E-Book, Deutsch, 293 Seiten
Lane Running Wild - Liebe, Chaos und Alpaka
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-96797-058-6
Verlag: Aufbau Verlage GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 293 Seiten
ISBN: 978-3-96797-058-6
Verlag: Aufbau Verlage GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Alles, was die chaotische, tätowierte Chess vom Leben möchte, ist Tiere retten und ihnen in einer eigenen Tierpension ein neues Zuhause zu geben. Als sich ihr Traum gerade erfüllt, verschwindet ihr Bruder Peter. Das passt so gar nicht zu ihm, denn Peter ist - im Gegensatz zu Chess - der Goldjunge der Familie, der auch noch in vier Wochen heiratet. Chess zögert nicht lange und macht sich in ihrem alten VW Bus kurzerhand auf die Suche nach ihrem Bruder. Mit dabei sind ihr Hund Mango und das verhaltensauffällige Alpaka Ross, das an Verlustängsten leidet und gerne mal schrille Schreie ausstößt.
Als wäre das Auto nicht schon voll genug, schließt sich dann auch noch Matthew Brady, Peters bester Freund, der Suchtruppe an. Ausgerechnet der aalglatte, karriereorientierte Anwalt, der den ganzen Tag Anzug trägt und alles besser weiß! Auf ihn hätte Chess nur zu gerne verzichtet, denn er ist nicht nur ein ätzender Spießer und Sprücheklopfer, sondern auch ein ungeliebter Teil ihrer Vergangenheit. Auf der Suche nach Peter fliegen zwischen den beiden schon bereits nach kurzer Zeit die Fetzen - aber auch die Funken.
Bald ist sich Chess nicht mehr sicher: will sie Matt erwürgen oder nicht doch lieber küssen? Und was ist eigentlich Matts Motiv für die Reise? Ist es die Sorge um Peter oder versucht er Chess auf eine falsche Fährte zu locken?
Melanie Lane stammt aus der schönen Stadt Hamburg, in der sie lebt und in ihrem eigenen Design Studio 'schockverliebt' arbeitet. Sie ist begeisterungsfähig, laut, trinkt gerne Vino und verabscheut Schubladendenken. Als bekennende Feministin lebt sie Themen wie Gleichberechtigung und Diversität, was sich auch stets in ihren Titel wiederfindet. Sie liebt Sarkasmus, ist eine große Tierliebhaberin und Schreiben ist ihre absolute Leidenschaft. Neben ihren Romance Titeln, die im Aufbau Verlag erscheinen, veröffentlicht sie 2020 auch ihr Fantasy Debüt 'Von Blut und Magie' im Isegrim Verlag.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Kapitel 1
Chess
»Mango! Nicht!«, schrie ich, aber es war zu spät. Sobald Mango Wasser roch oder sah, waren seine Erziehung und ein halbes Jahr Hundeschule vergessen. Er lief einfach so schnell und so lang weiter, bis er sich mit einem lauten Bauchklatscher ins Wasser stürzen konnte.
Dass besagtes Wasser in diesem Fall eher eine Art stinkender, schleimiger Tümpel war, schien ihn dabei nicht im Geringsten zu stören. Mich hingegen störte es sehr, denn immerhin war ich diejenige, die ihn unter großem Tamtam und anhaltendem Gejaule heute Abend in die Badewanne hieven musste. Den Tümpel liebte er, die Badewanne nicht wirklich.
»Du bist derjenige, der Baden hasst!«, rief ich ihm hinterher, während ich nach meinem klingelnden Handy griff.
Mango weiterhin im Blick, entsperrte ich das verfluchte Ding und ging ran.
»Yeah?«
»Francesca?«
Mist. Innerlich seufzend zählte ich bis drei. »Jetzt ist gerade kein guter Zeitpunkt, Mom.«
Aus den Augenwinkeln sah ich, wie Mango das Handy an meinem Ohr musterte, und erinnerte mich an Ninas Worte, nachdem meine Freundin Mango zum ersten Mal gesehen hatte: »Ich schwöre dir, Chess, dieser Hund ist eigentlich ein Mensch, gefangen im Körper eines Hundes.«
Sobald er wusste, dass ich ihn nicht mehr beobachtete, würde Mango mit Sicherheit etwas anstellen, was ich danach ausbaden musste. Also schlich ich dichter an den kleinen Tümpel heran und drohte ihm mit dem erhobenen Zeigefinger.
Die Ohren aufgestellt, erwiderte er meinen strengen Blick unbeeindruckt.
