Kapeller | Lovely Planet | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 224 Seiten

Reihe: Um/Welt

Kapeller Lovely Planet

Mit dem Herzen reisen und die Welt bewahren
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-218-01241-6
Verlag: Kremayr & Scheriau
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Mit dem Herzen reisen und die Welt bewahren

E-Book, Deutsch, 224 Seiten

Reihe: Um/Welt

ISBN: 978-3-218-01241-6
Verlag: Kremayr & Scheriau
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



"Das Herz im Gepäck zu haben bedeutet, der Welt und den Menschen in den besuchten Ländern mit Würde zu begegnen und sich dabei selbst wieder näherzukommen. Und zwar ohne das Gefühl zu haben, verzichten zu müssen."
Wie Reisen heute aussieht: Konsum, Übertourismus, zugemüllte Strände, Vielfliegerei, Klischee-Erfüllung, Status. Beim Reisen werfen wir alle sozialen und ökologischen Überzeugungen über Bord. Als hätten unser Herz, unser Verstand, unsere Menschlichkeit und unser Umweltbewusstsein im Gepäck schlichtweg keinen Platz. Doch was erreichen wir mit unserer bisherigen Art zu reisen? Was zerstören wir damit? Erfüllt es uns tatsächlich? Und vor allem: Was wollen und können wir in Zukunft besser machen?

Maria Kapeller untersucht unseren Reisetrieb anhand der grundsätzlichen Fragen, wie, warum und mit welchen Folgen wir reisen, und spricht dabei u.a. mit Psycholog:innen, Nachhaltigkeitsforscher:innen und Philosoph:innen über Ressourcenverschwendung und soziale Ungleichheit, über inneres Wachstum und Zufriedenheit. Sie ruft dazu auf, Fragen zu stellen und nach Antworten zu suchen. Mit dem Ziel, in die eigene Verantwortung hineinzureisen und uns dadurch selbst eine neue, verträglichere und wohltuendere Reise-Realität zu schaffen, von der wir alle profitieren.

