E-Book, Deutsch, 240 Seiten
Leisheng Assassin's Creed: Gefahr aus der Wüste
1. Auflage 2023
ISBN: 978-3-98666-070-3
Verlag: Cross Cult Entertainment
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 240 Seiten
ISBN: 978-3-98666-070-3
Verlag: Cross Cult Entertainment
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Die alte Mongolei ist der Schauplatz des neuesten epischen Abenteuers im preisgekrönten Assassin's Creed-Universum, in dem die Assassine Shao Jun gegen eine finstere Verschwörung kämpft.
Die Bruderschaft der Assassinen wurde vom chinesischen Kaiser so gut wie ausgerottet. Es ist keine leichte Aufgabe, den Orden zu seinem früheren Ruhm zurückzuführen, aber es ist Shao Juns Pflicht und ihre beste Chance zu überleben. Als sie erfährt, dass ein alter Feind in den Besitz eines mächtigen Artefakts gekommen ist, mit dem er alle verbliebenen Attentäter in den Tod locken will, eilt Shao Jun in die Mongolei. Dort wird sie in die politischen Intrigen zwischen dem mongolischen Königshaus, einem im Exil lebenden Prinzen und den tödlichen Spannungen zwischen der Mongolei und China hineingezogen. Doch als sie entdeckt, dass ein noch finstererer Akteur hinter den Intrigen steckt, der Monster für eine brutale Übernahme der Region erschafft, schwört Shao Jun, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um dies zu verhindern.
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KAPITEL 1
Wenn es in der Region Baoding im Bezirk Manching eine Hitzeperiode gab, trockneten die lehmigen Straßen aus und wurden rissig. Mit den ersten Regenfällen klebte der Matsch an den Rädern der Fuhrwerke und ermüdete die Zugtiere. So schnaufte das große, muskulöse Kutschpferd an diesem Tage vor Erschöpfung, während die beiden Passagiere in ihrem Ölzeug den Schlamm mit Schaufeln abkratzten, damit sie weiterfahren konnten. Hinter ihnen ging vorsichtig ein dritter Mann über den rutschigen und tückischen Boden, um mit einem Holzbrett ihre Spuren zu verwischen. Es handelte sich um Hu Ruzhen, den Kapitän der kaiserlichen Garde von Huizhou. Es nieselte zwar nur, doch dafür seit dem Vorabend ununterbrochen. Als sie so den Waldrand erreichten, erschienen zur Begrüßung zwei Männer. Sie mussten bereits eine Weile dort gewartet haben. »Kapitän«, sagte der eine, »wir haben alle Befehle ausgeführt!« »Wurdet ihr verfolgt?« »Wir haben niemanden bemerkt.« Hu Ruzhen schob sein Brett in den Wagen und blickte zurück, um sich zu vergewissern, dass die aufgeweichte Straße unberührt aussah. Zufrieden gab er neue Befehle aus: »Diesmal müssen wir sie endgültig loswerden. Ihr beiden wartet noch eine Stunde hier und kommt nach, wenn sich in der Zeit keiner zeigt.« Er wusste zwar immer noch nicht, wer seine Verfolger waren, doch sie waren ihm schon seit vier Tagen auf den Fersen und er vermochte sie nicht abzuschütteln. Aber die Zeit drängte und er konnte sich dieses Katz-und-Maus-Spiel nicht länger leisten. Daher kamen ihm der Regen und der Schutz der Nacht sehr gelegen. An einer Kreuzung hatte er zweien seiner Wachen befohlen, die unerwünschten Wegbegleiter auf eine falsche Fährte zu locken. Diese würden die Täuschung frühestens nach einer Stunde bemerken. Sollten sie ihre Spur wieder aufnehmen, würden die beiden im Wald versteckten Soldaten sie zu ihrem Unglück bald erwischen. »Sollen wir sie lebend fangen, Kapitän?