Kufsteiner | Der Bergdoktor 2002 | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 2002, 64 Seiten

Reihe: Der Bergdoktor

Kufsteiner Der Bergdoktor 2002

Dr. Burger und der Simulant
1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-7325-8951-7
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

Dr. Burger und der Simulant

E-Book, Deutsch, Band 2002, 64 Seiten

Reihe: Der Bergdoktor

ISBN: 978-3-7325-8951-7
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Dr. Burger und der Simulant
Niemand glaubte ihm, als er um Hilfe rief
Von Andreas Kufsteiner

Ferdinand Steinbichler gehört einer der schönsten Höfe in St. Christoph. Seit der Erbhofbauer verwitwet ist, hat er sich zu einem rechten Hypochonder entwickelt. Ständig konsultiert er den Bergdoktor, weil er überzeugt ist, an einer ernsten Krankheit zu leiden.
Dr. Martin Burger behandelt ihn mit Geduld und pflanzlichen Stärkungsmitteln und versucht, ihm wieder etwas Lebensfreude zu vermitteln, die ihm als Witwer offenbar verloren gegangen ist. Im Dorf hat Ferdinand bereits den Spitznamen 'Simulant', es wird viel hinter seinem Rücken geredet und gelacht. Besonders seine Tochter Marlis leidet darunter, dass ihr Vater sich mit seinen erfundenen Krankheiten so lächerlich macht, kann aber nichts daran ändern. Auch dass er eine Pflegerin einstellt, kann sie ihm nicht ausreden.
Marlis ist von Anfang an klar, dass die junge Frau lieber einheiraten als pflegen möchte. Doch sie kann nicht ahnen, wie berechnend und überaus schamlos Heidi die 'Schwäche' des Bauern ausnutzt ...

Kufsteiner Der Bergdoktor 2002 jetzt bestellen!

Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


Dr. Burger und der Simulant

Niemand glaubte ihm, als er um Hilfe rief

Von Andreas Kufsteiner

Ferdinand Steinbichler gehört einer der schönsten Höfe in St. Christoph. Seit der Erbhofbauer verwitwet ist, hat er sich zu einem rechten Hypochonder entwickelt. Ständig konsultiert er den Bergdoktor, weil er überzeugt ist, an einer ernsten Krankheit zu leiden.

Dr. Martin Burger behandelt ihn mit Geduld und pflanzlichen Stärkungsmitteln und versucht, ihm wieder etwas Lebensfreude zu vermitteln, die ihm als Witwer offenbar verloren gegangen ist. Im Dorf hat Ferdinand bereits den Spitznamen „Simulant“, es wird viel hinter seinem Rücken geredet und gelacht. Besonders seine Tochter Marlis leidet darunter, dass ihr Vater sich mit seinen erfundenen Krankheiten so lächerlich macht, kann aber nichts daran ändern. Auch dass er eine Pflegerin einstellt, kann sie ihm nicht ausreden.

Marlis ist von Anfang an klar, dass die junge Frau lieber einheiraten als pflegen möchte. Doch sie kann nicht ahnen, wie berechnend und überaus schamlos Heidi die „Schwäche“ des Bauern ausnutzt …

„Oha, was war jetzt das?“ Ferdinand Steinbichler riss die Augen erschrocken auf.

Eine beängstigende Beklemmung hatte von seinem Herzen Besitz ergriffen und schien sich mit jedem Schlag, mit jeder Sekunde zu verstärken. Der Altbauer atmete ganz flach und vorsichtig, in der Hoffnung, dass sich die Beschwerden schnell wieder legten. Er presste die Lippen fest zusammen und gestattete es nur noch einem ganz schmalen Luftstrom, durch seine Nasenlöcher zu fließen.

„Ruhe, immer mit der Ruhe!“ In den tiefblauen Augen des Sechsundziebzigjährigen schimmerte das pure Unbehagen. Er musste sich zusammenreißen und sich entspannen. Dr. Burger hatte ihm das immer wieder gesagt. Nur keine Panik, alles ging vorbei. Und meist steckte nicht viel hinter den Beschwerden. Doch man wusste ja schließlich nie …

„Auweh!“ Ein Stich wie von einem Hirschfänger, mitten ins Herz hinein. Und dazu diese Beklemmung, die sich ständig weiter intensivierte, obwohl er es kaum noch wagte, Luft zu holen. Das war nicht normal. Und das konnte auch nicht harmlos sein.

