Kastell | Chefarzt Dr. Holl 1926 | E-Book | www.sack.de
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E-Book, Deutsch, Band 1926, 64 Seiten

Reihe: Dr. Holl

Kastell Chefarzt Dr. Holl 1926

Geboren, um zu geben
1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-7517-2211-7
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Geboren, um zu geben

E-Book, Deutsch, Band 1926, 64 Seiten

Reihe: Dr. Holl

ISBN: 978-3-7517-2211-7
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Ihrer Mutter ist es im Streitgespräch einfach so herausgerutscht, diese eine Sache, die Sinas Leben vollkommen aus den Angeln gehoben hat. 'Sina ist ein Rettungskind! Sie wurde eigens dafür gezeugt, Marions Krankheiten zu heilen.'
Diese Worte hallen seitdem durch Sinas Kopf, in einem harten, unbarmherzigen, ewig wiederkehrenden Echo. Die lebenslustige Biologiestudentin soll mittels Präimplantationsdiagnostik gezeugt worden sein ... Das erklärt, weshalb sie Marions perfekte Spenderin ist - und schon von Kindesbeinen an als lebendes Ersatzteillager für die kranke Schwester herhalten musste. Ach, was ist ein Leben überhaupt wert, das nicht in einer wunderbaren Liebesnacht, sondern im Reagenzglas entstanden ist?
Als Mutter Gabriele nach dieser Eröffnung gleich die nächste Organspende fordert, reißt Sina der Geduldsfaden. Sie verweigert den Eingriff - und wird prompt von der Mutter auf die Straße gesetzt ...

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Geboren, um zu geben

Sina soll mit einer Organspende der Schwester das Leben retten

Von Katrin Kastell

Ihrer Mutter ist es im Streit einfach so herausgerutscht, diese eine Sache, die Sinas Leben vollkommen aus den Angeln gehoben hat. »Sina ist ein Rettungskind! Sie wurde eigens dafür gezeugt, Marions Krankheiten zu heilen.« Diese Worte hallen seitdem durch Sinas Kopf, in einem harten, unbarmherzigen, ewig wiederkehrenden Echo. Die lebenslustige Biologiestudentin soll mittels Präimplantationsdiagnostik gezeugt worden sein ... Das erklärt, weshalb sie Marions perfekte Spenderin ist – und von Kindesbeinen an als lebendes Ersatzteillager für die kranke Schwester herhalten musste. Ach, was ist ein Leben überhaupt wert, das nicht in einer wunderbaren Liebesnacht, sondern im Reagenzglas entstanden ist?

Als Mutter Gabriele nach dieser Eröffnung gleich die nächste Organspende fordert, reißt Sina der Geduldsfaden. Sie verweigert den Eingriff – und wird prompt von der Mutter auf die Straße gesetzt ...

Zum ersten Mal seit vielen Jahren fühlte sich Sina so frei und unabhängig, dass sie ihr Leben und damit den Aufenthalt auf dieser schönen Insel in vollen Zügen genießen konnte. Die familiären Probleme verblassten, belasteten sie von Tag zu Tag weniger. Hier in der unberührten Natur, umgeben von schneebedeckten Bergspitzen, lebte sie in einer anderen Welt.

Ihre Mutter hatte natürlich heftig gegen diese Seminarreise protestiert und immer wieder die dort lauernden Gefahren beschworen.

Doch Sina hatte das mit Sorge ummantelte Verbot ignoriert und war trotzdem gefahren. Sie wollte sich nicht mehr gefallen lassen, wie ein kleines Mädchen behandelt zu werden, das man nicht aus den Augen lassen durfte.

Mama schien noch nicht bemerkt zu haben, dass aus ihrer jüngsten Tochter eine Frau von dreiundzwanzig Jahren geworden war, die ein Recht darauf hatte, auf eigenen Beinen zu stehen.

»Schau, da drüben, da trinken wir was.«

Daniela Holl, Mitstudentin von Sina Herzog, deutete auf ein verlassen wirkendes Straßencafé mit seinen unbesetzten Tischen.

