Klein / Dungs | Standardisierung der Bildung | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 266 Seiten, eBook

Klein / Dungs Standardisierung der Bildung

Zwischen Subjekt und Kultur

E-Book, Deutsch, 266 Seiten, eBook

ISBN: 978-3-531-92296-6
Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Format: PDF
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Ausgehend von Adornos paradigmatischem Satz 'Bildung ist nichts anderes als Kultur nach der Seite ihrer subjektiven Aneignung', untersucht dieser Band die Wechselwirkung zwischen Subjekt- und Kulturbildung. Analysiert wird, welchen manifesten und latenten Logiken die Diskurskarriere der Standardisierungssemantik und begleitende Leitbegriffe wie Kompetenz, Skills und Strategie folgt. Kritisch hinterfragt wird, welche paradigmatischen Modellvorstellungen wie Bildungsideale und -utopien, Lehr- und Lernkonzepte durch Bildungsstandards (re)produziert werden und welche Schließungstendenzen damit einhergehen. Reflexiv durchdrungen wird, wie sich der über Bildungsstandards implementierte kulturelle Zugriff auf das Subjekt auswirkt, dadurch aktiv aneignende Formen der Subjektkonstituierung nachhaltig verändert und das Soziale aushöhlt.

Dr. Regina Klein ist Professorin für Gesundheits- und Pflegesoziologie an der Fachhochschule Kärnten.
Dr. Susanne Dungs Professorin für Soziale Arbeit an der Fachhochschule Kärnten.
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Professional/practitioner

