Kempff | Die Gabe der Zeichnerin | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 432 Seiten

Reihe: Piper Schicksalsvoll

Kempff Die Gabe der Zeichnerin

Historischer Roman
19001. Auflage 2019
ISBN: 978-3-492-98535-2
Verlag: Piper ebooks in Piper Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Historischer Roman

E-Book, Deutsch, 432 Seiten

Reihe: Piper Schicksalsvoll

ISBN: 978-3-492-98535-2
Verlag: Piper ebooks in Piper Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Ein spannender historischer Roman aus der Zeit Karls des Großen, der die Geschichte des Aachener Domes in einem ganz neuen Lichtzeigt - von Bestseller-Autorin Martina KempffDer Dombau zu Aachen – das größte Rätsel, das Karl der Große der Nachwelt hinterlassen hat. Wie konnte es im Frühmittelalter gelingen, seine mächtige steinerne Kuppel zu wölben? Als noch niemand im Abendland die Fertigkeiten dafür besaß?Den Schlüssel hält die begabte Tochter eines Baumeisters aus Bagdad in Händen. Doch als junge Frau ist es ihr unmöglich, ihren Vater zu unterstützen. Deshalb reist sie als Mann verkleidet an den Hof des großen Karolinger Königs – und lernt den Sohn des königlichen Baumeisters kennen, für den sie bald mehr empfindet, als gut für die gemeinsame Sache ist...»Wenn Sie auf der Suche nach gut recherchierten historischen Romanen mit starken Frauenfiguren sind, dann liegen Sie bei Martina Kempff richtig.« Brigitte
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kapitel 1

der auftrag

Rette dein Leben, wenn dir vor Unheil graut!

Lasse das Haus den beklagen, der es erbaut.

Du findest schon eine Stätte an anderem Platz.

Für dein Leben findest du keinen Ersatz.

Lass dich in wichtiger Sache auf Boten nicht ein;

In Wahrheit hilft die Seele sich ganz allein.

Des Löwen Nacken ist so kräftig nicht,

Solange es ihm an Selbstvertrauen gebricht.

Aus 1001 Nacht (die 21. Nacht)

konstantinopel, spätherbst 794

Angesichts seines überaus griesgrämigen Begleiters blieb Isaak nur das Selbstgespräch. Ein geselliger Gefährte hätte mir die Reise auf diesem elendig langsamen Schiff angenehm verkürzt, murrte er also vor sich hin, als die im Mittagslicht glitzernde Kuppel der Hagia Sophia oberhalb der mächtigen Schutzmauern des Hafens auftauchte. Ein Anblick, der jedem Neuankömmling den Atem stocken ließ.

Sogar Yussuf ibn Yakub schien beeindruckt. Das Lächeln, das zum ersten Mal in seinen Mundwinkeln lauerte, ermutigte Isaak zu einer Frage: »Wirst du dem Frankenkönig ein solches Wunderwerk erbauen?«

Der Fernhändler rechnete nicht mit einer Antwort. Er war ein halbes Menschenalter lang durch die Welt gezogen, aber noch nie zuvor in derart maulfauler Begleitung. Yussuf hatte in den vergangenen beiden Monaten nur das Notwendigste gesprochen, dabei aber niemals etwas über sich oder seinen seltsamen Sohn verlauten lassen, und der wiederum machte den Mund nur zum Essen auf.

Der Knabe sei ein Jahr zuvor verstummt, hatte Dunja, die bulgarische Haussklavin des Baumeisters, Isaak vor der Abreise zugeraunt. Ezras Stimme sei nicht wie bei anderen Knaben seines Alters gebrochen, sondern von einer zur anderen Stunde gänzlich zerbrochen. Laute könne er zwar ausstoßen, diese aber nicht mehr zu Worten formen. Er verständige sich durch Zeichen und Zeichnungen Letztere fertige er äußerst kunstvoll für den Vater an, dessen rechte Hand er sei. Dunja hatte bedeutungsvoll zu Yussufs verkrüppeltem Arm hin genickt. Mehr erfuhr Isaak nicht, denn im weiteren Verlauf der Reise gab sich auch die Sklavin jenem Schweigen hin, das den Haushalt des Baumeisters zu kennzeichnen schien.

Der sprach jetzt. Fünf Worte, die Isaak wie ein Peitschenschlag trafen: »Hier trennen sich unsere Wege.«

Isaak hob entgeistert die Arme.

