Krause | Magische Verbindung | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 586 Seiten

Krause Magische Verbindung

Roman
1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-8301-9564-1
Verlag: Fischer, R. G.
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Roman

E-Book, Deutsch, 586 Seiten

ISBN: 978-3-8301-9564-1
Verlag: Fischer, R. G.
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Zwei Männer, der eine Chirurg, der andere Physiker, tauschen in einem Dialog ihre Erinnerungen und Ansichten aus. Der eine wird zum Kritiker des anderen. Es geht um Arbeit und Karriere, Erfolge und Misserfolge, um Wissenschaft und Forschung und nicht zuletzt um Liebe und Frauen und erotische Begebenheiten. Der Physiker ermöglicht dem Chirurgen eine Zeitreise ins 16. Jahrhundert, dessen heutiges Wissen durch die Beschränkungen der damaligen Zeit unnütz wird. Auf seinen Reisen wird er in allerlei Abenteuer verwickelt, bis zuletzt sogar die sichere Rückkehr in die Gegenwart ungewiss wird.

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Auch haben wir uns damals nicht für Leben und Werk des Hermann August Francke interessiert. Nur ist mir in Erinnerung, dass er mit vier Talern angefangen hatte, die Stiftungen zu errichten, von seinem pietistischen und missionarischen Wirken wusste ich nichts. Von der Frömmigkeit war nur übrig geblieben, dass wir jeden Sonntagmorgen in die Glauchaer Kirche gehen mussten, was Herr F., unser Inspektor des Pädagogiums, durch Inaugenscheinnahme in der Kirche kontrollierte. Freigestellt war uns der Sitzplatz dort. Während einige Fromme sich nicht trauten, der Predigt fernzubleiben, nahmen andere auf der Empore Platz, zeigten sich auffällig über der Brüstung und verschwanden dann, wenn sie meinten, gesehen worden zu sein, zum Beispiel in die Fettbemme, ein Kino zur Morgenvorstellung. Heute bin ich beeindruckt von dem, was er geschaffen hat. Ein pietistischer Asket mit ungeheurer Kraft durch seinen Glauben. Leider gibt es, soweit ich weiß, keine Biographie, es lohnte sich für einen Historiker, ihn in seiner Zeit und vor allem in der damaligen Kirchenstruktur zu analysieren. Geboren am 12. März 1663, gestorben am 8. Juni 1727. Einen kleinen Abriss seines Lebens und Werkes hat Walther Michaelis als Altdirektor der Franckeschen Stiftungen im Heliand-Heft 53 gegeben (Heliand-Verlag Berlin, 1941): »August Hermann Francke, vom Leben und Werk des großen evangelischen Volkserziehers« So genau ist mir nicht in Erinnerung, wie ich zum ersten Mal dort eintraf. Meiner Eigenart gemäß drang es mir nicht unter die Haut, sodass es sich auch nicht einprägte, nur die für mich eindrucksvollsten Begebenheiten kann ich berichten. N.: Ich sehe, wir haben doch einiges gemeinsam, ein Herr R. hat es mal bildlich beschrieben: Du sollst niemanden so dicht an dich heranlassen und dir einen Panzer zulegen, sonst stößt man dir ein Messer ins Herz, das gilt auch für Ereignisse. E.: Erstaunliche Einsicht. Im mittleren Eingang im zweiten Stock des Pädagogiums im Zimmer gleich nach dem Treppenaufgang standen fünf Schreibpulte, besetzt wurden sie vom Senior am Fenster, dem Subsenior gegenüber, dem Oberfuchs neben dem Senior, dem Unterfuchs daneben und dem Fuchs neben dem Subsenior. Eine Tür neben dem Pult des Fuchses führte in den Schlafraum mit fünf Betten und Schränken. Ich jedenfalls bekam das einzelne Bett, wenn man eintrat links. Offensichtlich hatte ich keine Probleme mit meinen