E-Book, Deutsch, Band 3, 352 Seiten
Reihe: Demon Road
Landy Demon Road 3 - Finale infernale
1. Auflage 2018
ISBN: 978-3-7320-1157-5
Verlag: Loewe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Humorvolle Horror-Trilogie ab 14 Jahre
E-Book, Deutsch, Band 3, 352 Seiten
Reihe: Demon Road
ISBN: 978-3-7320-1157-5
Verlag: Loewe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Derek Landy, geboren 1974, arbeitete als Karatelehrer und Drehbuchautor, bevor er die Idee zu seinen erfolgreichen Skulduggery-Pleasant-Büchern hatte. Die Reihe wurde in 35 Sprachen übersetzt, mehrfach mit Preisen ausgezeichnet und stürmte weltweit die Bestsellerlisten. Derek Landy lebt in der Nähe von Dublin in einem Haus, das vollgestopft ist mit Filmrequisiten. Besonders stolz ist er auf sein Original-Supermankostüm. Der englischsprachige Blog von Derek Landy ist unter dereklandy.blogspot.de zu erreichen.
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1
Die Dämonin hatte rote Haut, war groß, stark und wunderschön. Aus ihrer Stirn wuchsen zwei schwarze, gebogene Hörner. Sie grinste verächtlich, aber selbst ihr Grinsen war wunderschön. »Du glaubst tatsächlich, dass du lebendig hier rauskommst?«
Amber ignorierte das Flüstern, ignorierte die Dämonin, ignorierte alles, was nicht real war, als sie durch das dunkle Kaufhaus ging.
Auf dem gläsernen Tresen ein Stück weiter vorn stand eine Art Kobold, probierte Sonnenbrillen auf und betrachtete sich im Spiegel auf dem drehbaren Ständer.
Das hier war real. So bizarr es auch aussah, es handelte sich nicht um eine Halluzination. Inzwischen kannte Amber den Unterschied.
Der Kobold war vielleicht sechzig Zentimeter groß und Kopf und Körper waren mit hellbraunem Fell bedeckt. Seine Arme und Beine waren auffallend dünn. Während er sich bewundernd hierhin und dorthin drehte, gurgelte er glücklich. Er hatte einen sehr breiten Mund und eine kleine Schnauze, und als er die Sonnenbrille abnahm, sah Amber die großen, blinzelnden Augen.
Amber hatte noch nie einen Boggel gesehen. Noch nicht einmal auf einem Foto oder auf einer Zeichnung. Beim Näherkommen fand sie ihn irgendwie niedlich, ähnlich einer dieser liebenswerten Disney-Figuren. Jedenfalls vollkommen anders, als sie sich diese Wesen vorgestellt hatte. Als sie in das Kaufhaus eingebrochen war, hatte sie damit gerechnet, von einer Horde aggressiver Monster in Empfang genommen zu werden – und nicht von einem einzelnen süßen, pelzigen Wesen, das nachts Sonnenbrillen aufprobierte.
Dennoch verwandelte sie sich. Man konnte ja nie wissen. Ihr Körper veränderte sich, und jetzt war sie die rothäutige Schönheit; sie war stark, groß und hatte Hörner. Sie ging an einer Schaufensterpuppe vorbei, die dasselbe Outfit trug wie sie – Yogahose und Tanktop –, doch während das Outfit der Schaufensterpuppe leuchtend orange auf Grau war, trug Amber Schwarz, und sie sah besser darin aus. Da sie den Boggel nicht erschrecken wollte, pfiff sie leise, bevor sie sich zeigte.
»Hallo, du«, flüsterte sie beim Näherkommen. »Hallo, Kleiner.«
Der Boggel schaute sie an. Er neigte den Kopf zur Seite und stieß einen fragenden Gurgellaut aus.
»Was bist du für ein süßer kleiner Boggel«, schmeichelte Amber lächelnd und zeigte dabei ihre leeren Hände. »Wer ist der süßeste kleine Kobold? Bist das etwa du? Ja?«
Der Boggel ging wohl davon aus, dass dem gut so sein könnte, denn er grinste vergnügt, wobei ihm die lange Zunge aus dem Mund hing.
