König / Schattenhofer | Einführung in die Gruppendynamik | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 128 Seiten

Reihe: Carl-Auer Compact

König / Schattenhofer Einführung in die Gruppendynamik

E-Book, Deutsch, 128 Seiten

Reihe: Carl-Auer Compact

ISBN: 978-3-8497-8232-0
Verlag: Carl Auer Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Endlich gibt es wieder eine aktuelle Einführung in die Gruppendynamik! Sie gibt einen Überblick zu relevanten Konzepten und Sichtweisen der Gruppendynamik und deren praktischer Bedeutung. Die sozialpsychologische Tradition der Gruppendynamik wird hier fruchtbar ergänzt durch aktuelle systemische Sichtweisen.

Das Buch ermöglicht ein tieferes Verständnis für Gruppen und Teams. Es zeigt auf, wie in Trainingsgruppen soziale Kompetenzen erworben werden können, die für das Steuern und Leiten von Gruppen und Teams notwendig und hilfreich sind.
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1Vorwort
1.1Der soziale Ort Gruppe und seine Veränderungen
Wie selbstverständlich verbringen wir fast unser ganzes Leben als Mitglieder von Gruppen. Wir wachsen in einer Gruppe auf, der Familie. Wir lernen, spielen, arbeiten, vergnügen uns in Gruppen, sei es in Freundeskreis, Clique, Mannschaft, Schulklasse, Verein, Team, Arbeitsgruppe, Projektgruppe usw. Wir haben dort die verschiedensten Rollen und Positionen inne. Wir sind Redende und Zuhörende, Vorantreibende und Verlangsamende, Anführer und Gefolgsleute, Unterstützer und Kritiker. So selbstverständlich bewegen wir uns in diesen Zusammenhängen, dass wir die stattfindende Gruppendynamik – das Kräftespiel und die Veränderungen, die zwischen den Beteiligten ablaufen – in aller Regel nicht bewusst wahrnehmen. So fällt uns ja auch die Luft zum Atmen erst dann auf, wenn Mangel herrscht, es besonders gut oder schlecht riecht, kurz, wenn das Selbstverständliche auf einmal nicht mehr selbstverständlich ist. Gruppe ist eine Grundform des sozialen Lebens. Zugleich sind die realen Gruppen unseres Alltages in starkem Maße von den sozialen Veränderungen der letzten Jahrzehnte erfasst. Von den Sozialwissenschaften wird diese Entwicklung als Enttraditionalisierung, Individualisierung und Pluralisierung von Lebenslagen beschrieben. Der Platz im Leben wird zunehmend weniger durch Herkunft und Tradition zugewiesen. Zugehörigkeiten sind nur mehr solche auf Zeit, und zum Zeitpunkt ihres Entstehens ist ihr Ende häufig schon in Sicht. Den Einzelnen wird mehr Flexibilität abgefordert, damit sie sich wechselnde soziale Orte suchen und schaffen können, an denen sie für eine Weile Halt machen und sich einbinden können. Dies bringt sowohl neue Freiheiten als auch neue Gestaltungszwänge mit sich, die individuell bewältigt werden müssen und die Fähigkeit abfordern, sich in immer neuen sozialen Gruppen zurechtzufinden (Edding u. Kraus 2006). Als Folge davon werden die Regeln, die in den verschiedenen sozialen Gruppen gelten, denen wir angehören, ebenfalls flexibler und situationsabhängiger. Es reicht nicht mehr, sich mit dem offiziell verkündeten Zweck und den Zielen einer Gruppe zu identifizieren und an die vermeintlich geltenden Normen anzupassen, um ein „gutes Gruppenmitglied“ zu sein. Vielmehr wird es erforderlich, die Gruppe und ihre Dynamik wahrnehmen und verstehen zu lernen, um in ihr klarzukommen oder sie mitgestalten zu können. Dies gilt in besonderem Maße für die Gruppen unseres beruflichen Lebens. Mit dem Wandel von einer Industrie- zu einer Dienstleistungs- und Wissensgesellschaft rücken für immer mehr Menschen ihre kommunikativen Kompetenzen ins Zentrum ihrer beruflichen Tätigkeit. Die Notwendigkeit der Kooperation in Teams und Projektgruppen wird zur Alltagsrealität, und damit nehmen die Möglichkeit und der Zwang zu, sich selbst und die Gruppen, denen man angehört, mitzusteuern. 1.2Die „Entdeckung“ der Gruppendynamik
Parallel zu diesen gesellschaftlichen Entwicklungen und mit diesen verflochten entstanden in Wissenschaft und Praxis seit den 30er-Jahren des 20. Jahrhunderts vielfältige neue Ideen zu dem sozialen Ort Gruppe (König 2015). Eine hervorragende Rolle spielte hierbei Kurt Lewin (1890–1947), der noch in Deutschland seine ersten Konzepte entwickelte, mit denen er nach seiner Emigration in die USA die amerikanische Sozialpsychologie maßgeblich beeinflusste. Sein wissenschaftliches und praktisches Interesse standen unter dem Eindruck der totalitären Katastrophen seiner Zeit, vor allem des Nationalsozialismus. Dies gab den in seinem Umkreis entstehenden und von ihm beeinflussten Forschungen einen eminent politischen Charakter. Ein zentrales Leitmotiv seiner Forschungen war es, Demokratisierungsprozesse zu befördern, und die verschiedenen Gruppen des sozialen Lebens waren die Orte, an denen dies alltagspraktisch umgesetzt werden sollte (Lewin 1975, 1982). Eine besondere Rolle spielte in dieser Entwicklung