Den ganzen Tag war die Studentengruppe in den Bergen herumgeklettert, um schließlich eine Herde der Mufflons zu erspähen, die von Professor Hanau als die kleinere Variante des europäischen Artgenossen bezeichnet worden waren.

Als die kleine Gruppe später am Tag mit dem Fernglas noch den nur hier heimischen korsischen Kleiber entdeckt hatten, war Professor Hanau ziemlich aus dem Häuschen geraten.

Diese Vögel bauten ihre Nester oft in alten Schwarzkiefern und verließen die Insel auch im Winter nicht. In dieser Jahreszeit ernährten sie sich von den Samen der Kieferzapfen.

Seinen Vortrag über den seltenen Vogel hatte Albert Hanau mit dem glückseligen Lächeln eines Forschers gehalten, der nach unermüdlicher Spurensuche doch noch fündig geworden war.

»Gute Idee.« Sina winkte den Bummelanten hinter ihnen, mitzukommen und die Straße zu überqueren.

Die achtköpfige Gruppe Biologiestudenten der Universität München erforschte unter der Leitung von Professor Albert Hanau auf Korsika Pflanzen und Tiere, die nur hier auf der Insel vorkamen.

Sie nahmen auf den Stühlen vor dem Lokal Platz. Sofort kam ein lebhaftes Gespräch über die heutigen Erlebnisse in Gang.

»Ich fahre erst wieder von hier weg, wenn wir den korsischen Gebirgsmolch und wenigstens ein Exemplar vom Feuersalamander gesehen haben«, verkündete einer der Studenten scherzhaft. »Die hat der Professor uns versprochen. Wo ist er überhaupt?«

»Er ist schon in die Unterkunft zurückgefahren und bereitet noch das Videomaterial für heute Abend vor.«

»Ach, ist das schön hier.«

Sina seufzte zufrieden und hielt ihr Gesicht in die Nachmittagssonne, die schon ziemlich tief am strahlend blauen Himmel stand, der von dünnen Wattewolken sanft durchzogen wurde.

Wie sie aus den Medien wusste, herrschte in Bayern schon seit einigen Tagen Nebelgrau im Wechsel mit heftigem Niederschlag.

»Hier lässt es sich gut leben«, pflichtete Daniela Holl ihrer Studienkollegin bei.

»Ach, kommt Leute. Hier Urlaub zu machen, ist ja ganz nett, aber für immer möchte ich hier nicht leben«, mischte sich einer der jungen Männer ein. »Auf der Insel hier ist nichts los. Wenn du es drauf anlegen würdest, könntest du tagelang keiner Menschenseele begegnen! Außerhalb der wenigen Städte gibt es nur eine Handvoll verschlafener Dörfer. Ich brauche die Großstadt. Außerdem, wo wollt ihr hier Jobs für Biologen finden?«

»Aber gerade für unsere Fachrichtung gibt es hier viele Forschungsmöglichkeiten«, widersprach Daniela Holl. Als Tochter eines wohlhabenden Arztehepaares war sie schon überdurchschnittlich viel in Europa herumgekommen. »Die Insel ist geradezu ein Paradies für Entdeckungen.«

»Mag ja sein«, meinte der Kommilitone. »Aber so einen Job muss man erst mal ergattern. Und dazu muss man Korsisch verstehen und sprechen, damit man mit den Leuten reden kann. Und das soll sehr schwer zu erlernen sein.«

Eine Kellnerin nahm die Bestellung der jungen Leute auf. Einige wollten ein Glas Wein, andere einen Tee. Als auch Sina einen korsischen Roséwein bestellte, tauchte sofort die missbilligende Miene ihrer Mutter vor ihrem inneren Auge auf.

Unwillkürlich musste sie grinsen. Klar, Mama würde aus allen Wolken fallen, wenn sie sähe, dass ihre Tochter Alkohol trank. Sina tat es dennoch mit dem allergrößten Vergnügen. Mamas Reaktion war ihr jetzt vollkommen egal.

»He, was ist mit dir?« Sanft stieß Daniela die Freundin an. »Du bist ganz weit weg. An was denkst du?«

»Ach, an nichts Besonderes«, wich Sina aus.