Amber lächelte noch ein bisschen breiter. Sie hoffte nur, dass ihre Fangzähne den Kobold nicht verscheuchen würden. »Ich suche deinen Meister«, fuhr sie leise fort. »Könntest du mich zu ihm bringen? Würdest du das machen?«
Der Boggel tapste zum Tresenrand und streckte die Ärmchen nach ihr aus.
»Du bist wirklich ein ganz Süßer«, sagte Amber. »Vielleicht könnte ich dich mitnehmen, wenn ich mit deinem Meister fertig bin. Würde dir das gefallen? Ein Leben auf der Straße, wie klingt das in deinen Ohren? Gut?«
Der Boggel zwitscherte und Amber kicherte. Milo hätte höchstwahrscheinlich etwas gegen ein Schmusetier auf der Rückbank des Chargers, doch er hielt sich gerade in einer anderen Abteilung des Kaufhauses auf und konnte nicht widersprechen.
»Dann ist das abgemacht«, entschied sie. »Du bringst mich zu Paul Axton und ich adoptiere dich.«
Das Wesen schaute sie mit seinen großen Augen an und fast hätte sie es auf der Stelle in die Arme geschlossen, doch etwas hielt sie davon ab. Vielleicht war es die Tatsache, dass der Boggel so erpicht darauf war, ihr näher zu kommen, oder es lag an diesem überbreiten Mund mit den vielen Zähnen oder an diesen großen Augen, in denen Amber immer mehr rote Adern im Weiß erkennen konnte, je größer sie wurden.
Jedenfalls zögerte sie mit dem In-den-Arm-Nehmen, was dem Boggel nicht gefiel. Es gefiel ihm ganz und gar nicht.
An seinen kleinen Händen wuchsen kleine Krallen. Er schlug nach ihr und Amber wich zurück. Blut floss aus dem Kratzer in ihrer Wange.
Sie blickte den Boggel finster an. »Du kleiner Scheißkerl!«
Der Boggel sprang sie an, ein wild gewordenes Bündel aus Fell und Zähnen. Amber wehrte ihn ab und stolperte, als der Kobold auf den Boden knallte und sofort wieder zum Angriff überging. Sie wich ihm aus, so gut es ging, warf ihm Sachen vor die Füße und versuchte, mit Sprüngen seinen Hieben auszuweichen, doch er kam immer näher und plötzlich stand sie mit dem Rücken an der Wand. Sie trat nach ihm und verfehlte ihn. Er sprang sie an, wollte seine Krallen in ihr Bein schlagen, doch ihre Haut überzog sich unter der Yogahose mit schwarzen Schuppen und der Kobold prallte zurück. Bevor er zu Boden ging, konnte Amber ihn mit einem kräftigen Tritt in die Dunkelheit befördern.
Sie lief zur Heimwerker-Abteilung und lauschte auf das verräterische Trippeln kleiner Füße. Als sie ein Geräusch hörte, drehte sie sich um, sah jedoch nichts als Halbdunkel und Finsternis. Beim Zurückweichen stieß ihr Fuß an etwas Schweres. Ein Mann lag da, nur ungenügend mit Hockey-Trikots zugedeckt. Sie kauerte sich hin und schob sie zur Seite, wobei zuerst die Uniform eines Sicherheitsmannes zum Vorschein kam und dann das Gesicht. Sein Mund war in einem stummen Schrei geöffnet, die Augen fehlten.
Als Amber sich wieder aufrichtete, landete ein Boggel auf ihrer Schulter. Er hatte dunkleres Fell als der, dessen Bekanntschaft sie bereits gemacht hatte. Fluchend schlug sie ihn herunter. Auf den Regalen über ihr hockten noch mehr von seiner Sorte. Mit entzückten Jauchzern ließen sie sich in sadistischer Freude auf sie herunterfallen. Einer landete auf ihrem Kopf und seine Klauen verfingen sich in ihrem Haar. Sie riss ihn herunter, doch ein anderer fiel direkt in eines ihrer Hörner, spießte sich auf und wand sich kreischend.
Den einen Boggel ließ Ambers Dropkick durch die Abteilung segeln, den anderen zog sie von ihrem Horn, als sie schon spürte, wie sein Blut auf ihre Kopfhaut tropfte. Sie trampelte auf ihm herum, bis er verdammt noch mal die Klappe hielt.
