E-Book, Deutsch, Band 2, 292 Seiten
Reihe: So dunkel das Zwielicht
Krug So dunkel das Zwielicht II
1. Auflage 2024
ISBN: 978-3-7693-3028-1
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Gefangen in ewiger Nacht
E-Book, Deutsch, Band 2, 292 Seiten
Reihe: So dunkel das Zwielicht
ISBN: 978-3-7693-3028-1
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Der Krieg zwischen Himmel und Hölle ... geht in die zweite Runde. Julian und Kyu-Min verbindet eine heimliche Liebe. Damit nicht genug: Julian ist die Wiedergeburt des Dämons Raziel, der einst gegen den Teufel rebellierte. Mit Raziels Erwachen entbrennt nicht nur der Widerstand aufs Neue, auch die Hölle schmiedet ihre grausamen Pläne: Die dunklen Fürsten wollen Julian und die Rebellen endgültig vernichten. Daher senden sie Astaroth zur Erde - den Urdämon des Feuers, dessen zerstörerische Flammenmacht keine Grenzen kennt. Verzweifelt suchen Julian und Kyu-Min nach einem Weg, die Gefahr abzuwenden ... und finden sich plötzlich in einer anderen Realität wieder: Eine fremde Welt voller Finsternis, in der ihre Liebe und Freundschaft auf eine harte Probe gestellt werden ... Das Licht wirft düstere Schatten ... "Gefangen in ewiger Nacht - So dunkel das Zwielicht II"
Christian Tobias Krug, geboren 1986 an einem grauen Septembermorgen, wuchs im Ruhrgebiet auf und zog nach dem Abitur ins farbenfrohe Frankfurt. Nach längerer Tätigkeit als freier Journalist wechselte er in die Jugendhilfe, wo er Kinder mit Beeinträchtigungen durch den Schulalltag begleitet. Mit Freude und Herzblut bringt er Gedanken zu Papier, die ihm durch den Kopf geistern - in Form von Geschichten, vorrangig im Bereich des Fantastischen und Schauerlichen. Unter dem Titel "Als die letzte Stunde schlug" veröffentlichte er 2019 erstmals eine Kurzgeschichte im Burgenwelt Verlag. Es folgten Beiträge in zwei weiteren Anthologien, beide im Genre Horror und Mystery. Seit 2021 erscheint seine Dark Fantasy-Romanserie "So dunkel das Zwielicht".
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Prolog
Bevor das Feuer herabfiel, färbte seltsames Licht den Horizont. Glühend rot, dem Schein einer Fackel ähnlich. Die Wolken wirkten wie in Blut getränkt. Der Himmel schien zu brennen, als würde das Morgengrauen den geballten Zorn der Götter mit sich bringen. Ein Omen, ein leuchtendes Vorzeichen vielleicht … die erste und einzige Warnung vor dem nahenden Unheil. Der Fischer kehrte bei Sonnenaufgang in die Stadt zurück. Im Netz über seiner Schulter zappelte ein mickriger Fang, nur wenige Gulden wert. Erschöpfung und fehlender Schlaf erschwerten ihm seine frühmorgendliche Arbeit mit jedem Tag mehr. Die vergangenen Nächte hatte er mit Vergnügungen verbracht. Trommeln und Gesang, wilder Tanz, sein Mund auf den Lippen fremder Frauen … hinter seiner Stirn tobten die Erinnerungen, während sein Schädel noch vom gestrigen Wein brummte. Kraftlos entfuhr ihm ein Seufzer, als er das Stadttor durchquerte. Die Hauptstraße dahinter stank nach Unrat und starrte vor Dreck. Am staubigen Wegesrand schnarchten sturzbetrunkene Männer, eine Herde herrenloser Ziegen zog blökend vorüber, Fliegen kreisten summend um haufenweise Eselsmist. Aus einem halb verfallenen Stall, eingepfercht zwischen zwei Lehmhütten, drang mörderisches Gebrüll, gefolgt von ängstlichem Schweinequieken. Seit Monaten spukte es in der Stadt. Irrsinn schlich durch die Gassen und zog die Menschen mit schrillem Gelächter in den Bann. In den Gasthäusern munkelte man Geschichten: Drüben in der Nachbarstadt Gomorrha sollten ähnliche Gespenster ihre Gräuel treiben, auch dort tobte angeblich der Wahnwitz. Womöglich trug jener sonderbare Fremde die Schuld …? Dieser Nomade