Buch, Deutsch, 336 Seiten, PB, Format (B × H): 123 mm x 190 mm, Gewicht: 380 g
Marco Martins dritter Fall
Buch, Deutsch, 336 Seiten, PB, Format (B × H): 123 mm x 190 mm, Gewicht: 380 g
ISBN: 978-3-901392-57-3
Verlag: STEINVERLAG GmbH
Bad Blumenbach – ein Ort, der nach vollendeter Idylle klingt, versucht sich auch so zu geben: beschaulich und friedlich. Das Sommertheater soll zusätzliche Gäste in das Dorf an der Grenze zwischen Waldviertel und Wachau bringen.Doch die Freikarten, die der Wiener Privatermittler, Marco Martin, vom Bürgermeister für seine Mithilfe bei der Überführung eines Finanzjongleurs erhält, entpuppen sich schnell als Danaergeschenk. Der laue Abend, den Martin dazu nutzen wollte, seiner Beziehung mit Anne neuen Aufwind zu bescheren, verkehrt sich schnell ins Gegenteil, als bei der Premiere eine Leiche auf die Bühne purzelt. Angestachelt von Neugier beginnt Marco hinter die Kulissen zu blicken, was beim Bürgermeister auf wenig Gegenliebe stößt. Ist doch das Dorf wegen der wenige Tage zuvor gefundenen Moorleiche ohnedies zu sehr in negativen Focus geraten. Die plötzlich auftauchenden Irrlichter sind nicht die einzigen Hindernisse, die sich Martin in den Weg stellen. Der Detektiv muss bald feststellen, dass auch Ermittler nicht unverletzlich sind und dass das Dorf wohl einige dunkle Flecken in seiner Geschichte hat. Bald erkennt Marco Martin, dass bis auf den Toten auf der Bühne nahezu alle Dorfbewohner Dreck am Stecken haben. Zugleich überstürzen sich auch die privaten Probleme Martins, der eines merkt: Zeit ist flüchtig.
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Der Tag hatte fürsorglich seine Arme über das kleine Städtchen gebreitet (so wie die Jesusstatue, die vom Corcovado aus Rio mit einer vergleichbaren Geste segnet). „Bad Blumenbach“ stand neben einem Gruß an die Gäste auf der Ortstafel und es hatte alles, was es lebens- und liebenswert machte: Einen nahen, am Ostufer morastigen See, dessen dunklen Gewässern schon seit dem Mittelalter eine heilende Wirkung zugeschrieben wird. Einen übermächtigen Felsen im Westen, den Ebenstein, der mit der Burg Ebenwald seit jeher über die Bewohner wacht. Grüne Wiesen und gelbe Kornfelder im Sommer, ein Flüsschen, genannt die Wipf, das diese bewässerte und durch Blumenbach hindurchfloss. Es hatte alte Bauernhäuser und moderne Kommunalbauten für die Bewohner, Kindergarten und Volksschule für deren Kinder, einen Gemeindearzt für die Kranken, ein Wirtshaus für die Hungrigen und die Durstigen, eine Kirche mit Pfarrer für die unsterbliche Seele und für alle, die ob dieser Idylle unbekümmert, ja fast unbeschwert, das Zeitliche segneten, sogar einen Friedhof und einen Bestatter.
Bei so viel Beschaulichkeit klingt es beinah übertrieben, wenn man erzählt, dass vom Spielplatz Kinderlachen, aus der Schule der reinkehlige Gesang von Mädchen und Buben und von den Bäumen gar das Gezwitscher von Vögeln zu hören war. Die Fernstraße, über die lange Züge an Frachtlastern tagein tagaus zur Grenze im Norden rollten, war ihrem Namen getreu tatsächlich fern und das einzige Brummen, das zu hören war, war jenes von Bienen- und Hummelvölkern auf den Wiesen.
Und nur mehr das Ölbild eines biedermeierlichen Landschaftsmalers würde noch eins draufsetzen und die Sonne scheinen lassen, vielleicht gar – Kitsch as Kitsch can – garniert mit weißen, weichen Wattewölkchen am Himmel. Aber so war es. Genau so. Zumindest vordergründig und auf den ersten Blick.
Doch wo Licht, da auch Schatten.
Und klingt dies alles noch so paradiesisch, so gab es auch hier einen Ort, der an diesem Tag der Düsterkeit geweiht war: Den Gemeinderatssaal im ersten Stock des Rathauses. Hier war nicht nur die Stimmung gedämpft, hier wähnte man sich im Purgatorium. Schwere Vorhänge aus dunklem Stoff sperrten die Sonnenstrahlen aus, die Fenster waren geschlossen, die Heiterkeit der näheren Umgebung war hier nicht erwünscht, während man über das künftige Schicksal der Gemeinde hitzig diskutierte. Rauchschwaden wälzten sich grau zur Decke empor, glitten über das dunkle Eichenholz und verschwanden in den Ritzen der alten Träger über den Köpfen der Gemeinderatsmitglieder, die bildlich nicht weniger rauchten, als jene Sitzungsteilnehmer, die mit Billigung der anderen die Rauchverbotstafeln an der Wand missachteten. Was galt an einem Tag wie diesem schon so ein Verbot, ging es doch ums nackte Überleben.
„Wenn das zutrifft, dann sind wir bankrott, dann können wir dicht machen. Vorbei, aus! Keine Sommerspiele, kein Trachtenverein, kein Kirchenchor, kein Sitzungsgeld für uns …“ Eberl, der für das Kulturressort zuständig war und aus der Fraktion der Bürgermeisterpartei stammte, klatschte sich mit der flachen Hand auf seine Glatze und ließ sich theatralisch auf seinen Sessel zurückfallen. Bei seiner schmächtigen Statur erzielte dieser Auftritt allerdings wenig Wirkung bei den anderen.