Dann betrachtete sie die Schweinerei, die sie angerichtet hatte. Unwillkürlich kam es ihr vor, als hätte sie sich mit Teddybären geprügelt.
Sie hörte ein hohes Heulen und sah einen Boggel mit einer verdammten Elektrosäge auf sich zukommen. Sie machte einen Satz nach hinten und versuchte, ihn wegzukicken, doch er war zu schnell. Ihre Schuppen würden sie wahrscheinlich vor der Säge schützen, doch sie wollte es nicht darauf ankommen lassen. Rasch sprang sie auf einen Auslagentisch, der sich allerdings als so wacklig herausstellte wie ein seeuntüchtiges Boot, das nun auch noch von einem Hai mit sirrender, gezähnter Scheibe als Rückenflosse umkreist wurde. Irre keckernd, sprang der Boggel immer schneller um sie herum. Doch dann musste er gestolpert sein, denn plötzlich war die Scheibe nicht mehr zu sehen und das Gekecker hörte auf. Fleisch- und Fellfetzen flogen durch die Luft und dann verstummte auch die Säge.
Amber blieb erst einmal, wo sie war, und vergewisserte sich, dass es kein Trick war, doch dann warf sich ein anderer Boggel gegen eines der Tischbeine und sie sprang herunter, landete in der Dunkelheit mit einem Fuß auf etwas Undefinierbarem, stieß sich ab und katapultierte sich in die Sportabteilung. Sie blieb mit einem Fuß an etwas hängen und brachte im Fallen ein Regal mit Trainingskleidung zum Einsturz.
Einen Augenblick lag sie stöhnend auf dem Boden. Um sie herum waren Bewegung und unterdrücktes Keckern, und als sie aufschaute, sah sie einen Boggel mit einem Golfschläger in der Hand.
»Baaah!«, kreischte er und schwang den Schläger. Er traf sie mitten ins Gesicht.
Obwohl sich kurz vorher noch schwarze Schuppen gebildet hatten, tat es höllisch weh. Amber rollte sich zur Seite, hielt sich an einem Regal fest und zog sich daran hoch. Als sie sich umdrehte, traf sie ein Baseballschläger am Kinn. Sie drehte sich um die eigene Achse, stolperte über ihre Füße, wankte und stieß einen Ständer mit Skistöcken um.
Der Boggel mit dem Baseballschläger gluckste, sprang von einem Ständer mit Fanghandschuhen und huschte davon. Amber ließ ihn gehen und konzentrierte sich darauf, in der Senkrechten zu bleiben.
Als sich vor ihren Augen nicht mehr alles drehte, kamen zwei kleine Gestalten in ihr Blickfeld. Sie standen auf dem umgekippten Ständer und schwangen Tennisschläger. Diese Boggel trugen Tenniskleidung für Kinder – der linke weiße Shorts zu seinem T-Shirt und der rechte einen weißen Faltenrock. Sogar Stirnbänder hatten sie aufgesetzt.
Der linke Boggel warf einen Ball hoch in die Luft – nur dass es kein Ball war, sondern ein Auge des Wachmanns. Als der Schläger das Auge traf, explodierte es. Der Kobold stieß ein enttäuschtes Geheul aus. Jetzt warf der andere Boggel seinen Augapfel in die Luft, schwang den Schläger und traf perfekt. Das Auge landete mit einem schmatzenden Geräusch in Ambers Gesicht und sie stürmte auf die Kobolde zu. Die Boggel sprangen vom Ständer und rannten schreiend davon.
Amber runzelte die Stirn, als sie ein seltsames Gurgeln hinter sich hörte. Sie erkannte eine verzerrte Version der Titelmelodie von Rocky, drehte sich um und sah einen Boggel mit Boxhandschuhen aus der Dunkelheit auftauchen.
»Soll das ein Witz sein?«, fragte sie.
Der Boggel kam langsam auf sie zu, führte beim Näherkommen ein paar Jabs aus und drehte den Kopf von einer Seite zur anderen.
»Das ist doch verrückt«, sagte Amber laut. »Wer zieht euch denn an? Macht ihr das selbst? Woher kennst du überhaupt den Film?«
Der kleine Boxer-Boggel...




