Lukas | Eine Stunde Balzac | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 500 Seiten

Lukas Eine Stunde Balzac

Kampf mit der Menschlichen Komödie
2. Auflage 2024
ISBN: 978-3-7583-9239-9
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Kampf mit der Menschlichen Komödie

E-Book, Deutsch, 500 Seiten

ISBN: 978-3-7583-9239-9
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



23 Romane, 66 Erzählungen, 17.000 Seiten. Balzacs DIE MENSCHLICHE KOMÖDIE ist das umfangreichste, literarische Werk, das je geschrieben wurde. Dies hier ist der Versuch, es zu lesen. Jeden Tag eine Stunde Balzac.

Clint Lukas, geboren 1985, ist mit zwanzig Jahren von der pfälzischen Provinz nach Berlin gezogen, wo er sich zunächst als Filmemacher versuchte. Seit 2010 war er Mitglied der legendären Lesebühne DIE SURFPOETEN. Neben seinen Kolumnen für Tagesspiegel und Mit Vergnügen Berlin veröffentlichte er mehrere Biographien und Erzählbände. Er ist Autor der Romane DAS SCHWERE ENDE VON GUSTAV MAHLERS SARG, sowie ASCHE IST FURCHTLOS.

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BAND 3: Zwei Frauen, S.1 – 66 Die Euphorie erhält direkt einen Dämpfer. Es ist ein Briefroman. Seitdem einem der Werther eingeprügelt wurde, findet man dieses Genre merkwürdig. Als ob irgendjemand solche Briefe schreiben würde. Auf Seite 33 auch gleich ein gutes Beispiel für eins der Probleme, die sich in dieser Gattung stellen. Balzac beschreibt nun mal sehr gern seine Figuren, aber hier kann er ja gar nicht als Erzähler auftreten. Die Figur beschreibt sich also selbst: „Die blondeste Tochter der blonden Eva wäre eine Negerin neben mir. Meine Füße sind wie die der Gazellen, alle Gelenke sind zart, und meine Züge weisen die Regelmäßigkeit griechischer Bildnisse auf. Zugegeben, Mademoiselle, die Töne der Haut sind noch ohne Schmelz, doch von lebhafter Frische: Ich bin eine entzückende Frucht mit allen Reizen der Vorreife. (…) Meine Nase ist schlank, die Nüstern scharf geschnitten und durch ein zartrosa Mäucherchen getrennt (...)“ Drei Seiten lang schwillt und perlt und knospt die Gute vor sich hin. Jetzt weiß man auch, wo Proust die Inspiration für seine überbuchtelnden Beschreibungen fand. Die Frau, die diese Zeilen schreibt, heißt übrigens Louise de Chaulieu, wieder mal Hochadel. Ihre Adressatin ist Renée de Maucombe, beide sind zusammen in einem Kloster aufgewachsen, und gerade erst daraus geflohen. Louise wird ins mondäne Leben der Pariser Salons eingeführt, Reneé bleibt auf dem Land und heiratet. Das Duell der Lebensentwürfe kann beginnen. 06.02.22 BAND 3: Zwei Frauen, S. 67 – 150 Zuerst ist Louise begeistert von Paris, dann enttäuscht, weil sie unter den zahllosen Schönheiten nur eine von vielen ist. Sie verliebt sich in ihren Sprachlehrer, den Baron von Macumer, einen spanischen Grandseigneur im Exil. Vom beschaulichen Eheglück ihrer Brieffreundin Renée will sie nichts wissen: „Ich hasse im voraus die Kinder, die Du zur Welt bringst, sie werden mißgestaltet sein!