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E-Book, Deutsch, 312 Seiten

Kern Mit einem Bein bereits im Himmel

Phantomwahrnehmungen - auf den Spuren eines rätselhaften Phänomens

E-Book, Deutsch, 312 Seiten

ISBN: 978-3-456-96013-5
Verlag: Hogrefe AG
Format: PDF
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)



Etwa 50-80 % der Patienten mit Amputationen haben Empfindungen im Bereich der amputierten Gliedmaße. Die fehlende Gliedmaße kann das quälende Gefühl vermitteln, sie schmerze oder sei in einer verdrehten Position gefangen. Patienten haben mitunter das Gefühl, als spüren sie ein Jucken, Kribbeln und Zucken oder versuchen sogar, Dinge zu ergreifen oder aufzuheben. Einige Menschen mit Phantomgliedern meinen z.B. ihre fehlende Gliedmaße gestikuliere, während sie reden. Überraschend erfährt der Leser, dass Hände und Arme zwar ihre Repräsentationen im Kortex haben, diese Regionen aber nach Amputationen auch für das Gesicht tätig werden können. Aber was genau geht im Gehirn als Reaktion auf den plötzlichen Verlust sensorischer Informationen vor, und wie führen diese Veränderungen zu Phantomen? Der Autor hat als Schmerztherapeut jahrelang Patienten mit unterschiedlichen Phantomwahrnehmungen intensiv betreut und dabei z.T. bizarr anmutende aber auch berührende Empfindungen seiner Patienten festgehalten. Anhand echter Patientengeschichten führt er die Leser auch ohne medizinische Vorkenntnisse anschaulich und unterhaltsam in die faszinierende Welt neurophysiologischer Phantomphänomene und der Schmerzentstehung ein und gibt so spannende Einblicke in die Fähigkeiten des Gehirns zur Reorganisation und deren ungewöhnliche Auswirkungen auf den Patienten. Mit Experimenten zum Selberausprobieren erfahren wir auch, wie fragwürdig unser eigenes Bewusstsein und unser Körpergefühl reagiert.
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Zielgruppe


