E-Book, Deutsch, 272 Seiten
Ludwig 52 Runden
1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-7407-0376-9
Verlag: TWENTYSIX
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Spast mit Gast
E-Book, Deutsch, 272 Seiten
ISBN: 978-3-7407-0376-9
Verlag: TWENTYSIX
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
52 Runden zum Dritten. Das mittlerweile dritte Buch seiner Art liegt vor Ihnen. Seiner ganz speziellen Art: Stefan Ludwig hat eine spastische Gehbehinderung und läuft in seiner Freizeit, was das Zeug hält. Das Projekt '52 Runden' startete 2015 in Dortmund, zwei Bücher füllten bisher seine Begegnungen am Phoenixsee in Hörde. Das vorliegende Buch startet ebenfalls im Ruhrgebiet, durch einen berufsbedingten Ortswechsel findet seinen Schluss in Berlin auf dem Tempelhofer Feld. Der 42-Jährige trifft Menschen zu einer gemeinsamen Begegnung. Im Reden spricht es sich leichter, wenn man erstmal die Kurzatmigkeit besiegt hat. Stefan Ludwig fasst Momentaufnahmen zusammen, trifft auf Menschen aus Kultur, Sport, Medien und Gesellschaft, die viel zu erzählen haben. Menschen wie Wellenchef Jochen Rausch, der frühere EKD-Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider, Ausnahmetalent Kay Ray, Kabarettist René Steinberg, 'Plaudertasche' Ulrich Schlitzer, Doktor Stratmann, Moderator Ingo Nommsen, Schauspieler Stefan Jürgens und viele weitere zählen dazu. Sie alle haben sich auf das Experiment eingelassen, sich mit Stefan Ludwig darüber auszutauschen, warum wir tun, was wir tun. Ein Teil des Buchverkaufs kommt dem Bündnis #handforahand zugute. Über dieses und jenes auch noch mit: Rafael Treite, Matthias Bongard, Alexandra Sinelnikowa, Sascha Hellen, Jacqueline Feldmann, Stefan Bernhard Kinner, Christine Krämer, Michael Hoos, Finn und Jonas Ulrich, Dominik Buch, Carsten Wunn, Christian Terhoeven, Harald Köster, Till Hoheneder, Volker Hartmann, Len Mette, Matthias Veit, Lutz von Rosenberg-Lipinsky, Kay Ray, Dirk Schemberg, Helmut Sanftenschneider, Martin Bartelworth, Silvia Cabello, Martin Keßler, Thorsten Beckmann, Marc Peine, Carmela de feo, Fred Ape, Maik M. Paulsen, Andrea Wittwer, Nico Gutjahr, Florian Zschiedrich, Mattea Weihe, Hans-Jürgen Schatz, Christian Rommert, Thomas Müller, Andreas Gergen, Michael Krebs, Dr. Erich Freisleben, Martin Frank, Carsten van Ryssen, Evelyne Reinhardt.
Stefan Ludwig ist 1978 in Witten geboren, lebt in Berlin und arbeitet als kaufmännischer Angestellter an einer Theaterkasse. Der Kulturinteressierte und Journalist ist gelernter Verlagskaufmann und veröffentlicht mit dem vorliegenden Buch sein inzwischen drittes einer Reihe. www.52runden.de
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
1 Rafael Treite
Ich bin jetzt 48 Jahre alt und dreifacher Vater. Ich lebe in Esslingen, einer mittelalterlichen Stadt. Ich sehe mich aber eher als Weltbürger. Das betone ich, weil ich mich selbst nicht verorten kann. Häufig sagt man zu Weihnachten „Ich fahr nach Hause.“ Die meinen damit ihr Elternhaus. Diese Gefühl hab ich nicht. Das resultiert aus meiner Biografie. Ich fühle mich in Kenia genauso zuhause wie in Deutschland, in Esslingen oder in Dortmund. Oder in Wuppertal, wo ich sieben Jahre zur Schule gegangen bin. Das zeichnet mich schon aus. Es ist nicht nur mein Gefühl, sondern meine Welteinstellung. Ich bin Diplom-Sozialpädagoge und seit 18 Jahren Moderator. Ich präsentiere und moderiere Dinge, bin auf Bühnen unterwegs und begleite Videoproduktionen bis hin zum Regionalfernsehen. Nebenher bin ich noch Lauftrainer und habe eine A-Lizenz. Sonst sehen wir uns immer beim Inklusionslauf des SoVD in Berlin. Heute hast Du schon einen ersten Platz belegt. Meinen ersten Platz. Herzlich willkommen, lieber erster Runden-Gast meines dritten Buches. Die Zahl drei mag ich auch sehr. Dieses Jahr konnte ich zu dem Termin in Berlin nicht. Wie war‘s? Wie war meine