E-Book, Deutsch, Band 5, 150 Seiten
Reihe: Die Miles Family Saga
Kingsley Gaining Miles
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-96797-021-0
Verlag: Aufbau Verlage GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Ben und Shannon
E-Book, Deutsch, Band 5, 150 Seiten
Reihe: Die Miles Family Saga
ISBN: 978-3-96797-021-0
Verlag: Aufbau Verlage GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Shannon glaubt nicht mehr an die Liebe. Zu groß ist die Enttäuschung über ihren Ex-Mann, der sie jahrelang betrogen und ihr Weingut und den gesamten Familienbesitz aufs Spiel gesetzt hat. Jetzt findet sie sich zu alt, um sich noch einmal zu verlieben und ihre Kinder Roland, Leo, Cooper und Brynn sind ihr großes Glück. Und das ist doch auch mehr als genug, oder?
Eine Frau zu lieben, die man nie lieben durfte, ist nicht einfach. Ben Gaines weiß das nur zu gut. Seit Jahren arbeitet er als Manager auf dem Weingut und musste tatenlos mit ansehen, was Shannon Miles alles unter ihrem Ehemann ertrug. Aber jetzt ist sie frei und nicht länger an jemanden gebunden, der untreu und kriminell war. Ben weiß: seine Zeit ist gekommen und auch wenn Shannon Miles nicht mehr an die Liebe glaubt, wird er um sie kämpfen. Und er ist bereit alles dafür zu riskieren ...
Claire Kingsley schreibt Liebesgeschichten mit starken, eigensinnigen Frauen, sexy Helden und großen Gefühlen. Ein Leben ohne Kaffee, E-Reader und neu erfundene Geschichten ist für sie nicht vorstellbar. Claire Kingsley lebt mit ihrer Familie im Pazifischen Nordwesten der USA.
Weitere Infos & Material
Kapitel Eins
Ben
Vor sechsundzwanzig Jahren
Das Kichern eines Kleinkinds war so weit draußen in den Weinbergen ein unerwartetes Geräusch. Ich war hergekommen, um zwischen den Weinstöcken spazieren zu gehen und in der duftenden Sommerluft die Einsamkeit zu genießen. Die anderen Arbeiter waren schon nach Hause gegangen, und keine Menschenseele war zu sehen. Wieso hörte ich dann auf einmal ein lachendes Kind?
Die Besitzer des Weinguts hatten Kinder, die ich jedoch noch nie aus der Nähe gesehen hatte. Ich hielt Distanz zur Familie, obwohl ich ebenfalls hier auf diesem wunderschönen Grundstück lebte. Aber ich war nicht hier, um andere Menschen kennenzulernen, sondern um zu verschwinden.
Außerdem musste ich ein bisschen Geld verdienen. Ein Mann brauchte schließlich was im Magen. Eine Stelle auf einem Weingut in einer winzigen Stadt in den Bergen war ebenso gut wie jede andere. Besser als die meisten sogar. Nicht viele Fragen. Harte Arbeit, doch davor hatte ich keine Angst. Und Platz. Sehr viel Platz. Perfekt für Tage wie den heutigen, wenn mich die Last auf meinen Schultern zu erdrücken drohte.
Dann ging ich spazieren.
Erneut hörte ich das Kind kichern. Ich blieb stehen, und eine Biene summte an meinem Ohr vorbei. Hatte ich mir das nur eingebildet? War ich verrückter, als ich angenommen hatte? Mir war, als hätte ich einen kleinen Jungen gehört.
»Mama?«
In der zarten Stimme schwang kein Zittern mit. Kein Hinweis darauf, dass er Angst hatte. Ich ging zwischen den Weinstöcken in die Richtung, aus der ich das Geräusch gehört hatte. Blätter raschelten. Dann ein leises Poltern.
Kaum war ich um die Ecke gebogen, sah ich, woher das Geräusch kam. Ein kleiner Junge saß splitternackt auf dem Boden. Er hatte feines hellbraunes Haar, Pausbacken und einen runden Bauch. Sobald er mich mit seinen großen blauen Augen – die den ganzen Himmel zu enthalten schienen – erblickt hatte, lächelte er. Grübchen zeichneten sich auf seinen Wangen ab, und er lachte los.
»Ich schmutzig«, verkündete er und streckte die Arme nach mir aus, damit ich es sehen konnte. Seine Hände waren in der Tat voller Erde.
