E-Book, Deutsch, 251 Seiten
Krus / Jasmund / Bieker Psychomotorik in sozialpädagogischen Arbeitsfeldern
1. Auflage 2014
ISBN: 978-3-17-029049-5
Verlag: Kohlhammer
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark
E-Book, Deutsch, 251 Seiten
ISBN: 978-3-17-029049-5
Verlag: Kohlhammer
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark
Psychomotorik ist heute ein etabliertes Handlungskonzept in der Sozialen Arbeit, das eine Vielzahl von Interventionsmöglichkeiten auf den verschiedensten Arbeitsfeldern bietet. Das Buch liefert zunächst das Basiswissen für eine bewegungsorientierte Entwicklungs- und Persönlichkeitsförderung. Die Autorinnen behandeln dann entlang anschaulicher Beispiele die praktische Umsetzung psychomotorischer Ansätze in breitgefächerten Handlungs- und Aufgabenfeldern, die sich über die gesamte Lebensspanne von der Frühförderung bis zur Arbeit mit demenzkranken älteren Menschen ziehen. Zusammen mit den grundlegenden Fakten und einer profunden Methodenkenntnis liefert das Buch das notwendige Wissen für mehr Handlungskompetenz beim Einsatz der Psychomotorik.
Weitere Infos & Material
1;Deckblatt;1
2;Titelseite;4
3;Impressum;5
4;Vorwort zur Reihe;6
5;Zu diesem Buch;8
6;Inhalt;10
7;Teil I Allgemeine Grundlagen;14
7.1;1 Entwicklungslinien der Psychomotorik;16
7.1.1;1.1 Ernst Jonny Kiphard – der Vater der Psychomotorik in Deutschland;16
7.1.2;1.2 Entwicklungslinien der Psychomotorik;19
7.1.3;1.3 Psychomotorik im internationalen Kontext;27
7.1.4;1.4 Wirksamkeitsforschung in der Psychomotorik;32
7.2;2 Psychomotorik – Gegenstandsbestimmung;37
7.2.1;2.1 Bedeutungsdimensionen des Begriffs Psychomotorik;37
7.2.2;2.2 Schlüsselbegriffe der Psychomotorik;40
7.2.3;2.3 Die Bedeutung der Bewegung für Bildungs-und Erziehungsprozesse;46
7.3;3 Methodisch-didaktische Prinzipien professionellen psychomotorischen Handelns;58
7.3.1;3.1 Auswahl und Gestaltung des Settings;59
7.3.2;3.2 Auswahl des Materials;60
7.3.3;3.3 Sozialform;61
7.3.4;3.4 Stundenaufbau;61
7.3.5;3.5 Prinzipien psychomotorischen Handelns;62
7.3.6;3.6 Professionelle Haltung;63
7.4;4 Das Konzept der Psychomotorik in der Sozialen Arbeit;66
7.4.1;4.1 Professionelles Handeln in der Sozialen Arbeit;66
7.4.2;4.2 Auswahl und Begründung der eingesetzten Methoden;72
7.4.3;4.3 Psychomotorik als „neue Intervention“ in der Sozialen Arbeit;73
7.5;5 Psychomotorik in der Sozialen Arbeit – Das Darmstädter Modell;75
7.5.1;5.1 Schulsonderturnen in der Sozialen Arbeit (1976-1985);75
7.5.2;5.2 Sportförderunterricht und Psychomotorik (1985-1997);75
7.5.3;5.3 Psychomotorik und Sport in sozialpädagogischen Arbeitsfeldern (seit 1997);77
7.5.4;5.4 Von der kompetenzorientierten Psychomotorik zur reflexiven Leiblichkeit in der Sozialen Arbeit – Inhaltliche Entwicklung der Psychomotorik an der Hochschule Darmstadt;78
7.5.5;5.5 Psychomotorische Forschung;79
7.5.6;5.6 Die Projekt-Praxis im Studium der Sozialen Arbeit;79
7.5.7;5.7 Die verstehende Grundhaltung in einer psychomotorischen/verkörperten Sozialen Arbeit;87
8;Teil II Psychomotorische Arbeit in Handlungsfeldern der Sozialen Arbeit;90
8.1;1 Psychomotorik in Tageseinrichtungen für Kinder (0-6 Jahre);92
8.1.1;1.1 Die Betreuung von Kindern in Tageseinrichtungen in Deutschland – eine historische Einordnung;92
8.1.2;1.2 Rechtliche Einordnung des Handlungsfeldes;93
