E-Book, Deutsch, Band 10, 304 Seiten
Reihe: Project
Lukeman AUF DEN SPUREN SALOMONS (Project 10)
überarbeitete Ausgabe
ISBN: 978-3-95835-723-5
Verlag: Luzifer-Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Thriller
E-Book, Deutsch, Band 10, 304 Seiten
Reihe: Project
ISBN: 978-3-95835-723-5
Verlag: Luzifer-Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
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Kapitel 11
Elizabeth unterhielt sich mit DCI Hood. Danach sprach sie mit dem Präsidenten. Zwei Tage später flog das Team zusammen mit Diego zum Rafik Hariri International Airport in Beirut. Im hinteren Teil der Gulfstream befand sich ein Aluminiumkoffer mit ihren Pistolen. Sie hatten darauf verzichtet, schwereres Equipment mitzunehmen. Ihre Diplomatenpässe unter falschem Namen brachten sie ohne Zwischenfälle durch die Kontrollen. Beirut war faktisch in drei Zonen unterteilt, die von unterschiedlichen sektiererischen Gruppen kontrolliert wurden und die Stadt und das Land aufteilten. Sunnitische Moslems beherrschten den westlichen Teil, Christen den Osten. Die schiitischen Moslems kontrollierten den südlichen Teil, geführt von der iranischen Hisbollah. Der Unterschied zwischen den drei Sektionen war enorm. Wo die Sunniten und die Christen das Sagen hatten, funktionierte Beirut im Prinzip wie andere Städte, mit mehr oder weniger ausreichenden Dienstleistungen, einer gewissen Ordnung und erwartbarer persönlicher Sicherheit. Im Westen und Osten der Stadt waren die Menschen ungeachtet ihrer Religion durchaus tolerant eingestellt. Im Süden aber, wo die Hisbollah herrschte, war ›Toleranz‹ kein Wort, das gekannt oder gelebt wurde. Das südliche Beirut war eine Welt für sich. Die Regierung hielt sich aus dem Gebiet fern und überließ der militanten Gruppierung das Zepter. Niemand hier wollte einen weiteren Krieg entfachen, den niemand gewinnen würde. Der libanesische Bürgerkrieg hatte weite Bereiche der einst wunderschönen, weltoffenen Stadt zerstört. Teile der Innenstadt waren in dem Versuch restauriert worden, die von der französischen Architektur im Pariser Stil noch übrig gebliebenen Bauwerke zu erhalten und den langsam wieder zurückkehrenden Touristen zu versichern, dass alles wieder in bester Ordnung sei. Das Resultat hätte auch auf den Strip von Las Vegas gepasst. Die Straßen waren sauber und einigermaßen modern. Der Müll wurde aufgesammelt. Die Straßenlaternen funktionierten. Das war mehr, als man von dem Gebiet südlich der inoffiziellen Trennlinie sagen konnte. Yusuf Abidi lebte im südlichen Teil der Stadt, im obersten Stockwerk eines zerfallenden zwölfstöckigen Gebäudes. Die unteren beiden waren an eine Wohltätigkeitsorganisation vermietet, bei der es sich eigentlich um eine Tarnung für die Hisbollah handelte. Sie stellte einen praktischen Lagerplatz für einige von Abidis Lieferungen dar. Die Hisbollah war einer seiner besten Kunden. Handfeuerwaffen, Munition, Sprengstoff, schwere Maschinengewehre, russische Raketenwerfer und Ähnliches gehörten zum Grundrepertoire von Yusufs Gewerbe. Hin und wieder handelte er größere Deals für ältere russische Panzer, gepanzerte Fahrzeuge, Flugabwehrbatterien und schwere Waffen aus, zusammen mit ein oder zwei französischen Kampfflugzeugen hier und da. Authentische Endnutzerzertifikate, die über