Stubengenossen, sonst wären Feindseligkeiten in meinem Gedächtnis geblieben. Eine Prüfung musste man aber bestehen, die sogenannte »Stickung«. Sie bestand darin, dass sich drei, nicht der Senior, auf den Neuen stürzten, wenn er im Bett lag, und versuchten herauszufinden, wie lange er es aushielt, wenn ihm das Kissen und die Decke über Kopf und Körper gedrückt wurden. Wehren konnte man sich natürlich, um sich vor dem Ersticken zu bewahren. Ich benutzte, wie vielleicht auch andere, den Trick, mich mit dem Rücken nach oben zusammenzukrümmen und mir so einen Luftraum mit meinen Armen vor dem Mund zu schaffen. Die Absicht der anderen war, einen herumzudrehen, man musste dann so gelenkig sein, die alte Stellung wieder einzunehmen. Die Prozedur war zeitlich begrenzt und man wurde beglückwünscht, wenn man sie tapfer überstanden hatte. Ein Erzieher wohnte schräg gegenüber, Herr Studienassessor Rü., auf dem Flur stand ein mit einem Deckel verschlossener großer Kasten, mit Kohlen gefüllt, aus dem der Kachelofen von dem Hausmeister befeuert wurde, der je zwei nebeneinander liegende Zimmer im Winter heizte. Von der Treppe geradeaus, der Waschraum mit Waschbecken für jeden und seine Waschutensilien. Außer dem Zimmer für den Herrn Erzieher waren drei Zimmer mit dahinter liegenden Schlafräumen auf dem gleichen Flur. Es fällt mir gerade ein recht realistischer Traum vierzig Jahre später ein, in dem ich diese Räume bei einem Besuch nicht fand und im nächsten Stock einquartiert wurde. Unglücklicherweise musste ich, wie oben schon bemerkt, um den Anschluss an das Schuljahr der Oberschule zu bekommen, zuerst in eine Mittelschule in der Stadt gehen, deren Unterricht am Nachmittag stattfand. So war ich morgens recht einsam, schaute aus dem Fenster und konnte so die berühmten fünf Türme von Halle sehen oder den Vorbeimarsch einer feldgrauen Truppe mit einem für mich traurigen Gesang erleben. Meine Schularbeiten machte ich allein, während die anderen es gemeinsam tun konnten. So war ich nicht ganz in den Tageslauf eingeschlossen. Das änderte sich, als ich dann in die FOR, Franckesche Oberrealschule, sie hieß jetzt Mackensenschule, aufgenommen wurde. Ich tat in der Schule mehr schlecht als recht meine Pflicht, um nicht sitzenzubleiben. Wenn man in der Schule nicht seine Aufgaben befriedigend erledigte, wurde dies Herrn F. gemeldet, der einen dann umgehend zu sich bestellte und in dem entsprechenden Fach überprüfte. Es waren meist mehrere, ich erinnere mich noch deutlich, wie das vor sich ging. Durch eine ledergepolsterte Doppeltür durfte man das Allerheiligste betreten, nachdem man hereingebeten worden war. Herr F. saß meistens mit einer dicken Zigarre hinter seinem Schreibtisch und dann ging es los. Caesar übersetzen, Konjugationen hersagen und so weiter. Für Herrn F. war es nur ein Kinderspiel, sodass er manchmal einnickte. Wir waren dann ganz still, um ihn nicht zu stören, sahen uns an und freuten uns diebisch, wenn es passierte. Die Asche an seiner Zigarre wuchs, bis sie dann mit einem glühenden Ende auf sein Hemd fiel. Davon wachte er jäh auf und klopfte sie, dass die Funken stoben, eifrig ab. Schon ging es weiter, er war ein liebenswerter Mann, ich habe ihn nie zornig gesehen. Anders war es mit den Erziehern, die natürlich auch für ihre Schüler verantwortlich waren und ihnen auch in anderen Fächern helfen mussten, nicht nur das, sie mussten auch für Ruhe und Ordnung sorgen, wenn es zwischen den einzelnen