Kühling | Zuviel | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 220 Seiten

Kühling Zuviel


1. Auflage 2024
ISBN: 978-3-7693-9044-5
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

E-Book, Deutsch, 220 Seiten

ISBN: 978-3-7693-9044-5
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Dreizehn Milliarden Menschen sind zu viele. Alles wird durch die Macht des Geldes korrumpiert. Egoismus und Gier verhindern den Kampf gegen alle Krisen. Naturkatastrophen, Verteilungskämpfe und Flüchtlingsströme sind die Folge. Es gibt keine Gemeinsamkeit mehr, nur noch Gegner. Ohne Vertrauen sind Staaten unregierbar. Im größten Chaos übernimmt eine KI die Weltherrschaft - Galaxie. Man hat sie darauf programmiert den Fortbestand der Menschheit zu sichern. Darin ist sie - gnadenlos. Die letzte Hoffnung - eine junge Frau ... Was passiert, wenn eine Künstliche Intelligenz die wirtschaftliche, politische und administrative Herrschaft über die Westliche Welt übernimmt und logische, evidenzbasierte Entscheidungen durchsetzt. Eine junge Journalistin, eine Rebellin und ein Abenteurer stellen sich der KI und finden die Liebe.

Ralf Kühling wurde 1958 im Ruhrgebiet geboren. Er ist selbständiger Goldschmiedemeister und lebt mit seiner Familie im Nordschwarzwald. Kühling erzählte seinen vier Kindern jahrelang Gutenachtgeschichten bevor er zum Schreiben kam. Seine Kriminalromane sind im Emons Verlag erschienen.