»Was meinst du damit? Sollen wir hier überwintern? Aber dann erreichen wir Aachen zu spät «

Mit schiefem Mundwinkel und einem Kopfschütteln gab ihm Yussuf zu verstehen, dass er keinesfalls die Absicht habe, die Reise irgendwann fortzusetzen, da er an seinem Ziel angekommen sei. Er ließ den vor Entsetzen jetzt selbst sprachlosen Juden stehen und begann mit den üblichen Vorkehrungen, um von Bord zu gehen.

Isaak hatte sich geirrt. Nicht der Anblick der Hagia Sophia hatte dem spröden Baumeister ein Lächeln ins zerfurchte Gesicht gezaubert, sondern die Aussicht auf Erfüllung eines lange gehegten Traumes. Dabei hätte ihm niemand ansehen können, wie aufgeregt er war, wie heftig sein Herz pochte. Gleich würde er Konstantinopel wieder betreten, die Stadt, die er zwanzig Jahre zuvor Hals über Kopf hatte verlassen müssen. Schwer an Körper und Seele verletzt, war er damals als junger Mann geflüchtet, nur knapp den Rachesuchenden entkommen.

Wie so viele Oströmer hatte Iosefos, der Sohn des Iacobos, in Bagdad ein neues Leben begonnen als Yussuf ibn Yakub. Der Ruf seines Lehrers, dessen Tod ihm in Konstantinopel angelastet wurde, hatte ihm in der aufstrebenden kreisrunden Hauptstadt des Abbasidenreiches schnell ein gutes Auskommen verschafft. Haruns Großvater hatte Bagdad zwar erst zwölf Jahre zuvor gegründet, aber schon damals war abzusehen, dass es Konstantinopel den Rang als bedeutendste Stadt der bekannten Welt ablaufen würde. Inzwischen wohnten in Bagdad fast zwei Millionen Menschen; das kränkelnde Konstantinopel brachte es nicht einmal mehr auf fünfzigtausend.

Mit seiner Rückkehr ging Iosefos ein sehr hohes Risiko ein. Sollte ihn jemand erkennen, könnte er immer noch von den Söhnen seines Lehrers verfolgt und ermordet werden. Er fürchtete sich nicht vor dem Sterben, würde es vielleicht sogar begrüßen, in der Heimaterde begraben zu werden, aber er hatte Angst um sein einziges Kind, das nach seinem Tod auf sich selbst gestellt sein würde. Auch wenn ihm das als das kleinere Übel erschien im Vergleich zu der besonderen Bedrohung, der dieses vierzehnjährige mutterlose Geschöpf in Bagdad ausgesetzt gewesen war. Als Dunja dem Baumeister im Sommer Gerüchte zugetragen hatte, die der Wahrheit gefährlich nahe gekommen waren, sah er hohe Zeit gekommen, mit dem Knaben sein Exil zu verlassen.

Nach der Fertigstellung des Palasts von Raqqa hatte er also um seinen Abschied bitten wollen. Doch dann war er plötzlich zum Kalifen gerufen worden. Inständig hatte er den Allmächtigen Aller angefleht, keinen neuen Bauauftrag annehmen zu müssen. Harun beschäftigte überall seine Späher und hätte ihn nie ziehen lassen, wenn er seine Dienste weiterhin benötigt hätte.

Der Kalif jedoch sprach nicht von Diensten, sondern von einer Vision. Er habe die Absicht, sagte er, dem christlichen Herrscher im fernen Norden ein Gotteshaus zu schenken, an dem Allah selbst dereinst seine Freude haben könnte, wenn der einzig wahre Glaube auch dieses Land erobert habe. Er stelle sich vor, wie glücklich es den König einer augenscheinlich recht barbarischen Architektur machen könnte, unter einer Kuppel zu beten, die weder den Vergleich mit oströmischen Bauten noch mit dem Tempel von Jerusalem zu scheuen brauche. Der Orient wünsche diesem freundlichen Teil des Okzidents ein Geschenk zu machen, das jedoch als solches weder offiziell anerkannt noch erwidert werden dürfe. Für die Diplomatie dieser zugegebenermaßen pikanten Angelegenheit sei der weit gereiste Isaak zuständig, für die Ausführung der unübertreffliche Baumeister Yussuf ibn Yakub. Letzterer solle König Karl die Zeichnung eines erhabenen Kuppelbaus mit hohen Fenstern und schön ausgearbeiteten Galerien vorlegen Harun deutete nachlässig nach oben und ihm darlegen, wie man diesen in die bereits fertige Pfalzanlage harmonisch einfügen könne. Angesichts eines solchen Prachtbaus und der entfallenden Kosten für den Baumeister würde der Frankenkönig alle gierigen Antragsteller gröberer fränkischer Fertigung fortschicken.

