Kottmann / Mützlitz / Lange | Karl - Geschichten eines Großen | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 136 Seiten

Kottmann / Mützlitz / Lange Karl - Geschichten eines Großen

Geschichten eines Großen
1. Auflage 2014
ISBN: 978-3-945025-24-6
Verlag: Ammianus
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

Geschichten eines Großen

E-Book, Deutsch, 136 Seiten

ISBN: 978-3-945025-24-6
Verlag: Ammianus
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Karl der Große - Stammvater Europas? Gründer Aachens? Was hat es auf sich mit dem Großen, dem ersten Kaiser des Frankenreichs?

Den vielfältigen Antworten auf diese Fragen haben sich Autoren, Journalisten und Historiker angenähert und betrachten den großen Karl aus verschiedenen Blickwinkeln in Kurzgeschichten, Essays und Lyrik.

Dabei steht nicht nur Karl im Fokus der Betrachter: Der Leser begegnet Persönlichkeiten wie Fastrada, Karls vierter Ehefrau, seinem Chronisten Einhard und seinem ersten Sohn Pippin, dem Karl den Namen seines Vaters gab. Doch auch unbekannte Wegbegleiter Karls wie beispielsweise der Führer eines gewissen weißen Elefanten tauchen auf in den Geschichten über den Mann, der Geschichte schrieb.

