E-Book, Deutsch, Band 3, 136 Seiten
Reihe: Zeitschrift für agrar- und umweltpädagogische Forschung
Kirner / Stürmer / Hainfellner Zeitschrift für agrar- und umweltpädagogische Forschung 3
1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-7065-6166-2
Verlag: Studien Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Beiträge zur agrarischen Bildung und Beratung sowie zum digitalen und forschenden Lernen
E-Book, Deutsch, Band 3, 136 Seiten
Reihe: Zeitschrift für agrar- und umweltpädagogische Forschung
ISBN: 978-3-7065-6166-2
Verlag: Studien Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Bei der Zeitschrift für agrar- und umweltpädagogische Forschung handelt es sich um ein wissenschaftliches Periodikum, das sich der Vielfalt an Themen der Agrar- und Umweltpädagogik im Bereich der grundlagenorientierten, angewandten und berufsfeldbezogenen Bildungsforschung widmet. Die darin enthaltenen Beiträge verknüpfen Fachinhalte des Agrar- und Umweltbereichs mit Pädagogik und Beratung. Der vorliegende Band 3 enthält fünf Beiträge zum Schwerpunkt Bildung und Beratung in der Landwirtschaft: Diese betreffen Hinweise zur zielgruppenorientierten Weiterbildung und Beratung in der Schaf- und Ziegenhaltung einerseits und zur Milchviehhaltung andererseits, den erweiterten Familienbetrieb und seine Implikationen für die Landwirtschaftsberatung, die Entwicklung eines Gruppenberatungssettings für Frauen sowie Chancen und Herausforderungen der Erwachsenenbildung. Darüber hinaus widmet sich ein Beitrag den Anforderungen von Internetplattformen aus Sicht von Lehrpersonen und ein Beitrag thematisiert forschendes Lernen im Kontext von Schülerinnen- und Schülervorstellungen. Alle Beiträge durchlaufen einen double-blind Reviewprozess, der die wissenschaftliche Qualität der Zeitschrift sichert. Die Zeitschrift erscheint jährlich.
Autoren/Hrsg.
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Maria Wegerer und Leopold Kirner
Der erweiterte Familienbetrieb in Österreich: Chancen und Risiken beim Einsatz von entlohnten Arbeitskräften und Implikationen daraus für die agrarische Bildung und Beratung
Zusammenfassung Der Beitrag analysiert die Erfahrungen von oberösterreichischen Betriebsführerinnen und Betriebsführern, die mit entlohnten Arbeitskräften einen erweiterten Familienbetrieb führen. Zur Beantwortung der Forschungsfragen wurden acht problemzentrierte Interviews mit Landwirtinnen und Landwirten mit Nutztierhaltung durchgeführt. Aus den Ergebnissen ist ersichtlich, dass vor allem der Freiheitsgewinn und die damit einhergehende Steigerung der Lebensqualität von den Betriebsführerinnen und Betriebsführern positiv bewertet werden. Jedoch sind umfassende Kenntnisse und Qualifikationen für einen erfolgreichen Einsatz von entlohnten Arbeitskräften nötig. Kenntnisse über rechtliche und tarifliche Regelungen sind ebenso wichtig wie Kenntnisse über die Akquise von Personal. Darüber hinaus sind Fähigkeiten in Bezug auf die Mitarbeiterinnen- und Mitarbeiterführung wie Führungskompetenz, Empathie und Kommunikationskompetenz nötig. Weiters ist die Wirtschaftlichkeit des Einsatzes von entlohnten Arbeitskräften zu prüfen, um die Wettbewerbsfähigkeit des Betriebes längerfristig zu sichern. Da der Anteil an entlohnten Arbeitskräften in der österreichischen Landwirtschaft weiter steigen wird, sollten diese Kenntnisse, Fähigkeiten und Maßnahmen im Rahmen der agrarischen Aus- und Weiterbildung bzw. Beratung verstärkt vermittelt werden. Schlagworte: entlohnte Arbeitskräfte, erweiterter Familienbetrieb, Mitarbeiterinnen- und Mitarbeiterführung, Bildung, Beratung Abstract The article in hand analyses the experience of farmers in Upper Austria who manage an extended family farm with remunerated workers. To answer the research questions, eight focused