Kerssenbrock / Salcher / Gracht | Herausforderung Energie | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 240 Seiten

Kerssenbrock / Salcher / Gracht Herausforderung Energie

Der Energieführerschein für die Entscheider von Morgen

E-Book, Deutsch, 240 Seiten

ISBN: 978-3-86414-749-4
Verlag: REDLINE
Format: EPUB
Kopierschutz: Kein



Damit Wirtschaft und Gesellschaft zukunftsfähig bleiben, muss die entscheidende Frage schleunigst geklärt werden: Wie sieht die Energieversorgung von morgen aus? Welche Maßnahmen müssen Unternehmen und Gemeinden schon heute ergreifen? Aktuelle Entwicklungen wie Trassenkonflikte, der Ausstieg aus der Kernenergie oder wachsender Bedarf zeigen: Zur Lösung dieser strategischen Herausforderungen müssen Entscheider aus Wirtschaft, Politik, Kommunen, Verbänden, aber auch aus Bürger- und Verbraucherkreisen ganz besondere Kompetenzen und Fähigkeiten entwickeln.

Dass da noch viele im »Blindflug« unterwegs sind, ist nicht deren Schuld: Für das Auto muss jeder einen Führerschein haben - aber für die wichtigste strategische Zukunftsfrage gibt es keine Anleitung? Es liegt auf der Hand: Alle, vom Vorstandsvorsitzenden bis hinunter zum einfachen Stromkunden brauchen einen »Energieführerschein«.