große Summen an Bestechungsgeldern erworben worden waren, schützten die auffälligeren Transaktionen. Das meiste des größeren Kriegsgeräts ging nach Afrika, wo sich Warlords und Diktatoren gegenseitig fröhlich mit Abidis Produkten in Stücke schossen. Sie besaßen einen unstillbaren Appetit nach Kalaschnikows, für den es endlosen Nachschub gab. Sein tägliches Brot verdiente er aber mit dem täglichen Verkauf von Mordwerkzeugen in den Mittleren Osten. Für Abidi war der Aufstieg der ISIS ein Geschenk Allahs gewesen. Sein Geschäft florierte. Alles in allem war Abidi ein glücklicher Mann. Er wäre weitaus weniger glücklich gewesen, wenn er gewusst hätte, dass er beobachtet wurde. Am dritten Tag, nachdem sie eingetroffen waren, saßen Nick, Ronnie, Diego und Selena in einem schwarzen Mercedes mit getönten Fenstern und beobachteten den Eingang von Abidis Wohnhaus. Die Straße vor dem Gebäude war eng und in einem schlechten Zustand. Mehrere zwielichtig aussehende Hisbollah-Kämpfer lungerten vor dem Haus herum und trugen offen ihre Kalaschnikows zur Schau. Die Fassade des Gebäudes war an den Stellen mit Pockennarben verziert, wo in der Vergangenheit Kugeln eingeschlagen waren. Seine Architektur war absolut zu vernachlässigen. Das Bauwerk wirkte stabil, im Gegensatz zu manch anderen Gebäuden in der Straße. Unter der Kontrolle der Hisbollah hatte sich Beirut in ein florierendes Elendsviertel verwandelt. Der gesamte Straßenzug schien wie der perfekte Kandidat für eine Stadtsanierung zu sein. Nick ließ die Fenster oben und die Klimaanlage auf Hochtouren gegen die Hitze und den Gestank der Müllberge laufen, die sich auf dem Gehweg auftürmten. Selena hatte sich einen Schal um den Kopf gewickelt und trug ein formloses Kleid, welches ihre normale Kleidung verbarg und ihr bis an die Knöchel reichte. Lange Ärmel bedeckten trotz der Hitze des libanesischen Sommers ihre Arme. Mit ihrem konservativen muslimischen Aussehen würde sie am wenigsten Aufsehen erregen. Unter ihrem Kleid war es heiß, aber zumindest hatte es den Vorteil, ihre Pistole zu verbergen. Die Männer trugen gewöhnliche Kleidung, mit der sie sich nicht von den Anwohnern unterschieden. Nicks Sonnenbräune und seine Bartstoppeln verbargen etwas von seinem fremdländischen Aussehen. Diego und Ronnie würden auf den ersten Blick als Bewohner des Mittleren Ostens durchgehen, und die getönten Fenster des Mercedes erschwerten es neugierigen Blicken, in den Wagen zu blicken. Der Plan sah vor, Abidi zu isolieren und dann zu verhören. Im Moment befanden sie sich aber noch im Beobachtungsmodus und warteten auf eine günstige Gelegenheit. Bis jetzt hatte sich eine solche noch nicht geboten. Jeder Einzelne des Teams trug einen Transceiver, der es ihnen ermöglichte, miteinander und über eine Satellitenverbindung auch mit Elizabeth und Stephanie in Virginia zu kommunizieren. »Ich verstehe nicht, wieso es so wichtig ist, mit diesem Typen zu plaudern«, sagte Diego. »Das müssen Sie auch nicht verstehen«, entgegnete Ronnie. »Das liegt über ihrer Gehaltsklasse.« »Ach, wirklich? Aber nicht über Ihrer?« »Es ist deshalb so wichtig, weil sich der Präsident Sorgen macht«, erklärte Nick. »Er muss wissen, ob es den Schatz wirklich gibt oder nicht. Der Schatz hat das Potenzial, wirklich Ärger zu machen. Relikte aus dem Tempel würden den jüdischen Anspruch auf den Tempelberg stärken.