»Das bist du allerdings. Was machst du denn hier draußen ganz allein, kleiner Mann?«
Er gab mir keine Antwort, sondern grinste mich bloß an.
»Wo ist deine Mommy?«, fragte ich ihn.
»Weiß nicht.« Er zuckte dramatisch mit den Achseln, reckte die schmutzigen Handflächen in die Luft und riss die blauen Augen auf.
Das musste eines der Miles-Kinder sein. Die Besitzer hatten mehrere Kinder, drei Jungs, wenn ich mich recht erinnerte. Dieser Junge hier musste etwa zwei Jahre alt sein.
Ich sah mich um und lauschte auf den Klang von Schritten. Seine Mutter musste ganz in der Nähe sein. Wir waren weit vom Hauptgelände und dem Haus, in dem die Miles-Familie wohnte, entfernt. Wie war dieser kleine Kerl hierhergekommen?
»Tschüss!«
Ich drehte gerade noch rechtzeitig den Kopf, um zu sehen, wie der nackte kleine Junge zwischen den Weinstöcken verschwand.
»Ach, verdammt.«
Schon rannte ich ihm hinterher. Er war nicht mein Kind – und allein sein Anblick riss Wunden auf, an die ich gar nicht denken mochte –, aber ich konnte ihn nicht einfach im Stich lassen. Da ich nicht durch die Lücke passte, durch die er geschlüpft war, rannte ich die Reihe entlang und um die Ecke. Er war nicht weit voraus, kam mit seinen pummeligen Beinchen aber schnell voran. Als er mich hörte, warf er einen Blick zurück, kreischte laut und rannte noch schneller.
»Du kleiner Rabauke!«
Mit einigen langen Schritten hatte ich ihn erreicht. Ich schnappte ihn mir und ignorierte seine durch die Luft wedelnden Arme und Beine. Er lachte sich kaputt, als würden wir ein großartiges Spiel spielen.
Sein Lachen war ansteckend. Wie lange war es her, dass ich das letzte Mal gelacht hatte? Ich konnte mich nicht mehr erinnern. Es rumpelte tief in meiner Brust, als müsste es erst die Spinnweben von meiner Seele wischen.
»Na gut, mein Kleiner. Dann suchen wir jetzt mal deine Mama.«
»Mama?«
»Ja, kleiner Mann. Wo ist sie?«
»Zu Hause«, antwortete er fröhlich.
Ich konnte mir nicht vorstellen, dass sie im weit entfernten Haus der Familie war, sah aber auch keine Anzeichen von ihr, als ich in Richtung Hauptgelände lief. Der kleine Junge zappelte, daher setzte ich ihn mir auf die Hüfte. Dabei schoss mir durch den Kopf, dass ich keine Ahnung hatte, ob der Kleine schon sauber war.
»Pinkel mich ja nicht an, okay, kleiner Mann?«
»Draußen«, sagte er. »Ich pinkle draußen.«
Er hörte sich an, als wäre er sehr stolz auf sich, und ich musste schon wieder lachen. »Schön für dich. Das ist eigentlich gar kein schlechter Ort dafür.«
Endlich ging der Weinberg ins Hauptgelände über. Einige Arbeiter waren auf dem Rückweg zu den Weinkellern, aber die Eltern des Jungen konnte ich nirgends sehen. Vermutlich war es am besten, wenn ich ihn nach Hause brachte. Mir blieb nur zu hoffen, dass seine Mom nicht in diesem Augenblick draußen auf dem Weinberg nach ihm suchte.
»Cooper?«, rief eine Frauenstimme irgendwo zu meiner Linken, in der leichte Panik mitschwang. »Cooper? Wo steckst du, Liebling? Cooper?«
»Bist du Cooper?«, fragte ich den Kleinen.
Er nickte. »Mama?«
»Ja, bringen wir dich zu deiner Mama.«
Ich eilte in die Richtung, aus der die Stimme gekommen war. Sie rief erneut, und ihr ängstlicher Unterton ließ mich schneller laufen.
»Ma’am«, schrie ich. »Ma’am, ich glaube, ich habe Ihren Sohn.«
Sie kam über einen Weg angelaufen mit Schweiß auf der Stirn und Sorge in den Augen. »Du liebe Güte, Cooper.«
Er streckte die Arme nach ihr aus und entwand sich förmlich meinen Armen. Sie griff nach ihm und nahm ihn geschickt entgegen.