Weitere Infos & Material


1;Inhalt;5
2;Einleitende Bemerkungen zur Standardisierung der Ressource Mensch;7
2.1;1 Standardisierung als marktregulierende Strategie zur Qualitätssicherung des Humankapitals;8
2.2;2 Standardisierung als Reflexionsaufforderung im Wechselspiel zwischen Subjektund Kulturbildung;11
2.2.1;I Standardisierungsformate im Wechselspiel zwischen Subjekt und Kultur;14
2.2.2;II Standardisierungsformate in Diskurs und Politik;16
2.2.3;III Standardisierungsformate in Organisationen und Institutionen;18
2.3;Literatur;21
2.4;Reflexion;23
3;Teil I Standardisierungsformate im Wechselspiel zwischen Subjekt und Kultur;24
3.1;Reflexion;25
3.2;Fest-Stellungen: zur Entsorgung von Reflexivität durch Kultur- und Bildungsstandards;26
3.2.1;1 Zur Wechselwirkung zwischen Kulturund Subjekt;26
3.2.2;2 Kulturstandards – historischer Moment, Deutungsmacht, Definition und Funktion;28
3.2.3;3 Bildungsstandards – historischer Moment, Deutungsmacht, Definition und Funktion;30
3.2.4;4 Fest- Stellung durch Standardisierung;34
3.2.5;5 Standardisierte Bildungsund Kulturräume – eine Feststellung;41
3.2.6;6 Ent-standardisierte Kultur- und Bildungsräume – eine Utopie;45
3.2.7;Literatur;49
3.3;Standard-Ethik: Risikovermeidung durch standardisierende Regulierungen;52
3.3.1;1 Der Ursprung der Ethik;53
3.3.2;2 Messbarkeit von Ethik durch Standards und Ratings: unternehmerische und neurotechnische Standard-Ethiken;55
3.3.2.1;2.1 Unternehmerische Standard-Ethik;57
3.3.2.2;2.2 Neurotechnische Standard-Ethik;61
3.3.2.2.1;(1) Der Versuch Treatment und Enhancement ethisch voneinander zu unterscheiden,führt zu einem standardisierenden Zuschnitt menschlichen Daseins.;63
3.3.2.2.2;(2) Die erweiterte Biotechnologisierung ersetzt bisherige pädagogisch ausgerichteteDiskurse durch neurotechnische Standardisierungen.;63
3.3.2.2.3;(3) Philosophisch-theoretisches Nachdenken über moralische Fragen wird durchstandardisierende Strategien des Neuro-Enhancement (Stichwort: MDS = Moral-Defizit-Syndrom) fortschreitend an die Wand gespielt.;65
3.3.2.2.4;(4) Das offene und unverfügbare Wechselspiel zwischen Subjekt- und Kulturbildungwird in Technologie überführt. Dadurch wird Bildung in einen nach naturwissenschaftlichenGesetzen funktionierenden Komplex umgewandelt.;66
3.3.3;3 Kritik der standard-ethischen Vernunft;68
3.3.3.1;3.1 Kritik der unternehmens-ethischen Vernunft;69
3.3.3.2;3.2 Kritik der neuro-ethischen Vernunft;72
3.3.4;4 Noch einmal: Negativität der Moral;75
3.3.5;Literatur;78
3.4;Geschäftige Körper: Biomacht und kulturelle Standardisierungsprozesse;81
3.4.1;1 Einleitung;81
3.4.2;2 Macht, die an den Körpern ansetzt: Biomacht im Kontext neoliberaler Gouvernementalität;83
3.4.3;3 Aktivierungen und Mobilisierungen;88
3.4.3.1;3.1 Aktive Körper – zur Regulierung des Alter(n)s;88
3.4.3.2;3.2 Mobile Körper – Disziplinierung und Regulierung Erwerbsarbeitsloser;93
3.4.4;4 Schluss;96
3.4.5;Literatur;98
4;Teil II Standardisierungsformate in Diskurs und Politik;101
4.1;Reflexion;102
4.2;Standards und Risiko – Subjekte im Zwang zur Selbstabrichtung;104
4.2.1;Literatur;125
4.3;Der ‚Bildungsplan’ der Bildungs-Standardisierung und sein Anderes;128
4.3.1;1 Vom Ein-Bilden Gottes zur Selbstinszenierungs-Bildung;128
4.3.2;2 Das Verständnis von Bildung in der Antike;129
4.3.3;3 Fortschreitende Ökonomisierung und Funktionalisierung von Bildung in der Neuzeit;130
4.3.4;4 Vom Gebildet-werden-Sollen unter nicht-gebildeten Bildungsbedingungen;132
4.3.5;5 Gelingendes Scheitern als der andere Bildungs-Prozess;134
4.3.6;6 Bildung und Stellvertretung;137
4.3.7;Literatur;139
4.4;„Lifelong (L)earning“ – Bildung zwischen Kultur und Kapital;141
4.4.1;1 Einleitung;141
4.4.2;2 Zur Entwicklung einer gemeinschaftlichen europäischen Bildungspolitik;142
4.4.2.1;2.1 Ein „neues Produktionsmodell“ als widersprüchliche Grundlage für die wirtschaftspolitische Konstruktion von „Bildung“?;144
4.4.2.2;2.2 Lebenslanges Lernen…;148
4.4.2.3;2.3 …anstatt „Bildung für alle“…;150
4.4.2.4;2.4 …als entscheidender Faktor für Chancengleichheit?;152