Stuben zu Balgereien kam. Dann sauste Herr R. mit einem Rohrstock aus seinem Zimmer, um die Ordnung wiederherzustellen. Meist zu spät, denn einer war immer dazu abgestellt, seine Tür zu beobachten. Außerdem waren ihm immer Hindernisse in den Weg gelegt, zum Beispiel wurde eine Feuerpatsche, damit sollte man die Brandbomben löschen, die bei Angriffen abgeworfen wurden, klatschnass gemacht, auf den Stiel gestellt und in seiner Doppeltür platziert. Machte er die Innentür auf, kam sie ihm entgegen. War auf dem Platz vor dem Haus, einem Tennisplatz, Lärm, zeigte sich der Kopf des Erziehers aus dem 1. Stock, Herr Tr., um die Krachmacher zu bremsen. Er war schon ein wenig glatzköpfig, es reizte uns, von oben, knapp an seinem Kopf vorbei, ein Salzfass fallen zu lassen, das unten zerschellte, und ehe er nach oben blicken konnte, war der Übeltäter schon vom Fenster verschwunden. Besonders hat mich beeindruckt, dass fast alle meine »Mitzöglinge« mithilfe eines sogenannten Detektors, ohne Strom, mit Kopfhörern Radiosender hören konnten, heimlich habe ich danach geforscht, ob doch nicht irgendwo der Strom herkommt, musste mich dann doch überzeugen, dass es möglich ist. Ein Stückchen Draht sucht auf einem Kristall eine Stelle und schon ertönt Musik oder Sprache. Eine Antenne ist vonnöten, die Schaltung einfach. Ein Sperrholzplättchen, mit Steckern versehen, die mit Draht verbunden, bewirkten das Wunder. Wollte man allerdings einen Lautsprecher anschließen, wäre doch ein mit Strom betriebener Verstärker nötig gewesen. Als Antenne diente uns das Drahtgeflecht in der Fachwerkwand des Hauses, es musste durch eine Bohrung erreicht werden und schon hatte man die leistungsfähigste Antenne. Das war aber noch nicht alle Elektronik, wie man heute zu sagen pflegt, in vielen Zimmern hatten sich die Senioren und Subsenioren vernetzt, fast jedes Pult hatte seinen Lautsprecher und sein Mikrofon. Die Leitungen wurden unter der Fußleiste von Zimmer zu Zimmer unsichtbar verlegt. Der Vorteil lag auf der Hand, kam der Flez, so wurde Herr F. genannt, zur Kontrolle, ob in der dazu bestimmten Zeit auch die Schularbeiten gemacht wurden, war es ein Leichtes, alle zu benachrichtigen. Ob er von dieser Einrichtung wusste, ist mir nie bekannt geworden. Sie wurde unter anderem auch dazu benutzt, Lösungen von Aufgaben zu übermitteln und Übersetzungshilfe zu leisten. Auch konnten schnell die Spielkarten verschwinden und die Tischrunde beim Skat aufgehoben werden. Fußball, Handball waren die beliebtesten Mannschaftsspiele, ich erinnere mich, dass ich immer bei den Verlierern war. Tennis vor dem Haus war etwas seltener, da nicht immer das Netz vom Hausmeister gespannt war. Auch die Außenkegelbahn in der sogenannten Plantage war nicht immer benutzbar. Die Plantage bestand aus einem schönen Park mit einem Hügel, dem Spes, lateinisch Hoffnung, vielleicht so benannt, weil man von ihm Ausschau halten konnte. Zu unserer Zeit war es einfach, nach außen zu gelangen, besonders die Senioren lechzten nach Freiheit, um sich mit Freundinnen zu treffen. Es gab einige Schlupflöcher. Am Tag konnte man unbehelligt raus, aber es war nicht einfach, seine Abwesenheit zu entschuldigen, denn wie oben beschrieben gab es Kontrollen. Aber am späten Abend zur Nacht hin, wenn alle im Bett lagen, konnte man doch geschickt täuschen, selbst wenn Herr F. alle Schlafzimmer kontrollierte. Es bestand die...



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