Kufsteiner | Der Bergdoktor 2284 | E-Book | www.sack.de
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E-Book, Deutsch, Band 2284, 64 Seiten

Reihe: Der Bergdoktor

Kufsteiner Der Bergdoktor 2284

Herzenswege
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-7517-8007-0
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Herzenswege

E-Book, Deutsch, Band 2284, 64 Seiten

Reihe: Der Bergdoktor

ISBN: 978-3-7517-8007-0
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Lukas Pichler hat die Berge seiner Kindheit längst hinter sich gelassen. Als erfolgreicher Höhlenforscher und Geologe bereist er die entlegensten Winkel der Welt - stets auf der Flucht vor der Vergangenheit. Denn in St. Christoph lastet ein dunkler Schatten auf seinem Namen: Der tragische Tod seines Stiefbruders Alwin machte ihn einst zum Außenseiter, zum Geächteten. Obwohl seine Unschuld bewiesen wurde, war es zu spät. Selbst Hannah, die einzige Frau, die er je geliebt hat, glaubte an seine Schuld. Doch als nach Jahren plötzlich ein verzweifelter Anruf von Hannah kommt, hat Lukas keine Wahl. Ihr Bruder Michael ist in einem Höhlensystem am Achenkegel verschollen - nur Lukas kennt die geheimen Gänge und verborgenen Ausgänge des Berges. Gemeinsam mit einem Rettungsteam wagt er sich in die Dunkelheit. Doch während der dramatischen Suche droht die Vergangenheit ihn endgültig einzuholen ...

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Herzenswege

Manchmal braucht es eine Heimkehr, um ans Ziel zu kommen

Von Andreas Kufsteiner

Lukas Pichler hat die Berge seiner Kindheit längst hinter sich gelassen. Als erfolgreicher Höhlenforscher und Geologe bereist er die entlegensten Winkel der Welt – stets auf der Flucht vor der Vergangenheit. Denn in St. Christoph lastet ein dunkler Schatten auf seinem Namen: Der tragische Tod seines Stiefbruders Michael machte ihn einst zum Außenseiter, zum Geächteten. Obwohl seine Unschuld bewiesen wurde, war es zu spät. Selbst Hannah, die einzige Frau, die er je geliebt hat, glaubte an seine Schuld.

Doch als nach Jahren plötzlich ein verzweifelter Anruf von Hannah kommt, hat Lukas keine Wahl. Ihr Bruder Michael ist in einem Höhlensystem am Achenkegel verschollen – nur Lukas kennt die geheimen Gänge und verborgenen Ausgänge des Berges. Gemeinsam mit dem Bergdoktor und einem erfahrenen Rettungsteam wagt er sich in die Dunkelheit. Doch während der dramatischen Suche droht die Vergangenheit ihn endgültig einzuholen ...

»Herr Pichler, bitte warten Sie!«

Lukas Pichler stieg gerade den Bergpfad zu seinem Haus hoch, als ihn der Ruf erreichte. Er stockte und wandte sich um. Ein Kuvert schwenkend, kam die Nachbarin auf ihn zu gerannt und blieb schwer atmend vor ihm stehen.

»Das hat der Postbote bei mir abgegeben«, keuchte die korpulente Bäuerin und drückte Lukas einen braunen Umschlag in die Hand. »Dem Gustl war der Weg zu Ihrer Hütte mal wieder zu beschwerlich«, fügte sie erklärend hinzu. »Ist auch eine Klettertour bis zu Ihnen hinauf, und der Gustl ist nicht mehr der Jüngste. Da ist er froh, wenn ich die Post übernehme und an Sie weiterreiche.« Sie lächelte. »Ein Gruß aus der Heimat?«

Lukas gab das Lächeln zurück und steckte den Brief unbesehen in seine Jackentasche.

»Wahrscheinlich nur Werbung«, wich er aus.

Was sollte es auch sonst sein? Er erhielt seine Briefe – bis auf wenige Ausnahmen – postlagernd und holte sie selbst beim Postamt in Meran ab. Emilia Kofler hatte ihm angeboten, einen Briefkasten auf ihrem Hof zu installieren, der die letzte Ansiedlung im Ort war, bevor es den schroffen Weg zu seiner Behausung hinaufging.

