E-Book, Deutsch, 432 Seiten
Laymon Die Klinge
1. Auflage 2014
ISBN: 978-3-641-11353-7
Verlag: Heyne
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Roman
E-Book, Deutsch, 432 Seiten
ISBN: 978-3-641-11353-7
Verlag: Heyne
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Der psychopathische Albert mag Frauen. Doch die Frauen mögen Albert nicht. Unmenschlicher Hass treibt ihn dazu, alle Grenzen hinter sich zu lassen. Albert beginnt einen mörderischen Streifzug durch die USA – immer auf der Suche nach Opfern. In Kalifornien kreuzt sein Weg das Schicksal einer Gruppe junger Intellektueller. Auf einer Halloweenparty treffen alle zusammen – das Blutbad beginnt ...
Richard Laymon wurde 1947 in Chicago geboren und studierte in Kalifornien englische Literatur. Er arbeitete als Lehrer, Bibliothekar und Zeitschriftenredakteur, bevor er sich ganz dem Schreiben widmete und zu einem der bestverkauften Spannungsautoren aller Zeiten wurde. 2001 gestorben, gilt Laymon heute in den USA und Großbritannien als Horror-Kultautor, der von Schriftstellerkollegen wie Stephen King und Dean Koontz hoch geschätzt wird.
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1 NORTH GLEN, ILLINOIS
»Möchtest du auf den Rücksitz?«
»Hm?« Albert hatte nicht zugehört, er war zu fasziniert von der Weichheit ihrer Brüste in seinem Gesicht.
Sie schob ihn weg. »Der Rücksitz. Willst du mit mir auf den Rücksitz?«
»Wozu?«, fragte Albert, der nichts als wieder an ihre Brüste wollte. In der Dunkelheit sahen sie blass aus, die Nippel fast schwarz.
Obwohl er schon siebzehn und in der zwölften Klasse der Highschool war, hatte er bis heute Nacht noch nie echte Brüste erblickt. Er kannte sie nur von Fotos und Bildern – bloß einmal, als er noch ein kleiner Junge gewesen war, hatte er die Brüste seiner Mutter gesehen. Er hatte sie nicht angefasst, obwohl er es gewollt hatte. Trotz des Bluts. Oder vielleicht gerade deswegen.
Aber diese hier fasste er an. Sie fühlten sich noch wundervoller an, als er es sich vorgestellt hatte. So glatt und weich und federnd. Die Brustwarzen waren nicht glatt. Sie waren uneben und hart, und wie sie hervorstanden …
»Damit wir es machen können, du Blödmann«, sagte Betty. »Du willst es doch, oder?«
»Klar. Ich meine, ich glaub schon. Natürlich will ich.«
»Wir treiben es nicht auf dem Vordersitz, das steht fest.«
»Okay.«
Sie sah ihn an und rührte sich nicht.
»Ich mach dir die Tür auf.« Albert lehnte sich über sie. Als er sich nach dem Türgriff streckte und dabei die Wange gegen ihre Brust drückte, spürte er, wie der Nippel in sein Ohr glitt. Es kitzelte, und er erschauderte.
Sie packte seinen Arm.
»Was ist los?«, fragte er. »Ist jemand da draußen?«
Er sah aus dem Fenster. Der Wagen war am Ende einer Sackgasse geparkt. Dahinter befand sich ein kleines Waldstück, dessen nahezu blattlose Bäume ihre Äste in den Schein des Oktobermonds streckten. Falls dort jemand herumlungerte, konnte Albert ihn nicht sehen. Auch auf den Bürgersteigen und in den Vorgärten der Häuser in der Nähe entdeckte er niemanden. Bis auf ein paar Verandalampen lagen die meisten Gebäude im Dunkeln.
»Ich sehe niemanden«, sagte Albert.
»Das ist nicht das Problem, Süßer.«
»Was denn?«
»Du bist wirklich eine Nummer.«
»Soll ich dir nicht die Tür öffnen?«
»Noch nicht. Erst will ich meine zwanzig Dollar haben.«
»Was?«
»Zwanzig Dollar. Für weniger mache ich es nie. Bei vielen Männern nehme ich sogar mehr. Ich gewähre dir einen Nachlass, weil ich dich mag. Du bist ein bisschen seltsam, aber wahnsinnig süß.« Sie schob eine Hand unter sein Hemd und strich ihm über die Brust.
»Wenn ich so süß bin, solltest du kein Geld von mir verlangen.«
»Würde ich auch nicht, aber ich muss nächstes Jahr aufs College gehen.«
»Na und?«
»Das kostet eine Menge Geld. Das Wohnheim, die Bücher, von den Studiengebühren ganz zu schweigen.«
»Zwanzig Dollar also. Das ist viel Geld.«
»Es ist viel mehr wert«, sagte Betty. Sie griff mit einer Hand in Alberts Hose. Er stöhnte bei der Berührung ihrer kalten Finger. »Ohhh, keine Unterhose. Du bist wirklich ein ungezogener Junge.«
»Was hältst du von zehn Dollar?«, fragte er.
»Zwanzig.«
Er spürte ihre Hand langsam seinen Penis hinaufgleiten.
»Aber ich hab nur … ich weiß nicht, vielleicht fünfzehn dabei.«
Sie zog die Hand weg.