interviews with livestock farmers where conducted. As a result, the biggest benefit according to the answers was the gain of individual freedom accompanied by a higher quality of life. However, comprehensive knowledge and skills are necessary for a successful implementation of remunerated workers in agriculture. Especially knowledge about legal and tariff provisions as well as skills to acquire employees. Leadership skills, empathy and the ability to communicate are also required. Additionally, farmers should evaluate the economic efficiency of the use of employees to ensure the competitiveness of the farm in the long term. As the share of paid labour in Austrian agriculture will continue to rise, all these knowledge, abilities and measures should be increasingly imparted within the framework of agricultural education, training and advisory services. Keywords: remunerated workers, extended family business, personnel management, training, advisory services 1. Einleitung
Der Strukturwandel in Österreichs Land- und Forstwirtschaft schreitet voran. Wie Daten der Statistik Austria belegen (siehe Grüner Bericht 2019, BMNT, 2019), hat sich die Anzahl der Erwerbstätigen in der Land- und Forstwirtschaft von 191.335 Vollzeitäquivalenten im Jahr 1998 auf 137.389 Vollzeitäquivalente 2018 verringert, was einem Rückgang von rund 28 % entspricht. Im gleichen Zeitraum stieg hingegen die Anzahl der entlohnten Arbeitskräfte auf Basis der Vollzeitäquivalente von 18.864 auf 25.882 (+37,2 %). Somit erhöhte sich der Anteil der entlohnten an den gesamten Arbeitskräften von 1998 bis 2018 von 9,9 % auf 18,8 %. Der erweiterte Familienbetrieb beginnt damit, sich auch in der noch immer kleinstrukturierten österreichischen Landwirtschaft zu etablieren. Laut Gindele (2016, S. 122) ist der erweiterte Familienbetrieb ein landwirtschaftlicher Betrieb, der sich im Zuge des Größenwachstums zunehmend vom reinen Familienbetrieb hin zu einem Unternehmen, vergleichbar mit kleinen und mittelständischen Unternehmen, entwickelt. Mit zunehmender Betriebsgröße steigt laut Gindele et al. (2015a, S. 15) auch der organisatorische Aufwand, wodurch wiederum die Betriebsleiterinnen und Betriebsleiter Zeitfenster zum Bewältigen dieses Aufwandes benötigen. Vor diesem Hintergrund analysiert der vorliegende Beitrag auf der Basis einer Masterthesis (Wegerer, 2020) die fördernden und hemmenden Faktoren für den Einsatz von entlohnten Arbeitskräften. Daraus sollen konkrete Hinweise für die Bildung und Beratung von erweiterten Familienbetrieben in Österreich abgeleitet werden. Konkret werden folgende Forschungsfragen untersucht: (i) Wie können Landwirtinnen und Landwirte den erstmaligen Einstieg von entlohnten Arbeitskräften bestmöglich gestalten? (ii) Welche Kompetenzen und Tätigkeiten braucht es von Landwirtinnen und Landwirte, damit sie die personalwirtschaftlichen Aufgaben optimal erledigen können? (iii) Wie kann sichergestellt werden, dass sich der Einsatz von entlohnten Arbeitskräften positiv auf die Wettbewerbsfähigkeit des Betriebes auswirkt? (iv) Welchen Beitrag leistet der Einsatz von entlohnten Arbeitskräften zur Verbesserung der Lebensqualität in den Betrieben? 2. Theoretischer Rahmen
Eine große Herausforderung für erweiterte Familienbetriebe stellt die Verfügbarkeit von geeigneten Arbeitskräften für die Landwirtschaft dar. Durch diverse Veränderungsprozesse wie demographischer Wandel, Urbanisierung, teilweise schlechtes Image der Landwirtschaft etc. und dem gleichzeitigen Anstieg des geforderten Qualifikationsniveaus in größeren landwirtschaftlichen Betrieben werden nach Ansicht von Gindele (2016, S. 125) die Fachkräfte knapper. Um qualifizierte entlohnte Arbeitskräfte gewinnen zu können, sehen Musshof, Tegmeier & Hirschauer (2013, S. 17) zwei Lösungsansätze, und