Kronenberg | Kunstgriff | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 3, 278 Seiten

Reihe: Privatdetektivin Norma Tann

Kronenberg Kunstgriff

Norma Tanns dritter Fall
2024
ISBN: 978-3-8392-3468-6
Verlag: Gmeiner-Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

Norma Tanns dritter Fall

E-Book, Deutsch, Band 3, 278 Seiten

Reihe: Privatdetektivin Norma Tann

ISBN: 978-3-8392-3468-6
Verlag: Gmeiner-Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Kunstraub in Wiesbaden. Ein wertvolles Gemälde des berühmten Expressionisten Alexej von Jawlensky wird gestohlen. Der Dieb fordert ein Lösegeld und droht andernfalls, das Kunstwerk zu zerstören. Ein neuer Fall für die Privatdetektivin Norma Tann, denn die Galeristin Undine Abendstern hat ihre guten Gründe, nicht die Polizei um Hilfe zu bitten.

Während Norma unter falschem Namen in eine Wohngemeinschaft zieht und die Spur des Bildes aufnimmt, werden die Kommissare Milano und Wolfert von einem unheimlichen Mord am Jagdschloss Platte in Atem gehalten. Geht im Taunus ein Mörder um, der seine Opfer mit Pfeil und Bogen jagt?
Zwei Fälle, die nichts miteinander zu tun haben? Norma macht eine Entdeckung und bringt damit Bewegung in die Ermittlungen der Sonderkommission. Ihrer gewagten Theorie allerdings will man dort keinen Glauben schenken. Bis Norma dem Mörder gegenüber steht …

Kronenberg Kunstgriff jetzt bestellen!

Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


1
Sonntag, der 8. Juni   Das letzte Lebensjahrzehnt des großen Malers Alexej von Jawlensky war gezeichnet von Armut und Schmerz. In den Jahren zuvor erfuhr er Demütigungen und Missachtung. Was würde er empfinden, könnte er die Schar kunstbegeisterter Menschen erleben, die sich mehr als ein halbes Jahrhundert nach seinem Tod versammelt hatte, um den Ankauf eines Bildes zu feiern, das die namhafte Wiesbadener Sammlung ergänzte? Genugtuung? Stolz? Mit diesen müßigen Überlegungen folgte Norma den Besuchern durch die Säle mit Jawlenskys Werken. Bereichert wurde die Ausstellung von Gemälden weiterer Expressionisten wie Emil Nolde, Max Beckmann, Ernst Ludwig Kirchner und Paula Modersohn-Becker. Norma ließ sich Zeit für die jüngste Erwerbung. Tiefgründiges Blau schmiegte sich an erdiges Rot. Federleichte gelbe Tupfen schimmerten im umschließenden Grün, umrahmt von prägnantem Orange. Sachte Schritte auf dem Parkett neben ihr. »Diese Ausdruckskraft der Farben! Meine Köpfe sind eine sehr schöne und tiefe Sprache, heißt es in seinen Briefen.« Sie wandte sich Lutz Tann zu, ihrem Schwiegervater. Die Ereignisse um Arthurs Tod hatten sie nicht auseinander gebracht, sondern im Gegenteil ihre gegenseitige Achtung und die zarte Zuneigung füreinander vertieft. Als Sponsor hatte er das Museum beim Kauf unterstützt und Norma eingeladen, ihn zu diesem Empfang zu begleiten. Die Reden waren gehalten, doch Lutz wusste noch einiges zu erzählen. Das Leben des Malers, der – 1864 in Russland geboren – im Jahr 1921 in Wiesbaden, der Wahlheimat vieler russischer Emigranten, ein neues Zuhause suchte, stand hier unter keinem guten Stern. Unter den Nationalsozialisten wurden die Meisterwerke des Expressionisten als ›entartet‹ geächtet. Obwohl er in Deutschland nicht ausstellen durfte, malte Jawlensky unermüdlich weiter. Gepeinigt von Polyarthritis und Behandlungsmethoden, die eher Öl ins Feuer der Krankheit schütteten als es zu löschen, gab er seine Berufung nicht auf. Im März 1941 fand er auf dem russischen Friedhof seine letzte Ruhe. Normas Blick kehrte zum Bild zurück, auf dem sie unvermutet eine zarte Linie in Violett entdeckte, die das Gelb vom Grün trennte. Lutz räusperte sich verlegen. »Ich rede und rede.« »Einem Kenner höre ich gern zu. Obwohl, die Bilder sprechen eigentlich für sich. So schön, und gleichzeitig scheinen sie Schmerz und Trauer widerzuspiegeln.« Sie deutete auf die Reihe der ›Abstrakten Köpfe‹. »Es wäre einseitig, nur die tragischen Seiten zu sehen. Jawlensky wusste das Leben durchaus zu genießen.« Sie lächelte. »Gemeinsam mit seinen Frauen? Von diesen Geschichten habe ich gehört. Was mich ein wenig wundert, sofern man nach seinem Äußeren geht. Auf den Fotos wirkt er, wie soll ich sagen, eher unscheinbar.« »Mag sein. Trotzdem besaß er die bemerkenswerte Begabung, sich mit einflussreichen Frauen zu verbünden. Mit starken und selbstbewussten Frauen, die ihn nach Kräften unterstützten.« »Was seiner Ehefrau nicht gefallen konnte. War sie nicht sein früheres Dienstmädchen, und er heiratete sie, als der Sohn bereits erwachsen war?« Er behielt sein Lächeln bei. »Helene Nesnakomoff hielt trotz der Affären tapfer zu ihm.« »Beziehungen, die seine Kunst förderten?« »Ja, zum Beispiel mit Marianne Werefkin, die selbst Malerin war und mit der ihn eine angeblich rein platonische Freundschaft verband. Dort hinten hängt ein Bild von ihr. Dann gab es Emmy Scheyer, die seine Bilder in Amerika publik machen wollte.« Norma hatte den Vorträgen aufmerksam zugehört. »Du spielst auf die ›Blaue Vier‹ an. Jawlensky tat sich in den 20er-Jahren mit Lyonel Feininger, Wassily Kandinsky und Paul Klee zusammen. Sie wollten ihre Bilder in den Vereinigten Staaten auf gemeinsamen Ausstellungen zeigen, die Emmy Scheyer organisieren wollte. Aber hör mal, sprach der Redner nicht von einer Galka Scheyer?« »Ursprünglich hieß sie Emmy oder präzise: Emilie Esther. Jawlensky hat ihr den Namen Galka gegeben.« »Was bedeutet Galka?« Lutz überlegte. Er konnte es nicht leiden, keine Antwort zu wissen. »Etwas Russisches?« Norma lachte. »Darauf wäre ich nicht gekommen.« Er führte sie zu zwei Gemälden, ›Mystische Köpfe‹, die Emmy Scheyer und Marianne Werefkin zeigten. Es gebe ein wunderschönes Porträt von Lisa Kümmel, berichtete Lutz. In Gelb- und Rottönen gehalten, die Augen, Augenbrauen und den Schwung der Nase mit kräftigen dunklen Pinselstrichen angedeutet. Norma überlegte einen Augenblick. »Lisa Kümmel? War das nicht die junge Frau, die ihr eigenes Talent zurückstellte, um ihm in seinen letzten Jahren beizustehen?« »Indem sie ihm den Pinsel an den Händen festband.« Lutz zeigte auf die lange Reihe kleinformatiger Gemälde. »Sie rührte ihm die Farben an. Ohne die aufopfernde Lisa würde es diese zauberhaften ›Meditationen‹ wohl kaum geben. Undine liebt diese Bilder ganz besonders.« Lutz’ Lebensgefährtin, die Galeristin Undine Abendstern, galt als Expertin für die Expressionisten. Ihr großes Glück war ein eigener Jawlensky. »Es wird sie ärgern, dass sie heute nicht dabei sein kann«, sagte Norma, um Freundlichkeit bemüht. Das Verhältnis zwischen ihr und der Galeristin ließ sich bestenfalls als neutral bezeichnen. »Obwohl sie so großzügig gespendet hat.