« »Dazu gibt es keinen Grund«, antwortete Hu Ruzhen nach kurzem Nachdenken. Die beiden Wachen nahmen seine Anweisungen mit einem knappen »Verstanden« zur Kenntnis. Er bedeutete den anderen, nicht länger an den Rädern der Kutsche zu kratzen. Die Straße führte jetzt in den Wald, und das Laub und die Pflanzen auf dem Boden würden die Fahrt erleichtern. Die beiden müden Männer ließen sich das nicht zweimal sagen und kletterten mit ihrem Kommandanten in die Kutsche. »Auf geht’s, Zhou!«, rief Letzterer dem Kutscher zu. »Bis zur Präfektur Datong ist der Weg noch weit.« Ein Peitschenknall erklang und das Laub raschelte, während der Regen weiterplätscherte. Die beiden Wachen am Waldeingang hatten sich verzogen, und so weit das Auge reichte, war keine Menschenseele mehr zu sehen. Diese lange Reise würde bald ihr Ende finden. Dennoch blieb eine Frage unbeantwortet: Wer folgte ihnen? Vielleicht ein verärgerter Pirat, der das Eisenkästchen in seinen Besitz bringen wollte? Dieser hätte keine Gnade zu erwarten. Sollte es allerdings Shao Jun sein … Dem jungen Mann wurde bang ums Herz, als umklammerten es die Klauen eines namenlosen Schattens. Er hörte immer noch das tiefe Bedauern in der Stimme seines Vaters, als dieser von der früheren kaiserlichen Konkubine gesprochen hatte. Er war überzeugt, sie hätte einfach den falschen Weg im Leben eingeschlagen. Als hochrangiger Offizier der kaiserlichen Garde war Hu Shangren ein Gegner der Mitglieder der Bruderschaft der Zentralebene gewesen. Dennoch hatte er inständig gehofft, dass sie das Massaker überlebten. Nach seinem Vater ließ sich auch der Sohn von Shao Jun verzaubern, ihr, die nun wieder auftauchte, um seinen Onkel Zhang als letztes verbliebenes Mitglied der Acht Tiger anzugreifen. Es brauchte schon eine außergewöhnliche Person, um dem mächtigsten Mann Chinas – wenn nicht sogar der ganzen Welt – so viel Ärger zu bescheren. Die Erzählungen über ihre faszinierenden Taten hatten Hu Ruzhens Bewunderung erregt und er hatte sich trotz seiner offiziellen Verpflichtungen insgeheim immer gewünscht, sie einmal kennenzulernen. Was für eine Überraschung, sie auf seinem Schiff zu treffen! Sie war genauso, wie er es sich immer vorgestellt hatte: außergewöhnlich. Gib ihr ein Paar Flügel und sie wäre der perfekte Phönix, dachte er und lächelte vor sich hin. Das erinnerte ihn an seinen achtzehnten Geburtstag. Auf Geheiß seines Vaters hatten seine Gäste »Tausche einen Nerzmantel gegen einen Becher Wein« gesungen, das von dem ausschweifenden Leben der Söhne reicher Familien handelte. Er hasste es, damit in Verbindung gebracht zu werden. Meister Yangmings Einschätzung, von der Shao Jun berichtet hatte, er sei »einer unter Millionen«, vermittelte ihm ein völlig anderes Selbstverständnis, denn sie stellte ihn über die gewöhnlichen Sterblichen. Als Hu Ruzhen seinen Kopf hob, meinte er, seine Augen könnten die Plane seiner Kutsche durchbohren und in den unendlichen Himmel darüber sehen. Er hatte sein Wohlwollen bewiesen, indem er die junge Frau nach ihrem Treffen in See stechen ließ, aber wenn sie ihn verfolgte, könnte sie durch die Hand seiner beiden versteckten, auf sie lauernden Wachen sterben. Alles hing von ihr