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Wenn die verheißungsvolle Ferne ruft, können wir kaum widerstehen. Reisen, das ist das Rauschen des Meeres, die Wärme der Sonne, der Geschmack von Orangen. Beim Unterwegssein entfernen wir uns von unserem angestammten Ort und kommen zugleich ein Stück weit in uns selbst an. Zumeist werfen wir dabei jedoch routiniert alle ökologischen und sozialen Überzeugungen über Bord. Es scheint fast, als hätten unser Herz, unser Verstand, unsere Menschlichkeit und unser Umweltbewusstsein im Gepäck keinen Platz. Reisen, das ist folglich auch: Konsum, zugemüllte Strände, Vielfliegerei, Klischee-Erfüllung, das Heischen um Status. Die Erde als Lonely Planet1, den wir einst auf der Suche nach Individualität und Erlebnissen abseits der Massen bereisten, ist längst nicht mehr „einsam“. Sie ist überlastet, überfordert, überanstrengt. Was sie immer bleiben wird: unvergleichlich, großartig, entzückend, voller Wunder – ein wahrer Lovely Planet. Wenn wir diesen einzigartigen Lebensraum für uns und unsere Nachwelt bewahren wollen, ist es Zeit, genauer hinzuschauen und zu fragen: Reisen in Zukunft – wie wird das sein? Gewiss ist: Das Corona-Virus hat der vom Bereist-Werden erschöpften Welt eine Atempause gegönnt. Jetzt dürfen wir das dadurch freigesetzte Potenzial nutzen und in uns hineinhören: Was haben wir mit unserer bisherigen Art zu reisen erreicht? Was haben wir angerichtet? Hat es uns tatsächlich erfüllt? Und, vor allem: Was wollen und können wir künftig besser machen? Das Reflektieren setzt meistens dann ein, wenn man merkt, dass man nicht stimmig handelt. Meine persönliche Reisegeschichte begann mit einem einmonatigen Aufenthalt in den USA und einem mehrmonatigen Trip nach Großbritannien, bei denen ich vor Ort arbeitete und ein Stück weit ins Alltagsleben eintauchte. Es folgten unzählige Reisen in Europa (ich erinnere mich an einen Billigflug um zehn Eurocent von Stockholm nach Riga), mehrere Fernreisen (nach Barbados gelangte ich per Flug-Lotterie) und eine halbe Weltreise, die mich bis nach Neuseeland führte. Schon während des Studiums begann ich, gelegentlich als Reisejournalistin zu arbeiten und gründete später ein kleines, alternatives Online-Reisemagazin. Ich gehörte zu jenen, die regelrecht süchtig nach der Ferne waren. Gleichzeitig vernahm ich tief in mir eine Erdung, etwas, das mich vor Ort stets dazu brachte, in Züge und Busse zu steigen, Rad zu fahren, viel zu Fuß zu gehen, den Kontakt zu Einheimischen zu suchen und zu probieren, einen winzigen Blick hinter die Kulissen zu werfen. Bei meinem fünfmonatigen Aufenthalt im konfessionell tief gespaltenen Nordirland hatte sich mir eingeprägt, dass es niemals Schwarz oder Weiß gibt, sondern stets unzählige Nuancen von Grau. Als aufmerksame Beobachterin tauchte ich beim Unterwegssein weiterhin in das „Buch der Welt“ ein. Darin eröffnete sich mir nach und nach vieles, was mir zu denken gab. Von der „Langhals-Frau“ in Birma (Myanmar), die – als Fotomotiv drapiert – mit Stolz und zugleich Verachtung in ihren Augen in die Kameras der Touristinnen und Touristen schaute (auch in meine). Über die jungen Einheimischen in Vietnam, mit denen ich auf kleinen Stühlen in Freiluftbars Bier trank und englische Konversation übte. Sie erzählten mir mit traurigem Blick, dass sie auch gerne verreisen würden, aber die Verpflichtungen ihren Eltern gegenüber Vorrang hätten. Bis hin zu hitzebedingt knapp gefüllten Trinkwasserreservoirs in Andalusien, von denen ich in der lokalen Zeitung las, während meine Schwester und ich in unserem Ferienhaus am Pool lagen und durch bewässerungsintensive Avocado-Plantagen wanderten. Nach einigen Jahren des Vielreisens wurde mein eigenes Reiseverhalten mit der Zeit bewusster, langsamer und ökologisch verträglicher. Die zahlreichen Fragen blieben. So habe ich mich für die Entstehung dieses Buches auf den Weg gemacht, ja auf eine geistige Reise begeben, um mögliche Antworten zu finden. Gesucht habe ich sie bewusst nicht vorrangig in der Touristikbranche und Tourismusforschung, sondern da, wo man sie vielleicht weniger erwartet: in Disziplinen wie der Philosophie, der Psychologie oder der Zukunftsforschung. Die unterschiedlichen Erkenntnisse und Eindrücke meiner Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartner bilden das Herzstück dieses Buches. Jedes Kapitel startet mit einer kurzen Erzählung oder Reisegeschichte, es folgen kritische Betrachtungen, mögliche Erklärungen und Lösungsansätze. Jene mitunter paradoxen Verhaltensweisen, die uns selbst, anderen Menschen und der Umwelt schaden, werden dabei nicht selten überspitzt und stets aus eurozentrischer Sichtweise (denn als Mitteleuropäerin ist mir nichts anderes möglich) dargestellt. Kritik an unseren