« »Na und?« »Alles, was Israels Kontrolle über Jerusalem stärkt, ist eine tickende Zeitbombe. Wenn die hochgeht, wird sie den ganzen Mittleren Osten mit sich reißen. Wenn wir herausfinden können, wem Abidi das Semtex verkaufte, wissen wir, wer die Schriftrolle besitzt. Dann können wir unsere nächsten Schritte planen.« In Virginia verfolgten Elizabeth und Stephanie die Live-Aufnahmen einer Drohne, die weit über Abidis Wohnhaus und dem Wagen kreiste, in dem das Team wartete. Elizabeth sprach in ihr Headset. »Abidi sollte jeden Moment herauskommen.« »Verstanden«, antwortete Nick. Ihre Zielperson verließ für gewöhnlich gegen elf Uhr morgens die Sicherheit seines Gebäudes, um sich in sein Büro in einem Lagerhaus in der Nähe des Hafens zu begeben. Dort würde er bis drei oder vier Uhr nachmittags bleiben. Danach war sein Tagesablauf wenig vorhersehbar, bis er irgendwann in den Abendstunden wieder in sein Appartement zurückkehrte. Während sie das Gebäude weiter observierten, fuhr ein neuer, weißer BMW 760i vor dem Eingang vor. Der Fahrer blieb im Wagen sitzen, während zwei Leibwächter mit Maschinenpistolen ausstiegen, zwei kräftige, ernst dreinblickende Männer. Sie sahen die Straße hinauf und hinunter. Dabei fiel ihr Blick auch auf den Mercedes, aber sie nahmen ihn nicht weiter zur Kenntnis. »Skorpion VZ61«, sagte Nick. »Fies.« »Alt und effizient«, sagte Ronnie. Diego nickte. »Die Kiste ist auch nicht schlecht. Zwölf Zylinder, über vierhundert PS.« »Genau meine Art von Wagen«, kommentierte Selena. »Da ist er«, rief Nick. Abidi trat aus dem Haus. Er trug einen leichten, beigefarbenen Anzug und eine dunkle Sonnenbrille. Er war ein unscheinbarer Mann mit schwarzen Haaren und olivfarbenem Teint. Seine Schuhe funkelten im Sonnenlicht. Einer der Leibwächter hielt so lange die hintere Tür auf, bis Abidi in den Wagen eingestiegen war. Dann schloss er die Tür, lief um den Wagen herum zur anderen Seite und stieg dort ein. Der zweite Leibwächter nahm auf dem Beifahrersitz Platz. Der BMW entfernte sich in Richtung Hafen. Nick hängte sich an ihn dran. »Ziel erfasst, sind unterwegs«, meldete Nick. »Verstanden«, antwortete Elizabeth. »Wir sehen Sie.« Sie folgten dem BMW durch den dichten Verkehr. Der weiße Wagen passierte den Punkt, an dem Abidi normalerweise zu seinem Lagerhaus abbog. Stattdessen fuhren sie immer weiter, nach Süden. Die schäbigen Hochhäuser der Stadt wichen zwei- und dreistöckigen Elendsquartieren mit flachen Dächern. Die Straße war schmutzig und voller Schlaglöcher. Abgemagerte Hunde lagen regungslos in der Sonne oder wühlten in Müllbergen am Straßenrand herum. Überall schien es von bärtigen Männern mit Gewehren zu wimmeln, die den Mercedes misstrauisch beäugten. Auf den meisten Häusern wehte die Flagge der Hisbollah, ein stilisiertes Sturmgewehr in Grün vor leuchtend gelbem Hintergrund. Rote und grüne arabische Schriftzeichen komplettierten das Design. »Hisbollah-Land«, sagte Nick. »Mir gefällt das nicht. Wenn irgendwas schiefgehen sollte, sind wir ihnen hier unterlegen.« »Was steht da in Arabisch auf der Flagge?«, wollte Ronnie wissen. »Der Hauptschriftzug unter dem Gewehr bedeutet ›Partei Gottes‹«, erklärte Selena. »Der Rest lautet, dass sie siegreich sein werden und den Widerstand im...