E-Book, Deutsch, Band 84, 620 Seiten
Lessing / Marwedel Nachtkritiken
1. Auflage 2011
ISBN: 978-3-8353-2046-8
Verlag: Wallstein Verlag
Format: PDF
Kopierschutz: 0 - No protection
Kleine Schriften 1906-1907
E-Book, Deutsch, Band 84, 620 Seiten
Reihe: Theodor Lessing: Schriften in Einzelausgaben
ISBN: 978-3-8353-2046-8
Verlag: Wallstein Verlag
Format: PDF
Kopierschutz: 0 - No protection
Theodor Lessing, 1872 als Sohn eines jüdischen Arztes in Hannover geboren, war ab 1907 Privatdozent für Philosophie und Pädagogik an der Technischen Hochschule Hannover. Große Aufmerksamkeit erregte er u.a. durch seine politisch-psychologisches Portrait des Massenmörders Haarmann (1925) und seine Schrift 'Der jüdische Selbsthaß' (1930). Mit seinen Artikeln, Essays und Glossen in verschiedensten Zeitschriften wurde er einer der bekanntesten politischen Schriftsteller der Weimarer Republik. Ein großer Teil seines Werkes ist, da verstreut erschienen, heute nahezu unbekannt. Lessing wurde 1933 in Marienbad von sudetendeutschen Nationalsozialisten ermordet. Rainer Marwedel beschäftigt sich seit über 25 Jahren mit Leben und Werk Theodor Lessings. Er hat den Nachlaß für das Stadtarchiv Hannover geordnet und zugänglich gemacht. 1990 erhielt er für seine Biographie »Theodor Lessing 1872-1933' sowie für die von ihm herausgegebenen Werke Lessings den Carl-von-Ossietzky- Preis der Stadt Oldenburg.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
1;Inhalt;6
2;1. Eröffnungs-Vorstellung.;12
3;2. ›Der Graf von Charolais‹;13
4;3. ›Goldfische‹;16
5;4. ›Die Bluthochzeit‹;17
6;5. ›Flotte Weiber‹;19
7;6. ›Der Weg zur Hölle‹;21
8;7. ›Die Siebzehnjährigen‹;22
9;8. ›Graf Essex‹;25
10;9. ›Sherlock Holmes‹;28
11;10. ›Der Graf von Charolais‹;31
12;11. ›Romeo und Julia‹;34
13;12. Gastspiel von Madame Charlotte Wiehe;36
14;13. ›Vasantasena‹;40
15;14. ›Egmont‹;43
16;15. Göttinger Freie Vortragsabende;45
17;16. ›Mein Leopold‹;48
18;17. ›Minna von Barnhelm‹;50
19;18. ›Der Mann im Monde‹;52
20;19. ›Romeo und Julia‹ – ›Die Herren Söhne‹;55
21;20. ›Doktor Klaus‹;58
22;21. ›Fritzchen‹ – ›Hanneles Himmelfahrt‹;58
23;22. Dialoge über Theater;62
24;23. ›Der Kraftmayr‹;70
25;24. ›Die Condottieri‹;74
26;25. ›Don Carlos‹;77
27;26. ›Der Hüttenbesitzer‹;80
28;27. ›Fritzchen‹ – ›Hanneles Himmelfahrt‹;83
29;28. ›Des Meeres und der Liebe Wellen‹;84
30;29. ›Der Fall Clémenceau‹;86
31;30. Göttinger Freie Vortragsabende;88
32;31. ›Studentenliebe‹;92
33;32. ›Die Grille‹;94
34;33. Freie Vortragsabende;96
35;34. ›Arria und Messalina‹;99
36;35. ›Heimat‹;102
37;36. ›Die Ehre‹;105
38;37. ›Die Wildente‹;107
39;38. ›Der gestiefelte Kater‹;110
40;39. ›Helden‹;111
41;40. ›Maria Magdalene‹;114
42;41. ›Helden‹ – ›Doktor Klaus‹;117
43;42. ›Charleys Tante‹ – ›Auf der Sonnenseite‹ –;120
44;43. ›Unsere Don Juans‹ – ›Husarenfieber‹ –;124
45;44. ›Ein Tropfen Gift‹ – ›Der Hochtourist‹;128
46;44 a. ›Watschen‹.;130
47;45. ›Die relegierten Studenten‹ – ›Die Räuber‹;132
48;46. ›Egmont‹ – ›Kyritz Pyritz‹;135
49;47. ›Iphigenie auf Tauris‹ – ›Die rote Robe‹;138
50;48. ›Die Stützen der Gesellschaft‹;141
51;49. ›Unsere Käte‹;145
52;50. ›Die Doppel-Ehe‹;147
53;51. ›Hofgunst‹;149
54;52. ›Der G’wissenswurm‹;151
55;53. ›König Richard III.‹;154
56;54. ›Die guten Freunde‹;158
57;55. ›Uriel Acosta‹;160
58;56. ›Ein idealer Gatte‹;162
59;57. ›Der Talisman‹;166
60;58. ›Es lebe das Leben‹;166