8.1.3;1.3 Gesetzlicher Förderauftrag von Kindern in Tageseinrichtungen;94
8.1.4;1.4 Kindertageseinrichtungen als Bildungsinstitutionen;95
8.1.5;1.5 Ganzheitliche individuelle Bildungs-und Entwicklungsförderung;97
8.1.6;1.6 Ganzheitliches Lernen in der Kindheit durch Bewegung und Spiel;97
8.1.7;1.7 Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen durch Psychomotorik;99
8.1.8;1.8 Psychomotorik in Tageseinrichtungen für Kinder;100
8.1.9;1.9 Psychomotorik im systemischen Ansatz der Familienbildung in Familienzentren;102
8.2;2 Psychomotorisches Handeln in sozialpädagogischen Arbeitsfeldern des Lern-und Bildungssystems Schule;105
8.2.1;2.1 Sozialpädagogische Arbeitsfelder in der Schule: Schulsozialarbeit und Tätigkeit als sozialpädagogische Fachkraft in der Schuleingangsphase;105
8.2.2;2.2 Anthropologische Orientierung in der Sozialpädagogik und Psychomotorik;106
8.2.3;2.3 Didaktisch-methodische Grundlagen der Psychomotorik in den sozialpädagogischen Handlungsfeldern von Schule;107
8.2.4;2.4 Ziele und strukturelle Elemente psychomotorischer Angebote;108
8.2.5;2.5 Medien und Methoden psychomotorischer Angebote – oder: Handeln, Fühlen, Interagieren – das psychomotorische Verständnis von Bewegung und Wahrnehmung;109
8.2.6;2.6 Psychomotorische Angebote in den sozialpädagogischen Handlungsfeldern von Schule;115
8.3;3 Psychomotorisches Arbeiten im Setting eines Sozialpädiatrischen Zentrums;121
8.3.1;3.1 Arbeitsfeld Sozialpädiatrisches Zentrum;121
8.3.2;3.2 Das Entwicklungs-und Störungskonzept der psychomotorischen Entwicklungstherapie;122
8.3.3;3.3 Diagnostik in der psychomotorischen Entwicklungstherapie;125
8.3.4;3.4 Ziele der psychomotorischen Entwicklungstherapie;126
8.3.5;3.5 Die psychomotorische Entwicklungstherapie;128
8.4;4 Psychomotorik in der Kinder-und Jugendhilfe;134
8.4.1;4.1 Kinder- und Jugendhilfe heute;134
8.4.2;4.2 Bewegung, Spiel und Sport in der Kinder- und Jugendhilfe;135
8.4.3;4.3 Psychomotorische Entwicklungsförderung in der Kinder- und Jugendhilfe;137
8.4.4;4.4 Methodisch–didaktische Überlegungen;142
8.4.5;4.5 Psychomotorische Haltung im pädagogischen Alltag;144
8.5;5 Psychomotorik als Bestandteil der Stadtteilarbeit in sozial benachteiligten Regionen;147
8.5.1;5.1 Leben tatsächlich arme Menschen in Deutschland?;147
8.5.2;5.2 Armut im Kindesalter;148
8.5.3;5.3 Resilienz im Kontext Armutslagen;151
8.5.4;5.4 Resilienzförderung durch Psychomotorik im Kontext Armutslagen;152
8.5.5;5.5 Die Mobile Bewegungsbaustelle – ein psychomotorisches Angebot für Eltern und Kinder in benachteiligten Regionen;155
8.5.6;5.6 Fazit und Ausblick;160
8.6;6 Belastungen und Ressourcen im Gleichgewicht – Psychomotorische Perspektiven auf betriebliche Gesundheitsförderung im Kontext der Sozialen Arbeit;163
8.6.1;6.1 Handlungsfelder und Handlungsaufgaben der Sozialen Arbeit im Gesundheitsbereich;163
8.6.2;6.2 Betriebliches Gesundheitsmanagement – Grundlagen auf nationaler und internationaler Ebene;165
8.6.3;6.3 Zentrale Handlungsfelder der betrieblichen Gesundheitsförderung;167
8.6.4;6.4 Psychische Belastungen und Stress am Arbeitsplatz;168
8.6.5;6.5 Betriebliche Gesundheitsförderung aus psychomotorischer Perspektive;172
8.6.6;6.6 Psychomotorische Gesundheitsförderung und Soziale Arbeit;182
8.7;7 Mototherapie – Die Umsetzung des psychomotorischen Gedankens in der klinischen Arbeit mit psychisch erkrankten Erwachsenen;187
