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E-Book, Deutsch, Band 4, 493 Seiten
Reihe: Martin Abel
Löffler Die Blutliste
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-7325-6139-1
Verlag: Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Thriller
E-Book, Deutsch, Band 4, 493 Seiten
Reihe: Martin Abel
ISBN: 978-3-7325-6139-1
Verlag: Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
In einem Grab auf einem Kölner Friedhof wird die Leiche eines ermordeten, entsetzlich entstellten Mannes entdeckt. Die junge Frau, die dort eigentlich liegen sollte, ist verschwunden. Auch sie war das Opfer einer Bluttat. Fallanalytiker Martin Abel wird nach Köln beordert und vermutet einen Zusammenhang zwischen den Fällen. Er findet heraus, dass Spuren auf einen lange zurückliegenden Mord weisen - und dass der Schlüssel zur Klärung des aktuellen Falls in der Familie dieses allerersten Mordopfers liegen muss. Aber dann wird ein weiterer verstümmelter Toter in einem fremden Grab gefunden, und Abel erkennt, dass das nächste Opfer schon auf der Liste steht. Ein Wettlauf mit der Zeit beginnt ...
Rainer Löffler, Jahrgang 1961, interessiert sich seit jeher für die Abgründe der menschlichen Seele. Mit dem Schreiben begann er beim deutschen Mad-Magazin unter Herbert Feuerstein. Nach einigen erfolgreichen Science-Fiction-Romanen veröffentlichte er mit Blutsommer seinen ersten Thriller und landete gleich auf der Spiegel-Bestsellerliste. Rainer Löffler lebt mit seiner Familie in der Nähe von Stuttgart.
Autoren/Hrsg.
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Zweiter Tag
Polizeipräsidium Köln-Kalk
Als Martin Abel und Doris Stange im Präsidium ankamen, war der Teufel los. Zwei Dutzend Leute huschten mehr oder minder hastig durch das Foyer, und die Geräuschkulisse im KK11 zeugte ebenfalls davon, dass hier Langeweile gerade ein Fremdwort war. Das übliche, gut organisierte Durcheinander, das bei der Polizei herrschte, wenn der Schichtbeginn und mehrere Notrufe aufeinandertrafen.
Als sie Konrad Greiners Büro erreichten, war dieser gerade in ein Gespräch mit seiner Lebensgefährtin Judith Hofmann vertieft. Er hatte beide Hände auf ihrem Schreibtisch abgestützt und schien ihr gerade etwas Wichtiges zu sagen. Ob das Thema dienstlich oder privat war, ließ sich nicht erkennen, aber Abel meinte, auf Judith Hofmanns Gesicht einen energischen Ausdruck zu erkennen. Als Greiner ihn bemerkte, presste er kurz die Lippen zusammen und wedelte mit einer Hand energisch den Gang hinunter in Richtung des großen Besprechungszimmers.
»Dicke Luft«, mutmaßte Doris Stange, während sie den Flur entlanggingen.
»Sieht so aus. Kommt in der besten Ehe vor«, sagte Abel. Er öffnete die Tür zum Wohnzimmer und ließ Doris Stange den Vortritt.
»Du sprichst aus Erfahrung?« Sie ging an ihm vorbei und setzte sich auf einen der Stühle, die um den Besprechungstisch herumstanden.
»Nicht wirklich«, antwortete Abel und schloss hinter sich die Tür. »Ich meine: Was soll eine Frau ernsthaft an mir auszusetzen haben? Als Partner bin ich doch der personifizierte Sechser im Lotto, oder?«
Doris Stange nickte. »Na sicher doch. Wer mit dir nicht klarkommt, muss einen an der Waffel haben. Deine Fan-Gemeinde ist riesig, das ist mir schon in Gummersbach aufgefallen.«
Abel lächelte. Wenigstens eine Frau, die seine charakterlichen Vorzüge zu schätzen wusste. Er setzte sich zu ihr und wollte gerade die Aktentasche öffnen, als die Tür aufgerissen wurde und Greiner den Raum betrat. In seinem Schlepptau folgten die Kollegen Leingart und Richter, die sich mit ihrem Chef auf die andere Seite des Tisches setzten.