aus dem Zweistromland, der unentwegt von seinem Gott und dessen strengem Gericht predigte. Der Störenfried, der selbst vor dem König die Sünden der Stadtbewohner anprangerte und schreckliche Strafen prophezeite. Hatte dieser Mann das Böse in ihre Mitte gebracht? Der Fischer vermochte es nicht zu sagen; spürte lediglich, wie sein Leben zunehmend aus dem Ruder glitt. Stille Schuldgefühle nagten unablässig an seiner Brust. So köstlich ihm die nächtlichen Ausschweifungen auch munden mochten, hinterließen sie am folgenden Morgen dennoch stets den faden Nachgeschmack quälender Scham. Gewann bei Tagesbeginn die Vernunft die Oberhand zurück, grämte der Fischer sich seiner Laster – bloß um bei Einbruch der Dunkelheit erneut den verbotenen Gelüsten zu erliegen, die ihn seit geraumer Zeit heimsuchten wie grausige Geister. Als er den Marktplatz erreichte, herrschte dort widerwärtigster Gestank. An verlassenen Ständen vergammelte Lammfleisch, Obst und Gemüse verfaulten, in den Brotlaiben spross der Schimmel. Einige der einsamen Bretterbuden waren während der letzten Nächte offenbar mutwillig zerstört worden; ringsum verteilte sich das zersplitterte Holz. Hennen flatterten in Hühnerkörben, daneben lag eine Magd im Sand und schlummerte. Kaum eine Menschenseele sonst zu sehen; lediglich am Brunnen lungerte eine Handvoll Dickwänste, deren vornehme Kleider bloß noch zerschlissenen Lumpen glichen. Einer der Burschen beugte sich über den Brunnenrand und übergab sich unter grässlichem Würgen. Abseits im Schatten der Bäume hockte die Frau des Fischers an ihrem Stand und schuppte Barsche. Es waren Fische, die er vor Tagen schon aus dem Meer gezogen hatte – und sie müffelten bereits, dass einem übel werden mochte. Unter den Augen seiner Frau wucherten ringförmige Gräben; ihr leeres Gesicht erinnerte an die erstarrte Miene einer Toten. Vom allgegenwärtigen Verfall der Stadt schien ihr Verstand keine Notiz mehr zu nehmen. Der Rausch, in den sie beide sich des Nachts gemeinsam flüchteten, beraubte sie zusehends ihrer Sinne. Betörende Getränke und benebelnde Schwaden hatten sein Weib längst in eine Süchtige verwandelt. Zwar liebte der Fischer sie noch wie beim Moment ihrer ersten Begegnung, seit den vergangenen Wochen wechselten sie jedoch kaum ein Wort. Nach Sonnenuntergang gaben sie sich zusammen unaussprechlichsten Verirrungen hin, um im darauffolgenden Morgengrauen beschämt ihrer Wege zu gehen und einander zu meiden – bis sie im abendlichen Zwielicht schließlich erneut der Ungeist trieb. Grau rieselte etwas auf seine Schulter herab, als er seiner Frau stumm seinen heutigen Fang überreichte. Verwundert hob der Fischer den Kopf … und sah Asche vom Himmel fallen. Das merkwürdige Rot am Horizont begann zu glosen gleich glimmender Glut. In den alles beherrschenden Mief mischte sich mit einem Mal eine weitere bestialische Note: Der stechende Gestank von Schwefel. Ächzend fuhr der Fischer sich über seine schweißnasse Stirn; die Luft war plötzlich von einer Hitze erfüllt wie in der sengenden Wüste – Wimpernschläge, bevor ein feuriges Geschoss aus den Wolken niedersauste und den gesamten Marktplatz lichterloh in Brand steckte. Seine Frau schrie, während die Erschütterung des Aufpralls sie beide von den Füßen riss. Unsanft landete der Fischer im Staub und sah seine Liebste mitsamt Fischstand in den sich rasch ausbreitenden Flammen verschwinden. Ungläubiger Schrecken raubte ihm den Atem. Was sich jäh vor seiner Nase abspielte, wirkte dunkelsten Albträumen entsprungen. Ein zweiter Stern, glutrot und tödlich, stürzte vom Himmel und zerschmetterte den Brunnen, dass die Steine flogen. Die betrunkenen Burschen verwandelten sich in lebende Fackeln, die