E-Book, Deutsch, 320 Seiten
Lapinski Strangeworlds - Die Reise ans Ende der Welt
1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-7517-0445-8
Verlag: Baumhaus
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Band 2
E-Book, Deutsch, 320 Seiten
ISBN: 978-3-7517-0445-8
Verlag: Baumhaus
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Flick ist nun ganz offiziell ein Mitglied der Strangeworlds-Gesellschaft, die durch Koffer in andere Welten reist und diese beschützt. Als ein Hilferuf von Piratenkönigin Nyfe eingeht, machen sich Flick und Jonathan, der Hüter des Reisebüros, sofort auf den Weg. Denn in Nyfes magischer Piratenwelt verschwinden immer mehr Schiffe spurlos. Weder die Meermenschen noch Riesenkraken scheinen damit etwas zu tun zu haben ... Flick und Jonathan sind einem Geheimnis auf der Spur, das nicht nur diese Welt, sondern alle Welten des Multiversums bedroht!
L. D. Lapinski lebt mit ihrer Familie, einem Haufen Bücher und einer Katze namens Hector am Sherwood Forest. Strangeworlds ist ihre erste Kinderbuchreihe. Pascal Nöldner, geboren 1990 in Essen, ist freiberuflicher Illustrator von Comics, Kinder- und Jugendbüchern und Zeichner von Animationsfilmen. 2015 beendete er sein Designstudium mit dem Schwerpunkt Illustration an der Fachhochschule Münster mit dem Bachelor of Arts. Neben seiner gestalterischen Tätigkeit ist er freischaffender Schauspieler und Musiker.
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Am nächsten Morgen standen so viele Einkaufstüten und Kartons in der Küche, dass Flick beinahe gefragt hätte, ob sie etwa schon wieder umziehen würden. Aber zum Glück stellte sich heraus, dass ihr Vater nur mal wieder entrümpelte. Diesmal hatte er Sachen zusammengepackt, um sie auf dem Flohmarkt am Rathaus zu verkaufen. »Ist die letzte Chance für das Zeug«, sagte er, während Flick eine Scheibe Brot in den Toaster steckte und einen Schluck aus der Orangensaftpackung nahm, die auf dem Küchentisch stand. »Also wenn du noch was hast – alte Klamotten, Schuhe, Spielsachen, Bücher … Immer her damit.« Er deutete mit dem Kopf auf den Saftkarton, bevor er einen weiteren Karton auf den Stapel packte. »Deine Mutter findet das nicht gut.« »Wir haben doch eh alle dieselben Bazillen.« Flick verdrehte die Augen, holte sich dann aber doch ein Glas aus dem Schrank. »Außerdem knutscht ihr ständig Freddy ab – und der ist ein richtiger Dreckspatz!« Isaac Hudson sah zu seinem Sohn hin, der gerade zwei grünliche Popel aus seinen Nasenlöchern pulte. »Ich denke, ein Taschentuch könnte nicht schaden, junger Mann, was meinst du?« »Ein Bad in Desinfektionsmittel wäre wohl noch besser«, schlug Flick vor. Freddy lachte, und Flick lächelte zufrieden. Wenigstens einer, der über ihre Witze lachte. Popel hin oder her – seit einiger Zeit liebte sie ihren Babybruder viel mehr als früher. Flicks Mutter Moira Hudson betrat die Küche. Statt ihrer üblichen Postuniform trug sie Jeans. »Bist du noch gar nicht fertig, Felicity?«, schimpfte sie. Flicks Hand, in der sie das Brot hielt, verharrte auf halbem Weg zu ihrem offenen Mund in der Luft. Krampfhaft versuchte sie sich zu erinnern, wofür sie sich hätte fertig machen müssen. »Heute ist doch Samstag.« Ihre Mutter seufzte und schnalzte mit der Zunge, was normalerweise auf bevorstehenden Ärger hindeutete. »Du hast doch versprochen, mit mir in die Stadt zu fahren.« »Aber …« »Wir müssen dringend einkaufen.« »Aber …« »Freddy braucht wieder neue Hosen, die alten hat er beim Krabbeln schon total durchgescheuert.