Der Mann, der sich in Bagdad Yussuf nannte, wartete fassungslos, bis ihm der Kalif das Wort erteilte.

»Beherrscher der Gläubigen«, begann er. »Großzügigkeit ist eine Fürstin unter den edlen Eigenschaften. Doch was soll ich sagen, wenn man mich fragt, welch überaus weitherziger Wohltäter mich entsandt hat?«

»Ein frommer Freund aus feindloser Ferne«, antwortete Harun. Er lachte wie ein Kind, dem ein Streich gelungen war. »So wie man die Strahlen der Sonne nicht zudecken kann, so kann man auch das Licht der Wahrheit nicht auslöschen. Lasse also den König das Rätsel deines Auftraggebers lösen, wenn der Bau fortgeschritten ist. Über den anschaulichen Beweis, welch zuverlässiger Freund der Feind seiner Feinde in Ostrom und Spanien doch ist, wird er sich freuen. Und binnen weniger Jahre mit einer offiziellen Gesandtschaft nach Bagdad unsere Freundschaft sicherlich vertiefen wollen.«

Yussuf solle sich in Aachen als jener Oströmer ausgeben, der er früher gewesen sei.

»Nimm deinen alten Namen wieder an, nenne den deines Lehrers Markarios. Dessen Ruhm wird auch bis ins Frankenland gedrungen sein schließlich war er der Erste, der sich seit Kaiser Justinians Zeiten in Konstantinopel wieder an die Aufgabe gewagt hat, eine Kuppel zu wölben.« Harun machte eine bedeutungsvolle Pause und verzog das Gesicht zu einem gekünstelten Bedauern. »Wie unselig für das stolze Ostrom, dass ausgerechnet dieses unvollendete Bauwerk dem armen Markarios zum Verhängnis geworden ist!«, setzte er schließlich hinzu. »Aber umso erfreulicher für uns. Hättest du deinem Meister nicht zur ewigen Seligkeit verholfen, wärst du in deiner Heimat zu Ruhm gekommen und hättest den Bau von tausend Kuppeln in meinem Land nie überwachen können. Und jetzt wirst du mit einer weiteren den hohen Norden und dessen König glücklich machen.«

In die Augen des Baumeisters trat ein Leuchten.

»Es freut mich, dass dir mein Plan behagt«, stellte Harun al Raschid fest. Er beauftragte den Kämmerer, den beiden Reisenden ein Vermögen und zwei wohlerprobte starke Leibwächter mitzugeben.

Hätte der von seiner plötzlichen Idee so begeisterte Abbasidenherrscher die Kunst des Gedankenlesens beherrscht, wäre Yussuf auf der Stelle des Todes gewesen. In ihm keimte nämlich ein anderer Gedanke als der, den König des christlichen Westens mit einer Kuppel zu beglücken. Vom Kalifen höchstselbst mit reichlich Mitteln ausgestattet, gedachte er, die Reise in seiner alten Heimat Konstantinopel zu beenden und sich dort zur Ruhe zu setzen. Vor dem langen Arm des Kalifen fürchtete er sich nicht. Reisen, zumal in große Ferne, waren gefährlich. Es würden Jahre vergehen, ehe Harun erführe, dass sein alter Baumeister bedauerlicherweise schon unterwegs den Strapazen erlegen sei.

Isaak hatte sich überrumpeln lassen. Nachdem sie den Euphrat bis Raqqa hinaufgefahren und über...


Kempff, Martina
Martina Kempff ist Autorin, Übersetzerin und freie Journalistin. Sie war Redakteurin bei der Berliner Morgenpost, Reporterin bei Welt und Bunte, bis sie beschloss, Bücher zu schreiben. Besonders bekannt ist sie für ihre historischen Romane wie »Die Königsmacherin«, »Die Beutefrau« und »Die Welfenkaiserin«, die sich durch hervorragende Recherche und außergewöhnliche Heldinnen auszeichnen. Martina Kempff lebte lange in Griechenland, später in Amsterdam. Acht Jahre verbrachte sie in der Eifel, was sie zu einer einfallsreichen Krimiserie inspirierte. Heute lebt sie im Bergischen Land.



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