E-Book, Deutsch, 230 Seiten
Koller Letzter Elfmeter: Österreich Krimi
1. Auflage 2014
ISBN: 978-3-902784-89-6
Verlag: Federfrei Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 230 Seiten
ISBN: 978-3-902784-89-6
Verlag: Federfrei Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Das Verbrechen kehrt nach Alt-Mürren zurück. Der Besitzer des Technologieunternehmens Maurer IT wird mit dem Gesicht nach unten auf dem Elfmeterpunkt am Sportplatz des SV Alt-Mürren gefunden. Der Lokaljournalist Michael Wörner, der vor Jahren den Mord an Landrat Fuhrmann aufklären konnte, beginnt auf eigene Faust zu ermitteln und fördert dabei die unterschiedlichsten Tatmotive ans Tageslicht. Denn Karl Maurer hat sich eine stattliche Anzahl von Feinden in beinahe allen Bereichen der Gesellschaft gemacht. Elfmeter - ein Waldviertler Kriminalroman über Fußball, Politik, Geld, Sex und natürlich Mord.
Michael Koller, geboren am 14. März 1972, lebt in Hoheneich bei Gmünd im Waldviertel. Nach Abschluss der Handelsakademie war er in unterschiedlichen Berufszweigen tätig und lernte so den Facettenreichtum des Lebens bestens kennen. Seine Leidenschaft war und ist das Schreiben. Zeitungsartikel, Kurzgeschichten, Gedichte, Romane und Internetblogs umreißen das Repertoire des Enfant Terribles der Waldviertler Schreibzunft.
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Tag 2
Ich saß in meinem wie immer schlecht aufgeräumten Büro und brütete über dem Informationsblatt, das die Polizei herausgegeben hatte. Erhellendes war darin nicht zu finden. Selbst zwischen den Zeilen nicht. Zumindest nichts, was wir nicht schon wussten oder uns bereits mitgeteilt worden war. Die Zeit brach also an, bei der sich ein Reporter auf den Buschfunk verlassen musste. Was mitunter dauern konnte. In Ermangelung anderer Tätigkeiten überflog ich einige Artikel meiner Kollegen und winkte diese, ohne große Korrekturen vorzunehmen, durch. Die Sommerzeit brach langsam an, und außer den Geschehnissen im Regionalfußball war über wenig Erbauliches zu berichten. Abgesehen natürlich vom Mordfall Maurer, der wohl in Abwesenheit anderer Themen die ganze Aufmerksamkeit auf sich ziehen würde. Und damit indirekt auch auf mich und das, was ich darüber berichtete. Als ich mir aus der Büroküche eine zweite Tasse Morgenkaffee holte und wieder zurückkam, betrachtete ich noch immer einigermaßen verschlafen meinen Arbeitsplatz. Gerade montagmorgens fiel es mir extrem schwer, in die Gänge zu kommen. An meiner großen Pinnwand hingen Hunderte von kleinen Zetteln, die mitunter jegliche Gültigkeit verloren hatten. Die Ordner in den Regalen folgten einem System, das ich wohl selbst nicht begriff, und auf meinem Schreibtisch stapelten sich jede Menge Papiere aus Drucker und Fax. Das Chaos in meinem Büro war der unterbewusst erzwungene Gegensatz zum Etepetete, das dank der beflissenen Umtriebe meiner Frau bei uns daheim vorherrschte. Als ich diesen Raum von Markus Hirscher übernahm, war ich sehr erstaunt darüber gewesen, in welch hervorragendem Zustand das Büro sich befunden hatte. Zumal dieser Mensch auf jegliche Konventionen pfiff. Aber vielleicht brauchte man eine gewisse Akribie, um so zu werden wie er. Eine Sterilität der Gedanken, die jegliche Menschlichkeit ausschloss. Ich betrachtete gerade das Foto meiner Familie, das ich unterhalb des Bildschirms meines Computers angeheftet hatte, als das Telefon läutete. Etwas widerwillig zog ich es an mich