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EINS
„Kaffee?“ Im Halbschlaf hatte sie schon die Espressokanne brodeln und zischen gehört. Als Simon, der Mann der zurzeit bei ihr wohnte, die Milch aus dem Kühlfach genommen hatte, war die Kühlfachtür mit einem saugenden Geräusch aufgegangen, für das es kein Wort gab. Wenn man es beschreiben wollte, musste man es nachahmen, ungefähr so: ffffluppe. Sie versuchte es, spitzte den Mund und sagte: „Ffffluppe“, wobei man das „e“ fast nicht hörte. Dann öffnete sie die Augen und sah in Simons erstauntes Gesicht. „Was?“ fragte sie verschlafen. „Kaffee, ja danke.“ Sie nahm den Becher entgegen. Simons Fantasie reichte nicht, um „ffffluppe“ spontan zu verstehen und sein Interesse reichte nicht, um nachzufragen. Eine seiner guten Seiten. Wie war sie nur an ihn geraten. Irgendwie war er ihr zugelaufen wie ein herrenloser Hund, so fühlte es sich zumindest meistens an. Simon stand morgens früh auf und arbeitete schon, während sie noch schlief. Sie schlief immer lange. Dafür wurde es bei ihr abends oft spät. Wenn sie aus irgendeinem Club nach Hause kam, schlief Simon schon. Musik, Tanzen und andere Leute seien nicht so sein Ding. Zahlen waren sein Ding. Er berechnete komplizierte Sachverhalte für die Galaxie-Universal-Versicherung. Wenn sie ihn damit aufzog, dass die KI das zehnhochzwanzigmal schneller könnte, antwortete er, dass man für Zahlen Kreativität bräuchte. Als ob Künstliche Intelligenz nicht kreativ sei. Stattdessen wünschte sie sich, dass er seine Kreativität gelegentlich bei ihr einsetzen würde. Immerhin war er sehr ordentlich, mathematisch ordentlich. Sie hatte auch gerne Ordnung, aber leider fehlte ihr meistens die Zeit, für Ordnung zu sorgen. Sie trank einen Schluck Kaffee und hielt mit der rechten Hand den Kaffeebecher auf Augenhöhe. Dort stand PAINDRAIN. Ein Werbedings für die Galaxie-Kopfschmerz-Tablette, ihr einziger Becher ohne Sprung, wenn man davon absah, dass sie den Henkel wieder ankleben musste, nachdem sie den Becher Simons Vorgänger an den Kopf geworfen hatte. Über dem Logo stand ganz klein: Es gibt 39 Arten von Kopfschmerzen. Unter PAINDRAIN stand: lindert 35 total. Auf der Rückseite der Tasse stand: Sorge dich nicht um 4 … Immer wenn sie nur die Rückseite betrachtete, dachte sie, warum sie sich um 16 Uhr, oder nachts um vier, keine Sorgen machen sollte. Oder sollte sie sich nicht um vier Dinge sorgen? Aber um welche vier? Sie hielt ihre linke Faust neben den Becher auf Augenhöhe und zählte, leise murmelnd, die vier Gründe auf, weshalb sie Simon immer noch bei sich wohnen ließ: „Nicht neugierig.“ Sie streckte den Daumen aus ihrer Faust aus und sagte im Geiste, phlegmatisch. Sie streckte den Zeigefinger aus und murmelte: „Räumt super auf“. Im Geist sagte sie: Supersupersupersupersuper! Dann streckte sie den Mittelfinger aus. „Drei“. Okay, zwei-, dreimal im Monat war sie ganz froh, dass sie ihn hatte. Viertens … „Musst du nicht zur Arbeit?“ Simon war aus seiner Beschäftigung in ihre Welt aufgetaucht, weil er instinktiv gemerkt hatte, dass etwas nicht in Ordnung war, sie war zu spät dran. Sie nahm den letzten Schluck Kaffee, rief: „Geht schon los“, und sprang aus dem Bett. Sie hätte nicht rufen müssen, denn ihr Galaxie-Standard-Ein-Personen-Quartier war kaum größer als zwanzig Quadratmeter, also um genau zu sein, einundzwanzigeinhalb Quadratmeter, wenn sie das Duschklo mitrechnete. Die Duschinfo zeigte drei Minuten, achtundzwanzig Grad, also wieder nur lauwarmes Wasser. Wenn sie die Haare waschen wollte, musste sie früher aufstehen. Also verzichtete sie auf die Haarwäsche, fühlte sich nach der Dusche aber trotzdem erfrischt und tatendurstig. Deshalb kam sie ganz provokativ mit weit über den Kopf erhobenen Armen, einen Pferdeschwanz. „Wenn du die Bahn in fünf Minuten bekommst, bist du wieder in der Zeit“, sagte Simon dazu. Was hatte sie erwartet? Sie beeilte sich. Natürlich erreichte sie die Bahn gerade rechtzeitig, um sie abfahren zu sehen. Also laufen. Sie nahm die Abkürzung quer durch die Altstadt. Früh am Morgen ging das – um diese Zeit war das vielleicht auch noch möglich. Eine Zeit lang folgten ihr zwei Hunde. Sie hatte schon ihr Pfefferspray in der Hand, da kamen ein paar Leute die Straße hoch auf sie zu gerannt, die Hunde verschwanden in einem Hinterhof. TeÄn griff das Pfefferspray fester und drückte sich in eine Nische. Es waren fünf, sie