Die Autoren zeigen daher nicht nur die möglichen Szenarien, deren Konsequenzen und die entscheidenden Faktoren für die Energieversorgung von morgen. Sie ermöglichen es den Lesern darüber hinaus, einen solchen »Führerschein« zu machen. Dieser versetzt in die Lage, zentrale Entwicklungen, Trends und Optionen der Energiezukunft zu erkennen und die entsprechenden Handlungsstrategien für den eigenen Bereich abzuleiten.
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Was man nicht sieht, kann man nicht managen
»Jede Generation braucht eine neue Revolution.« Thomas Jefferson, dritter US-Präsident Das richtige Instrument zur richtigen Zeit
Wenn man mit Entscheidungsträgern aus Wirtschaft und Politik über die Zukunft diskutiert, kommt irgendwann immer der Einwand mit der Unsichtbarkeit: Die Zukunft kann niemand sehen. Wie soll man etwas managen, das man nicht sehen kann? Zwar hat die Zukunft noch keine(r) von uns gesehen – außer vielleicht Nostradamus. Aber genau deshalb setzen Entscheider viele Instrumente ein, um die Zukunft sichtbar zu machen: Prognosen zum Beispiel. Auch eine Trend­extrapolation hat jeder schon einmal betrieben, der ein Jahresbudget oder die Vertriebsprognose fürs nächste Quartal erstellt hat. In die Zukunft hat jeder schon geschaut, der seinen Urlaubskoffer gepackt hat: Wie wird das Wetter? Lieber auf Nummer sicher gehen und noch den warmen Pulli einpacken. Sie finden, das seien sehr hemdsärmelige Methoden der Vorausschau? Sie würden sich wundern. Vielmehr: Sie wundern sich sicher nicht. Denn Sie wissen nur zu gut, wie die Praxis aussieht. Immer wieder bestätigen uns Entscheidungsträger, dass sie zum Beispiel die Trendextrapolation nicht gerade für die modernste und zuverlässigste Methode halten. Aber immerhin gebe sie eine erste Orientierung und sei schnell und kostengünstig. Ist sie das? Genau da liegt das Problem. Sie ist es nicht, zumindest nicht immer. In Zeiten mit relativ stabilem Umfeld kann man einen Trend linear extrapolieren und erhält einen relativ zuverlässigen Blick in die Zukunft. Denn das Strickmuster der Zukunft in stabilem Umfeld lautet: mehr desselben, alles beim Alten, Zeitstabilitätshypothese. Erkennen Sie den logischen Fehler? Auf der einen Seite wissen wir, dass wir in dynaxen Zeiten leben, also in Zeiten, die zugleich sehr dynamisch und hoch komplex sind. Manche sprechen auch von der VUCA-Ära – einem Zeitalter aus Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität. Und andererseits verwenden wir Methoden der Vorausschau, die nur in einem stabilen Umfeld funktionieren? Methoden wie die Trendextrapolation funktionieren in stürmischen Zeiten nicht. Denn in stürmischen Zeiten regiert nicht der Trend, sondern der Strukturbruch, die strategische Überraschung, die Wild Card (dazu später mehr). Was heißt das? Richtiges Instrument, richtige Zukunft
Die Zeiten haben sich geändert, aber viele verlassen sich noch zu sehr und einzig und allein auf die alten Instrumente. Der Einsatz ungeeigneter Instrumente der Zukunftsforschung führt in der Regel nicht zur Erkenntnis ihrer fehlenden Eignung, sondern zu einer Scheinsicherheit, die Fehlentscheidungen nach sich zieht. Anders ausgedrückt: Das Instrument determiniert das Ergebnis. Mit einem Hammer kann ich keine Zündkerze aus dem Motorblock drehen. Versteht man diesen Zusammenhang, versteht man auch die herrschenden Zustände im Energiesektor und in vielen anderen Branchen besser. Wohlgemerkt: Instrumente wie die Trendextrapolation sind nicht per se ungeeignet. Sie liefern auch jenseits ihrer eigentlichen Validitätsgrenze verlässliche Aussagen – insbesondere wenn sie mit anderen Instrumenten kombiniert werden. Zum Beispiel mit einigen flotten Szenarien und bedrohlichen plus chancenträchtigen Wild Cards. Kombination von Zukunftsinstrumenten? Das macht in der Praxis manchmal Probleme: Wie und womit kombinieren? Genau diese Frage beantworten die folgenden Seiten. Wer die Antworten kennt, hat seinen Zukunftsführerschein in der Tasche. Kapitel für Kapitel durchlaufen Sie einen kompletten Prozess der Strategischen Vorausschau, den Sie in Ihrer Organisation implementieren können – mit hohem Praxistransfer. Was Sie bei Ihrer Reise durch die Strategische Vorausschau kennenlernen, ist kein formalbarockes Konzept, sondern pragmatische und praxisgeprüfte Anwendung. Das sieht nicht nur gut aus, das wird auch so von den Organisationen der Best Practice angewandt. Sowohl bei der Implementierung als auch bei der Durchführung eines täglichen Vorausschauprozesses. Wer die richtigen Instrumente einsetzt und kombiniert, bekommt die richtige Zukunft. Dieser Zusammenhang ist so simpel, dass er in der Praxis oft missverstanden wird. Viele Manager und Politiker, aber auch »ganz normale Menschen«, schauen mit den falschen Instrumenten in die Zukunft, weil sie Illusionen erliegen. Diskutieren und zerstören wir die gefährlichsten Illusionen. Nicht nur hier. In den folgenden Kapiteln werden wir uns immer wieder mit solchen Illusionen beschäftigen, weil sie einer der Erzfeinde des Zukunftsmanagements sind (wissenschaftlich wird so eine Illusion auch Bias genannt). Die Pedigree-Illusion