Dieses wundervolle Gefühl von Gelöstheit wollte sie sich so lange wie möglich bewahren.

Sie standen morgens früh auf, machten anstrengende Bergtouren und durchstreiften Wälder, Schluchten und Torfmoore. Die junge Studentin ließ sich vom Zauber des Moments tragen. Mit allen Sinnen saugte sie die aufregenden Eindrücke in sich auf. Es war wundervoll. Diese neue Welt ließ sie erstmals den Druck vergessen, der auf ihrem Leben lastete, seit sie denken konnte.

Mit einem kleinen Bus fuhren sie in die Gebiete, die eine erfolgreiche Spurensuche versprachen. Wenn sie mit dem Fahrzeug nicht weiterkamen, gingen sie zu Fuß weiter, hielten nach dem korsischen Kleiber Ausschau und erkundeten die Hangmoore im Asco-Tal.

Sie wohnten in einer schlichten Unterkunft auf eintausendvierhundert Metern Höhe. Die jungen Frauen und Männer teilten sich jeweils zu zweit ein Zimmer. Der Professor hatte eines für sich. Damit war das kleine Hotel in der Zwischenzeit von Sommer- und Skisaison ausgebucht.

Jeden Morgen beim Erwachen blickten sie auf die gewaltigen Berggipfel, die an Dramatik kaum zu überbieten waren. Besonders die Bergseen, durch deren klares Wasser man bis auf den Grund schauen konnte, waren ein ständiges Fotomotiv für die jungen Leute.

Professor Hanau nannte die Insel ein Gebirge im Meer, damit war sie bestens beschrieben. Und das herbstliche Hoch, das sie seit ihrer Ankunft begleitete, machte jede Entdeckungsreise noch schöner.

Die Hotelwirtin kochte auch für die Studentengruppe aus Deutschland. An diesem Abend gab es einen Bohneneintopf mit korsischem Schinken.

Sina ließ es sich schmecken. Zu Hause gab es solche deftigen Gerichte nicht. Ihre Mutter achtete darauf, dass beide Töchter nur die Nahrung zu sich nahmen, die sie für bekömmlich hielt. Bohnen gehörten nicht dazu.

Sie saßen noch beim Essen, als Sinas Telefon läutete. Sie warf nur einen kurzen Blick auf den Bildschirm. Mutters Gesicht mit den vielen Sorgenfalten lächelte sie an. Jeden Tag rief sie an, doch Sina weigerte sich, heute mit ihr zu sprechen. Sie wusste schon jetzt, was Mama wollte. Sie war nicht bereit, sich Vorwürfe oder Ermahnungen anzuhören. Diese vier Wochen gehörten ihr ganz allein.

So hatte sie es auch mit ihrer Schwester Marion vereinbart. Die Ältere gönnte der Jüngeren von Herzen diese Auszeit.

»Ich wünsche dir viel Spaß, Kleine. Und bitte fotografiere viel, damit ich auch was von deiner Reise habe.«

Schon jetzt schickte Sina ihrer Schwester regelmäßig Fotos, die bei Marion den Wunsch auslösten, diese prachtvolle Landschaft auch eines Tages in natura zu erleben. Aber das würde wohl so bald nicht möglich sein ...

***

»Gibt es Neuigkeiten von unserer Tochter?«, erkundigte sich Stefan Holl bei seiner Frau.

Die Eltern saßen mit dem fünfzehnjährigen Chris und der elfjährigen Juju am Esstisch, in dessen Mitte ein Nudel-Käse-Auflauf sein köstliches Aroma verbreitete.

Danielas Zwillingsbruder Marc kam heute nicht zum Essen. Der Medizinstudent machte zurzeit ein Pflegepraktikum an der Universitätsklinik. Wie sein Vater Stefan hatte Marc sich der Medizin verschrieben, doch bis zum Staatsexamen lagen noch einige harte Semester vor ihm.

»Nur gute Neuigkeiten«, erwiderte Julia. »Unsere Dani ist begeistert von Korsika und möchte, dass wir alle zusammen dorthin fahren.«

»Oh...



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