Kastura | Mörderischer Gardasee | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 314 Seiten

Reihe: Kriminelle Freizeitführer im GMEINER-Verlag

Kastura Mörderischer Gardasee

11 Krimis und 136 Freizeittipps
2023
ISBN: 978-3-8392-5954-2
Verlag: Gmeiner-Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

11 Krimis und 136 Freizeittipps

E-Book, Deutsch, 314 Seiten

Reihe: Kriminelle Freizeitführer im GMEINER-Verlag

ISBN: 978-3-8392-5954-2
Verlag: Gmeiner-Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Am Gardasee blühen Zitronen, aber auch Verbrechen aller Art. Elf Krimiautoren haben rund um den Lieblingssee vieler Italien-Urlauber gemordet, gestohlen, betrogen - und sich verliebt. Was hat „Die Zeugin“ an einem Pool in Torbole bemerkt, das besser geheim geblieben wäre? Wie süß kann ein Auftragsmord in Salò werden, wenn Täter und Opfer beide Eiscreme mögen? Jede Geschichte spielt in einer anderen Ortschaft oder Region und enthält zahlreiche Tipps fürs Dolce Vita.

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Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


Sabine Fink
Der Schnüffler
und die verlorene Tochter
Limone
Wenn ich mich auf dieses Niveau herabließe, würde ich vermutlich irgendwann auf Öl stoßen. Es kostet mich wirklich Überwindung, nicht die Melodie des 50er-Jahre-Schlagers »Am blauen Gardasee« zu summen, nur weil das Gewässer zwischen den Tunneln am linken Fahrbahnrand immer wieder auftaucht. Woher zum Teufel kenne ich die Schnulze eigentlich? Der Wohnwagen vor mir kriecht die schmale Straße am Westufer des Sees entlang. Ich brauche dringend Ablenkung. Vor meinem geistigen Auge erscheint eine Kneipe am Alter Markt, in der ich mir ein Kölsch als Belohnung für einen in neuer Rekordzeit gelösten Fall gönne. Den nächsten Klienten, der meine investigativen Fähigkeiten dringend benötigt, schon am Telefon, versteht sich. Ich seufze inbrünstig. »Wir sind gleich da, Darling«, informiert mich Georgina und rückt ihre schlanken Glieder im Sitz zurecht. Ich gebe lediglich ein unbestimmtes Brummen von mir. Den Verkehr auf der Strecke zähfließend zu nennen, käme einer Untertreibung gleich, denn anstatt sechs, sind wir nun schon fast acht Stunden unterwegs. Am Morgen sind wir im mittelfränkischen Langenzenn aufgebrochen, nachdem wir einer herzlichen Einladung vom Tod gefolgt waren. Er ist ein wirklich netter Kerl, mit dem ich mal auf der Kirchweih des beschaulichen Städtchens einen Mord aufgeklärt habe. Ich unterdrücke ein Gähnen und erlaube mir, die A3 zu vermissen, auf der ich mit meinem BMW ein Dauerabo auf die linke Spur habe. Gemächlich tuckert das Gespann durch den nächsten Tunnel. Ungezählte weiße Tupfen aller Arten von Segeln heben sich malerisch vom blauen Seewasser ab. Am blauen Gardasee … In besagtem Schlager waren es allerdings Fischerboote, die allabendlich hinausfuhren, um durch die Fluten des Sees zu ziehen, und der Sänger konnte sich ganz der schönsten Träumerei und einem süßen Rendezvous mit Angelina piccolina hingeben. Am blauen Gardasee … ach verdammt! Jetzt habe ich einen Ohrwurm. Ich tippe mit den Fingern auf dem Lenkrad herum. Ohne mich anzusehen langt Georgina herüber und lässt ihre Hand an der Innenseite meines Oberschenkels entlanggleiten. »Übermorgen fahren wir nach Pieve«, sagt Georgina, den Blick festgeklebt am Handybildschirm. Mit gerunzelter Stirn sehe ich sie an. »So?« »Wie James Bond über die Strada della Forra 1. Du wirst sie mögen.