Kaiser, Richter am Amtsgericht Nürtingen. Dr. Helmut Kaiser, Vors. Richter am Oberlandesgericht a.D., Honorarprofessor an der Universität Dresden.


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