Lakatos / Reinecker Kognitive Verhaltenstherapie bei Zwangsstörungen
4., überarbeitete Auflage 2016
ISBN: 978-3-8409-2673-0
Verlag: Hogrefe Publishing
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark
Ein Therapiemanual
E-Book, Deutsch, 146 Seiten
Reihe: Therapeutische Praxis
ISBN: 978-3-8409-2673-0
Verlag: Hogrefe Publishing
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark
Die Neubearbeitung des erfolgreichen Therapieleitfadens beschreibt klar und präzise das kognitiv-verhaltenstherapeutische Vorgehen bei Zwangsstörungen. Die praktische Umsetzung kognitiv-verhaltenstherapeutischer Methoden und wichtiger Aspekte der Beziehungsgestaltung werden mit Hilfe von zahlreichen Fall- und Interventionsbeispielen veranschaulicht.
Der Band stellt nach einer Beschreibung der Störung, die aktuellen Ätiologiemodelle vor und referiert neueste Daten zum Stand der Therapieforschung. Am 7-Phasenmodell orientiert werden anschließend alle Phasen des Therapieprozess erörtert, beginnend mit den Besonderheiten der Beziehungsgestaltung, der Motivationsklärung bis hin zur Rückfallprophylaxe. Das Kernstück des Manuals bildet die Darstellung spezieller Interventionstechniken. Dazu gehören beispielsweise die Verschiebung der Problemdefinition, Exposition und Reaktionsverhinderung, kognitive Interventionen zur Modifikation von Gefahrenüberschätzung und zur Veränderung dysfunktionaler Grundannahmen sowie spezielle Techniken zum Umgang mit Zwangsgedanken. Eingegangen wird insbesondere auch auf Schwierigkeiten, die bei der Behandlung auftreten können, und es wird erläutert, wie diesen Problemen begegnet werden kann. Die Neuauflage erläutert zudem die Besonderheiten der Behandlung von Unvollständigkeitsgefühlen und von Hortzwängen. Außerdem werden neuere kognitive Ansätze, wie z.B. die inferenzbasierte und die metakognitive Therapie sowie daraus abgeleitete Selbsthilfeverfahren, vorgestellt. Ausführliche Fallbeispiele machen das Manual zu einer wertvollen Hilfe bei der Behandlung von Zwangspatienten.
Zielgruppe
Ärztliche und Psychologische Psychotherapeuten, Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie, Fachärzte für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Klinische Psychologen, Psychologische Berater, Studierende und Lehrende in der psychotherapeutischen Aus-, Fort- und Weiterbildung.
Autoren/Hrsg.
Fachgebiete
Weitere Infos & Material
1;Kognitive Verhaltenstherapie bei Zwangsstörungen;1
1.1;Inhaltsverzeichnis;7
1.2;Einleitung;11
2;Kapitel 1 Beschreibung der Störung;15
2.1;1.1Klassifikation;15
2.2;1.2Erscheinungsbild und Definitionskriterien;15
2.3;1.3Erscheinungsformen, Untergruppen und Inhalte;18
2.4;1.4Epidemiologie und Verlauf;20
2.5;1.5Zwangsverwandte Störungen;21
2.6;1.6Differenzialdiagnostik und Komorbidität;22
3;Kapitel 2 Ätiologiemodelle;26
3.1;2.1Das Zwei-Faktoren-Modell;26
3.2;2.2Das kognitiv-behaviorale Modell;26
3.3;2.3Theorie zur Netzwerkstruktur von Zwängen;30
3.4;2.4Neurophysiologische Theorien;32
3.5;2.5Entwicklungspsychologische und bindungstheoretische Erklärungsansätze;33
4;Kapitel 3 Stand der Therapieforschung;34
4.1;3.1Zur Wirksamkeit der Kognitiven Verhaltenstherapie mit Exposition und Reaktionsverhinderung;34
4.2;3.2Kognitive Verhaltenstherapie und Pharmakotherapie;35
4.3;3.3Implikationen der Forschungsergebnisse und Empfehlungen für die Praxis;35
5;Kapitel 4 Zentrale Schemata und Beziehungsgestaltung;39
5.1;4.1Charakteristische Gemeinsamkeiten in den Lebensgeschichten;39
5.2;4.2Konsequenzen für die Beziehungsgestaltung;40
5.3;4.3Veränderung der Selbst- und Weltsicht sowie der problematischen Beziehungsgestaltungsmuster;41
5.4;4.4Mögliche Schwierigkeiten und Beziehungstest;45