Oh nein, solche Schmerzen, die in seinem Brustkasterl einen wahren Orkan des Leidens entfachten, die mussten etwas bedeuten!

Nur noch ein paar Sekunden, dann würde es gewiss besser.

Ferdinand langte mit zittrigen Händen nach seinen Herztropfen. Das Fläschchen entglitt seinen Fingern und rollte unter sein Bett. Auch das noch!

In Momenten wie diesem vermisste er schmerzlich eine Pflege, die auch den Namen verdiente. Nicht das halbherzige „das wird schon wieder“ von seiner Tochter, nicht das geheuchelte Mitleid seines Schwiegersohns. Eine seriöse Pflegerin brauchte er. Jemanden, der in solchen Notsituationen wie gerade jetzt für ihn da war, ihn betreute und den Bergdoktor alarmierte.

Ja, Dr. Burger musste her! Die Beschwerden ließen einfach nicht nach. Das konnte und durfte er nicht anstehen lassen. Dagegen musste etwas getan werden!

Der Altbauer beugte sich ächzend zur Seite und drückte auf den Alarmknopf, der drunten im Erdgeschoss schrillte. So laut, dass er es auch in seiner Schlafkammer noch hören konnte.

Eigentlich hatte er ja einen direkten Alarmruf ins Doktorhaus verlangt, doch davon hatte seine Tochter nichts wissen wollen.

„Magst du dich vielleicht noch mehr blamieren mit deinen eingebildeten Krankheiten? Man traut sich ja nimmer aus dem Haus, weil die Leute sich kaputtlachen“, hatte Marlis ihn gescholten, sich dann aber zumindest zu diesem internen Notruf überreden lassen.

Ferdinand wusste, dass er das Dr. Burger verdankte. Der Bergdoktor, wie er von den Menschen in St. Christoph respektvoll genannt wurde, hatte stets Verständnis für all seine Patienten, auch für ihn. Dass die Leute im Dorf über ihn lachten, ihm den Spitznamen „der Simulant vom Erlenhof“ verpasst hatten und ihn als alten Spinner betrachteten, der vom Leben nichts mehr wissen wollte, sich deshalb in eingebildete Krankheiten flüchtete, wusste er natürlich.

Auch wenn er bettlägerig war und sein Allgemeinzustand meist sehr zu wünschen übrig ließ, hatte er doch den Kontakt zur Außenwelt nicht ganz verloren. Bimberl, der Großknecht vom Erlenhof, war ihm treu ergeben und hielt ihn über alles, was sich in St. Christoph so abspielte, auf dem Laufenden.

Ferdinand keuchte. Die Beklemmung in seiner Brust war nun so stark, dass er Angst bekam zu ersticken. Und drunten regte sich nichts.

Wütend malträtierte er den Alarmknopf. Waren die vielleicht taub? Oder war es ihnen schlicht egal, dass er hier schreckliche Qualen zu leiden hatte? Eine solche Ignoranz war wirklich kaum zu fassen.

Seit er die Hofleitung aus gesundheitlichen Gründen an seinen Schwiegersohn Franz übergeben hatte, war er wohl abgemeldet. Zu nichts mehr gut, nur noch überflüssiger Ballast, den man am liebsten bei nächster Gelegenheit abwerfen wollte. Aber nicht mit ihm! Er war noch immer der Herr auf dem Erlenhof. Und er konnte deshalb auch verlangen …

„Mei, Vater, was ist denn jetzt schon wieder?“ Marlis Feist, die Bäuerin, erschien in der Kammertür und musterte ihren Vater unwillig.

Sie war eine dralle Person mit goldblondem Haar und den gleichen tiefblauen Augen, wie Ferdinand sie hatte. In der Regel war Marlis eine Seele von Mensch, und sie führte eine harmonische Ehe, aus der die hübsche Tochter Lisa hervorgegangen war.

Diese machte momentan eine Ausbildung zur Pferdewirtin in der Steiermark und würde bald heimkehren. Alle freuten sich auf ihre Rückkehr, auch der Großvater. Zugleich tat er aber alles, um die sonst stets friedliche Atmosphäre auf dem Erlenhof mit seinen Vorwürfen und Beschwerden zu belasten.

„Was soll sein? Ich sterbe vielleicht. Freut’s dich?“, stieß er ärgerlich aus. „Einen Respekt bitt ich mir aus. Ruf den Bergdoktor, es geht mir sehr schlecht.“

Marlis trat an das Bett des Vaters und musterte ihn aufmerksam.