»Wunderbar, dass Sie so früh ins Präsidium gekommen sind«, eröffnete Greiner sogleich die Besprechung. »Es gibt zwar noch nicht viel Neues, aber umso mehr müssen wir Gas geben«, fuhr er fort. »Noch hat die Presse nicht Lunte gerochen, aber sobald das passiert, steigt der Druck im Kessel. Wir brauchen daher schnellstmöglich Ergebnisse.«
Er wandte sich nach rechts. »Leingart, was haben wir bis jetzt über den Toten herausgefunden?«
Leingart schaute auf seine mitgebrachten Unterlagen. »Na ja, wie Sie es gerade sagten, noch nicht sehr viel Neues. Aber mit leeren Händen stehen wir auch nicht da, denn die Rechtsmedizin hat gestern noch eine vorläufige Einschätzung abgegeben. Demnach ist der Mann nicht wie vermutet an seinen inneren Verletzungen durch den Pfahl gestorben.«
Greiner zog die Augenbrauen hoch. »Sondern?«
Leingart räusperte sich. »Sein Herz ist stehen geblieben. Der Mann war jung und gesund, und sein Herz war es auch. Professor Kleinwinkel vermutet daher, dass es der Schock war, der zum Herzstillstand führte.«
»Der Schock?«
»Ja.« Leingart rutschte unbehaglich auf seinem Stuhl herum. »Der Mann ist ganz einfach vor Angst gestorben.«
Für die nächsten Sekunden war es im Besprechungszimmer totenstill.
Leingart räusperte sich erneut. »Den vorläufigen Ergebnissen zufolge müsste der Mann aufgrund seiner Zähne und anderer Körpermerkmale zwischen fünfundzwanzig und fünfunddreißig Jahre alt sein. Genaueres werden wir noch vom LKA in Düsseldorf erfahren, wenn die Kriminaltechnik dort den Zahnschmelz auf das Kohlenstoffisotop C14 untersucht hat. Das wird noch zwei oder drei Tage dauern, danach wissen wir das Alter aber ziemlich genau.«
Greiner nickte. »Alles gut und schön, aber so viel Zeit haben wir nicht. Was kann uns sonst noch helfen, um den Mann zu identifizieren? Die Fingerabdrücke sind es schon mal nicht, denn ohne seine Hände geht das wohl nicht.«
»Stimmt«, sagte Leingart. »Aber wir lassen in Düsseldorf natürlich auch den genetischen Fingerabdruck untersuchen. Denn wie Kollege Abel richtig bemerkt hat, wird es ja einen Grund haben, dass dem Mann die Hände abgehackt wurden. Es liegt nahe, dass er bei uns registriert ist und seine Identifikation so verhindert werden soll.«
»Und wenn es sich beim Abhacken der Hände um eine Strafe für Diebstahl nach islamischem Recht handelt?«
»Dann hätte man ihm nur die rechte Hand abgehackt«, sagte Abel. »Oder vielleicht auch noch den linken Fuß, aber nicht beide Hände. So sind die Regeln.«
Richter nickte anerkennend. »Wow. Sie scheinen sich ja wirklich auszukennen.«
»Kein Ding. Wenn Sie mal zwanzig Jahre Polizist waren, wissen Sie so etwas auch.«
Greiner winkte ungeduldig ab. »Vergessen wir das mit dem islamischen Hintergrund also vorerst. Aber die zwei Tage, bis das LKA sich meldet, sind mir definitiv zu lange. So lange möchte ich auf keinen Fall rumsitzen.«
Abel nickte. »Rumsitzen liegt mir so wenig wie Ihnen. Und deshalb werden wir jetzt zwei Dinge tun.«
Die vier anderen am Tisch sahen ihn an.
»Na ja, angewandte Fallanalyse«, erklärte er Greiner. »Wenn man aus einem Fall nicht schlau wird, dann sucht man nach Parallelen zu anderen Fällen. Wenn der Täter früher schon mal aktiv war, kommt man vielleicht so weiter. Ja, und deshalb hat Ihr Kollege Abel gestern noch ein paar Überstunden gemacht.«
Abel öffnete die Aktenmappe und holte einen Stapel großformatiger Fotoausdrucke heraus.