Orthopäden
Ärzte
Interessierte Laien


Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


1;Inhaltsverzeichnis, Dank, Geleitwort;7
2;Zur Entstehung dieses Buches;19
3;1 Eine geheimnisvolle Welt (Einleitung);25
4;2 Was Lord Nelson und Cole Porter gemeinsam haben (Historisches);31
4.1;2.1 Admiral Lord Horatio Nelson;31
4.2;2.2 Cole Porter;32
4.3;2.3 Phantome in der Geschichte;33
5;3 Die Vielseitigkeit des Nichts (Begriffe und Fakten);37
6;4 Bausteine des Ichs (Neuroanatomie, Sinne und Wahrnehmung);41
6.1;4.1 Das neuronale Stellwerk (Anatomie des Gehirns);42
6.1.1;4.1.1 Hirnareale;42
6.1.2;4.1.2 Homunkulus und Karten im Gehirn;43
6.1.3;4.1.3 Funktionelle Vernetzung;46
6.2;4.2 Sinnliches (Unsere Sinne);48
6.3;4.3 Berühr’ mich (Unser Tastsinn);49
6.4;4.4 Wenn Bilder streiten (Selbstbild, Spiegelbild und Körperbild);55
6.5;4.5 Tritt mir nicht zu nahe (Der peripersonale Raum);60
7;5 Ich fühle was, was Du nicht siehst (Phantomgefühle);65
7.1;5.1 Langfinger und kuriose Tischplatten (Körperliche Illusionen);67
7.1.1;5.1.1 Langfinger (Täuschung der Körperwahrnehmung);67
7.1.2;5.1.2 Ich sehe was, was ich nicht bin (Aspekte der Gummihand-Illusion);69
7.1.3;5.1.3 Da ist doch jemand! (Das Gefühl einer Gegenwart);71
7.1.4;5.1.4 Verzerrungen (Täuschungen der Körperform);72
7.2;5.2 Loslassen ist nichts fürs Gehirn (Das somatosensorische Gedächtnis);74
7.2.1;5.2.1 Präamputationserinnerungen;74
7.2.2;5.2.2 Normalität der Phantome;80
7.3;5.3 Kindsbewegungen im Bein (Teleskoping);82
7.4;5.4 Ein Phantom wird krank (Krankheitssymptome im Phantomraum);88
7.5;5.5 Sand zwischen den Zehen (Phantomsensationen);93
7.6;5.6 Ich sehe das, was du jetzt fühlst (Bildgebung von Gefühlen);95
8;6 Eine Phantomhand greift zu (Phantombewegungen);99
8.1;6.1 Phantomfinger rechnen und spielen Klavier;101
8.2;6.2 Wachsende Phantomnägel und geheime Beweglichkeiten;103
8.3;6.3 Hinter den Kulissen unserer Bewegungen (Hirnfunktionen bei Bewegung);106
9;7 Schmerzen aus dem Nichts (Phantomschmerzen);111
9.1;7.1 Schmerz lass nach (Grundlagen der Schmerzwahrnehmung);113
9.1.1;7.1.1 Schmerzarten und Schmerzgedächtnis;113
9.1.2;7.1.2 Schmerzempfindung und Schmerzunterdrückung;114
9.2;7.2 Ein Schmerz auf Reisen (Die Schmerzleitung);117
9.2.1;7.2.1 Der Weg zur Großhirnrinde;117
9.2.2;7.2.2 Bewertung der Schmerzen;117
9.2.3;7.2.3 Bedeutung der Inselrinde;119
9.2.4;7.2.4 Einordnung von Phantomschmerzen;120
9.2.5;7.2.5 Übertragene Schmerzen;120
9.3;7.3 Sei doch nicht so empfindlich (Zentrale Sensibilisierung);122
9.4;7.4 Die Zehen im Schraubstock (Phantomschmerz-Modelle);125
9.4.1;7.4.1 Panta rhei – alles fließt (Neuroplastizität);127
9.4.2;7.4.2 Nachbarschaftshilfe im Gehirn (Grundlagen kortikaler Reorganisation);131
9.4.3;7.4.3 Rasieren hilft bei Handschmerzen (Kortikale Reorganisation von Gesicht zu Hand);134
9.4.4;7.4.4 Phantome hassen den Toilettengang (Kortikale Reorganisation von Becken zu Bein);138
9.5;7.5 Ich bin doch nicht verrückt (Die Bedeutung der Psyche);142
9.6;7.6 Brauchen Phantome ein Gehirn? (Körperliche Phantomschmerz-Auslösung);145
9.7;7.7 Fliegende Beine und Zehen im Oberschenkel (Der Amputationsstumpf);146
9.7.1;7.7.1 Frau Nutal hilft der US Army;148
9.7.2;7.7.2 Ein Bein schlägt aus;149
9.8;7.8 Die Sache mit dem Holzbein (Zur Bedeutung der Prothesen);150
10;8 Kopfhand und Schneearm (Phantome ohne Extremitäten-Amputation);155