6;Kapitel 5 Motivations- und Zielklärung;47
6.1;5.1Motivationale Ausgangslage;47
6.2;5.2Zielklärung;48
7;Kapitel 6 Problembezogene Informationserfassung und Verhaltensanalyse;50
7.1;6.1Erfassungsmethoden;50
7.2;6.2Familiäre Eingebundenheit der Zwänge;52
7.3;6.3Verhaltensanalyse;52
8;Kapitel 7 Zwänge unter funktionaler Perspektive;55
8.1;7.1Typische intrapsychische und interpersonelle Funktionalitäten der Zwänge;55
8.2;7.2Therapieplanung auf dem Boden der funktionalen Analyse;57
8.3;7.3Beispiel für einen kompletten Bericht an den Gutachter für den Kassenantrag;57
9;Kapitel 8 Durchführung spezieller Techniken;61
9.1;8.1Verschiebung der Problemdefinition;61
9.2;8.2Vermittlung eines plausiblen Erklärungsmodells;64
9.3;8.3Exposition mit Reaktionsmanagement;73
9.3.1;8.3.1Entschluss zur Exposition und Planung der Übungen;73
9.3.2;8.3.2Durchführung der Exposition;75
9.3.2.1;8.3.2.1Besonderheiten bei Kontroll- und Wiederholungszwängen;78
9.3.2.2;8.3.2.2Besonderheiten bei Waschzwängen/Kontaminierungsängsten;80
9.3.2.3;8.3.2.3Besonderheiten bei Zwangsgedanken;81
9.3.2.4;8.3.2.4Besonderheiten bei Hort- und Sammelzwängen;84
9.4;8.4Mögliche Schwierigkeiten;85
9.5;8.5Optimale Nutzung der Erfahrungen aus der Exposition;86
9.6;8.6Die kognitiven Interventionen;87
9.6.1;8.6.1Die kognitive Umstrukturierung in Bezug auf die Überschätzung der Gefahr;88
9.6.2;8.6.2Die Umstrukturierung in Bezug auf die Überschätzung der persönlichen Verantwortung;89
9.6.3;8.6.3Umstrukturierung weiterer typischer dysfunktionaler Grundannahmen;91
9.6.4;8.6.4Verhaltensexperimente zur Veränderung kritischer Grundannahmen;92
9.6.5;8.6.5Spezielle Techniken für Zwangsgedanken;92
9.6.5.1;8.6.5.1Informationen über die Natur von Zwangsgedanken;93
9.6.5.2;8.6.5.2Nutzung der Prinzipien Metakognitiver Therapie;93
9.6.6;8.6.6Neuere kognitive Ansätze und Selbsthilfeansätze;96
9.7;8.7Emotionsfokussierende Techniken;97
9.7.1;8.7.1Bearbeitung von emotionalen Erinnerungsinhalten;98
9.7.2;8.7.2Die Bewältigung von Schuldgefühlen;101
10;Kapitel 9 Stabilisierung der Erfolge durch gezielte Maßnahmen zur Rückfallprophylaxe und Beendigung der Therapie;102
10.1;9.1Gezielte Maßnahmen zur Rückfallprophylaxe;102
10.2;9.2Beendigung der Therapie;102
11;Kapitel 10 Zwei ausführliche Beispiele für Therapieverläufe;104
11.1;10.1Fallbeispiel: Herr M.;104
11.2;10.2Fallbeispiel: Frau B.;106
12;Literatur;113
13;Anhang;119
13.1;Empfohlene Selbsthilfebücher;120
13.2;Sonstige weiterführende Literatur (kommentiert);121
13.3;Beispiele für normale aufdringliche Gedanken;123
13.4;Y-BOCS Symptom-Checkliste;124
13.5;Y-BOCS Interviewleitfaden;127
13.6;Yale-Brown Obsessive Compulsive Scale;128
13.7;Maudsley Zwangsinventar (MOC);134
13.8;Leyton Obsessional Inventory (LOI);136
13.9;Rating-Skala zur Erfassung von Zwangshandlungen und Zwangsgedanken;140
13.10;Protokollbogen für die eigenständigen Expositionsübungen;142
13.11;Transkript einer ersten Expositionssitzung bei Kontaminationsängsten;143
1.4 Epidemiologie und Verlauf (S. 18)
Nach den jüngsten epidemiologischen Studien stellen Zwangsstörungen in Deutschland mit einer Ein-Jahres-Prävalenz von 3,6 % die vierthäufigste psychische Störung nach den Phobien, der Depression und den Suchterkrankungen dar (Jacobi et al., 2014). In den größten epidemiologischen Studien dazu wurden in den USA Lebenszeit-Prävalenzen zwischen 2 und 3 % und 6-Monats-Prävalenzen von 1 bis 2 % gefunden (Karno & Golding, 1991; Rasmussen & Eisen, 1992). Analog angelegte Studien in Kanada, Lateinamerika, Neuseeland, Finnland, Afrika und im asiatischen Raum zeigen, dass es sich um ein kulturübergreifendes Phänomen handelt, welches weltweit in ähnlicher Häufigkeit auftritt (Kringlen, Torgersen & Cramer, 2001).
