Krenzlin / Weigelt Ernst Wiechert im Gespräch

Begegnungen und Einblicke in sein Werk

E-Book, Deutsch, Band 4, 309 Seiten

Reihe: Schriften der Internationalen Ernst-Wiechert-Gesellschaft

ISBN: 978-3-11-023775-7
Verlag: De Gruyter
Format: PDF
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)



Der masurische Schriftsteller Ernst Wiechert (1887-1950), den sein Auftreten gegen Rechtlosigkeit und Terror 1938 ins Konzentrationslager brachte, ist als Verfasser des KZ-Berichts „Der Totenwald“ bekannt. Im 20. Jh. zählte er zu den beliebtesten Romanciers und erzielte Höchstauflagen. Die Beiträge des Bandes erörtern Aspekte seiner Biographie und seines Werks, das die Zeitstimmungen und Zeiterfahrungen des vergangenen Jahrhunderts spiegelt.
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Weitere Infos & Material


1;Vorwort;6
2;Inhalt;8
3;I. Zeit und Zeitgenossen;10
3.1;Ernst Wiechert in der Gegenwart;12
3.2;Thomas Mann und Ernst Wiechert;24
3.3;Ernst Wiecherts Verhältnis zu Schriftstellerkollegen seiner Zeit;44
3.4;Abschied vom Hufengymnasium;68
3.5;Katholisches an Ernst Wiechert?;96
3.6;Clemens August Graf von Galen und Ernst Wiechert – Augenzeugen ihrer Zeit;104
3.7;Ernst Wiechert und seine Illustratoren;120
4;II. Einblicke in Wiecherts Werk;138
4.1;Geisterreigen und Masurenschwermut;140
4.2;Leseproben aus Der Buchenhügel;154
4.3;Mahnung zur Menschlichkeit;164
4.4;Respektverweigerung und Entwurf einer Gegenwelt;176
4.5;Väter bei Ernst Wiechert;194
4.6;Das Kind in Ernst Wiecherts Novellen;236
4.7;Das Bild des Lehrers im Werk Ernst Wiecherts;248
4.8;Leiden und Erlösung in den Werken Ernst Wiecherts :Offenbarung und Eingang in eine andere Welt;278
5;Autorenverzeichnis;308


Katholisches an Ernst Wiechert? (S. 87-88)


Jürgen Fangmeier


Die Entscheidung, dieses Frage zum Thema der Erörterung zu wählen, hat folgende Hintergründe: Guido Reiner äußerte 1995 in Mülheim die Vermutung, dass der alte Ernst Wiechert eigentlich nicht mehr evangelisch, sondern eher katholisch gewesen sei. Zum anderen ist die Rolle, die Jesu Mutter Maria bei Ernst Wiechert und für den Dichter spielt, bemerkenswert. Als ökumenisch offener evangelischer Theologe bin ich bestrebt, das Thema ganz sachlich anzugehen und niemandes religiöse Gefühle zu verletzen.

Dass Ernst Wiechert seinem Herkommen nach ein evangelischer Masure ist, wird von niemandem bezweifelt. Aber Katholizismus ist ihm von Hause her auch bekannt: Das katholische Ermland liegt nicht weit entfernt und polnisch-katholisches Leben auch nicht. In den Jerominkindern ist Frau Marthe „wie eine Katholische“. Sie wirkt als solche etwas fremd; der Dichter scheint nicht bemüht, sie dem Leser als quasi „Katholische“ besonders lieb zu machen.

Es gibt über Ernst Wiechert eine Arbeit des katholischen Theologen Heinrich Fries. Darin findet sich nicht die Spur der Behauptung, Wiechert stehe dem Katholizismus nahe. Eher findet Fries, bei aller Wertschätzung des Dichters, etwas Anti-Theologisches bei Wiechert. Auch in Guido Reiners Schrifttum über den Dichter ist mir (bis jetzt) nicht begegnet, dass er ihn als katholisierend empfindet. Da ist der Tenor: Wiechert „war immer ein unabhängiger Mensch. Er wollte weder parteipolitisch noch kirchlich gebunden sein“. Dabei wäre ja Hinwendung des Dichters zur katholischen Kirche nicht ohne Beispiel gewesen, wenn man an Gertrud von Le Fort, Reinhold Schneider und Werner Bergengruen denkt. Aber das war doch bei Wiechert nicht der Fall. Und dass er zur katholischen Amtskirche mehr Affinität entwickelt hätte als zur evangelischen, ist kaum vorstellbar und ohne Anhalt.
In der Novelle „Das Männlein“ wird der seltsame Knabe Jodokus auch vonder Kirche ausgegrenzt, und es ist die katholische. Und in „Der reiche Mann und der arme Lazarus“ (1945) schreibt Wiechert: „Kardinäle werden auf den Totenfeldern von Dachau zuerst ein katholisches Kloster errichten und dann erst den Witwen und Waisen der Opfer zu helfen versuchen.“ Im „Brief an einen jungen Dichter“ schreibt Wiechert, dass es „nur eine unsichtbare Kirche gibt“, nachdem er kurz zuvor dem gut evangelischen Matthias Claudius Reverenz erwiesen hat. In einem kurzen Lebensabriss von 1932 hatte er schreiben können: „nun gehe ich in keine Kirche mehr, weil jede Kirche zu klein ist“, wobei die Begründung ja ein theologischer Satz ist! Wie wenig der Glaube von dieser seiner Negation betroffen ist, zeigen zum Beispiel der Kutscher Christoph und der Jude Jakob in der Missa sine nomine.


Leonore Krenzlin, Berlin; Klaus Weigelt, Regensburg.


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