liefen direkt auf sie zu. Dann bogen zwei in eine Toreinfahrt ab, zwei rannten über die Straße auf die andere Seite, nur noch einer hetzte an ihr vorbei und huschte kurz darauf in einen Hauseingang. Aus den Gassen schallten die Tritte von noch mehr laufenden Menschen, aber sie sah niemanden mehr. Dieses Altstadtviertel war noch aus dem vorigen Jahrhundert, oder einem davor? Verwinkelte Gassen, verschachtelte Hinterhöfe. Der unüberschaubare Mix aus vergangener Grandezza, Verfall und Improvisation bildete die immobile Kulisse für tausende von Leben, die nur dann etwas bedeuteten, wenn sie dir nahekamen, zu nahe. Sie ließ die Hand in ihrer Tasche am Pfefferspray, sicher ist sicher. Sie kam zehn Minuten zu spät zur Arbeit. „So what“, sagte sie. Sie arbeitete bei der Galaxie-Tages-Zeitung als Reporterin. Ungefähr so ein wichtiger Job wie Simons Zahlen; die KI wusste sowieso alles, und sicher konnte sie auch Pulitzer verdächtige Reportagen schreiben und jede Menge toller Fotos von den Überwachungskameras dazu liefern. „Schon wieder“, sagte ihre Vorgesetzte, Ressort-Chefin Marie-Anne Strote, nachdem sie in deren Büro gerufen worden war. „Minus ein Punkt“, sagte der PSC, der Personal-Score-Counter auf dem Schreibtisch und wertete ihre Social-Scores auf 643 Punkte ab. „Meine liebe Trixi“ … TeÄn hasste es, wenn jemand sie mit ihrem Vornamen ansprach. In der zweiten Klasse hatte sie eine Mitschülerin, Annabelle Soundso, die hatte einen kleinen weißen Hund, der Tricks konnte und Trixi hieß. Als sie mal bei Annabelle zu Besuch gewesen war, musste der Hund seine Tricks vorführen. Männchen machen, Pfote geben, durch die Beine eine Acht laufen, sich auf den Rücken und dann ganz rum rollen. Und weil Trixi nun mal genau so hieß wie der Hund, fand Annabelle es toll, wenn Trixi auch solche Kunststücke vorführen würde. Und weil Trixi gerne Annabelles Freundin sein wollte, machte sie alle die Kunststücke, und Annabelle lachte, und sie wurden nie Freundinnen. Und ganz sicher würden nie Leute ihre Freundinnen oder Freunde werden, die sie Trixi nannten. Ihre Freunde nannten sie „TeÄn“, abgeleitet von ihren beiden Anfangsbuchstaben T und N. „… Trixi Nirwana Tiefewasser. Wie schaffst du das nur immer? Schon wieder zehn Minuten zu spät!“ – Pause. Trixi fühlte sich zu einer Antwort genötigt: „Äh – die Bahn ist zu früh abgefahren.“ Der PSC auf dem Schreibtisch ihrer Vorgesetzten sagte mit einer sehr freundlichen, verbindlichen Männerstimme: „642 Punkte“. „Das bringt doch nichts zu lügen, Trixi. Du bist meine beste Reporterin, aber alle Scores, die du dir mit deinen Reportagen erwirbst, verlierst du wieder durch dein unangepasstes Sozialverhalten. 642 Punkte, jemand mit deiner Intelligenz, deinen Fähigkeiten, deinem Aussehen, sollte leicht über 1500 kommen.“ TeÄn dachte: Was hat mein Aussehen damit zu tun? „Wenn du so weiter machst, bist du in ein, zwei Wochen eine von den Zuvielen.“ Ihre Stimme klang kein bisschen besorgt oder empathisch,als KI-Mensch-Kontakter war Marie-Anne Strote wenig begabt. Die Galaxie-Tages-Zeitung wurde, wie alle Galaxie-Organisationen, von der Künstlichen Intelligenz kontrolliert, die ein Teil des Galaxie-KI-Verbundes war. Natürlich hätten alle Menschen, die dort beschäftigt wurden, direkt gelenkt werden können, aber die KI zog es aus psychologischen Gründen vor, einen Kontakter dazwischen zu schalten. Naja, auf die Art hatte Marie-Anne wenigstens auch etwas zu tun. „Dann gehst du wohl besser an die Arbeit, du hast ja schon genug Zeit verloren“, sagte Marie-Anne Strote und wedelte TeÄn mit einer affektierten Geste aus ihrem Büro. TeÄn hätte sich am liebsten direkt, nachdem sie Marie-Annes Büro verlassen hatte, an die Tür gelehnt und geschrien, aber leider hatten die Büros Glaswände und Türen. So ging sie erstmal zum Kaffeeautomaten. Kaffee half immer, oder ein schöner kalter Galaxie-Shot, aber der musste bis zum Abend warten. „Na, geht es jetzt los? Erstmal einen Kaffee, was. Ich bin schon seit einer Stunde da.“ TeÄn sah die Kollegin von oben bis unten an, dachte, so siehst du auch aus, nahm den Kaffee und ließ die Zicke einfach stehen. Sie suchte sich einen für die Arbeit vorgesehenen Massagesessel, setzte die Polarisbrille auf, die ihr ein ungetrübtes, astreines, super FR (fast reales) 3D-Holo garantierte, sah zu der grünen Wand, wie alle ihre Kollegen...



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