4.4.2.5;2.5 Der Europäische Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen und/trotz Subsidiaritätsprinzip?;155
4.4.2.6;2.6 Das Humankapital – Bildung zwischen Kultur und Kapital?;159
4.4.3;3 Zusammenfassung;162
4.4.4;Literatur;163
5;Teil III Standardisierungsformate in Organisationen und Institutionen;168
5.1;Reflexion;169
5.2;Steuergruppen, Schulentwicklung und Standardisierung;172
5.2.1;1 Steuergruppen und Standards;174
5.2.2;2 Steuergruppen, Managementstrategien und Selbstmodellierung;176
5.2.3;3 Steuergruppen oder: Auf dem Weg zum standardisierten Lehrer?;186
5.2.4;Literatur;190
5.3;Kulturen der Bildung;193
5.3.1;1 Standard: Begriff oder Wort?;194
5.3.1.1;1.1 Wie „tickt“ das Wort „Standard“?;195
5.3.1.2;1.2 Die Plastikwörter: Standardsprache einer internationalen Diktatur;198
5.3.1.3;1.3 Die logopädische Expertin als Problemerzeugerin;199
5.3.2;2 Logopädische Sprachtherapie in Deutschland;201
5.3.2.1;2.1 Logopädie Gehilfin der Medizin;201
5.3.2.2;2.2 Logopädische Sprachtherapie ist Therapie im Medium der Sprache;202
5.3.3;3 Standardisierungsprozesse in der logopädischen Sprachtherapie;202
5.3.3.1;3.1 Logopädie im Fahrwasser neuer „Wissenschaftlichkeit“;203
5.3.4;4 Logopädie an der Grenze. Reflexionen jenseits des Faktischen;205
5.3.4.1;4.1 Wissenschaftlichkeit um jeden Preis;205
5.3.4.2;4.2 Eine hörbare Stimme;206
5.3.4.3;4.3 Entsprachlichung33;206
5.3.4.4;4.4 Das Sprachliche als Modus des Unendlichen;207
5.3.5;5 Zum Schluss: Standardisierte Logopädie ist der Königsweg, das Sprachliche zu verfehlen.;209
5.3.5.1;5.1 Unbemerkte Theorie;209
5.3.5.2;5.2 Ausbildung zur Sprachlosigkeit;210
5.3.6;Literatur;211
5.4;Wessen Wissen?;212
5.4.1;1 Wissen über Andere: der Umgang mit Differenz in der interkulturellen Pädagogik;213
5.4.2;2 Postkolonialität: in Gegensätzen denken;215
5.4.3;3 Eine postkoloniale Einwanderungsgesellschaft;216
5.4.4;4 Verstrickungen – postkoloniale Antisemitismen;219
5.4.5;5 Politiken der Unreinheit;220
5.4.6;6 Bildungsprozesse in Widersprüchen;222
5.4.7;Literatur;224
5.5;Aspekte einer menschenwürdigen Bildungskultur;225
5.5.1;1 Eigene Kompetenzbegriffe auf der Goldwaage;225
5.5.2;2 Armutslagen von Kindern als Herausforderung für ein Bildungssystem;226
5.5.3;3 Einmischung und Aufrechterhaltung durch die Kinderund Jugendhilfe;227
5.5.4;4 Vernetztes Denken von Schulpädagogik und Sozialer Arbeit;228
5.5.5;5 Sozial-Ökologischer Erziehungsund Bildungsbegriff: Abwehr von sozialen und kulturellen Bedrängungen;229
5.5.6;6 Sozial-ökologisch inspirierte Erziehung und Bildung heißt: Affektiv förderliche Bedingungen herstellen;230
5.5.7;7 Inklusive Bildungskulturen schaffen Integrationsbedingungen;230
5.5.8;8 Soziale und ethische Grundorientierungen jenseits von Bildungsstandards;232
5.5.8.1;8.1 Leitgedanken für eine gelingende (Grund)Schulpädagogik im Diskurs mit der Sozialen Arbeit;232
5.5.8.2;8.2 Dialog und Bedeutungsbildung;232
5.5.8.3;8.3 Intergenerationale und intersubjektive Bildung und Erziehung bedeutet: gemeinsam subjektive Entwicklungsprozesse ermöglichen;234
5.5.8.4;8.4 Prozesshafte Erziehung als Möglichkeit der Urteilsbildung;236
5.5.8.5;8.5 Handlungsempfehlungen als Orientierungshilfen auf Grundlage eines vernetzten Denkens von Sozialer Arbeit und Schulpädagogik;238
5.5.8.6;8.6 Vision einer menschenwürdigen Bildungskultur;239
5.5.9;Literatur;240
5.6;Sich öffnen für das Unerwartete: Es kommt Bildung zustande;242
5.6.1;1 Absprachen und der Lehr-Lern-Vertrag;243
5.6.2;2 Selbstermächtigung auf vertraglicher Basis;245
5.6.3;3 Subjektbildung geschieht wechselseitig und ist auf Nicht-Identisches bezogen;246
5.6.4;4 Bildung ist Aneignung;247
5.6.5;5 Verdinglichtes Bildungsverständnis;248
5.6.6;6 Doppelcharakter von Bildung und Subjekt;250
5.6.7;7 Spätmoderne Subjektbildung nach Meueler – zusammenfassende Gesamtschau;251
5.6.8;Literatur;254
5.7;Das Vergessen der Standardisierung;255
5.7.1;1 Bildung, Reflexion und Fachdidaktik in der Philosophie;256
5.7.2;2 Hochschulreform und Standardisierung;257
5.7.3;3 Standardisierung als Entlastung;260
5.7.4;Literatur;261
6;AutorInnen;264