10.1;8.1 Eine Kopfhand vor dem Bauch (Zusätzliche Phantomglieder);160
10.1.1;8.1.1 Die Welt der Devi Durga;163
10.1.2;8.1.2 Das sichtbare Phantom;166
10.1.3;8.1.3 Das ungehorsame Phantom;171
10.1.4;8.1.4 Sechs Arme, ein Nasen-Phantom und ständiger Druck auf der Brust;173
10.2;8.2 Der ungeliebte Körper (Das BIID-Syndrom);175
10.3;8.3 Wenn dem Gehirn langweilig wird (Phantome unserer Sinne);180
10.3.1;8.3.1 Phantome aus dem Dunkeln (Visuelle Phantomwahrnehmungen);181
10.3.2;8.3.2 Der kleine Mann im Ohr (Akustische Phantomwahrnehmungen);183
10.3.3;8.3.3 Ein Phantom, das pfeift (Phantomgeräusch Tinnitus);185
10.3.4;8.3.4 Mir stinkt’s (Phantomgerüche);186
10.3.5;8.3.5 Dauersegler (Phantom-Gleichgewichtsstörungen);188
10.3.6;8.3.6 Ich glaub‘, mich tritt ein Baby (Phantomhafte Schwangerschaften und Kindsbewegungen);188
10.4;8.4 Einfach entrückt (Out-of-Body-Experience);191
10.5;8.5 Warum Betäubungen Gefühle erzeugen (Phantome durch Anästhesien);197
10.6;8.6 Das Phantom in meinem Bett (Das Anton-Babinski-Syndrom);201
10.7;8.7 Kein Schwein ruft mich an (Das Phantom-Vibrations-Syndrom);203
11;9 Regt sich ein Phantom bei Gewitter auf? (Einflussnahme auf Phantome);205
11.1;9.1 Schwerelose Phantome (Phantomgefühl und Vestibularapparat);206
11.2;9.2 Pferdegalopp, Schlangen und Tierfell (Skurrile Einflussfaktoren);208
11.3;9.3 Darm ohne Charme (Phantomschmerz-Auslösung durch Erkrankungen);210
11.4;9.4 Streicheleinheiten fürs Phantom (Taktile Einflüsse);212
11.5;9.5 Unter Strom und vom Donner gerührt (Wetter und andere Außeneinflüsse);214
11.5.1;9.5.1 Übersinnliche Wahrnehmungen, Anziehungskräfte und Felder (Elektromagnetismus und das Magnetfeld der Erde);215
11.5.2;9.5.2 Morgen gibt’s Schnee (Wetterfühligkeit);217
11.5.3;9.5.3 Wenn kalte Füße nerven (Temperaturänderungen im Phantom);222
11.6;9.6 Der Kampf gegen Windmühlen (Phantomschmerz-Therapie);223
12;10 Sieh mal an, ein Schmerz in der Luft (Augen und Phantomwahrnehmungen);229
12.1;10.1 Streitgespräch von Augen und Gehirn (Schmerzlokalisation ohne Augen);232
12.2;10.2 Ein hilfsbereites Phantom springt ein (Visuelle Informationsergänzung);236
12.3;10.3 Ich spüre das, was Du gerade fühlst (Synästhesien);238
13;11 Mit einem Bein bereits im Himmel (Metaphysische und mystische Aspekte);241
13.1;11.1 Haben Phantome Schlafstörungen? (Das Phantom in Schlaf und Traum);244
13.2;11.2 Erwacht ein Hund, in dem ein Phantombein steckt? (Der Phantomraum);247
13.2.1;11.2.1 Bedeutung des Phantomraums;247
13.2.2;11.2.2 Das globale Modell des Körpers;249
13.2.3;11.2.3 Peripersonaler Raum und Phantomraum;250
13.2.4;11.2.4 Das Nichts im Phantomraum;250
13.2.5;11.2.5 Das Undenkbare denken;254
13.3;11.3 Gedanken eines Querdenkers (Forschungsideen zum Phantomraum);257
13.4;11.4 Ich habe mein Bein verloren (Phantomschmerz – ein Verlusterlebnis?);260
13.4.1;11.4.1 Besitz, Verlust und Glück;260
13.4.2;11.4.2 Verlust und Schmerz;262
14;12 Haben Phantome eine Zukunft? (Perspektiven);269
14.1;12.1 Körperliche Regeneration und Bioprinting;269
14.2;12.2 Neuronale Plastizität;271
14.3;12.3 Antikörper;272
14.4;12.4 Genetik;273
14.5;12.5 Virtuelle und erweiterte Realität;275
14.6;12.6 Eine abschließende „Fuß“-Note;279
15;Glossar;281
16;Über den Autor;288
17;Literatur;289
18;Stichwortverzeichnis;304
19;Personenverzeichnis;312
20;Videos;314