« »Aber …« »Nix aber, mach dich fertig, los. Und blockier nicht schon wieder stundenlang das Bad, du bist wunderschön so, wie du bist. Zack, zack.« Seufzend stopfte sich Flick den Rest ihres kargen Frühstücks in den Mund. * Seit sie aus dem Reisebüro Strangeworlds wenige Wochen zuvor zu spät zurückgekommen war, bekam Flick nur noch so viel Bewegungsfreiheit zugestanden wie eine Spinne, die in einem Glas gefangen ist. Nachdem sie in den frühen Morgenstunden endlich wieder zu Hause aufgetaucht war, hatten ihre Eltern eine Menge Fragen gehabt – verständlicherweise. Um zu verhindern, dass sie bis in alle Ewigkeit weiterbohrten, hatte sie sich schließlich eine halbherzige Lüge zusammengereimt. Die Geschichte hatten ihr ihre Eltern keine Sekunde abgekauft, aber offenbar war ihnen eine offensichtliche Lüge immer noch lieber, als gar keine Erklärung zu bekommen. Die Wut ihres Vaters war nach etwa einer Woche verraucht, Flicks Mutter hingegen war immer noch sauer und ziemlich reizbar. Und so versuchte Flick, alles richtig zu machen und die Anweisungen ihrer Mutter zu befolgen. Ihre Eltern wiederum gaben sich alle Mühe, sie ständig beschäftigt zu halten. Aber es blieb dabei, sie wussten nichts über Strangeworlds, und Flick hatte nicht die geringste Absicht, ihnen davon zu erzählen. Nur zweimal hatte sie seitdem Gelegenheit gehabt, dem Reisebüro wieder einen Besuch abzustatten. Das erste Mal kurz nach ihrem Verschwinden – sie hatte eine Klavierstunde geschwänzt, um zu Jonathan zu eilen und ihm davon zu erzählen, dass sie quasi bis in alle Ewigkeiten Hausarrest hatte. Das zweite Mal hatte Freddy sich netterweise genau den Bürgersteig vor dem Strangeworlds ausgesucht, um einen seiner unvergleichlichen Mega-Trotzanfälle zu bekommen. Flick hatte die Ablenkung genutzt, um Jonathan wie wild durch die Schaufensterscheibe hindurch zuzuwinken, während ihre Mutter sich mit dem kleinen Schreihals herumschlug. Jetzt in der Ferienzeit war der Supermarkt voll mit Eltern und ihren Kindern, die entweder mit Keksen ruhiggestellt wurden oder wie am Spieß schrien, weil sie nicht mit Keksen ruhiggestellt wurden. Freddy gehörte zur zweiten Gruppe, und wenn er einmal nicht schrie, versuchte er, die Kette des Einkaufswagens zu verschlucken. Flick schob ihn in die Obstabteilung, während ihre Mutter lautstark vor sich hin schimpfte, dass Gurken ohne Plastikfolie nicht so lange frisch blieben. Schon am Tag zuvor hatten sie sich zu Hause über Plastik gestritten, nachdem Flick Frischhaltefolie von der Einkaufsliste gestrichen hatte. Flick fragte sich immer noch kopfschüttelnd, wie ihre Mutter länger haltbare Gurken für wichtiger halten konnte als das Überleben der Wale. Da fiel ihr Blick plötzlich auf einen vertrauten dunklen Haarschopf und eine schreckliche Stoffweste, die nur einem einzigen Menschen gehören konnten. Flick schielte um die Bananenkisten herum … Er war es wirklich. Jonathan Mercator. Flicks Herz machte einen Freudensprung. Jonathan! Ohne sein geliebtes Reisebüro und dafür mitten in der Obstabteilung sah er genauso normal aus wie jedes andere Wesen des Multiversums. Na ja, vielleicht nicht ganz so normal. Obwohl es August war und alle anderen Leute in kurzen Hosen herumliefen, trug Jonathan einen Anzug, lediglich die Jacke war offen. Selbst das Hemd war noch komplett bis oben zugeknöpft. Flick runzelte irritiert die Stirn. Jonathan im Supermarkt zu sehen war in etwa so, als sähe sie eine Schildkröte ohne ihren Panzer. Langsam schlenderte sie zu ihm hinüber. »Hey«, sagte sie und grinste. »Freu mich total, dich zu sehen!« »Oh!