Einleitende Bemerkungen zur Standardisierung der Ressource Mensch.- Einleitende Bemerkungen zur Standardisierung der Ressource Mensch.- Standardisierungsformate im Wechselspiel zwischen Subjekt und Kultur.- Fest-Stellungen: zur Entsorgung von Reflexivität durch Kultur- und Bildungsstandards.- Standard-Ethik: Risikovermeidung durch standardisierende Regulierungen.- Geschäftige Körper: Biomacht und kulturelle Standardisierungsprozesse.- Standardisierungsformate in Diskurs und Politik.- Standards und Risiko – Subjekte im Zwang zur Selbstabrichtung.- Der ‚Bildungsplan’ der Bildungs-Standardisierung und sein Anderes.- „Lifelong (L)earning“ – Bildung zwischen Kultur und Kapital.- Standardisierungsformate in Organisationen und Institutionen.- Steuergruppen, Schulentwicklung und Standardisierung.- Kulturen der Bildung.- Wessen Wissen?.- Aspekte einer menschenwürdigen Bildungskultur.- Sich öffnen für das Unerwartete: Es kommt Bildung zustande.- Das Vergessen der Standardisierung.


Teil II Standardisierungsformate in Diskurs und Politik (S. 106-108)

Reflexion

Barbara Friebertshäuser

Wie reproduzieren sich die gesellschaftlichen Eliten und welche Rolle spielen dabei Kulturstandards?

Bildungs- und Erziehungsprozesse vollziehen sich in einer Kultur, vermittelt auch über Kulturstandards, die von einer Generation an die nächste weitergegeben werden. Zu den anerkannten Kulturstandards gehören unter anderem: die Art und Weise zu Sprechen, die Gegenstände des Dialogs, die sozialen Umgangsformen, Tischsitten, angemessener Kleidungsstil, der Geschmack, die Kenntnis der kulturellen Traditionen und Regeln des sozialen Miteinanders.

Diese generelle Definition blendet aus, dass sich in der spezifischen Ausformung der sozialen und kulturellen Praxen auch die Charakteristika des Wahrnehmens, Denkens und Handelns von unterschiedlichen Teilkulturen innerhalb einer Gesellschaft reproduzieren. Hegemonialkulturen suchen aufgrund ihrer Macht, ihre Definitionen und Deutungen der Welt durchzusetzen.

Das wirft die Frage auf, in welcher Weise sich die gesellschaftlichen Eliten reproduzieren und welche (oftmals unreflektierte) Rolle dabei die Beherrschung hegemonialer Kulturstandards spielt. Normativ wird ein Kulturverständnis, indem es sich auf Phänomene der so genannten Hochkultur (Kunst, Ästhetik, Bildung, Kultiviertheit) verengt und die Phänomene der Alltagskultur ignoriert. Dahinter verbirgt sich der Mechanismus der Markierung von sozialer Differenz als Voraussetzung für gesellschaftliche Hierarchisierungen.

Denn über die Beherrschung der hegemonialen Kulturstandards reproduzieren sich die gesellschaftlichen Eliten. Die Ideologie der Chancengleichheit schreibt den Bildungsverlierern selbst die Beteiligung an ihrem Scheitern zu und blendet strukturelle Rahmenbedingungen aus. Auf diese Weise konzentriert sich bspw. die Diskussion um die Hauptschüler weniger auf sie als „Bildungsverlierer“ eines Schulsystem mit seinen Selektionsmechanismen oder gesellschaftliche Diskriminierungen, sondern individualisiert das Problem auf der Ebene des Schülers oder einzelner Schulen.

Das emphatische Plädoyer für ein „selbstbestimmtes Lernen“, das zwar an Traditionen der Reformpädagogik anzuknüpfen scheint, aber womöglich doch nur den Bedürfnissen einer privilegierten sozialen Gruppe entspricht, die auf das kulturelle Kapital ihres familialen Milieus zurückgreifen kann, erscheint vor diesem Hintergrund in einem anderen Licht. Eine kritische Erziehungswissenschaft reflektiert diese Zusammenhänge, um der Kolonialisierung von Lebenswelten und Ausgrenzung des Einzelnen entgegen zu wirken und die Anerkennung hochgradig differenter Wissens- und Lebensformen nicht nur in postmodernen Diskursen theoretisch zu proklamieren, sondern auch im praktischen Handeln umzusetzen.


Dr. Regina Klein ist Professorin für Gesundheits- und Pflegesoziologie an der Fachhochschule Kärnten.

Dr. Susanne Dungs Professorin für Soziale Arbeit an der Fachhochschule Kärnten.


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