heran. Es war kaum Viertel nach acht. Und die Tretmühle war bereits wieder voll im Gange. Aber gerade nach den gestrigen Ereignissen musste ich mehr denn je damit klarkommen. Dieser Mord würde vielleicht nicht wie in der Causa Fuhrmann beinahe staatstragend sein, im Bezirk Mürren aber allenthalben einigen Staub aufwirbeln. Und das größte lokale Presseorgan, das die »Regionalzeitung« zweifelsohne war, würde als Erstes damit konfrontiert werden. Und dazu gehörten neben fragwürdigen E-Mails auch Anrufe von jeder Menge Spinnern, die den Fall bereits gelöst hatten. Oder zumindest jenen benennen konnten, der für die Schandtat verantwortlich zeigte. Wobei die Palette vom Ortsvorsteher hinab bis zu Satan persönlich reichte. Ich hatte das beim Mord an dem Landrat oft erlebt und noch in bester Erinnerung. Aber das war nun einmal das Brot, was jeder mehr oder minder stark in der Öffentlichkeit Stehende zu verzehren hatte. Seufzend hob ich den Telefonhörer ab. »Guten Morgen«, gab ich gelangweilt von mir. »Michael Wörner, Regionalzeitung. Was kann ich für Sie tun?« Ein dumpfes Rauschen war zu vernehmen. Mehrere Sekunden lang. Und dann ein schrilles Gelächter. Jetzt wusste ich, wer dran war. Was wollte dieser Mensch nun schon wieder? Bevor ich diesen Gedanken aussprach, nahm die Person am anderen Ende der Leitung den Faden auf. »Hallo, Mike«, wieherte er noch immer vor sich hin. Er war mittlerweile ganz offensichtlich dem Wahnsinn verfallen. »Hast wohl geglaubt, der erste Bekloppte eines langen Tages wird bei dir vorstellig.« Bevor er weiterreden konnte, fuhr ich ihm in die Parade. »Womit ich mich ja offensichtlich nicht getäuscht habe«, sagte ich streng. »Aber!«, rief er amüsiert. »Aber! Du wirst doch nicht einen alten Freund als Narren bezeichnen wollen. Nicht nach alledem, was er für dich getan hat.« Hirschers Tonfall gefiel mir dabei gar nicht. Aber was immer auch der Grund dieses Anrufs war, ich hatte seine Spielchen gründlich satt. »Was willst du?«, fragte ich daher betont knapp. Mir war nicht nach Konversation und schon gar nicht nach einer mit ihm zumute. Hirschers Ausdruck änderte sich plötzlich, und er wurde ernst. Kein Psychiater dieser Welt würde je aus ihm schlau werden. »Bis zum Turnier am kommenden Wochenende ist es ja noch ein Weilchen hin, und da dachte ich mir, ich kann die Zeit überbrücken und einem alten Weggefährten bei einer solch kniffligen Reportage, wie sie ihm bevorsteht, beistehen. Darum habe ich meine Quellen angezapft und das eine oder andere in Erfahrung gebracht.« Nun, was er unter Quellen verstand, konnte ich mir gut denken. »Du hast also Gerber ins Gebet genommen«, folgerte ich. Ich sah zwar den Augenaufschlag in seinem Gesicht nicht, aber ich konnte ihn spüren. »Demnach hältst du mich nicht für den Mörder?«, konterte er daraufhin. Das konnte ich so nicht bejahen. Ich hatte ihn zwar nicht direkt der Tat bezichtigt, dies bei unserem letzten Telefonat aber zumindest gedanklich keineswegs ausgeschlossen. Was er wohl gespürt haben musste. Jemand wie Hirscher verfügte über den sechsten Sinn. Daran gab es für mich keinen Zweifel. »Du meinst also, nur weil du Ermittlungen anstellst, macht dich das gleichzeitig zum Unschuldigen? Zu jemandem, der selbst hinter die Wahrheit kommen möchte? Deine Intervention bei Gerber kann genauso gut auch Selbstzweck sein. Schließlich möchte jeder Mörder gerne wissen, ob und wie weit man schon auf seine Spur gekommen ist. Dein plötzliches Auftauchen am Tatort wirft natürlich gewisse Fragen auf. Dessen solltest du dir bewusst sein. Auch im Hinblick auf die Vergangenheit.