Vertretung? Alles gut, Conny Hapke vom Spreeradio hat die richtige Mischung hinbekommen. Mal war sie oben auf der Bühne, mal unten direkt an der Laufbahn bei uns, zum Gespräch. Ich war ja nun zum dritten Mal dabei. Beim ersten Mal 1:10 Stunden, dann 1:11 Stunden, jetzt rechnete ich mit 1:12 Stunden. Jedes Jahr eine Minute langsamer – damit hätte ich gut leben können. Tatsächlich hab ich es aber sogar in 1:07 Stunden gemacht. Persönliche Bestzeit! Du moderiertest hier bis heute den Phoenix-Halbmarathon, der jedes Jahr am 3. Oktober in Dortmund stattfindet. Du setzt gerade neue Prioritäten. Ja, ich werde mich verändern. Ich denke, dass wir Menschen uns diesen einen Planeten teilen. Für mich gibt es keine wirklichen Grenzen. Es gibt auch keine Unterschiede zwischen den Menschen. Deswegen ist mir der Inklusionsgedanke auch so wichtig. Wen trainierst Du im Sportlichen? Erfolgreiche Leichtathleten und Freizeitläufer. Esslingen ist leider die Stadt, in der ich die schlimmste Nacht meines Lebens erleben musste. Oh, das ist schlimm. Warum? Es liegt schon sechs Jahre zurück. Ich hatte mal nebenberuflich eine Veranstaltungsagentur und war mit einem US-Comedian auf Deutschland-Tour unterwegs. Sieben Stationen. Nach der fünften Show haute er nachts aus dem Hotel ab und meine Existenz war dahin. Ausgerechnet eine Samstagabend-Show musste ausfallen. Eine Show in Esslingen, der Heimatstadt des deutsche Support-Acts Robeat, den ich mit auf Tour genommen hatte. Um rechtliche Schritte einzuleiten, fehlten mir Zeit und Geld. Das hat mein Leben verändert und mein Verständnis von Risiko generalüberholt. Dadurch gibt es jetzt das Buch nur als Print-on-demand, also ohne höheres Risiko. Robeat war noch vor zwei Wochen in meiner Green Kitchen. Wir haben zusammen vegan gekocht. Grüß ihn mal schön. Du machst ES-TV, oder? Die Idee zu ES-TV ist aus dem Sender „Regio-TV“ und dessen Format „Wir in Esslingen“ entsprungen, das haben wir zwei Jahre lang gemacht. Meinem Kameramann und mir wurde das aber zu kommerziell, das wollten wir nicht weiter unterstützen. So haben wir unser eigenes Ding angefangen: ES-TV.de als Online-Sender der Eßlinger Zeitung. Wir entschlossen uns, die Zeitung direkt anzusprechen. Weg von einem Fernsehsender, hin zu einem reinen Online-Format. Kreissparkasse, Stadtwerke und AOK, die ich alle gut kenne, haben das unterstützt. Das habe ich als Produzent und er als Kameramann mit einem ganz kleinen Team auf die Beine gestellt. Jetzt machen wir wöchentlich drei Beiträge á 2-4 Minuten für eine Sendung. Wie bist Du in dem Metier zuhause? Für mich ist es noch ein Buch mit fünf Siegeln. Nicht mehr sieben, aber ganz bestimmt fünf. Ich komme ja noch aus einer Zeit, in der ich Pressetexte verschickt und Plakatflächen zur Bewerbung meiner Interessen gebucht hab. Social Media und Video-Kanäle, das funktioniert anders. Aufgewachsen bin ich ja auch noch analog. Ich fühle mich nicht wie ein Digital Native. Ich bin acht Jahre älter als Du, aber Schwierigkeiten mit einem Zugang zu diesen Medien habe ich nicht. Für mich sind Facebook und Instagram wichtiger als meine Homepage. Da wir aber beim Thema Arbeit und Beruf sind … Ich bin gerade dabei, mich langsam aus dem Bereich zurückzuziehen. Ich mache nächstes Jahr einen ziemlich radikalen Schnitt. Ich downsize mein komplettes Leben. Gehst Du dann nach Kenia? Das vielleicht irgendwann einmal, das weiß ich noch nicht. Ich weiß nur, dass ich die Menschen da sehr mag. Die Mentalität ist da sehr offen und sehr freundlich. Ich beziehe Downsizen noch gar nicht so sehr auf den Ort, an dem ich dann lebe. Ich meine, dass wir in Deutschland die falschen Ziele verfolgen. Ich persönlich habe das Gefühl, dass wir von Schule, Eltern, Medien und Werbung so sozialisiert wurden, dass Konsum das zu erreichende Gut ist. Wir müssen irgendwann mal zu einem Haus kommen. Wenn wir das