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E-Book, Deutsch, 252 Seiten, E-Book

Reihe: Haufe Fachbuch

Korbion Bauvertragsrecht für Nichtjuristen

Rechtsgrundlagen, Vertragsabschluss und Muster

E-Book, Deutsch, 252 Seiten, E-Book

Reihe: Haufe Fachbuch

ISBN: 978-3-648-13720-8
Verlag: Haufe
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Worauf sollte man beim Abschluss eines Bauvertrags achten, welche Formulierungen sind wichtig und wie kann man einen Bauvertrag wieder kündigen? Dieses Buch vermittelt juristischen Laien anhand zahlreicher Beispiele aus der Praxis das nötige Fachwissen, um Bauverträge zu verstehen und rechtssicher abzuschließen. Es erläutert, wann die VOB/B Anwendung findet und welche Gesetze im Streitfall greifen. Der Autor geht auch darauf ein, wie der bestehende Vertrag noch geändert werden kann und welche Konsequenzen Bauzeitverlängerungen für die Parteien haben. So sind Sie beim Bauen und in der Verwaltung während des gesamten Bauvorhabens rechtlich auf der sicheren Seite.

Inhalte:

- Rechtsgrundlagen des privaten und öffentlichen Baurechts
- Vertragsgegenstand und -inhalte, Verbraucherbauvertrag, Architektenvertrag, Bauplanungs- und Bauordnungsrecht
- Auftraggeber und -nehmer, Verbraucher, Verbrauchervertrag, Bauträgervertrag
- Mit den Regelungen des BGB-Werkvertragsrechts, der bauspezifischen Besonderheiten der VOB/B und Infos zum aktuellen Stand der HOAI
- Abschluss eines Vertrages: Inhalte, Pflichten, Vertragsdurchführung, Änderungen während der Laufzeit
- Zahlungsansprüche des Unternehmers während der Bauzeit
- Voraussetzungen der Abnahme nach BGB und VOB/B

Digitale Extras:

- Muster für Bauverträge
- Gesetze
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1.4 Die Gewährleistung im BGB- und VOB/B-Vertrag
1.4.1 Der Begriff des Mangels
In § 633 Abs. 2 BGB wird der Mangelbegriff gesetzlich definiert bzw. eingegrenzt. Danach ist das Werk frei von Sachmängeln, wenn es die vereinbarte Beschaffenheit aufweist. Das bezeichnet man als »subjektiven Mangelbegriff«. Soweit eine Beschaffenheit aber nicht vereinbart ist, ist sie nur dann frei von Mängeln, wenn das Werk für die vertraglich vorausgesetzte, sonst für die übliche und gewöhnliche Verwendung geeignet ist und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Werken der gleichen Art üblich ist und die der Auftraggeber nach der Art des Werks zu erwarten hat bzw. erwarten kann. Die VOB/B enthält in § 13 Abs. 1 eine ähnliche Erläuterung dazu, setzt aber für die Mangelfreiheit darüber hinaus, also ergänzend, voraus, dass die Leistung den anerkannten Regeln der Technik entspricht. Diese sind die anerkannten üblichen Ausführungsregeln, die auch ungeschrieben sein können und sich am Bau als üblich, anerkannt sowie handwerklich und technisch als nützlich und zielbringend erwiesen haben. Dazu zählen dann auch die DIN- und ATV-DIN-Normen der VOB/C, also z. B. die DIN 18299 ff., oder wichtige DIN-Vorschriften, wie DIN 4109 nebst Beiblättern für der Schallschutz. Wichtig ist auch, dass der Mangelbegriff rechtlich nun auf den kaufrechtlichen Mangelbegriff in § 434 BGB und die Richtlinie 1999/44/EG vom 25.5.1999 zurückgeht. Zu beachten ist aber, dass der vereinbarten Beschaffenheit – also dem Vertrag – immer Vorrang vor der Frage der Funktionstauglichkeit zukommt. Allerdings kann die vereinbarte Beschaffenheit auslegungsfähig sein und damit ist unklar, was durch Auslegung zu ermitteln ist. Denn jede Abweichung von dieser vereinbarten Beschaffenheit ist ein Mangel im rechtlichen Sinn. Im technischen Sinn muss das gar nicht so sein. Es kann auch sein, dass der Auftraggeber keinen Nachteil erleidet und auch die Gebrauchstauglichkeit nicht beeinträchtigt wird. Konsequent weitergedacht ist es daher sogar so, dass eine Ausführung, die technisch besser ist, als das, was vereinbart wurde, ein Sachmangel sein kann.140 In der Folge hat der BGH den sog. »funktionalen« Mangelbegriff ersonnen.141 Geht man nach dem Wortlaut des § 633 Abs. 2 BGB und des § 13 Abs. 1 VOB/B vor, läge eigentlich wegen des Vorrangs der vereinbarten Beschaffenheit ein Mangel nicht vor, wenn die Leistung in der Leistungsbeschreibung des Vertrags enthalten ist, diese aber nicht funktionstauglich ist oder gegen die anerkannten Regeln der Technik verstößt. Das, was geliefert wurde, ist dann zwar vertragskonform, entspricht aber nicht dem Bild eines funktionstauglichen Werks, das ja eigentlich geschuldet wird. Daher hat der BGH die Funktionstauglichkeit als regelmäßig geschuldeten Vertragsbestandteil bestimmt. Die vereinbarte Beschaffenheit bestimmt sich daher danach, welche Funktion das Werk nach dem Willen der Parteien erfüllen soll.142 Die Folge ist also, dass die nach § 633 Abs. 2 BGB gesetzlich formulierte Reihenfolge der Geltung umgedreht wird und die Beschaffenheitsvereinbarung so auszulegen ist, dass der Unternehmer ein primär funktionstaugliches Werk schuldet, wobei er sich zwar am Leistungsverzeichnis orientieren muss, den Auftraggeber aber ggf. auf die Untauglichkeit des Leistungsverzeichnisses hinzuweisen hat, sodass der Auftraggeber dann neue Anordnungen (§§ 650b und c BGB) treffen kann. Im VOB/B-Vertrag ist ihm unter § 4 Abs. 3 VOB/B die Möglichkeit der Rüge bzw. Behinderungsanzeige gegeben. Er hat dort dann auf die Anweisungen des Auftraggebers zu warten. Der Auftragnehmer schuldet zudem auch dann ein funktionstaugliches Werk, wenn das mit der Ausführungsvorgabe des Leistungsverzeichnisses oder mit der in der weiteren Baubeschreibung vorgesehenen Ausführung gar nicht zu erreichen ist.143 Das führt zu der Frage, was geschieht, wenn eine erkennbar ungeeignete Leistung ausgeschrieben wird. Nach dem zuvor Gesagten hat der Auftragnehmer lediglich die Möglichkeit, den Auftraggeber auf den Fehler hinzuweisen, denn er hat eine Prüfungs- und Hinweispflicht (§ 4 Abs. 3 VOB/B). Er darf sich also nicht einfach auf den Vertragsinhalt verlassen. Es kann hier zu einem Mitverschulden am dann eintretenden Mangel zulasten des Auftraggebers kommen, wenn der Auftraggeber die Warnung erhalten, aber nicht reagiert oder sogar auf der Ausführung der mangelhaften Leistung bestanden hat. In diesem Zusammenhang gewinnt dann die Definition der »anerkannten Regeln der Technik« an Bedeutung. Denn hier ist zu