die Kleingruppenforschung (Schäfers 1999; Schneider 1985; Sader 2008; Ardelt-Gattinger et al. 1998), d. h. die Erforschung von Interaktionen in Gruppen, der Umgang mit Macht, Autorität und Führung, mit Außenseiterrollen, mit sozialer Kontrolle und Konformität. Innerhalb seiner Forschungsbemühungen entwickelten Lewin und seine Mitarbeiter eine Verhaltenstheorie der Führung und unterschieden zwischen einem „autokratischen“ Führungsstil, der auf Befehlen, Lob und Tadel beruht, einem „demokratischen“ Führungsstil, der auf Aushandeln und Überzeugen beruht, und einem „Laissez-faire“-Stil, der die Geführten weitgehend sich selbst überlässt. Lewins Feldtheorie (vgl. Stützle-Hebel u. Antons 2017) gilt zudem als eine der frühen Quellen systemtheoretischer Modellbildung. In einem der Forschungsprojekte Lewins wurde gleichsam per „Zufall“ die Gruppendynamik als praktisches Verfahren „erfunden“ bzw. „entdeckt“ (zur Geschichte der Gruppendynamik vgl. Rechtien 2007; König 2007, bes. S. 17 ff., 2010, 2011, 2015; Tändler 2016, bes. S. 363–447). 1946 veranstaltete Lewin zusammen mit einigen seiner Schüler ein Seminar am Massachusetts Institute of Technology (MIT), in dem Führungskräfte aus unterschiedlichen Bereichen (LehrerInnen1, SozialarbeiterInnen, Geschäftsleute, GewerkschaftlerInnen) Einblicke in ihre Verhaltensweisen und Werthaltungen bekommen sollten. In mehreren Gruppen von ca. zehn Mitgliedern wurde dabei in Form von Diskussionen, Analysen und Rollenspielen an den Problemen der TeilnehmerInnen gearbeitet. Jemand beobachtete und protokollierte das Geschehen. An den Abenden trafen sich die LeiterInnen dieser Gruppen und die Beobachtenden mit Lewin, um die Beobachtungen in diesen Gruppen wissenschaftlich auszuwerten. Schon bald erfuhren einige TeilnehmerInnen von diesen abendlichen Sitzungen und fragten, ob sie nicht dabei sein und zuhören könnten. Diese abendlichen Sitzungen sprachen sich schnell herum, sodass bald alle Gruppenmitglieder zu diesen Sitzungen kamen. Auch blieb es nicht lange bei einer stillen Zuhörerschaft, sondern es entstand eine engagierte Diskussion zwischen Teilnehmern, Gruppenleitern und Beobachtern. Dies gilt als die Geburtsstunde der gruppendynamischen Trainingsgruppe, kurz T-Gruppe genannt, die Lewin (1975, S. 291) mit den Worten kommentierte: „Mich hat die erstaunliche pädagogische Wirkung tief beeindruckt, die diese für den Zweck der wissenschaftlichen Protokollführung bestimmten Auswertungszusammenkünfte auf den Gang der Ausbildung hatten. […] Diese und ähnliche Erfahrungen haben mich überzeugt, dass wir Handeln, Forschung und Erziehung als ein Dreieck betrachten sollten, das um jeder seiner Ecken willen zusammenzuhalten ist.“ Etwa im gleichen Zeitraum formulierte der aus Wien in die USA emigrierte Jakob Moreno (1889–1974) seine Gruppen- und Forschungskonzepte, das Psychodrama und die Soziometrie, die viele Ähnlichkeiten mit den Ideen von Lewin aufwiesen. Beide Quellen liefen zusammen in der Aktionsforschung (Action Research), in der die Triade von Handeln, Forschen und Erziehen zusammengehalten werden sollte. Ebenfalls in diesem Zeitraum wurden im therapeutischen Feld und in Sozialarbeit und Sozialpädagogik erste Erfahrungen damit gemacht, die Psychoanalyse auf die Arbeit mit Gruppen zu übertragen (Majce-Egger 1999, 35 ff.). In die Zeit der 30er- und 40er-Jahre fällt gleichfalls die Entdeckung der Rolle von informellen Gruppen in Industriebetrieben. In einigen berühmt gewordenen Untersuchungen wurde das erste Mal aufgezeigt, wie stark die Produktivität von Betrieben davon abhängt, dass sich die formellen und informellen Beziehungen wechselseitig befördern und nicht behindern. Damit wurden die sozialen Beziehungen am Arbeitsplatz selber als Produktivfaktoren sichtbar. Wissenschaftliche Forschungsinteressen an dem Geschehen in Gruppen, damit verbundene soziale und (sozial)politische Anliegen sowie Fragen der Effizienz und Produktivitätssteigerung waren also in dieser Entwicklung von Anfang an eng miteinander verflochten. In all diesen Entwicklungen gewinnt der Begriff Gruppendynamik daher drei verschiedene Bedeutungen, die gerne miteinander vermischt werden: 1. Er bezeichnet das Geschehen in Gruppen, die Dynamik von Veränderung und Kontinuität, mit anderen Worten: das Kräftespiel einer Gruppe. 2. Er bezeichnet die wissenschaftliche Erforschung solcher Prozesse in kleinen Gruppen, also Gruppendynamik als eine Disziplin innerhalb der Sozialwissenschaften. 3. Darüber hinaus wird mit Gruppendynamik ein Verfahren sozialen Lernens bezeichnet, das bei Erwachsenen soziale Lernprozesse und Verhaltensänderungen anstoßen soll. 1.3Zu diesem Buch
Seit vielen Jahren beschäftigen wir uns als Forscher und Praktiker mit dem Thema Gruppe und Gruppendynamik und bilden Fachleute im Verstehen und Gestalten von Gruppenprozessen aus: ErzieherInnen, PädagogInnen, TherapeutInnen,...


