Lauriel | Duft der Stille | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 336 Seiten

Lauriel Duft der Stille


1. Auflage 2018
ISBN: 978-3-945932-46-9
Verlag: 26|books
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)

E-Book, Deutsch, 336 Seiten

ISBN: 978-3-945932-46-9
Verlag: 26|books
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)



Ihr Duft macht seine Welt bunt ...

Laura hat das Gefühl, ständig für all das kämpfen zu müssen, was für andere Sechzehnjährige selbstverständlich ist. Nur ihr „Schutzengel“, Kindheitsfreund Jacob, schenkt ihr Gelassenheit. Der stille Junge steht Tag für Tag eine Stunde an ihrem Zaun - ein Ritual, das genauso zu seinem Leben gehört wie zu ihrem. Und doch hat Jacob noch nie etwas zu ihr gesagt, denn er ist taubstumm.
Als Laura sich mit Dennis anfreundet, hofft sie, durch ihn mehr Freiheit zu erleben. Doch schon nach kurzer Zeit fühlt sie sich von ihm noch mehr eingeengt als von ihrer überfürsorglichen Mutter. In ihrem Kummer nähert Laura sich Jacob an, und jetzt, wo sie ihn besser kennenlernt, beginnt sie zu ahnen, dass er ein Geheimnis verbirgt, hinter dem viel mehr steckt als seine Gehörlosigkeit. Doch wie soll Jacob ihr zeigen, wie seine Welt ist, wenn er in der absoluten Stille zu Hause ist, zu der Laura so wenig Zugang hat?

*** Intensiv, gefühlvoll, emotional - und gleichzeitig so lebensnah und so realistisch. (Flavia Maltritz)

*** Ein Buch, das neben der Seele auch die Sinne berührt. (Yvonne Sartoris)

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Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