zwar die Zahlung konkurrenzfähiger Löhne und Gehälter im Vergleich zu anderen Branchen und gute Arbeitsbedingungen. Heyder et al. (2009, S. 274f) betonen, dass die Attraktivität als Arbeitgeberin und Arbeitgeber gesteigert werden muss, um sich im Wettbewerb mit anderen Branchen am lokalen Arbeitsmarkt durchzusetzen. Weiters sehen Heyder et al. (2009, S. 281) zur Lösung des Fachkräfteproblems eine notwendige Mithilfe von Verbänden und Politik, um das gesellschaftliche Bild der Landwirtschaft zu verbessern. Bevor mit der Suche nach Personal begonnen wird, ist der Personalbedarf in quantitativer und qualitativer Hinsicht festzustellen (Doluschitz, 2001, S. 29). Betreffend fachliche Qualifikation beschreiben Gindele et al. (2015b, S. 291), dass diese mit zunehmender Betriebsgröße und ansteigendem Alter der Betriebsleiterinnen und Betriebsleiter wichtiger wird. Die Bindung der entlohnten Arbeitskräfte an den Betrieb soll nach Gindele et al. (2015b, S. 293) auf Grund des Fachkräftemangels aktiv forciert werden. Dazu soll ein attraktives und angenehmes Arbeitsumfeld geboten werden. Laut einer Befragung von Näther et al. (2013, S. 148) im Jahr 2012 zur Arbeitszufriedenheit unter familienfremden Arbeitskräften in Deutschlands Landwirtschaft zählten die Entlohnung, die Art der Tätigkeit, ein sicherer Arbeitsplatz und das Betriebsklima zu den wichtigsten Aspekten. Bei einer anderen Befragung im Jahr 2013 unter landwirtschaftlichen Betriebsleiterinnen und Betriebsleiter aus ganz Deutschland wurde unter anderem gefragt, welche immateriellen Anreize diese zur Arbeitsbindung bisher einsetzten. Von den ausgewerteten 294 Fragebögen gaben 90 % an, dass auf ihrem Betrieb ein gutes Arbeitsklima herrsche. Zur Steigerung der Mitarbeiterinnen- und Mitarbeitermotivation wurde ein moderner Maschinenpark angeboten (67 % Zustimmung) oder eine flexible und individuelle Arbeitszeitgestaltung ermöglicht (60 %). Weitere Nennungen waren mit 51 % Gratifikationen, mit 50 % Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten, bei 49 % Betriebsfeste und eher seltener Sozialleistungen (31 %), Job-Enrichment (21 %), Job-Rotation (15 %) oder innerbetriebliche Aufstiegsmöglichkeiten (11 %). Instrumente zur leistungsorientierten Entlohnung setzten 34 % ein (Gindele et al., 2016, S. 7f). Beim betrieblichen Personalmanagement können laut Heyder et al. (2009, S. 280f) vor allem in wachsenden Betrieben Defizite bestehen, weil am Beginn Erfahrungen in der Führung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern fehlen. Unterstützung durch externe Beraterinnen und Berater oder Schulungen der Betriebsleiterinnen und Betriebsleiter können in diesem Bereich sinnvoll sein. Bronsema et al. (2013, S. 39) beschreiben am Beispiel wachsender Milchviehbetriebe, dass mit der Weiterentwicklung des Familienbetriebs zum erweiterten Familienbetrieb neue Herausforderungen auf die Betriebsleiterinnen und Betriebsleiter zukommen, auf die sie vielfach nicht vorbereitet sind. 3. Methode
Zur Beantwortung der oben angeführten Forschungsfragen wurden acht problemzentrierte Interviews mit Landwirtinnen und Landwirten mit Nutztierhaltung geführt. Die Interviews wurden im Frühjahr 2019 durchgeführt. Der für die Interviews entwickelte Leitfaden orientierte sich an den vier Forschungsfragen. Die wesentlichen Merkmale der interviewten Personen bzw. deren Betriebe sind in Tabelle 1 dargestellt. Um die Anonymität der Betriebe zu gewährleisten, sind die Größenklassen nach Fläche und Tierbestand nicht angeführt, da vor allem der Tierbestand der interviewten Betriebe weit über dem Durchschnitt der österreichischen landwirtschaftlichen Betriebe mit Tierhaltung liegt. Der Arbeitskräftebesatz lag zwischen 0,75 und 2,0 nicht entlohnten Arbeitskräften und zwischen 0,5 und 1,5 entlohnten...