« Wieder spürte ich eine Reaktion, die rational nicht begründbar war. Vielleicht hatte mich die Person Markus Hirscher schon zu sehr vereinnahmt. »Gerber sagt«, begann er, meine Analyse völlig ignorierend, »dass Maurer garottiert wurde. Das steht laut Befund eindeutig fest. Du musst dir deswegen also kein Kopfzerbrechen mehr machen.« Das klärte die eine oder andere Frage, die ich mit Moritz nach der Pressekonferenz kurz erörtert hatte. Immer vorausgesetzt, man konnte Hirschers Worten so etwas wie Vertrauen entgegenbringen. Oder jenen von Gerber. Ein anderer Aspekt erregte weitaus mehr mein Interesse an seiner Feststellung. »Wie kommst du darauf, dass ich mir deswegen den Kopf zerbreche?«, fragte ich, kurz darauf Bezug nehmend. »Weil dein Schwiegervater ein Kriminaler ist.« Dann ertönte das Leerzeichen. Markus Hirscher war also bereits voll im Bilde. Weiß der Kuckuck, woher. Sein Interesse, diesen Fall betreffend, war jedenfalls mehr als besorgniserregend. Ich wusste nicht so recht, was ich tun sollte. Hirscher genoss seine kleinen Scharaden, die stets unvorteilhaft für den Verspotteten ausgingen. Über die offensichtliche Schmach hinaus. Ich öffnete ein kleines Schränkchen unterhalb meines Schreibtisches und schenkte mir ein halbes Wasserglas voll Kletzenschnaps ein, den ich in einer Langholzer Brennerei erstanden hatte. Lächelnd erinnerte ich mich an die Reportage, die sich damals wesentlich angenehmer gestaltete. Als ich das brennende Gesöff auf nüchternen Magen unten und nach einem kurzen Würgen meinen Körper wieder im Griff hatte, stand ich auf. Zum Geier mit jemandem wie Markus Hirscher! Bevor ich zu einem weiteren Schluck ansetzen konnte, läutete erneut das Telefon. Dieses Mal war es mein Handy. Der Alltag hatte mich endgültig wieder. Schnaps und Hirscher zum Trotz. * »Servus, die Herren!«, grüßte ich, als ich ins alte Hallenbadbuffet eintrat. Es war später Vormittag, und die Stammgäste hatten sich schon an den beiden großen Stehtischen formiert. Vor allem Gemeindebedienstete und Leute aus der Versicherungsbranche, die sich ein kleines Gläschen zwischendurch hier gerne genehmigten. Ich schüttelte die Hände einiger Bekannter und bestellte beim Wirt einen Kaiserspritzer. Also ein Glas Weißwein, verdünnt mit Mineralwasser, einem Schuss Holunderblütensirup, einer Zitronenscheibe und Eiswürfeln. Es war tagsüber für Ende Mai ungewöhnlich heiß geworden, und ein solches Erfrischungsgetränk war eine ideale Abkühlung für meinen schwitzenden Körper. Ich hatte kaum zum ersten Schluck angesetzt, als Josef Jungmann eintrat. Mit ihm hatte ich mich hier verabredet. Wir gingen aufeinander zu, begrüßten uns herzlich und nahmen in einer der kleinen Sitznischen hinter den Stehpulten Platz. »Danke, dass du dir die Zeit genommen hast, Sepp«, begann ich. »Was möchtest du trinken?« Nach einer kurzen Überlegung deutete er mit einem leichten Lächeln auf mein Glas. Ja, eine vortreffliche Wahl an einem Tag wie diesem. Mit einem Wink gab ich dem Buffetbetreiber zu verstehen, nochmals das Gleiche hierherzubringen. Als das geschehen war, kam ich auf den Grund unseres Treffens zu sprechen. »Wie lange wird der Laden wohl dicht sein?«, fragte ich geradeheraus. Josef Jungmann war bei Maurer IT beschäftigt. Als Mitarbeiter bei der Montage. In dieser Funktion war er...