touristischen Strukturen und Verhaltensweisen ist übrigens keine neue Erscheinung, auch wenn sie erst in Zeiten des Übertourismus wieder publikumstauglich wurde: Viele Reiseziele werden heute von Menschen aus aller Welt regelrecht gestürmt, was Probleme wie Umweltzerstörung, Lärmbelästigung oder überteuerte Preise mit sich bringt. Laut dem Sozialwissenschaftler Christoph Hennig setzte die Verachtung von „Massentouristen“ bereits vor mehr als 200 Jahren ein, als das Reisen plötzlich nicht mehr nur den oberen Schichten vorbehalten war. Der Ferienmensch, schreibt er, sei der Watschenmann der „besseren Reisenden“.2 Kritik, wie sie in diesem Buch gehandhabt wird, ist jedoch nicht als Herabwürdigung zu verstehen, sondern als prüfende Betrachtung und Beurteilung. Sie soll uns nicht zu besseren oder schlechteren Reisenden machen, uns nicht gegeneinander aufhetzen oder gar lähmen, aber sie könnte uns voranbringen. Gewiss: Reisen ist eine höchst emotionale Angelegenheit. Niemand will sich etwas vorschreiben lassen und nicht alle haben die gleichen Möglichkeiten. Ein Vorschlag für den Anfang: Erkennen wir, wie privilegiert wir sind und welche Werte wir in uns tragen. Machen wir uns auf die Suche, das zu finden, wonach wir uns beim Reisen insgeheim sehnen. Wer ist mit „wir“ gemeint? Grob gesagt: Die vielreisende Weltgesellschaft. „Wir“ steht für jenen Teil der Bevölkerung, der sich das Reisen überhaupt leisten kann. Das in diesem Buch verwendete „Wir“ unterscheidet dabei nicht, wie es die traditionelle Tourismuskritik gerne tut, zwischen Touristinnen und Touristen einerseits sowie Reisenden andererseits3. „Wir“ meint uns Menschen, die wir uns zum Vergnügen fortbewegen. Egal, ob Cluburlaub, Studienreise oder Rucksack-Trip: Wir alle nutzen dieselben Infrastrukturen und wollen uns erholen, Spaß haben, Neues entdecken, eine innere Leere füllen oder Freiheit spüren. „Wir“, das vereint alle, die gerne und häufig in die Ferne schweifen, und zu anderen Zeitpunkten womöglich selbst zu Bereisten werden. Zusammengefasst: „Wir“ ist die Summe aller reisenden Menschen, mit all dem, was sie tun und unterlassen, wie sie sich verhalten und geben, wie sie selbst handeln und zugleich über ihresgleichen den Kopf schütteln. „Wir“, das schließt mich als reisende Autorin mit ein, die weder alles richtig macht noch weiß, wie das denn ginge. Letztendlich meint dieses „Wir“, dass wir alle miteinander verbunden sind – und mit der Welt, die wir „bereisen“. Die Gehirnforschung zeigt, dass unsere Gehirne nur überleben und sich entwickeln können, wenn sie mit den Gehirnen unserer Mitmenschen vernetzt sind. Dafür brauchen wir Beziehungserfahrungen. Kein Mensch kann allein überleben.4 Wir sind voneinander abhängig und wachsen aneinander. Wir haben dieselben Bedürfnisse, Ängste und Hoffnungen.5 Zu diesen Bedürfnissen zählt auch das Unterwegssein, das Sich-Ausdehnen, das Dem-eigenen-Leben-Entkommen. Das Dilemma dabei: Reisen ist meistens auch mit großem Ressourcenverbrauch und sozialen Ungerechtigkeiten verbunden. Ist uns das bewusst? Verdrängen wir es? Oder haben wir bisher schlichtweg noch keinen Weg gefunden, zufriedenstellend damit umzugehen? Dieses Buch ist eine Einladung zu erkennen: Wir zerreißen die Welt, indem wir sie „zer-reisen“. Wir können entweder weitermachen wie bisher, sobald (oder solange) die Grenzen offen sind und die Flieger im Minutentakt abheben. Oder wir blicken ehrlich auf dieses große Sehnsuchtsthema und übernehmen Verantwortung. Das gelingt, indem wir Fragen stellen und nach Antworten suchen. Wir müssen das Reisen nicht abschaffen, aber uns bewusst machen, wie es anders gehen könnte – und uns Schritt für Schritt auf diesem neuen Weg bewegen. „Wenn wir das Reisen gänzlich aus dem Leben herausnehmen, dann bleibt uns nicht dasselbe Leben zurück“, formuliert es der Philosoph Peter Vollbrecht. Immer nur zu Hause zu bleiben ist demnach keine Lösung. Aber: Wir können zum Reisen einen anderen Zugang entwickeln, weg von „Traumdestinationen“, Statuswünschen, Klischees und Exotismen. Und hin zum Reisen als Gespräch auf Augenhöhe, Reisen als interessiertes Eintauchen in andere Lebensrealitäten, Reisen in die Stille der Meditation oder Reisen als Begegnung mit uns selbst. Natürlich auch...


Maria Kapeller, Jahrgang 1983, ist vom Dorf in die Welt gezogen und wieder zurück. Die selbstständige Texterin, freie Journalistin, Autorin und Gründerin des alternativen Online-Reisemagazins www.kofferpacken.at arbeitet aktuell an einem Innovationsprojekt, um Reisen solidarischer zu gestalten. Ganz nach der Slow Travel-Philosophie haben sie ihre letzten großen Reisen auf dem Land- und Seeweg nach Marokko, Bulgarien und Griechenland geführt. www.mariakapeller.at



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