8.7.1;7.1 Einleitung;187
8.7.2;7.2 Das Arbeitsfeld;188
8.7.3;7.3 Mototherapie als spezifische Bewegungstherapie in der psychiatrischen Klinik;191
8.7.4;7.4 Mototherapie dargestellt an der Körper-und Bewegungsarbeit mit depressiv Erkrankten;195
8.7.5;7.5 Qualifikationen;204
8.8;8 Einrichtungen in Bewegung. Organisationsentwicklung bewegt begleiten;207
8.8.1;8.1 Einleitung;207
8.8.2;8.2 Fallbeispiel: eine „psychomotorische Bildungseinrichtung“ für alle;208
8.8.3;8.3 Organisationen und ihre Organisationskultur: verborgen, aber wirksam;210
8.8.4;8.4. Auftragsklärung: Fach-und Prozessberatung;213
8.8.5;8.5 Widerstand: „…natürlich schütze ich mich“;214
8.8.6;8.6 Metaphorische Bewegungssituationen und reflexive Leiblichkeit;216
8.8.7;8.7 Praxisbeispiele;217
8.8.8;8.8 Fachwissen?;222
8.8.9;8.9 Fazit: Eine zarte Pflanze;223
8.9;9 Motogeragogik: Psychomotorik im Alter;226
8.9.1;9.1 Einleitung;226
8.9.2;9.2 Das Konzept;227
8.9.3;9.3 Psychomotorik mit vitalen Älteren;234
8.9.4;9.4 Psychomotorik im Alten- und Pflegeheim;235
8.9.5;9.5 Psychomotorik und Demenz;237
9;Teil III Weiterführende Informationen;242
9.1;1 Qualifizierungsmöglichkeiten;244
9.1.1;1.1 Studiengänge;244
9.1.2;1.2 Fachschulausbildung;246
9.1.3;1.3 Fort- und Weiterbildungen;246
9.2;2 Verbände und Organisationen;248
10;Verzeichnis der Autorinnen und Autoren;251
1 ENTWICKLUNGSLINIEN DER PSYCHOMOTORIK
Astrid Krus
Was Sie in diesem Kapitel lernen können
In diesem Kapitel erhalten Sie einen umfassenden Überblick über die Ursprünge und Entwicklungslinien der Psychomotorik in Deutschland. Ausgehend von den circensischen Bewegungsangeboten Jonny Kiphards in der Kinder- und Jugendpsychiatrie in Gütersloh entwickelte sich ein pädagogisch-therapeutisches Konzept der Psychomotorik, das seitdem durch theoretische Fundierung und „Verwissenschaftlichung“ eine Ausdifferenzierung erfährt. In Deutschland ist die Psychomotorik als Konzept untrennbar mit dem Namen Ernst Jonny Kiphard verbunden, der – ohne Zweifel – als der Vater der deutschen Psychomotorik bezeichnet wird. Der Vaterbegriff trifft die Entstehung des Konzeptes in besonderem Maße, da die Ursprünge einerseits in der Biografie eines hochgradig bewegungsaffinen/-begeisterten Menschen und andererseits in den praktischen Erfahrungen eines professionellen Bewegungsfachmanns gründen. Die zunächst personenbezogenen Inhalte wurden in den Anfangsjahren durch Ausprobieren und Nachahmen der bewährten Handlungsrezepte des Bewegungsfachmanns Kiphard verbreitet, die dem von Seewald (1991) titulierten Aspekt der „Meisterlehre“ entsprechen. Diese Entstehungsgeschichte weist aber zugleich bis heute wesentliche Merkmale psychomotorischer Arbeit auf, der eigene Zugang zur Bewegung und die Beziehungsgestaltung des Psychomotorikers zu seiner Klientel als zentrale Wirkfaktoren. 1.1 Ernst Jonny Kiphard – der Vater der Psychomotorik in Deutschland