« Jonathan blinzelte hinter seinen Brillengläsern, und ein Lächeln machte sich auf seinem Gesicht breit. Dann legte er die Avocado, die er gerade abgetastet hatte, in seinen Einkaufskorb. »Hallo.« Flick schielte zu ihrer Mutter hinüber, die gerade Mühe hatte, ihre Einkaufsliste aus Freddys Mund zu ziehen. »Ich bin eine Gefangene. Alcatraz ist ein Witz dagegen. Wie geht’s dir?« »Besser, danke.« Jonathan tätschelte sich den Hinterkopf, wo nur noch eine Narbe an das letzte Abenteuer erinnerte. Eine ewige Gedächtnisstütze dafür, dass sein Beruf auch etliche Gefahren mit sich brachte. Jonathans Reisebüro war nämlich weltweit das einzige seiner Art. Und Flick war eine der Wenigen, die sein Geheimnis kannten – nämlich, dass Strangeworlds keine normalen Reisen vermittelte. Das altmodische Reisebüro war über und über mit Koffern angefüllt, von denen keiner dem anderen glich. Und mit jedem dieser Koffer konnte man in eine andere Welt reisen, man musste einfach nur hineinsteigen. Flick schaute in Jonathans Einkaufskorb. Eine einzelne Dose Gemüsesuppe leistete der Avocado Gesellschaft. »Du scheinst mit meinem Einkauf nicht einverstanden zu sein …«, sagte er. Flick lachte. »Doch, doch. Und, wie läuft das Geschäft?« »Wie sagt man so schön – langsam, aber stetig.« Er zuckte mit den Schultern. »Ich war übrigens neulich wieder in Fünflichter. Die Stadt scheint sich allmählich zu erholen. Und das hat sie dir zu verdanken.« »Eher Nicky de Vyce.« Die junge Diebin mit dem roten Umhang, die zu einer Freundin geworden war, fehlte ihr auf einmal genauso schmerzlich wie die rosa-goldene Stadt Fünflichter. »Sie hat sich dafür eingesetzt, die gestohlene Magie wieder in die Welt zurückfließen zu lassen. Sie hätte sie ja auch behalten können.« »Dieb ist eben nicht gleich Dieb«, sagte Jonathan. »Ich hab übrigens mit ihr gesprochen. Von Aufseherin Blenda und ihren Kumpanen hat sie nichts mehr gehört. Sieht so aus, als hättest du es geschafft, sie für immer in der anderen Welt einzusperren.« Flick starrte zu den Kiwis rüber. Mit einem Mal bekam sie ein schlechtes Gewissen. Jonathan schien zu spüren, wie es ihr ging. »Du hast damit nicht nur dich selbst, sondern auch andere Mitglieder der Strangeworlds-Gesellschaft gerettet, und letztendlich die ganze Welt von Fünflichter. Ohne dich wären Aufseherin Blenda und ihre Diebesbande in eine andere Welt gereist und hätten deren Magie und Leben ausgesaugt.« Er wischte über den Griff seines Einkaufskorbs. »Aber dass dir nicht wohl ist bei dem Gedanken, Leute irgendwo festzusetzen, ist ganz verständlich.« »Bis heute weiß ich nicht mal, wie ich das gemacht habe«, murmelte Flick. »Hast du seitdem noch mal so etwas versucht?« Flick schüttelte den Kopf. Durch ein Vergrößerungsglas zu schauen zählte ja wohl nicht. »Du hast nicht mit deiner Gabe herumexperimentiert?« Jonathan zog erstaunt die Augenbrauen in die Höhe. »Aber warum denn nicht?« Flick trat unbehaglich von einem Fuß auf den anderen. Während ihres Abenteuers mit Jonathan hatte sich herausgestellt, dass sie magische Kräfte hatte, die noch stärker waren als die ihres Freundes und sogar stärker als bei jedem anderen, den er kannte. Und so hatte sie damals das Unmögliche möglich gemacht: Sie hatte ein Schisma zwischen zwei Welten erzeugt, war hindurchgegangen – und hatte es überlebt. Aber jetzt, wo sie zurück in Little Wyverns war, dem normalsten und langweiligsten Ort des Multiversums, kam ihr das alles unwirklich vor, als wäre es nie passiert. Jonathan lächelte. »Du fehlst im Laden, weißt du. Du hättest letzte Woche reinkommen sollen. Ich hab...