»Hier ist die erste Aufgabe«, sagte er und klopfte mit der Spitze des rechten Zeigefingers auf die Fotos. »Ich stimme Ihnen zu, dass der Tote so schnell wie möglich identifiziert werden muss. Um keine Zeit zu verlieren, habe ich mir daher gestern Abend schon mal die abgezogene Gesichtshaut angesehen und darauf eine Tätowierung entdeckt, die vielleicht genauso viel wert ist wie Fingerabdrücke.« Er legte ein paar Fotos in die Mitte, auf denen aus verschiedenen Blickwinkeln und Abständen eine kleine tätowierte Faust zu sehen war.
»Okay …«, sagte Greiner bedächtig. »Wenn der Kerl tatsächlich in den Datenbanken ist, dann sollten wir damit weiterkommen.« Er wandte sich Richter zu. »Schauen Sie gleich mal in INPOL nach, ob Sie dazu etwas finden. Wäre doch gelacht, wenn nicht.«
Richter wollte schon loslaufen, als Abel die Hand hob. Das Beste immer zum Schluss, so lautete nun mal seine Devise. »Ich hab da noch etwas, das nützlich sein könnte. Ich dachte mir gestern Abend nämlich, dass eine dreidimensionale Abbildung helfen könnte. Wenn Sie die Tätowierung im Fahndungssystem finden, können Sie so gleich deren Besitzer mit unserer Leichensache hier in Worringen vergleichen. Wenn der Mann dann auch noch auf der Liste der vermisst gemeldeten Personen steht, dann haben wir ihn zu einhundert Prozent gefunden.«
Er legte die restlichen Fotos in die Mitte und breitete sie sorgfältig aus. Alle Bilder zeigten die Gesichtshaut des Toten, die Abel auf Karls Kopf gelegt hatte. Obwohl das Gesicht keine Augen hatte und es mit Karl als Untergrund bestimmt gewisse Verzerrungen gab, war die Qualität der räumlichen Darstellung beeindruckend. Nun sah man auch, dass sich die Tätowierung neben dem rechten Ohr befand und ein Nasenflügel durchschnitten war.
Doris Stange kniff die Augen zusammen. »Jetzt verstehe ich deinen plötzlichen Abgang gestern! Du verbringst den Abend also lieber mit einem toten Gesicht als mit mir. Na toll!«
Abel machte nur eine hilflose Geste, denn er wollte das Thema jetzt nicht vertiefen.
Greiner räusperte sich lautstark. »Ich frage jetzt nicht, wie Sie die Fotos gemacht haben. Ich will es gar nicht wissen. Doch ich muss zugeben, dass das eine tolle Idee war, Hut ab.«
»Danke«, sagte Abel. »Aber wenn Professor Kleinwinkel anrufen und sich beschweren sollte: Ich war gestern den ganzen Abend im Hotel.«
Greiner nickte, dann wandte er sich erneut Richter zu. »Also, sofort INPOL checken, erst wegen des Tattoos und anschließend, ob der Besitzer zu dem Mann auf den Fotos passt. Aber bitte mit Vollgas das Ganze.«
»Natürlich«, sagte Richter und eilte zur Tür.
Greiner rieb sich die Hände. »Das sieht doch gleich erfreulicher aus. Wenn wir erst mal wissen, wer der Tote ist, dann schauen wir uns sein Umfeld an. Ich sehe jedenfalls Licht am Ende des Tunnels.«
Doris Stange tätschelte Abels Oberschenkel. »Na, dann will ich dich auch mal loben. Nicht dass du denkst, ich würde deine Leistung nicht honorieren. Aber hast du nicht von zwei Dingen gesprochen, die wir erledigen sollen?«
Abel nickte.
»Ich habe ja gesagt, dass ich gestern ein paar Überstunden gemacht habe. Und die letzten davon war ich hier im Präsidium.« Greiner sah ihn überrascht an, kommentierte es aber nicht. »Ich war mir gestern schon ziemlich sicher, dass dies nicht der erste Mord ist, den der Gesuchte begangen hat. Gleichzeitig vermuten wir aber auch einen Zusammenhang zwischen der ermordeten Frau und dem ermordeten Mann. Wer der Mann ist, werden wir über INPOL hoffentlich bald herausfinden. Aber was die Frau angeht, habe ich gestern Abend schon mal nach alten Fällen gesucht.«
»Nach welchen Kriterien?«, wollte Greiner wissen. Seine Stimme klang skeptisch. »Einfach ermordete Frauen reichen ja vermutlich nicht.«
»Nein. Aber ermordete und aus dem Grab verschwundene Frauen.«
Er sah bedeutungsschwer in die Runde....