|17|Zur Entstehung dieses Buches
Ende der Achtzigerjahre begegnete ich während meiner Zeit als Assistenzarzt der Unfallchirurgie erstmals amputierten Patienten. Ich lernte die chirurgische Sicht auf dieses Problem kennen, interessierte mich für Sportmedizin und Chirotherapie und begann, mich besonders mit Schmerzen zu befassen. Aber ich erinnere mich nicht, dass mir damals Phantome begegnet wären. Später, in der Ausbildung zum Facharzt für Anästhesie, begann ich mit Freunden, das Fach Schmerzmedizin im Krankenhaus zu etablieren, was damals recht schwierig war. Erst 1996 hatte der Deutsche Ärztetag eine Zusatzbezeichnung in Schmerztherapie beschlossen und der Widerstand der Kollegen begann zu bröckeln. Erst Jahre später, mittlerweile Oberarzt, konnte ich zum Ausbau einer Schmerzambulanz, einer Schmerztagesklinik und einer Bettenstation in unserem großen Krankenhaus beitragen. Und nun begegneten mir auch vermehrt Patienten mit Phantomschmerzen. Dass dies allerdings dazu beitragen sollte, dass ich, nun schon im fortgeschrittenen Alter, plötzlich Studien durchführen und Publikationen schreiben würde und ein Jahrzehnt später dann aus meiner Praxis heraus sogar meine Habilitation zum Hochschullehrer mit diesem Thema erlangen würde, ahnte ich damals freilich nicht. Gezündet wurde diese Entwicklung durch ein einziges Ereignis an einem heißen Sommertag im Jahr 2002. Das Wartezimmer der Schmerzambulanz war voll, als meine Tür aufging und die Ambulanzschwester mich bat, dringend ins Wartezimmer zu kommen. Dort fand ich einen 70-jährigen Patienten mit schmerzverzerrtem Gesicht. Herr Mitsch (alle Patientennamen im Buch sind geändert), ein freundlicher und bescheidener Ruheständler, der vor Jahren sein Bein wegen Arterienverkalkungen |18|verloren hatte, erlebte eine fürchterliche Schmerzattacke in seinem gar nicht mehr vorhandenen Fuß. Das Bild, das sich mir bot, habe ich noch klar vor Augen. Mit hochrotem Kopf, nass geschwitzt und den Oberschenkelstumpf fest mit den Händen pressend, saß er kaum ansprechbar dort und schrie vor Schmerzen. Die Attacke war nur kurz, zu kurz für ärztliche Gegenmaßnahmen. Nach gemeinsamer Hilflosigkeit angesichts dieser eindrucksvollen Situation erzählte mir der tapfere Mann, dass ihn solche Attacken täglich begleiteten und, wären sie nicht so kurz, ihn schon längst dazu gebracht hätten, sich das Leben zu nehmen. Alle erdenklichen medizinischen Maßnahmen waren zur Behandlung erfolgt, nichts hatte sein Leiden befriedigend lindern können. Seine Krankenakte las sich wie ein Lehrbuch der Schmerztherapie, viele ebenfalls erfolglose alternative Therapieversuche eingeschlossen. Später, nachdem ich irgendwann eine Injektion in seinen Amputationsstumpf vorgenommen hatte, berichtete mir genau dieser Patient etwas ausgesprochen Verwunderliches: „Wissen Sie, was komisch ist, Herr Doktor?“ sagte er, „ich hatte ja jeden Morgen und jeden Abend meine beiden Füße regelmäßig bewegt, so eine Art Gymnastik!“ (Er konnte also auch seinen amputierten Fuß willentlich und vollständig bewegen!) „Aber nur wenige Tage nach der Spritze konnte ich das einfach nicht mehr“. Eine ärztliche Maßnahme am peripheren Körper hatte sozusagen absichtslos in das Bewegungsprogramm seines Gehirns eingegriffen und ein vorher mental problemlos bewegliches Phantom zum Schweigen gebracht?! Ich war verblüfft, ich war ratlos. Am Abend, über den Tag nachdenkend, wich meine Betroffenheit über das Schicksal des Mannes nach und nach einer Faszination für Phantomphänomene, die bis heute anhalten sollte. Eine Reise in eine Welt voller Merkwürdigkeiten, voller scheinbar autonomer Phantome, skurriler Darstellungen und kaum glaubhafter klinischer Beobachtungen begann. In eine Welt voller Neugier auf die Literatur, die es hierzu wohl geben würde, eine Welt der Begeisterung für die Neurowissenschaften und unser Gehirn. Ein Gehirn, welches ich bis dahin als Anästhesist immer nur zu betäuben hatte. Herr Mitsch, quasi zufälliger Geburtshelfer meines nicht enden wollenden Staunens über Phantome, besuchte mich noch oft in der Schmerzambulanz und teilte mit mir noch viele seiner Erlebnisse: von seiner Amputation, den Nachamputationen wegen Wundheilungsstörungen |19|und seiner Verzweiflung, nicht mehr gut