„Du hast zu viel gegessen. Ich hab’s dir gleich gesagt. Zwei Stücke Strudel packt deine Galle net. Jetzt hast du den Salat.“

„Bist du neuerdings Ärztin? Ich verzichte auf deine falschen Schlüsse und verlange …“

„Schon gut, ich ruf Doktor Burger. Wirst sehen, dass ich recht behalt. Ein schweres Essen am Abend hat er dir doch schon so oft verboten. Wenn du so unvernünftig bist …“ Sie hob die Schultern und wandte sich zum Gehen.

Ferdinand griff sich mit Leidensmiene ans Herz.

„Sei net so frech. Vielleicht redest du gerade das letzte Mal mit mir.“

Die Bäuerin seufzte, schenkte sich eine Erwiderung und verließ die Schlafkammer, die in früheren Zeiten von beiden Eltern benutzt worden war. Doch seit ihre Mutter das Zeitliche gesegnet hatte, war die Kammer zum Krankenzimmer geworden, obwohl es auf dem Erlenhof keinen ernsthaft Kranken gab.

Marlis war davon überzeugt, dass ihr Vater sich aus Kummer und Einsamkeit in seine eingebildeten Krankheiten flüchtete. Er vermisste die Mutter, ohne sie schien das Leben für ihn keinen Sinn mehr zu haben. Und obwohl sie und ihr Mann Franz schon vieles versucht hatten, um das wieder zu ändern, blieb Ferdinand bei seiner Haltung. Vielleicht glaubte er ja selbst an all die Leiden, die ihn angeblich ständig quälten.

„Was war denn?“ Franz trat aus dem Arbeitszimmer und bedachte seine Frau mit einem fragenden Blick.

Er war ein Gemütsmensch, mit dem man nur schwer in Streit geraten konnte. Aus seinem gutmütigen Gesicht blickten die Augen nachsichtig in die Welt. Franz sah in allem nur das Gute, er konnte nicht anders.

Deshalb stieß der Altbauer mit seinem Lamento beim Schwiegersohn eher auf Verständnis, auch wenn Franz ihm das nicht zu deutlich zeigte, um ihn in seiner Haltung nicht noch zu bestärken.

Was Ferdinand für Desinteresse hielt, war in Wahrheit hilfloses Mitgefühl. Oft genug hatte der Bauer das Gefühl, zwischen allen Stühlen zu sitzen. Es jedem auf dem Erlenhof recht zu machen schien leider unmöglich. Und das lief seinem Harmoniebedürfnis ganz und gar zuwider.

Marlis ging ins Arbeitszimmer und griff nach dem Telefon, um Dr. Burger anzurufen.

„Zu viel gegessen hat er. Und jetzt ist’s ein Stöhnen, Heulen und Zähneklappern. – Herr Doktor? Bitte entschuldigen Sie die Störung, da ist die Marlis Feist. Mein Vater klagt über Beklemmungen und Herzbeschwerden. Könnten Sie … Ja? Mei, das ist nett von Ihnen, vielen Dank.“ Sie legte das Telefon weg und seufzte. „Er kommt gleich vorbei.“

Franz ließ sich wieder hinter dem Schreibtisch nieder, an dem er eben Lohnabrechnungen geschrieben hatte, und bedachte seine Frau mit einem unbehaglichen Blick.

„Es ist net recht, dass wir ihm den Feierabend stehlen, wenn der Ferdl nur Blähungen hat.“

„Wem sagst du das. Aber was soll ich machen? Der Vater besteht drauf. Magst du dir vielleicht den ganzen Abend über dieses Geklingel anhören? Du kennst ihn doch, so schnell gibt er net auf.“

„Hast recht. Ich wünschte nur, der Bergdoktor hätte was gegen seine eingebildeten...



Ihre Fragen, Wünsche oder Anmerkungen
Vorname*
Nachname*
Ihre E-Mail-Adresse*
Kundennr.
Ihre Nachricht*
Lediglich mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Wenn Sie die im Kontaktformular eingegebenen Daten durch Klick auf den nachfolgenden Button übersenden, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihr Angaben für die Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Selbstverständlich werden Ihre Daten vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Das Datenhandling bei Sack Fachmedien erklären wir Ihnen in unserer Datenschutzerklärung.