« Georginas Blick geht als sardonisch durch, doch momentan will ich gar nicht wissen, warum. Der Wohnwagenfahrer schaltet noch einen Gang runter. Ich seufze, bis sich meine Bauchdecke weit nach außen wölbt. Mein Arzt meint, ich soll das tun, wenn ich spüre, dass ich ungeduldig werde. Es sei gut für meinen Blutdruck. Doch statt Entspannung fühle ich unangenehme Spannung an der Knopfleiste meines Hemdes. Dabei versichert mir meine Reinigung stets, die Hemden würden keinesfalls einlaufen! Schnell lasse ich die Luft wieder raus. »Warum nicht schon morgen diese Strada della Forra?«, erkundige ich mich. Wegen eines Tunnels schiebt Georgina die Sonnenbrille von ihrer wohlgeformten Nase auf ihre blonden Haare. »Weil wir morgen schon etwas anderes vorhaben«, schnurrt sie und tätschelt meinen Bauch. Mir fällt unwillkürlich der unsägliche Geschmack des Karlsbader Quellwassers ein, das ich mir nach der Lösung unseres Falls dort in Tschechien einverleiben musste, weil Georgina das zuträglich für meine Gesundheit hielt. Allein bei dem Gedanken daran schüttelt es mich. »Jetzt links!«, kommandiert Georgina plötzlich. Reflexartig gehorche ich und biege unmittelbar vor einem hupenden Fiat ab. »Und nun?«, frage ich, nachdem ich neben einem unspektakulären, einstöckigen Bau zum Stehen gekommen bin. Unser Ziel Limone liegt augenscheinlich erst hinter dem nächsten Tunnel, außerdem erschließt sich mir nicht, warum dieses bungalowartige Gebäude mit dem großartigen Namen »Hotel Splendid Palace« vier Sterne haben soll. Georginas perfekt manikürter Fingernagel pendelt in der Luft, als sie auf den Eingang zur Rezeption zeigt. »Wir können nicht direkt zum Hotel Palme, weil das mitten in der Altstadt von Limone 2 liegt. Wir parken hier. Von diesem Hotel aus werden wir mit dem Bus hingefahren.« Im Inneren der Hotellobby überkommt mich eine Erleuchtung: Anstatt wie üblich in die Höhe erstreckt sich dieses Hotel mehrere Etagen nach unten in Richtung Seeufer. An einer Steilküste ergibt das natürlich Sinn, denke ich, während ich stehen bleibe, um durch die gegenüberliegenden Panorama­scheiben die Aussicht auf den See zu bewundern. Am blauen … ach verdammt! Inzwischen hat Georgina die Rezeption fast erreicht, als sich ein untersetzter Mann mittleren Alters an ihr vorbeidrängt. »Lass mich mal durch, Schätzchen«, sagt er mit einem Grinsen, das genauso schmierig ist wie seine Haare. Ich ziehe scharf die Luft ein und setze mich vorsichtshalber in Bewegung. Ganz schlechte Idee, mein Guter! Georgina tippt ihn von hinten an. »Ich war zuerst da, Schätzchen«, knurrt er, während er sich nicht einmal umdreht, sondern ungeduldig nach dem Concierge schnippst, der gerade telefoniert. Mit einem Schritt ist Georgina neben dem Dicken, fasst ihn mit ihrer Rechten in Höhe seines Ellbogens. Ihr Daumen drückt von innen in die Armbeuge, der Zeigefinger hält von außen dagegen. Diesmal ist es der Dicke, der scharf Luft holt und sein Gesicht zu einer Grimasse verzieht. Gezielt üben Georginas Daumen und Zeigefinger genau so viel Druck auf die Nerven aus, dass er nachgibt und zwei Schritte zurückgeht. »Ladies first«, sagt sie mit ihrem süßesten Lächeln und wendet sich übergangslos an den Concierge, der gerade sein Gespräch beendet hat. Mit einem warnenden Blick an den Dicken schiebe ich mich zwischen Georgina und ihn. Er gibt einen abfälligen Laut von sich und zieht sich mit verkniffenem Gesichtsausdruck zu einem Sofa zurück, auf dem eine brünette Frau sitzt. Auf ihrem Schoß ein Baby. Blass und verhärmt wiegt die Frau höchstens halb so viel wie er und starrt mit halb geöffnetem Mund Georgina an. Der Mann weist die Brünette barsch zurecht, worauf