61;59. ›Rosmersholm‹;167
62;60. ›Die Hochzeit der Sobeïde‹;171
63;61. ›Die Neuvermählten‹;173
64;62. ›Ein junger Dichter‹;174
65;63. ›Die von Hochsattel‹;176
66;64. ›Der Schlafwagenkontrolleur‹;178
67;65. ›Glück bei Frauen‹;180
68;66. ›Kinder‹;182
69;67. ›Der kleine Lord‹ – ›Ich heirate meine Tochter‹;184
70;68. ›Der Veilchenfresser‹;185
71;69. Harmonia animae;187
72;70. Die Landerziehungsheime1;189
73;71. ›Meine Lebensbeichte‹;200
74;72. Die Tragik reicher Mädchen*);216
75;73. Über Hypnose und Suggestion;228
76;74. Theater-Seele;276
77;75. Fortschritte des Theaters;402
78;Anhang;406
79;Zu dieser Ausgabe;408
80;Abkürzungen und Siglen;409
81;Verzeichnis der häufig zitierten Schriften Lessings;409
82;Kommentar;410
83;Dank;590
84;Zeittafel;592
85;Personenregister;594
86;Register der Werke Lessings;618
(S. 44-45)
Trauerspiel in 5 Akten von Wolfgang Goethe.
Diese Donnerstag-Abende sind doch am schönsten. Abende der Jugend und des Volkes. Überall junge Mädchen und junge Studenten. Das ist unser bestes, unser verständigstes Publikum. Denn sie kommen in Einfalt und aus Herzensbedürfnis. Nun – warum Goethes ›Egmont‹ kein »Drama« und warum Egmont kein »Held« ist, das wißt ihr ja noch von der Schulbank. Und wenn ihr es nicht wißt, um so besser! Nächstens werdet ihr Shaws ›Helden‹ sehen. Dann wird euch an einem typischen Beispiel aufgehen, wodurch sich das neue Drama vom klassischen unterscheidet. Zunächst durch den glücklichen Untergang der »Charaktere«. Ich meine jener Tapeten?guren, unter die man eine Unterschrift setzen kann, z.B. »Dieses ist ein Bösewicht«.
Oder »Dieses ist die liebende Jungfrau«. Hie »gut«, hie »schlecht«; hie »Liebe«, hie »Haß«. Wir kennen heute nur Mischcharaktere. Nur Menschen. Und zweitens: der alte Heldenbegriff ging zum Teufel. Der Held auf Stelzen! Das historische Heldentum ist für die Kunst das Gleichgiltigste von der Welt. Uns kümmern nur die Menschlichkeiten. Und die sind überall. In vollem Ernste: der alte Tragödienbegriff trotz Aristoteles und Lessing ist tot, endgiltig tot. Gott sei Dank.
Nach beiden angedeuteten Seiten hin ist Egmont schon ein modernes Drama. Vielmehr als Götz. Mit der Beethovenschen Musik (das Orchester war etwas mager; Akt IV bei offenem Vorhang zu gedehnt) bildet dieser Egmont eine Stufe zum Musikdrama. Wagner wußte das. Wagner betonte es oft. Ich muß kurz sein. Also in kürze: Hurra Johannes Denninger, Johannes Denninger Hurra! Ich entsinne mich, daß eine französische Zeitschrift zu der Zeit, als Dreyfus in Rennes vor Gericht stand, einen Leitartikel unter dem Titel ›le cri‹ brachte.
Er begann mit den Worten: »Endlich ist der große Moment eingetreten, auf den wir so lange gewartet haben. Dreyfus hat seine korrekte Haltung durchbrochen. Wir haben ›seinen Schrei‹ gehört.« So wars mit Herrn Denninger. Er erschien immer ein wenig wie der schöne Mann auf der Pralineeschachtel; etwas zu tief »vertheatert«. Dieser Egmont aber zeigte, wie viel er kann. Sonnigkeit, fast zu viel Sonnigkeit, sonnige Schönmännlichkeit, das liegt ihm. Darin war Elan, Eleganz und eine eigene Grazie. Aber wie gefährlich alle diese Routine. Eine bestimmte Sprachmelodie ist fast Gewohnheit geworden. Ein sehr schnelles nonchalantes Tempo und ein plötzliches Sinkenlassen des Satzes am Schluß der Periode; aber dann, wenn es nicht auf das Pointieren von Einzelheiten,