haben, dann haben wir es geschafft. Natürlich ist das schön, aber in meinem Leben wäre das nicht mein Traumziel. Daran muss man sich nicht abarbeiten. Genau. Ich habe gerade beim wiederholten Besuch von Kenia gemerkt, dass ich einfach leben kann. Ich bin ja mit Ende 16, fast 17, mit zwei Umzugskartons gestartet. Zwei Umzugskartons sind nicht Nichts, aber auch nicht gerade viel. Darin waren meine Sport- und ein paar Schulsachen. Sehr traurig, sehr einfach. Nach einem Jahr bei einer Gastfamilie hab ich mir ein kleines Häuschen gemietet. Das hatte Kaltwasser, eine Holzheizung und ein Plumpsklo. So habe ich begonnen. Ich wollte was Eigenes, das war schon immer mein Ziel. Es ging nicht um Besitztum, sondern um meine eigene Gestaltung. Jeden Wunsch, den ich irgendwann mal hatte, hab ich mir mehr oder weniger erfüllen können. Ich merke, mir fehlt nichts. Ich habe alles und bin deshalb nicht glücklicher als damals mit zwei Umzugskartons. Dir geht es darum, Deine Zielsetzungen nochmal zu überprüfen? Ich habe gute Sicherheiten, die mich extrem gut schlafen lassen. Ich besitze inzwischen fünf Häuser in Esslingen und eins in Thüringen. Ich weiß aber, auch ohne das Eigentum könnte ich mit dem, was ich habe, in Kenia gut über die Runden kommen. Ich müsste schon gut was tun, aber ich wüsste auf jeden Fall einen Weg, wie ich klarkomme. Ich finde wichtig, das Gefühl zu haben, sich selber helfen zu können. Für viele Menschen geht die Welt da unter, wo sie plötzlich ihren Job verlieren. Das konnte ich noch nie nachvollziehen. Wenn ich eine Kündigung kriege, dann mache ich halt was Anderes. Natürlich mache ich mir auch Gedanken. Was würdest Du machen, wenn Du im Rollstuhl säßest? Ich hatte mal einen schweren Unfall und habe seither einen 60-prozentigen Schwerbehindertenausweis. Ich habe im Gleichgewichtsorgan und im Sehnerv Schädigungen. Ich denke aber nicht, ich könne so nicht mehr leben. Es wird einen Weg geben. Wie kam es denn in diesem Jahr dazu, dass Du nochmal nach Kenia reisen konntest? Ich hatte immer schon eine Afrika-Zuneigung. Ich kam irgendwann mal zu Werbeaufnahmen nach Kapstadt. Das war über eine Agentur für T-Mobile. Ich fand es total dekadent, dass ich für 30 Sekunden eine Woche lang nach Kapstadt geflogen werde. Ich hab den Job gemacht, mich aber mehr um die Menschen dort bemüht und gekümmert. Sie haben mich sehr interessiert, ich hab auch an den gewollten Führungen durch die Townships teilgenommen. Das fand ich interessant und bewegend. Dann hab ich eine Fahrradtour auf den kapverdischen Inseln mitgemacht. Ich hatte mir die einfachste der Inseln ausgesucht, das ist die Insel Santiago. Sie gilt als die afrikanischste der Inselgruppe. Ich bin dort mit einem Schulfreund zwei Wochen über die Insel gefahren und wir haben in den Dörfern bei den Menschen übernachtet. Dort hat uns meist ein Lehrer in der Schulklasse ein Bett oder eine Matratze hingestellt. Durch meine Tochter habe ich dann die Leichtathletik kennengelernt und bin Trainer geworden. Dann kam Afrika wieder auf die Karte. Kenia ist das Land der Läufer. Wie Äthiopien auch. Man kann von den Besten nur lernen. Aktuell habe ich eine Deutsche Meisterin in Training, der ich vorgeschlagen hatte, dort ein Trainingslager zu machen. Geschützte Umgebung, ein kleines Bergdorf. Für dortige Verhältnisse oberstes Niveau, für unsere materiellen Standards unterstes. Da haben wir drei Wochen trainiert, ohne touristisches Programm. Wie verlief Dein Weg zur Moderation? Ich bin eigentlich ne Rampensau. Ich hab schon in der Schule gerne auf der Bühne gestanden und beim Theater ne Hauptrolle übernommen. Im Bus hab ich auf Rückfahrten die Moderationen übernommen, während wir Kassetten gehört haben. Es gibt Kassetten aus meiner Schulzeit in Wuppertal, auf denen habe ich tatsächlich Radiomoderationen gespielt. Die gezielte Suche nach Aufmerksamkeit kam...