ab. Und von ihrem Glück. Bei diesem Gedanken verschwand Hu Ruzhens Lächeln unversehens. Seine Männer beobachteten ihn und fragten sich wohl, was im Kopf ihres Kapitäns vorging. Eine halbe Stunde war seit ihrem Aufbruch vergangen. Jetzt goss es in Strömen. Ein junger Mann mit einem großen Hut auf dem Kopf und in einem Strohmantel ging im Dauerregen am Straßenrand entlang. Dank seiner hervorragenden Fähigkeiten als Spurenleser vermochte er trotz der schlechten Lichtverhältnisse den praktisch unsichtbaren Fährten zu folgen. Sie waren frisch und er erkannte, dass die Kutsche vor etwa einer Stunde hier vorbeigekommen war. Er ging davon aus, dass sie in die Hauptstadt fuhr, und folgte der Straße auf einem Schleichweg. An einer Stelle hielt er jedoch überrascht inne: Die Kutsche war wohl in eine andere Richtung abgebogen und zur Präfektur Datong gefahren. Als er seinen Irrtum bemerkte, war er einen Moment lang verblüfft. Er war schnell, intelligent und ein Meister der Kampfkünste – der ideale Anführer der Gesellschaft des Geistes. Aber er hatte Hu Ruzhens Absichten falsch eingeschätzt und deshalb seine Spur verloren. Diesen Fehler würde er sich nur schwer verzeihen. Eine Kutsche fuhr zwar im Durchschnitt zwanzig oder dreißig Li* pro Stunde, sodass es unerlässlich war, ihr Ziel herauszubekommen … Das Aufblitzen zweier Schwerter unterbrach seine Gedanken. Kaum hatte er den Wald betreten, sprangen die beiden versteckten Wachen links und rechts von ihm heraus und versuchten, ihn niederzustechen. Ihnen war befohlen worden, die Identität ihres Opfers zu überprüfen, aber in der Dunkelheit und dem Regen wollten sie ihre Aufgabe lieber so schnell wie möglich erledigen. Sie waren gut aufeinander eingespielt und wollten mit der dreisten Person, die ihren Kapitän zu verfolgen wagte, kurzen Prozess machen. Niemand konnte es mit ihren Xinchun-Säbeln aufnehmen: leichten Waffen mit kurzer Klinge. Doch sie trafen kein Fleisch, sondern schnitten ins Leere. Ungläubig fuhren die beiden Männer herum und ihr Erstaunen schlug in Angst um … Käme es zu einem Kampf, würde es schwierig werden. Sie stellten sich Rücken an Rücken und spitzten die Ohren, um durch das Prasseln des Regens etwas zu hören. Sie wogen ihre Möglichkeiten ab. Kapitän Hu hatte ihnen lediglich befohlen, eine Stunde zu warten. Und was noch besser war: Er erwartete ja nicht, dass sie eine Leiche mitbrächten. Da sich der junge Mann in Luft aufgelöst hatte, konnten sie einfach behaupten, niemanden gesehen zu haben. Das war viel besser als jeder Versuch, es mit einem Geist aufzunehmen. »Sollen wir gehen?« »Auf jeden Fall!« Sie steckten ihre Schwerter in die Scheide, rannten los und verschwanden schnurstracks im Wald. Kurz darauf ließ sich unbemerkt eine Gestalt aus den oberen Ästen eines Baumes fallen. Es war der Spurenleser. Er sah an sich hinunter und verzog das Gesicht, als er bemerkte, dass eins der Schwerter seine Kleidung zerfetzt hatte. Schmerzlich stellte er fest, dass er sich trotz seiner kämpferischen Fähigkeiten von einfachen Soldaten hatte überraschen lassen. Der Weg zur Wiederauferstehung der Gesellschaft des Geistes war noch länger geworden. Im Wald herrschte absolute Dunkelheit und die Morgendämmerung ließ noch lange auf sich warten. Die Präfektur Baoding,...