»Lass mich mal nachsehen.« Er holte die Brieftasche aus der Gesäßtasche seiner Jeans, klappte sie auf und nahm die Scheine heraus. Er hielt das Geld dicht an die Windschutzscheibe und betrachtete es im schwachen Licht, das hereinfiel. Ein Zehner und vier Einer.
»Wie viel?«, fragte Betty.
»Vierzehn Dollar.«
»Das reicht nicht.«
»Komm schon.«
»Vergiss es, Albert.«
»Ich kann dir den Rest morgen geben.«
»Klar. Tu das, dann können wir morgen Nacht vielleicht weitermachen.«
»Lass es uns jetzt machen, okay? Komm schon, es fehlen doch nur sechs Dollar. Bitte.«
»Hat Stan dir nicht den Preis gesagt?«
Stan hatte überhaupt nicht erwähnt, dass er sie bezahlen musste. Er hatte gesagt: »Sie ist rattenscharf, Mann. Ich hab mit ihr gesprochen. Sie will dich. Das hat sie mir gesagt. Mann, das ist deine Chance, zum Schuss zu kommen.«
»Was muss ich tun?«, hatte Albert ihn gefragt.
»Führ sie einfach aus. Ruf sie an, lade sie auf eine Pizza oder so und ins Kino ein, dann halte auf dem Heimweg an einer schön ungestörten Stelle, und nimm sie. Sie wird es dir richtig besorgen.«
Stirnrunzelnd sah Albert Betty an. »Er hat nicht gesagt, dass ich dich bezahlen muss.«
»Tja, das hätte er aber tun sollen. Der Idiot. Es kostet zwanzig Dollar, keinen Penny weniger.«
»Komm schon, Betty.«
»Wenn du so viel nicht hast, kannst du mich jetzt nach Hause bringen.«
»Dich nach Hause bringen? Warum sollte ich dich nach Hause bringen? Scheiße! Du kannst zu Fuß nach Hause gehen.«
»Sei nicht so ein Arschloch.«
»Steig einfach aus meinem Wagen«, sagte Albert.
»Soll das ein Witz sein?« Sie verrenkte die Arme hinter dem Rücken, um ihren BH zu schließen. »Mach dich nicht lächerlich. Fahr mich einfach nach Hause. Treib morgen das restliche Geld auf und ruf mich an.« Sie knöpfte die Bluse zu. »Dann haben wir morgen Nacht viel Spaß miteinander.«
»Scheiße«, murmelte er.
»Bleib locker. Das ist kein Weltuntergang.«
Es fühlt sich aber so an, dachte er.
Er startete den Motor und setzte so ruckartig zurück, dass Betty nach vorn geworfen wurde. »Hey!« Sie stützte sich mit einer Hand am Armaturenbrett ab. »Verdammt, beruhig dich!«
Doch Albert beruhigte sich nicht. Er raste durch die enge Straße und nahm die Kurven so schnell, dass die Reifen ächzten. Betty klammerte sich am Armaturenbrett fest.
Als er um eine Kurve schoss, tauchte das Heck eines parkenden Porsche im Scheinwerferlicht auf.
Er riss das Lenkrad herum.
Nicht schnell genug.
Mit einem metallischen Knirschen streifte er den Porsche.
»Jetzt ist es passiert«, sagte Betty.
»Er hätte nicht da parken sollen«, sagte Albert und trat das Gaspedal durch.
»Willst du nicht anhalten?«
»Warum sollte ich?«
»Mein Gott, Albert! Du musst anhalten. Das ist gegen das Gesetz.«
»Scheiß auf das Gesetz.« Er ignorierte ein Stoppschild und raste weiter.
»Okay«, schnauzte Betty. »Das reicht. Lass mich raus. Sofort!«
Albert hielt nicht an.
»Lass mich bitte raus!«
Er sah sie an und setzte ein Lächeln auf. »Nein.«
»Albert!«
Er fuhr schnell auf einen Kombi auf, zog über die doppelte gelbe Linie und sauste vorbei.
»Du bringst uns noch um!«
»Na und?«
»Verdammt!«
Er schleuderte mit quietschenden Reifen um eine Ecke und schoss eine steile Straße hinauf. Zu beiden Seiten standen Häuser mit breiten Einfahrten. Teure, zweigeschossige Häuser.
»In welchem wohnst du?«, fragte er.
»In der Mitte der Straße. Das weiße auf der rechten Seite.«
Vor dem Haus trat er hart auf die Bremse. Er sagte nichts. Er starrte nach vorn und rührte sich nicht, bis die Tür zuschlug.
Dann beobachtete er, wie Betty die Einfahrt hinaufging. Ihr Rock war sehr kurz. Er flatterte in der Brise. Im Mondlicht wirkten ihre Beine blass.
»Schlampe«, murmelte er.
Nur eine dreckige Hure, dachte er. Nur eine dreckige Hure verlangt Geld dafür. Wahrscheinlich hätte ich mir bei ihr einen Tripper geholt oder so. Ein Glück, dass ich keine zwanzig Dollar hatte.
Aber wenn ich das Geld gehabt hätte, würde ich sie jetzt bumsen.
Er sah zu, wie sie ins Haus ging und die Tür schloss.
»Und tschüss«, sagte er.
Dann packte er mit beiden Händen fest das Steuer und warf sich nach vorn. Seine Stirn schlug gegen die Oberseite des Lenkrads. Er tat es noch einmal. Und noch einmal.
Danach saß er eine ganze Weile reglos da. Schließlich ließ er den Motor an und fuhr langsam davon. Als er die...