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Michael Kuhn: Die Bekehrung des Mahout Behutsam zog der kleine Mann die Türe hinter sich zu und wendete sich noch einmal um. Er wartete, bis ihm ein Scharren anzeigte, dass seine Frau den Riegel von innen vorgeschoben hatte. Dann folgte er dem fetten Mönch mit der hängenden Unterlippe, der ihn in die Palastschule befohlen hatte. Es war mittlerweile der achte Winter, den er in Aachen verlebte, aber er hatte sich immer noch nicht an die feuchtkühle Witterung gewöhnt. Als er damals im Gefolge des Juden Isaak die Alpen überquert hatte, hatte er den ersten Schnee seines Lebens gesehen. Dort wo er herkam, waren die Winter feucht gewesen, aber nicht kalt. Wenn er die Augen schloss, hörte er noch das Rascheln der Palmwedel und roch den betörenden Geruch der heimischen Blüten. Das Schicksal hatte ihn zuerst nach Bagdad an den Hof des großen Kalifen geführt. Harun al Raschid hatte nach einem Elefanten verlangt und die Wahl war auf ihn, den erfahrenen Mahout, gefallen, das Tier zu ihm zu bringen. Er war jedoch nur wenige Monate beim Kalifen geblieben. Eines Tages hatte man ihn vor den Herrscher gerufen. Dieser befahl ihm, mit dem Juden zu gehen, der an seiner Seite saß. Erst zu diesem Zeitpunkt war ihm mitgeteilt worden, dass der Elefant ein Geschenk für einen mächtigen König in einem fernen Land war. Wie der Elefant dem Mahout gehorchte der Mahout dem Herrscher und ergab sich in sein Schicksal. Zwei Jahre waren sie unterwegs gewesen, bis sie das Ziel der Reise erreichten. Sie durchquerten endlose Wüsten, überwanden das Meer, erstiegen das bis in den Himmel ragende Gebirge und verloren sich in den düsteren Wäldern. Das Herz wurde ihm schwer, als er an die Zeit mit Abul Abbas, den grauen Riesen, dachte, der vor wenigen Wochen verendet war. Er hatte alles getan, sein Leben zu retten. Aber er musste hilflos zusehen, wie das Tier immer schwächer wurde. Zum Schluss hatte sich der Elefant niedergelegt, ihn ein letztes Mal aus traurigen Augen angesehen und sich dann zur Seite gerollt. Als ob er ihn fragen wollte, warum man ihn in dieses kalte und unwirtliche Land gebracht hatte. »Nun komm schon«, drängelte der Mönch den dunkelhäutigen Fremden, der zurückgeblieben war. »Ich will mir bei diesem Wetter nicht den Tod holen.« Der Mahout verstand mittlerweile die raue und kehlige Sprache des Nordens, obwohl er sich mit dem Sprechen immer noch schwertat. Sie war so ganz anders als die Sprache, die in seiner Heimat gesprochen wurde. Rau, herrisch und nicht melodisch. Auch die Regeln, nach denen man die Worte zu Sätzen formte, hatte er nicht verstanden. Um sich überhaupt verständlich zu machen, hatte er sich angewöhnt, die Begriffe und Tätigkeiten in ihrer Grundform aneinanderzureihen. »Ich kommen«, antwortete er dem Mönch, der den Kopf schüttelte und sich ein Lachen verkniff. »Warum wir gehen in Palast bei Kirche? Sein wegen Tod von Elefant?« »Das wirst du noch früh genug erfahren«, antwortete der Gottesmann mürrisch. Sie waren inzwischen die leicht ansteigende Straße hochgestiegen und hatten den Platz vor der Königshalle erreicht. Abweisend und trutzig erhoben sich die grauen Mauern, auf denen der herabrinnende Regen dunkle Spuren gezeichnet hatte. Kein Vergleich zu den grazilen, mit Säulen und Kuppeln geschmückten Palästen seiner Heimat. Sie nahmen den Weg, der rechts um die Königshalle herum zu den tiefer gelegenen Gebäuden der Palastkirche führte. Sie folgten der Außenmauer des lang gestreckten Ganges, durch den man trockenen Fußes vom Palast in die Kirche gelangte. Ein Weg, der nur den hochgestellten Personen des Hofes und ihren Dienern vorbehalten war. Vorbei an dem mächtigen Torgebäude, durch das man einen Blick auf den großen Platz des Palastbezirkes werfen konnte, erreichten sie schließlich den Eingang des Atriums, der zur Kirchenpforte führte. Der Mahout hatte sich immer gehütet, die wenigen Schritte bis zu den prächtigen Bronzetüren zu tun, die das Innere des Heiligtums verschlossen. Schließlich war er ein Heide, der dort nichts verloren hatte. Sie passierten den Zugang des Atriums und umrundeten von außen den vieleckigen Umgang des Oktogons, bis sie vor eine gedrungene Pforte gelangten. Sie führte in den Anbau, in dem sich Räume der Palastschule befanden. Hier verbrachten die Gelehrten, die der große Kaiser aus allen Teilen seines Reiches hier versammelt hatte, ihre Tage. Der schmale Südländer wickelte sich fester in seinen Mantel, als wenn der feuchte