Mercedesfahrer unterscheiden sich von Käfer-Liebhabern. Das ist weniger antagonistisch als typisch: Mitglieder von Gruppierungen erleben ein Zusammengehörigkeitsgefühl – das ist der Reiz von Gruppen, Teams, Abteilungen, Ressorts, Branchen, Unternehmen. Es ist nicht unbedingt so, dass sich Mitglieder der »In«-Group für etwas Besonderes halten. Doch dieser elitären Versuchung zu widerstehen, fällt dem Ungeschulten umso schwerer, je erlesener der eigene Stammbaum, die Ahnentafel (Englisch: pedigree) ist.2 Auch wenn man sich nicht wirklich für etwas Besonderes hält, konzentriert man sich doch meist unbewusst auf Aktivitäten und Erkenntnisse aus der eigenen Gruppe. Im Informationsfluss von und zu anderen Gruppierungen klaffen zwangsläufig »Löcher«. Strukturelle Löcher, wie es im Sprachgebrauch der Erforschung der Pedigree-Illusion heißt. Erkenntnisse werden automatisch und unreflektiert abgewertet, bloß weil sie aus einer anderen Gruppe kommen. Eigene Themen werden genauso unbewusst überbewertet. Nach und nach wird aus der Gruppe, der Branche, dem Unternehmen ein geschlossenes System, das im eigenen Saft zu schmoren beginnt. Ein gefährlicher Zustand, der glücklicherweise oft nicht lange anhält: Er führt zum unsanften Ende der eigenen Geschäftsmodelle. Im Gegensatz dazu hängt Erfolg davon ab, die strukturellen Löcher im Informationsfluss von und zur Gruppe zu stopfen, das System offener zu machen, reflexartige Abwertungen zu erkennen und zu vermeiden und »sich selbst nicht so wichtig zu nehmen«, wie der Volksmund sagt, dem die Pedigree-Illusion seit frühesten Zeiten adliger und feudaler Gesellschaften bestens bekannt ist. Die Horizont-Illusion
Vor einiger Zeit führten wir eine Studie durch mit dem Titel »Energy – Quo vadis? 2035Plus: Szenarien für die Energiebranche von morgen«.3 Eine der ersten Reaktionen von Entscheidungsträgern darauf war, den Zeithorizont zu hinterfragen. Viele Praktiker fragten nach, was es bringen würde, so weit vorauszuschauen. Sie hätten lieber einen Zeitraum von fünf bis acht Jahren gewählt. Das ist interessant. Gibt man dieser Überlegung nach und führt eine Szenariostudie zu den Entwicklungen der nächsten fünf bis acht Jahre durch, stellt man regelmäßig und für alle Branchen fest: Die erarbeiteten Unterschiede zwischen Szenariowelt und Status quo sind oft mikroskopisch klein. Was viele erleichtert und erfreut (das ist der Sinn jeder Illusion): Die Zukunft scheint nicht so verschieden von der Gegenwart zu sein. Der Blick in die Zukunft ergibt nichts Revolutionäres. Legitime Schlussfolgerung: Alles beim Alten lassen! Diesem Fehlschluss erliegt man selbst und gerade dann, wenn bereits die Gegenwart von gravierenden Umwälzungen umgepflügt wird: Die kurzfristige Perspektive nivelliert die Zukunft auf den Status quo. Das kann fatal sein. Geht es um die Zukunft, ist nicht kognitive Myopie, sondern die Out-of-the-Box-Perspektive gefragt. Out of the box bedeutet: Über den Tellerrand hinausdenken, aus dem eigenen, meist unbewussten Gedankengefängnis ausbrechen, unkonventionelles, laterales Denken, Querdenken praktizieren und vor allem zulassen. »Wer out of the box denken will, muss zuerst die Box kennen.«4 Twyla Tharp Aus diesem Grund sollte man regelmäßig einen tiefen Blick in die weit entfernte Zukunft werfen. Wenn es dann um die Übertragung dieser langfristigen Erkenntnisse auf die eigene Organisation geht, ist wieder der kurzfristige Fokus angebracht, wichtig und zielführend. Es gibt also keine »bessere« Perspektive. Es gilt vielmehr: Ein Mensch mit Zukunftskompetenz kombiniert lang- und kurzfristige Perspektive: Wer mehr sieht, sieht besser. Zukunftskompetente Entscheider zeichnen sich dadurch aus, dass sie mit den unterschiedlichen Zeithorizonten virtuos zu spielen wissen und nicht lediglich fünf Jahre vorausschauen, wenn 20 Jahre und länger vorausgedacht werden sollte. Wobei diese Best Practice ungleich verteilt zu sein scheint. Aktuelle KPMG-Untersuchungen deuten darauf hin, dass vor allem die großen Ölkonzerne, Exploration und Mining Companies offensichtlich mit Szenarien arbeiten. Alle Wertschöpfungsstufen der Supply Chain, die sich weiter von der »Quelle« entfernt in Richtung »Senke« befinden, arbeiten dagegen weniger mit Szenarien und verwandten Instrumenten der strategischen Vorausschau. Das sind insbesondere Ingenieursbüros, Lieferanten, kommunale Energieversorger und andere. Man könnte dieses Phänomen auch als ein branchenspezifisches Supply-Chain-Paradoxon bezeichnen. Halten wir fest: Bei der Zukunftskompetenz kommt es nicht auf eine besonders weit- oder klarsichtige Perspektive, sondern auf eine integrierte Sicht aus...


Dr. Heiko von der Gracht ist Leiter des Thinktanks für Zukunftsmanagement des von KPMG geförderten Institute of Corporate Education e.V. (incore) und einer der führenden Experten für Zukunftsforschung in Deutschland. Im Redline Verlag ist von ihm bereits Survive erschienen.

Michael Salcher ist Wirtschaftsprüfer und Steuerberater und hat umfassende Erfahrung in der Energiewirtschaft. Seit 2000 ist er als Partner bei KPMG im Bereich Deal Services tätig. Außerdem leitet er das deutsche Energy-Natural Ressources-Netzwerk und das Globale Energy Institute Europe, Middle East & Africa (EMA) der KPMG.

Nikolaus Graf Kerssenbrock ist Energy Consulting-Leiter bei KPMG. Er berät seit über 20 Jahren Unternehmen und Institutionen aus infrastrukturintensiven Branchen. Darüber hinaus hat er sich auf die strategische Neuausrichtung sowie das Management von Veränderungen in komplexen Organisationen spezialisiert und verfügt über umfangreiche Erfahrungen in der Steuerung von Fusionen und Kooperationen.


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