“ Worte, die man schon oft an die Abtrünnigen richten wollte, die Alkohol und Drogen zugunsten der Familienplanung aufgaben. Dabei weiß die 17jährige Renée genau, was sie will. Beziehungsweise, was sie nicht will. Sie heiratet zwar, doch nur unter der Bedingung, dass sie erst mit ihrem Mann schlafen wird, wenn sie Lust darauf hat. Und der, immerhin ein Kriegsveteran, der die Verrohung des russischen Feldzugs überstanden hat, willigt ein. Renée hat die Hosen an, ist aber klug genug, nichts davon nach außen dringen zu lassen. „Denn der Mann, der von seiner Frau unterjocht erscheint, ist mit Recht der Lächerlichkeit preisgegeben.“ Nach drei Monaten keuschen, respektvollen Umgangs geben sie sich einander hin und zeugen ein Kind. Trotzdem setzt Renée ihre Liebe weiterhin mit Bedacht ein. Was an sich wie eine gesunde Beziehung klingt, löst bei Louise wieder den üblichen Schreianfall aus: „O tausendmal lieber will ich in den Wirbelstürmen meines ungestümen Herzens zugrundegehen, als in der Dürre Deiner weisen Arithmetik zu verschmachten.“ Go for it, möchte man rufen. Melodramatisch, wie es bei Balzac meistens zugeht, sollte sich ein Zugrundegehen doch einrichten lassen. Die Grundsteine dafür legt sich Louise fleißig selbst. Denn obwohl verliebt in ihren spanischen Granden, zieht sie es vor, Spielchen zu spielen: „Er ist mein Sklave; ich muß ihn beschäftigen. Ich werde ihn unter einer Last von Arbeit erdrücken.“ Sie schickt ihm ihr Porträt, will aber sofort mit ihm brechen, wenn er es wagt, sie im Dankesbrief mit „Louise“ anzusprechen. Sie hofft, dass er nachts in ihr Zimmer kommt, „doch würde er ausführen, was ich mir wünsche, meine Verachtung schlüge ihn zu Boden.“ Als er die Frechheit besitzt, im Salon der Marquise d'Espard gutgelaunt und selbstsicher aufzutreten, kann er Louise nur dadurch besänftigen, dass er nach einem 6-Seiten-Brief mit den Worten schließt: „Sorgen Sie dafür, daß die Kette, die mich an Sie fesselt und die in Ihren Händen ruht, immer angespannt bleibe, damit eine einzige Bewegung ihren leisesten Wunsch verrate dem, der auf immer Ihr Sklave ist.“ Man denkt an BDSM-Praktiken, aber nein, wir befinden uns leider noch im Stadium des vorsichtigen, unverfänglichen Kennenlernens. 07.02.22 Man fragt sich, warum einen das Gezicke von Louise de Chaulieu so nervt. Emilie aus „Der Ball von Sceaux“ war ja auch etwas schwierig, dabei aber so erfrischend antibürgerlich, dass es einem das Herz gewärmt hat. Am meisten stört, dass Louise ihre Brieffreundin verunsichert und mit in ihren Wahnsinn hineinzieht. Die liebäugelt nämlich inzwischen auch damit, ihre unspektakuläre, aber glückliche Ehe mit Quälereien zu würzen. Louise ist wie die Hollywood-Filme, die einem das Gefühl geben langweilig zu sein, weil man nicht alle drei Minuten Sex auf dem Küchentisch hat und dabei wirkmächtig Geschirr zu Boden fegt. Es ist einem immer noch klar, dass sie eine fiktive, einem Männerhirn entsprungene Figur ist. Trotzdem gab es während der eigenen Dating-Phasen erschreckend viele Frauen, die ähnlich tickten wie sie. Die trotz einer offenkundigen gegenseitigen Sympathie anfingen, seltsame Regeln aufzustellen. Und sich benahmen, als befände man sich in einem Bewerbungsgespräch. Nicht dass man selbst immer besonders zielstrebig gewesen wäre. Aber man war befremdet von dieser Genussfeindlichkeit. Man fand, dass der Preis zwischenmenschlicher Geduld dadurch unnötig in die Höhe getrieben wird. Andererseits hätte man die freie Liebe der 60er bestimmt auch unerträglich gefunden. Aber um mal eine Lanze für Louise de Chaulieu zu brechen: Sogar sie hat manchmal ihre Zweifel, und sagt über ihre und Renées Erwartungen: „Sollten alle unsere Freuden diesen Weg gehen müssen? Wäre die Erwartung immer süßer als der Genuß? Hoffnung köstlicher als Besitz? (…) Haben wir beide mit der Maßlosigkeit unserer Einbildungskraft die Tragweite unserer Gefühle überspannt? Es gibt Augenblicke, in denen dieser Gedanke mein Herz gefrieren läßt.