Häufigkeit der einzelnen Untergruppen Was die Häufigkeit der einzelnen Untergruppen der Zwangsstörung betrifft, so zeigen die klinischen Studien sehr durchgängig, dass die meisten Zwangspatienten Waschzwänge oder Kontrollzwänge oder beides aufweisen. Reine Zwangsgedanken treten deutlich seltener auf und die anderen Formen von Zwangshandlungen fallen zahlenmäßig kaum ins Gewicht.
Eine relativ typische Verteilung, die auf einem sehr umfangreichen Datenmaterial von insgesamt 616 stationären Patienten der verhaltenstherapeutischen Klinik in Windach beruht, ergab die in Abbildung 1 dargestellte Verteilung (Reinecker, Erlbeck, Gokeler & Zaudig, 1993).
Generell sind Mischformen bzw. Kombinationen verschiedener Zwangstypen bei einem Patienten nicht ungewöhnlich und insbesondere im Längsschnitt sogar die Regel. Die wenigsten Patienten haben nur eine Form von Zwang. Zudem wechselt die Symptomatik häufiger, verschiebt sich im Verlauf der Störung auf andere Stimuli oder Zwangsformen (Mataix-Cols et al., 2002; Rassmussen & Eisen, 1992; Skoog & Skoog, 1999).
Beginn
Der Beginn der Störung liegt in der Regel sehr früh. Etwa ein Fünftel der Patienten ist bereits in der Kindheit davon betroffen, und beim Gros der Betroffenen liegt der Störungsbeginn in der Pubertät. Bis zum Alter von 30 Jahren sind nahezu drei Viertel aller Patienten betroffen, nach dem 40. Lebensjahr ist ein Ausbruch der Störung hingegen sehr selten. Daher liegt das Durchschnittsalter bei Beginn der Störung bei etwa 20 bis 25 Jahren (de Silva & Rachman, 2004; Döpfner & Breuer, 1997; Minichiello, Baer, Jenike & Holland, 1990; Skoog & Skoog, 1999; Weissman et al., 1994).
In der neueren Forschung wird aufgrund dieser Verteilung zwischen einem frühen Beginn (durchschnittlich 11 Jahre) und einen späten Beginn (durchschnittlich 23 Jahre) unterschieden (vgl. Taylor, 2011).
Frauen sind nach der aktuellen Studie des Robert- Koch-Instituts in Deutschland geringfügig häufiger betroffen als Männer (4,0 % vs. 3,3 %; Jacobi et al., 2014). In den größeren epidemiologischen Studien in den USA war die Geschlechterverteilung in etwa ausgewogen (Regier, Narrow, Rae & Manderscheid, 1993). Aber Frauen und Männer unterscheiden sich, was das Vorherrschen einzelner Subtypen von Zwängen und damit einhergehend die Altersverteilung betrifft. Frauen entwickeln häufiger Waschzwänge, wohingegen Männer öfter unter reinen Zwangsgedanken leiden. Bei den Kontrollzwängen und den verschiedenen anderen Formen ist die Geschlechterverteilung weitestgehend ausgeglichen (de Silva & Rachman, 2004). Männer sind im Schnitt etwa fünf Jahre früher betroffen, was auch damit zusammenhängt, dass im Kindesalter deutlich mehr Jungen...