sie zusammenzuckt und vor sich auf den Boden starrt. Als wir schließlich die Lobby verlassen, um das Auto zu parken und unser Gepäck zu holen, geht der Dicke zur Rezeption. Dabei wirft er Georgina einen grimmigen Blick zu. Georgina kontert mit einem, der kochendes Wasser auf der Stelle zu Eis erstarren lassen würde. Der Frau, die das unruhig gewordene Baby umherträgt, huscht ein kaum sichtbares Lächeln über die Lippen. * Italien! O sole mio … Schnell konzentriere ich mich auf den regen Betrieb am Fähranleger 3 direkt neben der Hotelterrasse, auf der wir bei strahlendem Sonnenschein gerade unser Frühstück genießen. Es hat mich gestern intensive Ablenkung und beinahe den ganzen Abend gekostet, um diesen verflixten Ohrwurm wieder loszuwerden, ich brauche keinen neuen! Am blauen Gardasee … Ja, der alte tut es auch. Ich beschließe, mir einen weiteren Cappuccino zu holen. Georgina stützt ihr Kinn auf die verschränkten Hände und sieht mich an. Mir schwant Übles. Dabei plätschert das Seewasser so unsagbar friedlich gleich neben der Terrasse. »Du hattest schon drei«, bemerkt Georgina. Manchmal glaube ich, sie kann Gedanken lesen. Ich beuge mich vor und ergreife ihre Hand. »Darling, wir haben Urlaub. Sollten wir den nicht in erster Linie … genießen?« Ich hebe einen Mundwinkel, um sie ganz subtil auf meine Pläne nach dem Frühstück aufmerksam zu machen, die mit Sicherheit einen längeren Aufenthalt auf unserem Zimmer einschließen. Eine ihrer wohlgezupften Augenbrauen hat Aufwärts­tendenz. »Nachher.« Ich bewahre ein Pokerface, während mir wieder einfällt, dass sie bereits gestern erwähnte, sie habe Pläne für heute. Wahrscheinlich war es ein Fehler, sich nicht erkundigt zu haben, worum genau es sich dabei handelt, um geeignete Gegenmaßnahmen ergreifen zu können. »Wir können auch jetzt gleich …«, säusele ich daher, während ich einen Kuss auf ihre Handfläche hauche. Mir würde schon etwas einfallen, um sie von ihrem Vorhaben abzubringen. Ich muss nur etwas Zeit gewinnen. »Lass uns erst aufs Zimmer gehen.« Ihr Blick richtet sich mit einer durchaus angenehmen Mischung aus Spekulation, Wohlbehagen und Herausforderung auf mich. Sie zieht meine Hand zu sich und beginnt sachte an meinen Fingerspitzen zu knabbern. Den angedachten Cappuccino verschiebe ich auf später und beglückwünsche mich. Ich gebe ein zufriedenes Brummen von mir. »Gute Idee«, haucht sie. »Ich brauche nämlich andere Schuhe.« Sie lässt meine Hand los und lehnt sich zurück. Graziös schlägt sie ihre Beine übereinander, die in Sandaletten stecken, deren Absätze sowieso niedriger und dicker sind als für sie üblich und eigentlich bestens geeignet für einen Bummel durch die unebenen Straßen der Stadt. Ich hadere noch damit, mich zu erkundigen, wofür genau sie andere Schuhe braucht, als sie mit einer Handbewegung, als verscheuche sie eine lästige Fliege, erklärt: »Für den Sentiero del Sole – der Weg in die Sonne 4. Und du solltest dir auch vernünftigere anziehen.« Vielsagend blickt sie zuerst auf meine glattbesohlten...


Thomas Kastura, geboren 1966 in Bamberg, lebt ebendort mit seiner Frau und seinen beiden Töchtern. Er studierte Germanistik und Geschichte und arbeitet seit 1996 als Autor für den Bayerischen Rundfunk. Kastura schrieb zahlreiche Erzählungen, Jugendbücher, Kriminalromane sowie Thriller und zählt inzwischen zu den bedeutendsten deutschen Krimi-Autoren. 2017 wurde er mit dem Friedrich-Glauser-Preis ausgezeichnet. Der Gardasee ist seine alte, ewig junge Liebe seit Kindertagen.



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