Die Neigungen des Herzens sind geteilt wie die Äste einer Zeder. Verliert der Baum einen starken Ast, so wird er leiden, aber er stirbt nicht. Er wird all seine Lebenskraft in den nächsten Ast fließen lassen, auf dass dieser wachse und die Lücke ausfülle.   Khalil Gibran     1 - Juli 2012
Jacob
Jacob stand an Lauras Zaun und wartete. Er blickte zu ihrem Fenster hinauf, und er würde nicht weggehen, bevor sie ihm ein Zeichen gegeben hatte. Wie jeden Tag. Er brauchte die Gewissheit, dass sie es wusste. Dass er ihr nicht gleichgültig war. Warum dieses Mädchen ihn so sehr anzog, konnte er nicht sagen. Warum stach Laura aus der gesichtslosen Masse der Menschen heraus? Der Menschen, deren Münder sich ohne Unterlass bewegten und zu Fratzen verzogen, wenn sie mit ihm reden wollten. Er brauchte nur den Kopf wegzudrehen, und all ihre Worte verhallten ungehört. Warum griff jedes Mal eine unbestimmte Angst nach ihm, wenn er am Zaun stand? Die Angst, sie könne ihn vergessen haben oder sich nicht darum scheren, dass er auf ihren Anblick wartete? Die Angst, ihr könne etwas zugestoßen sein? Oder die Angst, sie könne ihn fortjagen wollen? Unverwandt starrte er zu ihr hinauf und hoffte auf ein Lebenszeichen. Manchmal erschien sie dort oben am Fenster, manchmal auch am Küchen- oder Wohnzimmerfenster. Gelegentlich kam sie in den Garten heraus, weil sie dort etwas zu erledigen hatte. Nie vergaß sie, sich zu ihm umzudrehen. Meist wechselten sie einen langen Blick. Sie gab ihm irgendein Zeichen und er spürte, wie die Ruhe seinen Körper durchfloss. Was, wenn er sich das alles nur einbildete und sie nichts davon ahnte? In seiner Brust ballte sich etwas zusammen und ließ ihn nur noch oberflächlich atmen. Wie lange stand er nun schon hier? Doch da erschien sie endlich! Laura hob hinter dem Fenster den Arm, um ihm zuzuwinken. Der Klumpen, der sich in seiner Brust zusammengezogen hatte, löste sich auf. Laura hatte nach ihm gesucht, ihn gefunden und sich wieder weggedreht. Jacob wandte sich um und setzte einen Fuß vor den anderen. Wie aus dem Nichts tauchte plötzlich ein Radfahrer neben ihm auf. Der gestikulierte wild - vermutlich hatte er geklingelt oder gerufen, doch wie hätte Jacob das wissen sollen? Komischerweise hatte er den Radfahrer aber auch nicht gerochen. War er so unaufmerksam, oder beherrschte Lauras unverwechselbarer Geruch noch seine Wahrnehmung? Der Junge gelangte unfallfrei an ihm vorbei und drehte sich auch nicht mehr um. Langsam schwächte Lauras Duftspur sich ab, und die Gerüche der Umwelt traten wieder hervor. Es waren nur wenige Autos unterwegs. Die Welt schien an diesem heißen Sommertag träge vor sich hin zu träumen. Die Hitze wirkte sich auf die Gerüche aus, die die Dinge, Pflanzen und Menschen verströmten. Wenn Jacob die Augen schloss, konnte er genau sagen, wo die Welt im Schatten lag und wo sie von der Sonne überflutet war. Der Asphalt roch in der Sonne intensiver als an Wintertagen, wenn er kalt oder nass oder beides war. Das Gras in den Gärten sandte ein Bild in seinen Kopf: wie es in der Hitze verdorrte, obwohl es noch grün und saftig wirkte. Der Vorgarten der Villa am Ende der Straße lag hingegen zum großen Teil im tiefen Schatten. Dort liefen außerdem ununterbrochen die Rasensprenger. Jacob konnte die Feuchtigkeit in der Luft riechen. Er sah, wie die Fontänen in regelmäßigen Stößen aus der Düse schossen, und erkannte das in winzigen Regenbögen gebrochene Sonnenlicht darin. In seinem Kopf bildete sich die Vorstellung davon, wie der Sprenger zisch-zisch-zisch machte. Doch er hörte nicht, wie die Tropfen auf die Blätter prasselten oder im weichen Gras fast geräuschlos versickerten. Sein Begreifen von Wörtern, die Geräusche beschreiben, beschränkte sich auf das, was er spürte, sah und roch. Der süßherbe Geruch der Linde drängte sich jetzt in den Vordergrund. Er war zu Hause. Jacob öffnete das Gatter des kleinen Zauns - seine Oma hatte ihm noch gestern gesagt, dass es quietschte - und zog den Schlüssel aus der Hosentasche, während er zur Haustür ging. Er drückte einmal kurz auf die Klingel, damit Oma wusste, dass er kam, dann trat er auch schon ein. Im Flur roch es ein bisschen muffig, weil die Großeltern wegen der Schwüle erst abends lüfteten, und im Keller hing Wäsche zum Trocknen. Unter dem künstlichen Blumenduft des Waschmittels filterte seine Nase unverkennbar den Mief der überschüssigen Feuchtigkeit heraus. Zielstrebig ging er hinunter, öffnete das kleine Oberlicht, bevor er die Kleider betastete, um zu sehen, wie feucht sie noch waren. Obwohl er sich an dem leicht muffigen Geruch störte, hatte er längst akzeptiert, dass Oma die Wäsche im Sommer nicht nach draußen hängte. Vielleicht tat sie es, weil sie sich nicht von der Tageszeit vorschreiben lassen wollte, wann sie Kleidung zu waschen und zu trocknen hatte. So war seine Oma. Sie machte Dinge anders als viele andere Menschen. Er liebte sie dafür. Sie stand schon oben und redete los, sobald sie ihn sah. Ihr Mund lag im Schatten. Mit Gesten sagte er ihr, dass er sie nicht hörte, und sie schlug sich lachend die Hand auf die Lippen, bis er oben ankam. Dann gebärdete sie, dass es die ganze Zeit draußen viel zu heiß und schwül gewesen sei, um das Fenster zu öffnen. Aus der Gebärde heraus hob sie die Hand und wuschelte ihm durchs Haar, bevor er die oberste Stufe erklommen hatte. Mit Lippenbewegungen sagte sie: »Das hier kann ich ja nicht mehr oft machen, du bist mir schon lange über den Kopf gewachsen.« Das Mundbild von Oma kannte er so gut, dass er nicht mehr viel hineininterpretieren musste, sondern die meisten der Wörter identifizierte. Er zog die Brauen zusammen und gebärdete, dass sie aufhören solle. Er wollte nicht wie ein kleines Kind behandelt werden. Oma nickte und schlurfte zum Wohnzimmer. Vermutlich lief dort der Fernseher. Jacob stand zu weit weg, um ihn zu spüren. Er zog sich nach oben zurück. In seinem Zimmer ging er zum Giebelfenster und blickte zu Lauras Haus hinüber. Manchmal, wenn sie Licht anhatte, konnte er von hier aus noch sehen, ob sie in ihrem Zimmer war oder nicht. Er bildete sich ein, dass sie jeden Abend, wenn sie ihren Vorhang vorzog, noch einmal zu ihm herschaute. Sicher konnte er sich allerdings nicht sein. Jacob bemerkte, dass Wolken aufgezogen waren, und als er das Fenster öffnete, roch er den Wechsel in der Atmosphäre sofort. Er schloss die Augen, um den Duft der sich abkühlenden Luft einzusaugen. Innerlich sah er, wie sich Gewitterwolken auftürmten, schwere Regentropfen herunterplatschten und auf dem Boden zersprangen. Zu jeder Art des Regens hatte er ein Geruchsbild. Doch noch war es nicht so weit. Ob das Gewitter wirklich bis hierherziehen würde, verrieten ihm seine Sinne nicht. Die Vorstellungsbilder vor seinem inneren Auge stoben unvermittelt auseinander, als Lauras Gesicht sich herausschälte. Er öffnete die Augen. Sie erschien auf der Treppe, er roch ihren Körper in dem Sommerkleid, das sie gestern schon getragen hatte und das ein bisschen nach ihrem Schweiß roch. Darunter musste sie jetzt ihren Badeanzug angezogen haben. In Flipflops verließ sie das Haus und ging den Gartenpfad entlang. Er roch, wie sie die nackten Füße in den Gummilatschen aufsetzte. Die Geruchsimpulse - schwitzende Füße, abwechselnd in der Luft, dann wieder auf das Gummi treffend - sandten das erlernte Wortbild dazu in seinen Kopf: flip-flap-flip-flap. Sie trug ihre Schwimmtasche über der Schulter und eilte in die andere Richtung davon. Sie ging zur Schwimmhalle, die dem Schulkomplex angegliedert war. Abends war dort wenig Betrieb, und sie zog ihre Bahnen zwischen den anderen, die nicht zum Planschen, sondern zum Schwimmen gekommen waren. Jacob hatte sie ein einziges Mal beobachtet. Das mochte zwei Jahre her sein. Wenn sie schwamm, wirkte ihr Körper graziler. Der Badeanzug umspannte ihre Brüste, die für eine Schwimmerin sogar damals schon zu groß waren. Ihr Stil sah nicht aus, als wolle sie Wettbewerbe bestreiten, sondern sich einfach nur entspannen. Jacob hatte an jenem Abend lang darüber nachgedacht, ob er zu ihr in die Halle gehen sollte, aber als sie nach draußen kam, hatte sie bei seinem Anblick die Stirn gerunzelt. Ihm war sofort klar gewesen, dass das Schwimmen ihr wichtig war und sie es nicht teilen wollte. Seither war er nicht mehr hingegangen. Heute bekam er heiße Wangen, wenn er darüber nachdachte, wie er damals auf sie gewirkt haben musste. Es wäre schrecklich für ihn, wenn sie ihn für einen Stalker hielte. Plötzlich erreichte ihn Lärm. Oma rief nach ihm. Er spürte die stakkatohaften Erschütterungen in den Fußsohlen. Sie hatten sich vor Jahren darauf geeinigt, dass Oma und Opa, wenn sie ihn rufen wollten, mit Opas altem Wanderstock gegen das Holzgeländer schlagen würden. Dreimal schnell hintereinander, dann zweimal langsam, dann wieder viermal schnell. Jacob hatte damals rasch ein Gespür für die Vibrationen entwickelt. Natürlich sah das Geländer an der Stelle, an der sie nach ihm riefen, inzwischen sehr mitgenommen aus, und auch der Stock war dort, wo er auftraf, nur noch halb so dick. Das störte keinen der drei. In letzter Zeit waren Opa und Oma dazu übergegangen, immer öfter mit dem Ein- und Ausschalten des Lichts nach ihm zu rufen, wie die meisten gehörlosen Menschen es taten. Das klappte allerdings nur, wenn Jacob wach war. Jedenfalls hatte das Klopfritual schon vor sechs Jahren bedeutet, dass er sich hier oben unter dem Dach des kleinen Häuschens sein eigenes Reich einrichten durfte. Er war damals dreizehn gewesen und hatte sich unfassbar darüber gefreut. Es war ein Zufluchtsort...