»Dann mach es zu einem guten Zeitpunkt, Francesca.«
»Mom, bitte hör auf, mich so zu nennen, ich habe dir schon tausendmal gesagt, dass …«
»Dein Bruder wird vermisst.«
»Warte. Was?«
»Dein Bruder wird vermisst”, wiederholte sie, und diesmal hörte ich das leichte Zittern in ihrer Stimme, »seit fünf Tagen.«
»Was meinst du damit, vermisst?« Ich musste mich verhört haben.
»Was ich meine, Francesca, ist, dass niemand etwas von Peter gehört hat. Seit nunmehr fünf Tagen.« Sie atmete schwer aus. »Er wird vermisst.«
»Aber …«
»Fiona weint in unserem Wohnzimmer, dein Vater hat nichts von Peter gehört und Matthew auch nicht.«
War Peter nicht vor zwei Tagen zum Anzugkauf mit Matt verabredet gewesen? Ich erinnerte mich vage an eine WhatsApp-Nachricht vor ein paar Wochen. Immerhin war seine Hochzeit mit der bösen Hexe des Westens in vier Wochen.
»Er ist nicht in der Kanzlei?«
»Er war seit fünf Tagen nicht mehr in der Kanzlei!« Ihre Stimme wurde schriller.
Das ließ mich innehalten, und für einen Moment vergaß ich Mango, der sich prompt genüsslich in dem schlammigen Wasser des flachen Tümpels suhlte.
»Und Matt hielt es nicht für notwendig, uns das zu sagen?«
Mom schnalzte mit der Zunge. Wie sehr ich es hasste, wenn sie das tat. »Du weißt doch, wie beschäftigt die beiden sind, Francesca.«
Weil sie einen normalen Job haben. Sie hatte sich die Worte noch verkniffen, aber ich wusste ganz genau, dass sie ihr auf der Zunge gelegen hatten.
»Ich bringe Mango nach Hause und schau dann in der Kanzlei vorbei.«
Sie schnaubte leise, als sie den Namen meines Hundes hörte. Meine Mutter verabscheute Mango, und allein dafür liebte ich den chaotischen Vierbeiner noch inniger.
»Findest du nicht, dass dein Bruder wichtiger ist als ein dahergelaufener …«
»Bye, Mom.« Ohne Rücksicht auf ihre letzten Worte beendete ich das Gespräch. Was auch immer sie hatte sagen wollen, es hätte sowieso nur im Streit geendet. Und offensichtlich hatte ich aktuell wichtigere Probleme als die gestörte Beziehung zu meiner Mutter.
Ich sah kurz nach Mango – immer noch im Tümpel – und wählte Matts Nummer. Matthew Brady, der beste Freund und Geschäftspartner meines Bruders.
Es klingelte, und dann hörte ich die tiefe, vertraute Stimme mit dem leichten Südstaatenakzent, den Matt seit je zu unterdrücken versuchte.
»Chess.«
»Matt.«
»Es ist schön, deine Stimme zu hören. Warum rufst du an?«
So wollte er das Ganze also handhaben? Okay.
»Möchtest du mir erklären, warum meine Mutter mich soeben hysterisch angerufen hat, um mir mitzuteilen, dass mein Bruder seit fast einer Woche vermisst wird?«
Matt seufzte am anderen Ende der Leitung. »Weil es so ist?«
»Was?«
»Ich habe seit Tagen nichts mehr von ihm gehört. Mindestens fünf«, fügte er hinzu, »vielleicht auch sieben. An sein Handy geht er auch nicht.«
»Du verarschst mich!«
»Nein.«
»Warst du schon in seinem Apartment?«
Mango wählte genau diesen Moment, um auf mich zuzutraben und sich neben mir zu schütteln.
»Mango!« Verzweifelt versuchte ich, aus dem Weg zu springen. »Du undankbares Tier!«
Am anderen Ende der Leitung herrschte Stille.
»Matt?«
Ich bildete mir ein, ihn leise lachen zu hören.
»Ja, Chess?«
»Würdest du deine letzten Worte bitte noch einmal wiederholen?«
»Wer ist Mango?«, fragte er und klang dabei aufrichtig interessiert.
»Mein Hund.« Ich sah hinab auf den kleinen Vierbeiner mit den großen, blauen Augen und den viel zu großen, abstehenden Ohren. Mango warf mir einen entschuldigenden Blick zu. Einen Blick, den ich ihm nicht abkaufte. Netter Versuch, Kumpel.
Dennoch konnte ich ihm nicht lang böse sein.