Stoff seine letzte Zuflucht wäre. Dann tat er es dem Mönch gleich und wischte sich an einem dafür angebrachten Gitter den Lehm von den Schnürschuhen. In diesem Augenblick öffnete sich die Türe und ein hagerer, mittelgroßer Mann trat heraus, dessen glattrasiertes, fahles Antlitz beim Anblick des Mahout einen verkniffenen Ausdruck annahm. Der Mann presste die dünnen Lippen aufeinander und musterte den Fremden aus seinen blauen, wässrigen Augen. Dann schlug er plötzlich das Kreuz und eilte grußlos vorbei. Das war Ludwig, durchfuhr es den Mahout, der ungeliebte Sohn des Großen Karl. Man munkelte, dass er den Weg zu seinem Gott gesucht hatte, weil er seinen glänzenden Brüdern nicht ebenbürtig war. Bis auf den buckligen Pippin, der sein Leben hinter Klostermauern vertrauerte. »Jetzt komm endlich!«, herrschte der Mönch den Mahout an, der dem frommen Ludwig nachstarrte. Der Angesprochene zuckte zusammen, fasste sich aber augenblicklich und betrat den dunklen Flur. »Leg den Mantel ab!« Der Mahout gehorchte, strich die Kapuze zurück und schälte sich aus dem groben Stoff. Darunter trug er zwei leinene Kittel und ebensolche Hosen, die bis zu den Knien mit dunklen Bändern umwickelt waren. Die Tracht der einfachen Leute und Bauern. »Komm«, drängelte der Mönch. »Aldo erwartet uns.« Als es klopfte, legte Aldo, der zweite Schreiber des gelehrten Einhard, den Federkiel aus der Hand und schob das Pergament zur Seite. »Aha«, begrüßte er die Eintretenden. »Der unachtsame Herr des Elefanten.« Der Mahout senkte den Kopf, als er den schmächtigen Kleriker demütig grüßte. Er hatte sofort beschlossen, den Mann mit dem hellen Haar nicht zu mögen. Es geht um den Tod des Tieres, schoss es ihm durch den Kopf. Dabei hatte er doch alles getan, das Leben des Riesen zu erhalten. »Sag mir«, begann Aldo mit schneidender Stimme. »Wie konnte es geschehen, dass Abul Abbas bei der Überquerung des Rheins ertrunken ist?« »Nicht ertrinken«, verteidigte sich der Mahout mit ungelenken Worten. »An Krankheit von Kuh gestorben.« »Das Geschenk eines Kalifen stirbt nicht an einer Rinderseuche«, entgegnete Aldo unwirsch. »Merk dir das, wenn dich einer danach fragt. Hast du mich verstanden?« »Ich verstehen«, versicherte der kleine Mann eilig. »Gut.« Aldo lehnte sich in seinem Sessel zurück und musterte den Mahout, der voller Unbehagen seinem Blick auswich. »Was soll jetzt mit dir geschehen?« »Nicht bestrafen«, stammelte der Mahout. »Ich tun Bestes.« »Ach was«, wiegelte Aldo ab. »Darum geht es nicht. Was willst du tun? Als Krieger taugst du nichts. Zu klein und schmächtig. Und schreiben kannst du auch nicht, oder?« Der Mahout schüttelte den Kopf. »Aber du musst etwas tun. Wir dulden hier keine Müßiggänger.« Aldo fixierte ihn aus zusammengekniffenen Augen, worauf sein Gegenüber einen Schritt zurückwich. »Es kommt bald eine Gesandtschaft aus Byzanz nach Aachen. Ich werde ihnen deine Dienste anbieten. Sie können dich mitnehmen, wenn sie wieder aufbrechen. In Byzanz gibt es sicherlich eine Verwendung für dich. So verlockend das Angebot auch war, der Mahout schüttelte entsetzt den Kopf. Seine Frau würde nicht mitgehen. Die kleine Sarazenin war vor zwei Jahren in Spanien gekauft und von ihrem Besitzer in Aachen angeboten worden. Er hatte sich sofort in das scheue Wesen verliebt und darum gebeten, sie in seinen Haushalt aufzunehmen. Seinen ganzen Mut zusammennehmend, hatte er sogar um eine Audienz beim Kaiser gebeten und war für wenige Augenblicke empfangen worden. Karl hatte ihm amüsiert angehört und wohlwollend sein Einverständnis erteilt. Der Handel hatte seine gesamten Ersparnisse aufgezehrt, aber er war seit diesem Tag nicht mehr alleine. Vor Monaten war seine Frau schließlich schwanger geworden. »Ich verkaufen Blumen«, verkündete der Mahout ängstlich und forschte in dem Gesicht des Klerikers nach einer zustimmenden Reaktion. »Blumen?«, echote Aldo und tauschte einen Blick mit dem feisten Mönch, der sich mühsam das Lachen verkniff. Der Mahout fühlte, dass es nicht gut um seine Sache stand. Aber er beschloss zu kämpfen. Mit Hingabe schilderte er in seinem seltsamen Fränkisch, dass er im Hinterhof seiner Behausung seit Jahren Rosen züchtete. Er hatte die seltenen Setzlinge von einem Händler aus Italien erstanden. Erst als er den Mann auf dem Elefanten reiten ließ, hatte er die Pflanzen zu einem günstigen Preis bekommen. Er hatte die Setzlinge in einer sonnigen und windgeschützten Ecke seines...



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