Lauriel, Angelika
Angelika Lauriel schreibt seit 2006 Romane für Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Genauso lange brennt ihr Herz fürs Schreiben. Seit 2010 wird sie von mehreren Verlagen veröffentlicht. Außer dem Schreiben sind ihr ihre Familie, ihr zweiter Beruf als Förderlehrkraft für Deutsch als Zweitsprache und ihre Französische Bulldogge wichtig. Wenn die Zeit es erlaubt, spielt sie auch gerne Theater und singt in einem Chor. Weniger wichtig findet sie hingegen häusliche Arbeiten, weshalb diese auf ihrer täglichen, übervollen To-do-Liste meist ans Ende geraten. Unter dem Pseudonym Laura Albers schreibt die Autorin Liebesromane. Sie lebt und arbeitet im Saarland, dem wunderschönen, oftmals unterschätzten kleinsten Flächenbundesland.

Angelika Lauriel schreibt seit 2006 Romane für Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Genauso lange brennt ihr Herz fürs Schreiben. Seit 2010 wird sie von mehreren Verlagen veröffentlicht. Außer dem Schreiben sind ihr ihre Familie, ihr zweiter Beruf als Förderlehrkraft für Deutsch als Zweitsprache und ihre Französische Bulldogge wichtig. Wenn die Zeit es erlaubt, spielt sie auch gerne Theater und singt in einem Chor. Weniger wichtig findet sie hingegen häusliche Arbeiten, weshalb diese auf ihrer täglichen, übervollen To-do-Liste meist ans Ende geraten. Unter dem Pseudonym Laura Albers schreibt die Autorin Liebesromane. Sie lebt und arbeitet im Saarland, dem wunderschönen, oftmals unterschätzten kleinsten Flächenbundesland.



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