»Mommy liebt dich«, flüsterte ich und beugte mich hinab, um ihm über den schlammigen Kopf zu streicheln. »Trotzdem wirst du heute Abend baden.«
Ich richtete mich wieder auf.
»Also – Peter?«
Matt seufzte, und vor meinem inneren Auge sah ich, wie er sich mit der Hand durch die stets zerzausten sandblonden Haare fuhr.
»Ich war in seinem Apartment. Es sieht aus wie verlassen, Chess.«
»Wie meinst du das?«
»Wo auch immer er hin ist, er hatte es eilig. Überall liegen Klamotten, dreckiges Geschirr steht herum … es ist ein einziges Chaos. Sieht aus, als sei er auf der Flucht gewesen.« Es war ein Scherz gewesen – auf der Flucht. Dennoch verspürte ich eine gewisse Unruhe bei Matts Worten. Peter war niemand, der einfach so verschwand. Das sah meinem immer perfekten, adretten Bruder gar nicht ähnlich. Mittlerweile tatsächlich etwas besorgt, signalisierte ich Mango, in Richtung Auto zu laufen.
»Ich komme vorbei.«
»Chess, nein …«
»Bis gleich, Matt.«
Damit war Matt nun offiziell die zweite Person, die ich heute mitten im Gespräch abgewürgt hatte. Aber sei’s drum. Mit Matthew Brady würde ich klarkommen. Er war das kleinere Übel. Meine Mutter hingegen …
Ich öffnete die Heckklappe meines alten VW-Bullis und kramte nach einem Handtuch, um Mango wenigstens etwas sauber zu machen, bevor er den Matsch im kompletten Innenraum des Bullis und womöglich noch seine Spuren auf den beiden alten Ledersitzen des Busses verteilte. Sherman, so hatte ich den Bus getauft, war ein absoluter Glücksgriff gewesen. Einer von Ninas Freunden hatte ihn auf einem Schrottplatz gefunden. Meine beste Freundin hatte mich sofort benachrichtigt, und nur wenige Stunden später war ich stolze Besitzerin eines auf den ersten Blick völlig schrottreifen Bullis gewesen.
»Mommy liebt dich«, wiederholte ich leise und rubbelte ihm den Bauch trocken. Und wie ich ihn liebte! Seitdem ich Mango vor drei Jahren gerettet hatte, waren er und ich unzertrennlich. Sehr zum Leidwesen meiner Eltern. Aber vieles in meinem Leben war sehr zum Leidwesen meiner Eltern. Ich inklusive.
Unsere Vorstellung davon, wie ich mein Leben zu leben hatte, driftete bereits seit langer Zeit weit auseinander.
An meinem sechzehnten Geburtstag hatten sie mir ein Gesetzbuch geschenkt. An meinem achtzehnten Geburtstag einen Harvard-Pulli, und mit Anfang zwanzig, als ich bereits alle ihre Träume zerstört hatte, eröffnete meine Mutter mir, dass »sie sich wünsche, dass ich endlich aufhörte, mit Hunden zu spielen, damit ich etwas Sinnvolles mit meinem Leben anfangen könne.«
So viel also zum Thema Unterstützung im Hause Archer-Bishop.
Meine Eltern hatten eine Anwältin aus mir machen wollen. Ebenso wie Dad und Peter es waren. Als daraus nichts geworden war und ich mich für Psychologie entschieden hatte, hatte meine Mutter ihren zweiten Frühling erlebt. Selbst Psychologin – Eheberaterin, um genau zu sein –, hatte sie sich gewünscht, dass ich in ihre Praxis einsteigen würde. Während meines Studiums hatte ich jedoch schnell gemerkt, dass ich Tiere den Menschen vorzog. Also hatte ich im zweiten Semester meinen Fachbereich gewechselt und auf Tierpsychologie umgesattelt. Tierverhalten und Tierhaltung, um genau zu sein. Die Brown University bot einen Haufen cooler Onlinekurse an. Psychologie war noch immer Bestandteil meines Studiums, mit Kursen wie: Einführung in die Psychologie des Menschen, Prinzipien der Psychologie oder die Anormale Psychologie. Dennoch lagen mein eigener Schwerpunkt und meine Leidenschaft definitiv bei der Tierpsychologie. Seitdem war ich die größte Enttäuschung, die der Familie je widerfahren war. Nahm man noch meine zahlreichen Tattoos, meinen – glaubte man meiner Mutter – zu freizügigen Kleidungsstil und die Tatsache, dass ich meinen...