beachten, dass diese in § 633 BGB gar nicht erwähnt werden, wohl aber im VOB/B-Vertrag in § 13 Abs. 1 Satz 2 VOB/B geregelt sind. Anerkannte Regeln der Technik sind, wie oben schon gesagt, solche, die sich in der Wissenschaft durchgesetzt und in der der Baupraxis als richtig und brauchbar bewährt haben. Sie können ungeschrieben oder in den ATV-DIN (18299 ff.) oder den EN-DIN-Normen enthalten sein. Sogar technisch eigentlich überholte Normen können dazu zählen oder solche, die nur dem Minimalkonsens der betreffenden Kreise entsprechen. Es muss nur eine Vermutung bestehen, dass diese die anerkannten Regeln der Technik wiedergeben. Auch bloße Richtlinien, wie die VDI-, VDE-Richtlinien, die Flachdachrichtlinie und die Herstellerrichtlinien, können das sein. Allerdings haben die anerkannten Regeln der Technik nichts mit dem Stand der Technik zu tun, da es dort nur um einen Entwicklungsstand, nicht aber um anerkannte Ausführungen geht, die sich als richtig erwiesen haben. Bei den »Herstellerrichtlinien« kommt noch ein Problem zum Tragen: Sie spiegeln nicht immer die anerkannten Regeln der Technik oder den Stand der Technik wider. Es handelt sich um Ausführungsregeln, anhand derer sich nicht unbedingt zutreffend ein mangelfreies Produkt erstellen lässt, denn sie sind in Wahrheit Hinweise des Herstellers. Ob diese Herstellerrichtlinien aber technisch richtig sind, muss eine technische Prüfung ergeben. Werden Herstellerrichtlinien vertraglich vereinbart, gilt im Sinne des funktionalen Herstellungsbegriffs zunächst, dass zwar die vertragliche Regelung zu beachten ist, jedoch die Funktionstauglichkeit des Auftraggebers Vorrang hat. Herstellerrichtlinien können aber bei Fragen der Sicherheit Vorrang genießen.144 Auch bei »hinzunehmenden Unregelmäßigkeiten« wirkt sich der funktionale Mangelbegriff aus. Stellt sich heraus, dass eine Ausführung geringfügig mangelhaft ist, stellt sich die Frage, ob der Unternehmer tatsächlich nachbessern muss oder ggf. die Vereinbarung der Minderung des Werklohns der bessere Weg wäre. Hier ist darauf zu achten, was vertraglich vereinbart wurde und ob die Abweichung zu vernachlässigen ist. Das ist im VOB/B-Vertrag und im BGB-Vertrag nicht geregelt. Hier muss man auf die Toleranzbereiche der DIN-Normen zurückgreifen. Sie sind für bestimmte Gewerke des Hochbaus (KG 300er) in der DIN 18201 und DIN 18202 zu finden und damit anerkannte Regeln der Technik. Dort sind minimale Unter-/Überschreitungen bei der Ausführung geregelt. Festzuhalten ist zunächst, dass auch die minimale Abweichung rechtlich ein Mangel ist. Er wird aber toleriert bzw. hat keine weitere Auswirkung im Mangelbegriff. Daher wird einzig mit einer Minderung als Anspruch operiert. Vorrang hat also dennoch immer die vertragliche Ausgestaltung. Manchmal passiert es, dass eine unmögliche Beschaffenheit vereinbart wird. Es geht dann darum, dass eine technisch unmögliche oder nahezu unmögliche Leistung in der Ausschreibung/im Vertrag gefordert wurde und der Unternehmer damit das Risiko der Ausführung hat. Kurz gesagt: Nach § 311a BGB führt eine solche Vereinbarung im Vertrag nicht zu dessen Unwirksamkeit. Wenn aber niemand eine unmögliche Leistung ausführen kann, kann der Unternehmer nach § 275 BGB auch nicht dazu verpflichtet sein. Die Folge ist, dass der Auftraggeber selbst dafür einzustehen hätte. Es geht also um die mögliche Erkennbarkeit des Mangels des Leistungsverzeichnisses des Auftraggebers durch den Auftragnehmer. Beispiel Bauherr B hat bei Unternehmer U eine Einscheibensicherheitsverglasung einer Fassade bestellt, die dieser auch ausführt. Nach einiger Zeit fallen Glasscheiben herunter oder bersten einfach. Nach ausführlicher Begutachtung stellt sich heraus, dass im Produktionsprozess, an dem U nicht beteiligt ist, produktionsbedingt teilweise mikroskopisch kleine Nickelsulfid-Einschlüsse im Glas auftreten. Selbst beim »Heat-Soak-Test« gehen die Scheiben nicht zu Bruch. Im Vertrag waren keine besonderen Angaben enthalten. Es sollte also ein funktionstaugliches Glas eingebaut werden, was technisch nicht möglich war, aber eben erst nach dem Bersten festgestellt wurde....


Korbion, Claus-Jürgen
Claus-Jürgen Korbion, Rechtsanwalt, ist Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht in Düsseldorf mit Schwerpunkt öffentliches und privates Baurecht, Vergaberecht, Miet- und WE-Recht.

Claus-Jürgen Korbion

Claus-Jürgen Korbion, Rechtsanwalt, ist Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht in Düsseldorf mit Schwerpunkt öffentliches und privates Baurecht, Vergaberecht, Miet- und WE-Recht.


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