Oliver König, Dr. phil. habil.; Studium der Pädagogik, Soziologie und Psychologie an den Universitäten Köln und Ann Arbor, Michigan (USA); Promotion in Soziologie (Frankfurt a. M.); Habilitation in angewandter Sozialwissenschaft (Kassel). Trainer für Gruppendynamik in der Deutschen Gesellschaft für Gruppendynamik und Organisationsdynamik (DGGO)/Sektion Gruppendynamik im Deutschen Arbeitskreis für Gruppenpsychotherapie und Gruppendynamik (DAGG), Supervisor (Deutsche Gesellschaft für Supervision), Heilpraktiker (Psychotherapie). Tätigkeit in eigener Praxis in Training, Supervision, Beratung und in der Lehre. Langjähriger Leiter der Sektion Gruppendynamik im DAGG. 2000–2007 Mitherausgeber der Zeitschrift Gruppenpsychotherapie und Gruppendynamik. Mitglied im Editorial Board der Zeitschrift Familiendynamik.

Karl Schattenhofer, Dr. phil., Dipl.-Psych.; Trainer für Gruppendynamik in der Deutschen Gesellschaft für Gruppendynamik und Organisationsdynamik (DGGO), Supervisor (DGSv) und Lehrsupervisor, psychologischer Psychotherapeut. Langjähriger Leiter der Sektion Gruppendynamik im Deutschen Arbeitskreis für Gruppenpsychotherapie und Gruppendynamik (DAGG). Trainer und Berater in freier Praxis für Profit- und Non-Profit-Organisationen; Lehraufträge an Hochschulen. Leiter von TOPS München-Berlin e. V., einem Zusammenschluss von gruppendynamischen Trainern, die gemeinsam Fortbildungen und Beratung für Teams und Teamarbeiter anbieten und Supervisoren ausbilden.


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