“ BAND 3: Zwei Frauen, S. 151 – 183 Endlich erlaubt Louise ihrem Verehrer, um ihre Hand anzuhalten. Seine sklavische Ergebenheit erhält dadurch keinen Abbruch: „Jeden Morgen bringt er mir selbst ein bezauberndes Bukett, in dessen Mitte ich stets einen Brief mit einem spanischen Sonett vorfinde, das er zu meinen Ehren in der vorherigen Nacht verfaßt hat.“ Trotz ihrer Schikanen hat sie den stolzen Spanier also einfangen können. Doch ihre kluge, bereits mit der Ehe vertraute Freundin Renée warnt sie: „Aber, liebes Kind, hinter Deinen phantastischen Kulissen erhebt sich der Altar, vor dem ewige Bande geknüpft werden. Der Morgen nach der Hochzeit, die schreckliche Tatsache, die aus dem Mädchen eine Frau, aus dem Liebhaber einen Gatten macht, kann das gefällige Gerüst Deiner empfindsamen Vorkehrungen umwerfen.“ Auch Louises Mutter, die Herzogin von Chaulieu, gibt zu bedenken, dass nach der Tändelei nun harte Fakten anstehen, sprich: der Spanier wird Sexytime einfordern. Potential für neue Verwerfungen. Doch nach einem Zeitsprung von acht Monaten erreicht einen die überraschende Neuigkeit, dass Louise nur von Lust und Glück mit ihrem Gatten berichten kann. Der übrigens spuckhässlich ist, eine Randnotiz, die bisher unwichtig schien, Louise aber nun umso sympathischer macht. Sie wollte den Superlativ, und kann ihn jetzt sogar mit einem Mann genießen, der keinem gewohnten Schönheitsideal entspricht. Von dieser Wendung ist auch Renée überrascht. Wer hätte gedacht, dass Louise einen solchen Willen zum Glücklichsein entwickelt? Allerdings kann die Brieffreundin sich nicht des unheimlichen Gefühles erwehren, dass das Schicksal die Idylle bedroht: „Mir ist, als fordere Dein prunkendes Liebesglück den Himmel heraus. Der oberste Herr dieser Welt – der Schmerz! - wird es ihn nicht verdrießen, keinen Teil an Deinem Fest zu haben? Hat er nicht die herrlichsten Geschicke vernichtet? Louise! vergiß im Schoße des Glückes nicht, zu Gott zu beten!“ 08.02.22 Im Grunde ist dieses Projekt eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme, um die beinahe täglichen Aufenthalte im Bierbrunnen sinnvoll zu gestalten. Diese wundervolle Kneipe hat man Ende letzten Jahres entdeckt und dort fast einen ganzen Roman geschrieben. Der Hauptvorteil ist, dass sie bereits um neun Uhr in der Frühe öffnet, denn man arbeitet gern vormittags. Sie hat einen separaten Raucherraum, sodass man nicht nach jeder Schicht die Klamotten wechseln muss. Dazu kommen die originellen Stammgäste, mit denen man zur Auflockerung plaudern kann, die einen aber auch in Ruhe lassen, wenn man schreiben möchte. Am besten ist überhaupt, ihnen einfach nur zuzuhören. Nachdem das Wetter und die neuesten Angebote bei Kaufland ausreichend diskutiert sind, werden gern die eigenen Essgewohnheiten...



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