»Du kannst nicht einfach so weglaufen, Cooper. Du musst bei Mommy bleiben.« Sie drückte ihn an sich und legte ihm eine Hand auf den Rücken.
»Ich schmutzig«, sagte er voller Stolz auf seine dreckigen Hände.
»Das sehe ich. Wo sind deine Kleider?«
»Weiß nicht. Nackt besser.«
Sie seufzte schwer und richtete den Blick gen Himmel, als wollte sie den lieben Gott um Beistand anflehen. »Ich weiß, dass du gern nackt bist. Aber du musst deine Sachen anbehalten, Liebling. Und vor allem musst du bei Mommy bleiben. Ich habe mir solche Sorgen gemacht.«
»Er mich gefunden.« Bei diesen Worten zeigte Cooper auf mich.
Seine Mutter sah mich an, und ihre Gesichtszüge wurden weicher. Sie war wunderschön und hatte langes dunkles Haar und klare blaue Augen. Ihr Anblick löste etwas in meiner Brust aus, was ich seit sehr langer Zeit nicht mehr gespürt hatte. Ich war mir nicht einmal mehr sicher gewesen, ob sich dort überhaupt noch ein Herz befand. Jetzt machte es sich jedoch deutlich bemerkbar und schlug so schnell, dass mir das Blut in den Adern dröhnte.
»Danke«, sagte sie. »Vielen Dank. Es tut mir wirklich leid, aber Cooper ist ein ziemlicher Schlingel. Ich habe ihm nur für eine Sekunde den Rücken zugedreht.«
»Kein Problem. Als ich ihn da draußen entdeckt habe, dachte ich mir schon, dass ein nackter Zweijähriger hier ganz in der Nähe wohnen muss.«
Sie nickte und rückte sich Cooper auf der Hüfte zurecht. »Ich bin Shannon. Shannon Miles. Meinen Sohn Cooper haben Sie ja schon kennengelernt.«
Ich nickte ihr zu und hätte auch meinen Hut gelupft, wenn ich denn einen aufgehabt hätte. »Benjamin Gates.« Normalerweise nannten mich alle Ben. Ich wusste selbst nicht, warum ich ihr meinen ganzen Namen nannte.
»Freut mich, Sie kennenzulernen, Benjamin. Möchten Sie nicht mit rüber zum Haus kommen? Ich habe Kekse gebacken.«
»Kekse?«, fragte Cooper und strahlte so breit, dass ich einfach nicht Nein sagen konnte – es schien nichts Besseres auf der Welt als Kekse zu geben, wenn man ihn so hörte.
Allerdings war es keine gute Idee, sich mit diesen Leuten anzufreunden. Ich würde ohnehin nicht lange hierbleiben. Eine Saison, vielleicht zwei, danach wollte ich weiterziehen. Ich musste immer weiterziehen. Anders ging es nicht.
»Nein, das ist …«
»Kekse«, erklärte Cooper und sah mir direkt in die Augen. Er klang auf einmal so ernst, als wäre in diesem einen Wort eine tiefere Bedeutung verborgen. Mir war, als hätte er gesagt: Du musst mit mir Kekse essen, Ben. Dein Leben hängt davon ab.
Ich starrte den kleinen Jungen in den Armen seiner Mutter an. Er beobachtete mich mit seinen blauen Augen, als wäre meine Antwort auf seine Bitte von immenser Wichtigkeit. Aus Gründen, die ich mir selbst nicht erklären konnte, wollte ich ihn nicht enttäuschen.
»Gern«, erwiderte ich und wandte den Blick von seinen hypnotisierenden Augen ab. »Ich hätte gern einen Keks.«
»Keks«, sagte Cooper zufrieden, als wäre die Sache damit besiegelt.
Ich folgte ihnen den kleinen Hügel hinunter, und die Rückseite ihres Hauses kam in Sicht. Es war ein wunderschönes Gebäude – jedenfalls von außen – mit einer Veranda, die einmal ums Haus herumführte, und einem Garten. Die beiden anderen Miles-Jungen spielten neben einem Hochbeet. Eigentlich spielte nur der jüngere. Der ältere sah seiner Mutter mit verschränkten Armen und gerunzelter Stirn entgegen. Er sah sehr ernst aus, dabei...