« »Nicht einmal Undine kann auf zwei Hochzeiten tanzen«, meinte Lutz gleichmütig. »Ein Opfer, das sie den jungen Südamerikanern sicher gern bringt.« Sie war zu einer Ausstellung nach München gereist und wollte bis zum Abend zurück sein. Die Leidenschaft für die aufstrebende Kunstszene Südamerikas hatte sie mit Arthur geteilt, der in der Taunusstraße einen Kunst- und Antiquitätenhandel führte, bevor er ums Leben kam. Norma besaß ein Gemälde des Kolumbianers Pablo Lobo, das eine abstrakte Landschaft zeigte; in kräftig aufgetragenen und leuchtenden Naturtönen von Ocker über Oliv bis Rubinrot. Sie mochte es nicht. Gemeinsam schlenderten sie an der Reihe der ›Meditationen‹ entlang. »Undines ›Schweigendes Rot‹ soll auf Reisen gehen«, erzählte Lutz. »Das Kunstmuseum Basel möchte das Gemälde ausleihen.« Norma beugte sich zu einem kleinformatigen Bild in düsteren Farben hinunter, das den Titel ›Erinnerung an meine kranken Hände‹ trug. »Undine wird hin- und hergerissen sein zwischen Sorge und Stolz. Wie eine Mutter, die ihr Kind auf Klassenfahrt schickt.« Lutz lächelte vielsagend. »In Basel plant man eine Sonderausstellung über die Klassische Moderne. Sie konnte nicht ablehnen. Zumal es ihrem Ruf nicht schadet, ein so bedeutendes Werk zu besitzen.« Unverhofft wechselte er das Thema und erkundigte sich nach der Wohnung in der Taunusstraße. Sie lag über den Geschäftsräumen und war nach Arthurs Tod unverändert geblieben, bis Norma sich vor Kurzem endlich aufraffte und die Zimmer räumen ließ. Dabei hatte ihr Josef Brunner, Arthurs ehemaliger Geschäftspartner, tatkräftig zur Seite gestanden. »Und …?«, fragte Lutz zögernd. »Ist alles raus?« »Ja, bis auf den letzten Karton. Josef hat ganze Arbeit geleistet.« »Ich war dir keine Hilfe.« »Lutz, du hast getan, was du tun konntest.« Es war ihm schwer gefallen, den Besitz seines Sohnes durchzusehen – schwerer als ihr selbst, die in diesen Räumen über Jahre gelebt hatte. Sie war ein Vierteljahr vor Arthurs Tod ausgezogen, hatte das Zusammenleben nicht länger ertragen. Bald darauf überschlugen sich die Ereignisse. Arthur verschwand nach einem Streit mit Norma spurlos. Seine Leiche wurde Wochen später unter bizarren Umständen aufgefunden. Norma wurde Zeugin eines Mordes und geriet selbst in tödliche Gefahr; dramatische Ereignisse, die sie endlich für sich abschließen wollte. Zehn Monate waren seither vergangen, in denen sie einen Fall übernahm und dem Schicksal einer vermissten Rheingauer Winzertochter nachspürte. Und den Prozess gegen den Mörder vom Weinfest überstand. Wider Erwarten, ohne vor Gericht von Panikattacken überfallen oder – von den Erinnerungen überwältigt – die Stimme, den Verstand oder beides zugleich einzubüßen. Sie hatte alles ausgehalten. Nach dem Prozess, bei dem sie als Hauptzeugin aussagen musste, nahm sie die Wohnung in Angriff. Alles musste raus. Den Anstoß gab ein Kunde Josefs, der nach der Trennung von der Ehefrau eine neue Bleibe suchte. Auch mit der Wohnungsauflösung war Norma besser klargekommen, als sie erwartet hatte. Nachdem das geschafft war, fühlte sie sich wie schwerelos. Aufgetankt mit Energie. Weit fort waren die Angstzustände, die sie seit Kolumbien gepeinigt hatten. Sie wollte die Welt umarmen, dazu Lutz und am liebsten auch Josef Brunner, der ›Tanns Antik und Kunst‹ nun allein betrieb und damit begonnen hatte, Arthurs Möbel, überwiegend kostbare Antiquitäten, und die Kunstsammlung mit der gebotenen Diskretion zu verkaufen. Lutz hielt vor dem nächsten Bild inne. »Ich könnte dir einen Makler empfehlen.« Mit zusammengesteckten Köpfen wie zwei Verschwörer betrachteten sie ›Die Winternacht, wo die Wölfe heulen‹ und nahmen den ›Rückblick‹ nebenan in Augenschein. »Danke, ich habe bereits einen Mieter gefunden. Hast du über die Reise nachgedacht?« Lutz ließ ein leises Schmatzen hören. »Florenz, wie wunderbar! Die Uffizien mit Botticelli, Michelangelo, da Vinci! Ein Traum!« Fünf Tage...


Kronenberg, Susanne
Susanne Kronenberg wurde 1958 in Hameln geboren und lebt heute in Taunusstein bei Wiesbaden. Nach ihrem Studium der Innenarchitektur war sie zunächst als Redakteurin in einem Fachzeitschriftenverlag tätig, bald darauf erschien ihr erstes Jugendbuch. Inzwischen wurden elf Jugendbücher sowie deren Übersetzungen in mehrere Sprachen, Sachbücher und drei Krimis veröffentlicht, die sich weitgehend alle um die Themen Pferde und Reiten drehen. 2007startete sie mit dem Kriminalroman „Weinrache“ eine neue Serie um die Wiesbadener Privatdetektivin Norman Tann.



Ihre Fragen, Wünsche oder Anmerkungen
Vorname*
Nachname*
Ihre E-Mail-Adresse*
Kundennr.
Ihre Nachricht*
Lediglich mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Wenn Sie die im Kontaktformular eingegebenen Daten durch Klick auf den nachfolgenden Button übersenden, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihr Angaben für die Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Selbstverständlich werden Ihre Daten vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Das Datenhandling bei Sack Fachmedien erklären wir Ihnen in unserer Datenschutzerklärung.