1923 in Eisenach geboren, wurden Jonny Kiphard und sein Bruder Fritz von den Eltern in ihrer motorischen Begabung gefördert. Der Vater engagierte einen Meisterturner, der die Kinder am Reck im eigenen Garten unterrichtete und das Interesse Jonnys an circensischen Elementen unterstützte (vgl. Höhne/Jessel 2011, 54; Schäfer 2011, 58). Die Erfahrung eigener Bewegungsaktivitäten als lebensgestaltendes und handlungsleitendes Element zeigt sich in Kiphards Biografie auch in seiner beruflichen Tätigkeit sehr markant. Schon als Kind begeisterte ihn der Zirkus als Zuschauer und Aktiver. Bereits im Kindesalter probierte er vielfältige akrobatische Elemente aus und präsentierte diese auf Schulfesten und Feiern. Das Thema Zirkus und seine sportliche Neigung begleiteten Kiphard bis an sein Lebensende und bestimmten maßgeblich sein fachliches Wirken. Mit 17 Jahren zog Kiphard nach dem Abitur als Freiwilliger bei der Marine in den Krieg und blieb bis 1945 dem Zirkus gedanklich treu. Eine glückliche Fügung führte dazu, dass Kiphard im Lazarett mit dem Berufsmagier Harry Hohndorf auf einem Zimmer lag, der ihn in die Kunst des Zauberns einführte. Mit akrobatischen Einlagen und Zauberstücken organisierte Kiphard bald Artistenshows für die sogenannte Wehrbetreuung der Soldaten und tingelte nach seiner Freilassung aus britischer Gefangenschaft zunächst mit einem Akkordeonisten durch Schleswig-Holstein. Nach der Hochzeit machten sich seine Frau Ramona und er als Luftakrobatik-Künstler selbstständig; Kiphard hatte u. a. als Trapez-Akrobat und Clown Engagements im Zirkus Carl Althoff. Eine Knieoperation beendete seine Artistenlaufbahn, er blieb aber seinem Bewegungsthema treu und nahm stattdessen ein Sportstudium an der Universität zu Köln auf. Zunächst war er noch von der Idee angetan, nach erfolgreichem Abschluss eine Akrobatenschule zu eröffnen, die seinen bisherigen beruflichen Weg fortführen sollte. Im Rahmen seines Studiums beteiligte er sich an Bewegungsangeboten für behinderte Kinder, was zu einem Wandel seiner beruflichen Ausrichtung führte. Er intendierte nun nicht mehr die Besten der Besten weiter qualifizieren zu wollen, sondern wollte sich denen widmen, „die am unteren Ende der Leiter stehen und den ersten Schritt auf die untere Sprosse nicht wagen“ (Kiphard 2001, 9). Damit gab er eine sehr treffende Beschreibung für eine der Kernaufgaben der Psychomotorik, Menschen in ihrem Selbstbewusstsein zu stärken, so dass sie darin unterstützt werden, eigene Schritte vorwärts zu gehen, sich etwas zuzutrauen. Gegen Ende seines Studiums (1955) las Kiphard in einem Zeitungsartikel ein Interview mit der Leiterin der Westfälischen Jugendpsychiatrie in Gütersloh, Frau Dr. Elisabeth Hecker. Sie stellte im Rahmen ihrer Tätigkeit ein neues Konzept der Intervention mit Kindern und Jugendlichen vor, das interdisziplinär ausgerichtet auf die individuellen Bedürfnisse der Kinder zugeschnitten werden und sie zur Selbsttätigkeit anregen sollte. Von dem grundlegenden Ansatz begeistert, kritisierte Kiphard allerdings das Fehlen einer Bewegungsfachkraft im Team, was er Frau Hecker schriftlich mitteilte. Sie lud ihn daraufhin zu einem Gespräch ein, in dem er über seine positiven Erfahrungen in der Arbeit mit gehemmten Kindern berichtete, die über Bewegungs- und Erfolgserlebnisse in ihrem Selbstvertrauen gestärkt wurden. All diejenigen, die Jonny Kiphard bis in das Jahr 2010 hinein noch leibhaftig und in seiner charismatischen Art und Weise erleben und begleiten durften (vgl. Höhne/Jessel 2011), konnten die Reaktion von Elisabeth Hecker, ihn mit Beginn des Folgetages in der Klinik einzustellen, nachvollziehen. Unter einfachsten Bedingungen, d.h. ohne Turnhalle und die in den Folgejahren entwickelten psychomotorischen Übungsgeräte, gestaltete Kiphard mit