Es war ein lieb gemeintes Angebot. Aber die Bäuerin war nicht nur hilfsbereit, sie war auch neugierig und nutzte jede Gelegenheit, um seiner habhaft zu werden. Nur hatte er eher wenig Lust auf ein Plauderstündchen mit der größten Ratschkathl der ganzen Gegend. Wenn man erst mal in die Fänge der alten Frau geriet, quetschte sie einen aus wie eine Zitrone.

Sein Privatleben hielt er jedoch streng unter Verschluss, seit es ihn vor sechs Jahren aus seiner Zillertaler Heimat in die Bergwelt Südtirols verschlagen hatte. Das hatte ihm den Ruf eines verschrobenen Eigenbrötlers eingebracht, bewahrte ihn aber auch vor allzu neugierigen Mitmenschen.

Die meiste Zeit des Jahres verbrachte er mit Reisen in alle Herren Länder, wo er sich als Geowissenschaftler und Speläologe der Erforschung unbekannter Höhlensysteme widmete. Wenn er dann mal zu Hause war, zog er sich in seine idyllische Berghütte zurück, deren genaue Lage nur Eingeweihte kannten. Dort hielt er dann seine Abenteuer und Erkenntnisse in einem Buch fest. In der Einsamkeit der Berge fühlte er sich am wohlsten.

Natürlich konnte er sich nicht immer seinen Verpflichtungen entziehen. Interviews mit der Presse oder die öffentliche Vorstellung eines neuen Buches mit anschließender Signierung gehörten zur Vermarktung.

Es war der Fluch des Erfolgs: Fast alle seine Bücher waren Bestseller, und die Käufer forderten zu Recht, dass er sich die Mühe eines öffentlichen Auftritts machte. Immerhin konnte er von seinen Werken gut leben und seine kostspieligen Reisen finanzieren.

»Lassen Sie sich die Werbung jetzt schon aus Österreich zuschicken?«, verriet Emilie Koller, dass sie den Absender des Briefes gelesen hatte. Sie legte den Kopf schief und musterte Lukas. »Hanna Moser ... das klingt mir aber eher nach einer intimeren Verbindung. Ihre Verflossene?«

Lukas hatte Mühe, sich seinen Schreck nicht anmerken zu lassen. Er schluckte. Hanna! Warum schrieb sie ihm, nachdem sie ihn damals aus ihrem Gedächtnis und ihrem Herzen gestrichen hatte? Nie würde er ihren Blick vergessen, eine Mischung aus Wehmut und Verachtung, wobei die Verachtung überwog. Wie all die anderen, die ihn schuldig sprachen, hatte auch sie ihm misstraut und fallen gelassen.

Er runzelte die Stirn. Plötzlich brannte der Brief in seiner Brusttasche wie Feuer. Er konnte nicht schnell genug den Argusaugen seiner Nachbarin entfliehen.

»Vielen Dank für Ihre Mühe, Emilia«, entwand er sich hastig der Klette. »Aber ich muss dann mal los.« Mit großen Schritten marschierte er weiter.

»Schad', dass Sie schon wieder keine Zeit haben«, rief die alte Frau ihm mit deutlicher Enttäuschung in der Stimme nach. »Ich hab Kaffee aufgebrüht und gehofft, dass wir uns ein bisserl über Ihre Heimat unterhalten können. Ich war in jungen Jahren mit meinem Gustl, Gott hab ihn selig, im Zillertal. War ganz bezaubernd dort. Wir haben damals auch das idyllische Bergdorf St. Christoph besucht, in dem Ihre Hanna laut dem Absender wohnt.«

Lukas seufzte. So leicht ließ sich die Koflerin offenbar nicht abschütteln, und verscherzen wollte er es sich mit ihr auch nicht. Manchmal landeten Briefe oder auch Pakete bei ihr, die nicht in der Poststelle Meran verwahrt wurden und die der schon ältere Briefträger kaum bis zu seinem Haus hochschleppte.