laufen zu können. Aber er schilderte mir auch, wie interessiert er sich mit seinem Phantom, diesem Nebelgefühl, auseinandersetzte. Für ihn war es nach einiger Zeit selbstverständlich, die Zehen und Füße zeitgleich bewegen zu können. An beiden Beinen – dem vorhandenen und dem nicht mehr vorhandenen! Er machte mir klar, dass sein Bein für ihn genauso da sei, wie meines für mich. Es hatte sich trotz der Amputation für ihn nichts geändert. Sein Bein war noch da. So sehr, dass er einmal beim Aufstehen aus seinem Fernsehsessel völlig vergaß, dass er keine Prothese anhatte und hinfiel. So sehr, dass er nachts mit einem kalten Phantomfuß erwachte und immer, wenn dies der Fall war, bemerkte, dass ihm die Decke verrutscht war. Und so sehr, dass sein Phantom beim Laufen irgendwann mit der Prothese komplett „verschmolz“. Aber genauso intensiv, wie er die Körperform und Beweglichkeit spürte, kamen auch die Schmerzattacken. Attacken, die er auf einer Schmerzskala zwischen 0 (kein Schmerz) und 10 (stärkster vorstellbarer Schmerz), ohne mit der Wimper zu zucken, sofort auf 10 einstufte. Schmerzen, „als wenn mir jemand von unten bis oben ein Messer durch die Wade zieht, den Unterschenkel komplett um die eigene Achse dreht oder den Fuß in siedendes Wasser stellt“. Schmerzen, die sein Herz rasen ließen und zu Schweißausbrüchen und Schreien führten. Aber immer nur kurz. Manchmal für Sekunden, manchmal für einige Minuten. Er hatte gelernt, damit umzugehen. Er hatte gelernt, sich zurückzuziehen, da niemand diese Art Schmerzen verstand, hatte gelernt, in seiner engsten Umgebung eine Pause einzufordern, wenn er sie brauchte. Und er hatte gelernt, viel zu schlafen. Schlafen wegen der schmerzbedingten Erschöpfung, schlafen wegen der ständig unterbrochenen Nächte und schlafen wegen der müde machenden Wirkung der nur begrenzt wirksamen Medikamente. Von ihm habe ich viel gelernt und lehrreiche Mitteilungen, wie seine es waren, sollen das Herzstück dieses Buchs sein. Keineswegs alle Phantome tun aber weh. Es begegneten mir in der Praxis später auch eine Frau, die drei Arme zu haben schien, ein Armamputierter, der seine „Geister-Faust“ nicht mehr aufmachen konnte und eine ältere Dame, die entsetzt nach sechzehn Jahren erst feststellte, dass sie ihre amputierten Zehen bewegen könne. Als ich dann noch las, dass eine Frau ihr Phantom sogar sehen konnte und dabei ihr Sehzentrum im Gehirn tatsächlich aktiv war und es ein Mädchen gab, welches, ohne Hände geboren, ihre Rechenaufgaben in der Grundschule dennoch |20|immer an den mentalen Fingern abzählte, stand mein Entschluss fest: Ich würde solche Fälle beobachten, sammeln und irgendwann ein Buch dazu schreiben. Wir alle stehen staunend vor solchen Geschichten und ich möchte versuchen, deren Hintergründe zu erläutern. Hierzu werde ich mich, beabsichtigt wie zwangsläufig, immer wieder zwischen persönlichen Erlebnissen, Fallbeispielen und wissenschaftlichen Erläuterungen hin- und herbewegen. Im 19. Jahrhundert noch waren Berichte dieser Art für die Medizin essenziell. Viele klinische Fortschritte ergaben sich nur durch die Bemühungen Einzelner, Symptome und Syndrome exakt zu beobachten und zu beschreiben. In der heutigen Zeit ist es erheblich schwieriger, als Arzt eine Schilderung und Beobachtung „einfach so stehen zu lassen“, ohne dass Patienten oder Kollegen sogleich auch eine wissenschaftliche Begründung dafür einfordern. Bleibt diese dann aber zunächst aus, folgt schnell die ungeduldige wie ratlose, aber falsche Schlussfolgerung: „Das kann nicht sein, denn es ist ja nicht zu erklären“. Eine innere Stimme, unser Kausalitätsbedürfnis, verlangt von uns, die beobachteten Vorgänge körperlich, physiologisch oder psychologisch exakt zu erklären. Manchmal sind jedoch gerade Fallbeispiele, Beobachtungen und Überraschungen intuitiv ausgesprochen wertvoll. Sie rufen nämlich bei guten theoretischen Kenntnissen schnell Assoziationen hervor, welche einer Beobachtung dann weit mehr Bedeutung geben als deren alleinige Beschreibung. So will dieses Buch auch theoretische Grundlagen vermitteln, welche beim Leser, neben erstauntem Kennenlernen, vielleicht Interesse wecken und tatsächliches oder intuitives...


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