Alltagsmaterialien Bewegungsangebote, die das kindliche Spiel betonten und die er selbst als „im vorsportlichen Bereich“ (Kiphard 2001, 10) angesiedelt beschrieb. Die Zielgruppe seiner Intervention erweiterte sich um aggressive und hyperaktive Kinder, für die er Übungseinheiten zusammenstellte. Sein im Rahmen des Sportstudiums erworbenes, primär sporttechnisches Wissen konnte er bei den bewegungsgehemmten, überaktiven oder auch aggressiven Kindern nur begrenzt einsetzen, so dass er sich mehr seiner circensischen und rhythmisch-musikalischen Kompetenzen bediente. Ihn beeindruckte die heilpädagogische Rhythmik nach Charlotte Pfeffer, die in ihren Publikationen für ihre Arbeit mit körperlich und geistig behinderten Kindern den Terminus „psychomotorische Erziehung“ einführte (vgl. Pfeffer 1958). Kiphard übernahm diesen Begriff der Psychomotorik oder – wie er es später nannte – der psychomotorischen Übungsbehandlung, da in jedem Bewegungsangebot „das innere Gefühl und auch das Kognitive eine Rolle spielte“ (Pfeffer 1958, 11), indem „das Bewegungsmäßige sehr stark verbunden ist mit dem Verhalten eines Kindes“ und „das innerlich Erlebte dann auch wieder äußerlich im motorischen Verhalten sichtbar wird“ (ebd., 10). 1958/59 erhielten Kiphard und Kolleginnen vom Sozialminister NRW den Forschungsauftrag, die Grundlagen der psychomotorischen Übungsbehandlung zu entwickeln, was mit der Übungsfibel „Bewegung heilt“ 1960 (Hünnekens/Kiphard 1960/1971) erfolgreich abgeschlossen wurde. Die Intention dieser Publikation war es, das psychomotorische Gedankengut insbesondere im elementarpädagogischen Bereich zu etablieren, um Entwicklungsstörungen bei Kindern entgegenzuwirken und den Sitzkindergarten zum Bewegungskindergarten zu führen, eine gerade heute wieder hochaktuelle Forderung nach mehr Bewegung im Kindergartenalltag. Durch Vorträge und Veröffentlichungen von Kiphard und Hünnekens angeregt, stieg die Nachfrage nach Schulungen in diesem neuen Fachgebiet, die zu Beginn primär für Mitarbeiterinnen in Heimen und Einrichtungen des Landschaftsverbandes ausgerichtet waren (vgl. Schäfer 2011, 62). Das wachsende Interesse einerseits und das Fehlen speziell ausgebildeter Bewegungsfachleute andererseits mündete 1974 nach einem legendären Waldspaziergang von Hünnekens, Kiphard und Schilling in die Gründung eines interdisziplinären Arbeitskreises für spezielle Bewegungspädagogik und psychomotorische Therapie, aus dem 1976 der Aktionskreis Psychomotorik (AKP) als erster deutscher Interessenverband hervorging. Ein zentrales Anliegen der engagierten Gründungsmitglieder des AKP war es, die Inhalte der psychomotorischen Praxis zu systematisieren und fachspezifisch zu formulieren, um sie dann einem breiteren Fachpublikum zugänglich zu machen. Eine Grundlagenkommission und eine Kommission Fortbildung und Curriculum wurden 1977 mit diesen Aufgaben betraut. Die Arbeitsgruppe um Hünnekens und Kiphard legte den curricularen Grundstein für eine vierwöchige Zusatzqualifikation Motopädagogik im AKP, für die einjährige Fachschulausbildung Motopädie sowie für den zweijährigen Aufbau-/Masterstudiengang Motologie an der Philipps Universität Marburg. Aus der Meisterlehre entwickelte sich ein theoretisch fundiertes Konzept, das über Nachahmen und Ausprobieren hinaus lehr-/lernbare Qualifikationen hervorbrachte und durch...