Dieses war mit dem Auto nicht erreichbar. Man musste schon einen kräftezehrenden Fußmarsch in Kauf nehmen, um dorthin zu gelangen, und auch die Einkäufe für den Lebensunterhalt musste man mühsam im Rucksack transportieren. Nur Baumaterial oder andere schwere Sachen wurden mit dem Hubschrauber oder mit einer Materialbahn hochgebracht.

Er wandte sich um und zwang sich zu einem verbindlichen Lächeln.

»Ein anderes Mal gern wieder, Frau Kofler. Aber heute brennt's mir unter den Fingernägeln. Ich hab gleich eine Videokonferenz mit meinem Verlag, bin spät dran.«

»Dann will ich Sie nicht länger aufhalten«, gab sich die Bäuerin nun zufrieden. Sie winkte ihm gönnerhaft zu und stapfte zu ihrem Gehöft.

Der Höhlenforscher beschleunigte seine Schritte. Für ihn war der Anstieg kein Problem. Er war körperlich fit und achtete streng auf seine Figur. Jedes Kilo mehr musste er in den oftmals schmalen und schwer zugänglichen Gängen der unterirdischen Höhlensysteme büßen.

***

Nach einer knappen Stunde strammen Marsches hatte Lukas sein Ziel erreicht. Er hob den schweren Rucksack mit den Einkäufen von den Schultern, stellte ihn auf der Bank vorm Eingang ab und kramte den Schlüssel hervor.

Das Haus war nicht besonders groß, aber für seine Zwecke ausreichend. Zwei Zimmer, eine gemütliche Küche mit Speisekammer und eine angebaute Werkstatt, die ihm ermöglichte, kleinere Reparaturen selbst auszuführen. Das mit allen Raffinessen ausgestattete Badezimmer fiel jedoch aus dem Rahmen.

So weit droben am Berg verfügten allenfalls bewirtschaftete Hütten über ausgebaute Nassräume. Man musste sich zwar nicht am Brunnen vorm Haus waschen, aber ein Bad mit Dusche und Wasserklosett war bei einer einfachen Kate selten.

Es hatte ihn auch eine Stange Geld gekostet und für einigen Spott bei den Bauarbeitern gesorgt. Diese neckten ihn damit, dass er wie ein Eremit leben, aber nicht auf die Annehmlichkeiten der modernen Zivilisation verzichten wollte.

Nun, darin war er eigen. Auf seinen Reisen ging es mitunter sehr spartanisch zu, und oftmals sah er aus wie ein Waldschrat, weil es weit und breit keine ausreichende Waschgelegenheit gab. Dann freute er sich auf ein heißes Bad im großen Zuber seines Zuhauses, mit Blick über das herrliche Bergpanorama, das ihm die verglaste Wand ermöglichte. Auch diese Besonderheit hatte ihm so manchen Hohn der Arbeiter eingetragen. Sie hielten ihn für einen verschrobenen Städter, doch das war er beileibe nicht.

Lukas war auf einem Bergbauernhof in St. Christoph aufgewachsen, wo das Leben wahrlich kein Zuckerschlecken war. Zwar wurde er in Südtirol geboren, war aber knapp vierjährig mit der Mutter in das abgelegene Zillertaler Bergdorf umgesiedelt. Die Mutter hatte den ortsansässigen Bauern Anton Eschweiler geheiratet, den sie in dem Südtiroler Hotel kennengelernt hatte, in dem sie arbeitete.

Der schon ältere, herzensgute Mann war Lukas ein liebevoller Vater geworden. Er war für Anton auch dann der große Sohn geblieben, als zwei Jahre später Patrick zur Welt gekommen war, Lukas' Halbbruder. Allerdings sollte Patrick später einmal den Hof übernehmen. Doch das hatte Lukas nicht gestört, er hatte nie Bauer werden wollen.

Schon früh hatte er seine Leidenschaft für die Höhlenforschung entdeckt und seine Zukunft darauf ausgerichtet. Als die Mutter kurz nach seinem neunzehnten Geburtstag nach schwerer Krankheit verstarb, ging er nach Salzburg, um Geowissenschaft zu studieren.

Durch die kleine Erbschaft der Mutter und das Zubrot von Anton, der sich seinen Zukunftsplänen nicht in den Weg stellte, hatte Lukas...



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