unter schmerzverzerrtem Geschrei ihr Ende fanden. Der Fischer nahm die Beine in die Hand und floh in die Gassen – rannte um sein Leben, schneller als er es sich unter gewöhnlichen Umständen zugetraut hätte. Links und rechts krachten brennende Dächer ein. Rauchschwaden quollen aus Fenstern, die dunkel geränderten Wunden glichen. Türen rissen auf, Menschen stürmten panisch hervor. Das Herz des Fischers begann zu rasen, während seine Gedanken sich wild überschlugen. Was um alles in der Welt geschah hier? Unwillkürlich kamen ihm abermals die unheilvollen Gerüchte über jenen Nomaden in den Sinn. Seine Warnungen vor dem Gericht seines Gottes … Der Blick des Fischers schnellte zu den Schlosstürmen hoch oben auf dem Berge. Die prunkreiche Burg von König Bera ähnelte nur noch einem Schatten ihrer selbst: eine verkohlte Ruine, aus der alles Leben herausgebrannt worden war. Weiter in der Ferne verfinsterten pechschwarze Wolken den Horizont über dem Nachbarort Gomorrha. Er erreichte die offene Straße. Ringsumher leckten orangerote Zungen an den Häusern und Hütten, um Holz wie Lehm gierig zu verschlingen. Männer und Frauen fingen Feuer und stürzten in den brennenden Tod. Ein Rinnsal am Wegrand warf kochend Blasen. Jener alleinige Gott, von dem der Fremde gepredigt hatte, fuhr in einem Streitwagen aus blendendem Licht herab und versengte die Erde mit hitzigem Atem. Der glühende Hauch presste sich wie eine unsichtbare Flammenhand auf das Gesicht des Fischers; verbrannte ihm schmerzvoll die Haut, seine Brauen, das Haar. Kraftlos quälte er sich Schritt für Schritt unbeirrt vorwärts; schleppte sich schnaufend voran, seine Lunge gepeinigt vom stickigen Rauch – getrieben von dem einen verzweifelten Gedanken: Raus aus der verdammten Stadt! Um ihn herum brannte die Welt. Rotgelb loderte es aus allen Fenstern, zerbröckeltes Gestein glühte in ungeheurer Hitze. Neben einem flackernden Heukarren erspähte der Fischer einen reglosen Knaben, beide Arme starr zu den Wolken erhoben. Die Kleider schwellten und das Gesicht des Kindes glich verkokelndem Fleisch. Der schreckliche Anblick stach ihm in die Brust wie ein geisterhafter Speer; von Entsetzen erfüllt wandte der Fischer die Augen ab und richtete sie auf seine einzige Hoffnung: Das nahe Stadttor – der Weg hinaus aus Sodom! Sterne fielen vom Himmel und grauenerregende Schreie zerfetzten die Luft. Zu allen Seiten verwandelten sich Häuser in Ascheberge, warfen Bäume ihre glimmenden Blätter fort und zerbröselten zu Staub. Zwischen den Trümmern torkelten Gestalten in brennenden Gewändern und mit flammendem Haar. Trostloses Grau verschluckte das Grün der Gärten. Oben am Horizont wütete ein grelles Flammenmeer. Ein Feuerball, gewaltig wie das brennende Geschoss eines Katapults, schlug gefährlich nahe neben dem Fischer ein und wirbelte Kies auf. Blanke Furcht trieb seine tauben Beine zur Eile. Grob kämpfte er sich mit blanken Ellenbogen durch die wild gewordene Menge. Kopflose Massen überfluteten die Straßen, Flüchtende schnitten ihm in Todesangst den Weg ab. Geschiebe und Gedränge, jeder im Ringen ums eigene Überleben. Aus den Augenwinkeln sah der Fischer eine Frau zu Boden stürzen und von der stampfenden Fußherde niedergetrampelt werden. Der Säugling in ihren Armen schrie, während ein Greis am Wegrand hockte und das Grauen wie ein Kind weinend in sich aufnahm. Der Irrgeist, der Sodoms Bewohner des Nachts heimgesucht hatte, war zu einem Phantom der Panik geworden – einem lebenden Albtraum, der sie nun, im Antlitz ihres Untergangs, auch die letzte Fessel des Anstands abwerfen ließ. Plötzlich erhielt der Fischer einen Stoß, stolperte … und verlor noch im Sturz sämtliche Hoffnung. Sonnenklar...